Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


AC über PC = (1/100) geben; welchen Ueberschuß giebt eine um (1/289) vermindernde Schwungkraft? Nun ist Mithin der Ueberschuß von AC über PC = (1/229), oder AC:PC = 230:229. Dies ist die Rechnung, deren ich schon beym Worte Erdkugel (Th. II. S. 27. 28.) gedacht, dort aber das Resultat 230,6:229,6 nach der ersten Ausgabe der newtonischen Principien angesührt habe.

Wie sich nun die Schweren an den verschiedenen Stellen eines solchen Ellipsoids verhalten müssen, welches durch die Schwungkrast ins Gleichgewicht und in den Beharrungsstand gekommen ist, das macht den Gegenstand einer mathematischen Untersuchung aus, welche schon von Newton angefangen, nachher aber von Maclaurin, Simpson, Clairaut, weiter fortgesetzt, und vom P. Frisi (De gravitate universali corporum Libri III. Mediol. 1768. 4maj. L. II. c. 2.) im Zusammenhange vorgetragen worden ist. Die Resultate sind, daß sich die Schweren in M und N, wie die Normallinien Mm und Nn, oder fast umgekehrt, wie die Abstände vom Mittelpunkte NC und MC, ingleichen, wie die Cublkwurzeln aus den Halbmessern der Krümmung bey M und N, verhalten; daß sich die Zunahme der Schwere vom Aequator nach dem Pole zu allemal wie das Quadrat des Sinus der Breite verhält, u. s. w. Hiebey ist aber angenommen, daß die Masse der Erde, wenigstens in proportionalen Abständen vom Mittel, überall gleiche Dichtigkeit habe.

Diese Sätze würden sich genau auf die Bestimmung der Schweren an verschiedenen Orten der Erdfläche anwenden lassen, wenn die Gestalt der Erde in der That ellipsoidisch und ihre Dichte gleichförmig wäre. Aber die Vergleichung mit den wirklichen Abmessungen macht diese Voraussetzungen sehr zweifelhaft, s. Erdkugel (Th. II. S. 32. 39. 40.). Es ist daher weit rathsamer, die Größen der Schwere blos durch unmittelbare Versuche mit dem Pendel zu bestimmen. Wie dies geschehe, ist beym Worte Pendel (oben S. 426. u. f.) gezeigt worden, wo man auch


AC uͤber PC = (1/100) geben; welchen Ueberſchuß giebt eine um (1/289) vermindernde Schwungkraft? Nun iſt Mithin der Ueberſchuß von AC uͤber PC = (1/229), oder AC:PC = 230:229. Dies iſt die Rechnung, deren ich ſchon beym Worte Erdkugel (Th. II. S. 27. 28.) gedacht, dort aber das Reſultat 230,6:229,6 nach der erſten Ausgabe der newtoniſchen Principien angeſuͤhrt habe.

Wie ſich nun die Schweren an den verſchiedenen Stellen eines ſolchen Ellipſoids verhalten muͤſſen, welches durch die Schwungkraſt ins Gleichgewicht und in den Beharrungsſtand gekommen iſt, das macht den Gegenſtand einer mathematiſchen Unterſuchung aus, welche ſchon von Newton angefangen, nachher aber von Maclaurin, Simpſon, Clairaut, weiter fortgeſetzt, und vom P. Friſi (De gravitate univerſali corporum Libri III. Mediol. 1768. 4maj. L. II. c. 2.) im Zuſammenhange vorgetragen worden iſt. Die Reſultate ſind, daß ſich die Schweren in M und N, wie die Normallinien Mm und Nn, oder faſt umgekehrt, wie die Abſtaͤnde vom Mittelpunkte NC und MC, ingleichen, wie die Cublkwurzeln aus den Halbmeſſern der Kruͤmmung bey M und N, verhalten; daß ſich die Zunahme der Schwere vom Aequator nach dem Pole zu allemal wie das Quadrat des Sinus der Breite verhaͤlt, u. ſ. w. Hiebey iſt aber angenommen, daß die Maſſe der Erde, wenigſtens in proportionalen Abſtaͤnden vom Mittel, uͤberall gleiche Dichtigkeit habe.

Dieſe Saͤtze wuͤrden ſich genau auf die Beſtimmung der Schweren an verſchiedenen Orten der Erdflaͤche anwenden laſſen, wenn die Geſtalt der Erde in der That ellipſoidiſch und ihre Dichte gleichfoͤrmig waͤre. Aber die Vergleichung mit den wirklichen Abmeſſungen macht dieſe Vorausſetzungen ſehr zweifelhaft, ſ. Erdkugel (Th. II. S. 32. 39. 40.). Es iſt daher weit rathſamer, die Groͤßen der Schwere blos durch unmittelbare Verſuche mit dem Pendel zu beſtimmen. Wie dies geſchehe, iſt beym Worte Pendel (oben S. 426. u. f.) gezeigt worden, wo man auch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0897" xml:id="P.3.891" n="891"/><lb/><hi rendition="#aq">AC</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#aq">PC</hi> = (1/100) geben; welchen Ueber&#x017F;chuß giebt eine um (1/289) vermindernde Schwungkraft? Nun i&#x017F;t
Mithin der Ueber&#x017F;chuß von <hi rendition="#aq">AC</hi> u&#x0364;ber <hi rendition="#aq">PC</hi> = (1/229), oder <hi rendition="#aq">AC:PC</hi> = 230:229. Dies i&#x017F;t die Rechnung, deren ich &#x017F;chon beym Worte <hi rendition="#b">Erdkugel</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 27. 28.) gedacht, dort aber das Re&#x017F;ultat 230,6:229,6 nach der er&#x017F;ten Ausgabe der newtoni&#x017F;chen Principien ange&#x017F;u&#x0364;hrt habe.</p>
            <p>Wie &#x017F;ich nun die Schweren an den ver&#x017F;chiedenen Stellen eines &#x017F;olchen Ellip&#x017F;oids verhalten mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, welches durch die Schwungkra&#x017F;t ins Gleichgewicht und in den Beharrungs&#x017F;tand gekommen i&#x017F;t, das macht den Gegen&#x017F;tand einer mathemati&#x017F;chen Unter&#x017F;uchung aus, welche &#x017F;chon von <hi rendition="#b">Newton</hi> angefangen, nachher aber von <hi rendition="#b">Maclaurin, Simp&#x017F;on, Clairaut,</hi> weiter fortge&#x017F;etzt, und vom <hi rendition="#b">P. Fri&#x017F;i</hi> <hi rendition="#aq">(De gravitate univer&#x017F;ali corporum Libri III. Mediol. 1768. 4maj. L. II. c. 2.)</hi> im Zu&#x017F;ammenhange vorgetragen worden i&#x017F;t. Die Re&#x017F;ultate &#x017F;ind, daß &#x017F;ich die Schweren in <hi rendition="#aq">M</hi> und <hi rendition="#aq">N,</hi> wie die Normallinien <hi rendition="#aq">Mm</hi> und <hi rendition="#aq">Nn,</hi> oder fa&#x017F;t umgekehrt, wie die Ab&#x017F;ta&#x0364;nde vom Mittelpunkte <hi rendition="#aq">NC</hi> und <hi rendition="#aq">MC,</hi> ingleichen, wie die Cublkwurzeln aus den Halbme&#x017F;&#x017F;ern der Kru&#x0364;mmung bey <hi rendition="#aq">M</hi> und <hi rendition="#aq">N,</hi> verhalten; daß &#x017F;ich die Zunahme der Schwere vom Aequator nach dem Pole zu allemal wie das Quadrat des Sinus der Breite verha&#x0364;lt, u. &#x017F;. w. Hiebey i&#x017F;t aber angenommen, daß die Ma&#x017F;&#x017F;e der Erde, wenig&#x017F;tens in proportionalen Ab&#x017F;ta&#x0364;nden vom Mittel, u&#x0364;berall gleiche Dichtigkeit habe.</p>
            <p>Die&#x017F;e Sa&#x0364;tze wu&#x0364;rden &#x017F;ich genau auf die Be&#x017F;timmung der Schweren an ver&#x017F;chiedenen Orten der Erdfla&#x0364;che anwenden la&#x017F;&#x017F;en, wenn die Ge&#x017F;talt der Erde in der That ellip&#x017F;oidi&#x017F;ch und ihre Dichte gleichfo&#x0364;rmig wa&#x0364;re. Aber die Vergleichung mit den wirklichen Abme&#x017F;&#x017F;ungen macht die&#x017F;e Voraus&#x017F;etzungen &#x017F;ehr zweifelhaft, &#x017F;. <hi rendition="#b">Erdkugel</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 32. 39. 40.). Es i&#x017F;t daher weit rath&#x017F;amer, die Gro&#x0364;ßen der Schwere blos durch unmittelbare Ver&#x017F;uche mit dem Pendel zu be&#x017F;timmen. Wie dies ge&#x017F;chehe, i&#x017F;t beym Worte <hi rendition="#b">Pendel</hi> (oben S. 426. u. f.) gezeigt worden, wo man auch<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[891/0897] AC uͤber PC = (1/100) geben; welchen Ueberſchuß giebt eine um (1/289) vermindernde Schwungkraft? Nun iſt Mithin der Ueberſchuß von AC uͤber PC = (1/229), oder AC:PC = 230:229. Dies iſt die Rechnung, deren ich ſchon beym Worte Erdkugel (Th. II. S. 27. 28.) gedacht, dort aber das Reſultat 230,6:229,6 nach der erſten Ausgabe der newtoniſchen Principien angeſuͤhrt habe. Wie ſich nun die Schweren an den verſchiedenen Stellen eines ſolchen Ellipſoids verhalten muͤſſen, welches durch die Schwungkraſt ins Gleichgewicht und in den Beharrungsſtand gekommen iſt, das macht den Gegenſtand einer mathematiſchen Unterſuchung aus, welche ſchon von Newton angefangen, nachher aber von Maclaurin, Simpſon, Clairaut, weiter fortgeſetzt, und vom P. Friſi (De gravitate univerſali corporum Libri III. Mediol. 1768. 4maj. L. II. c. 2.) im Zuſammenhange vorgetragen worden iſt. Die Reſultate ſind, daß ſich die Schweren in M und N, wie die Normallinien Mm und Nn, oder faſt umgekehrt, wie die Abſtaͤnde vom Mittelpunkte NC und MC, ingleichen, wie die Cublkwurzeln aus den Halbmeſſern der Kruͤmmung bey M und N, verhalten; daß ſich die Zunahme der Schwere vom Aequator nach dem Pole zu allemal wie das Quadrat des Sinus der Breite verhaͤlt, u. ſ. w. Hiebey iſt aber angenommen, daß die Maſſe der Erde, wenigſtens in proportionalen Abſtaͤnden vom Mittel, uͤberall gleiche Dichtigkeit habe. Dieſe Saͤtze wuͤrden ſich genau auf die Beſtimmung der Schweren an verſchiedenen Orten der Erdflaͤche anwenden laſſen, wenn die Geſtalt der Erde in der That ellipſoidiſch und ihre Dichte gleichfoͤrmig waͤre. Aber die Vergleichung mit den wirklichen Abmeſſungen macht dieſe Vorausſetzungen ſehr zweifelhaft, ſ. Erdkugel (Th. II. S. 32. 39. 40.). Es iſt daher weit rathſamer, die Groͤßen der Schwere blos durch unmittelbare Verſuche mit dem Pendel zu beſtimmen. Wie dies geſchehe, iſt beym Worte Pendel (oben S. 426. u. f.) gezeigt worden, wo man auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/897
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 891. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/897>, abgerufen am 22.11.2024.