zu fallen, welche mit der ebnen Oberfläche des stillstehenden Wassers rechte Winkel machen. Es ist eine allgemeine Erfahrung, daß überall auf der Erdfläche freygelassene Körper zu Boden fallen, unterstützte auf ihre Unterlagen drücken, und aufgehangene die Fäden, von denen sie getragen werden, ausspannen. Untersucht man die Richtungen dieses Fallens, Drückens und Spannens, mit Ausschluß aller fremden Einwirkungen, so findet man sie stets genau lothrecht auf der Horizontalebne oder Wasserfläche. Selbst da, wo die Nähe großer Berge Einflüsse auf die Richtung schwerer Körper hat, wirken doch eben diese Einflüsse auch auf den Stand des Wassers, und es erhält sich auch hier die lothrechte Stellung der Linien des Falles gegen die Wasserfläche, die man also, als allgemeine Erfahrung, bey der Definition der Schwere der Erdkörper sicher zum Grunde legen darf.
Wäre die Erde eine vollkommne Kugel, und ganz mit Wasser bedeckt, so würden alle auf der Fläche lothrecht stehende Linien in ihren Mittelpunkt zusammen laufen, und alle Körper gegen der Erde Mittelpunkt schwer seyn. Aufdem Sphäroid aber (Taf. XXI. Fig. 140.) fallen dergleichen Linien, wie Mm, Nn, mit den Halbmessern der Krümmung oder den Normallinien zusammen, welche durch die Mittelpunkte der Krümmungskreise gehen. Nur für diejenigen Stellen der Erde, welche unter den Polen P und S und im Aequator AQ liegen, gehen die Halbmesser der Krümmung zugleich durch den Mittelpunkt C des Sphäroids selbst: an allen übrigen Stellen sind die Körper nicht gegen den Mittelpunkt der Erde, sondern gegen andere in den Normallinien liegende Punkte schwer. Nemlich die Körper zeigen Bestrebung, gegen alle Theile der gonzen Erdmosse zu fallen, die nach unendlich verschiedenen Richtungen auf allen Seiten um die Normallinie herumliegen. Daraus resultirt eine mittlere Richtung nach der Normallinie selbst.
Ein Körper, der dieser Richtung frey folgen kan, fällt nach den Gesetzen, welche beym Worte: Fall der Rörper ausführlich angegeben sind. Hiebey ist es einerley,
zu fallen, welche mit der ebnen Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers rechte Winkel machen. Es iſt eine allgemeine Erfahrung, daß uͤberall auf der Erdflaͤche freygelaſſene Koͤrper zu Boden fallen, unterſtuͤtzte auf ihre Unterlagen druͤcken, und aufgehangene die Faͤden, von denen ſie getragen werden, ausſpannen. Unterſucht man die Richtungen dieſes Fallens, Druͤckens und Spannens, mit Ausſchluß aller fremden Einwirkungen, ſo findet man ſie ſtets genau lothrecht auf der Horizontalebne oder Waſſerflaͤche. Selbſt da, wo die Naͤhe großer Berge Einfluͤſſe auf die Richtung ſchwerer Koͤrper hat, wirken doch eben dieſe Einfluͤſſe auch auf den Stand des Waſſers, und es erhaͤlt ſich auch hier die lothrechte Stellung der Linien des Falles gegen die Waſſerflaͤche, die man alſo, als allgemeine Erfahrung, bey der Definition der Schwere der Erdkoͤrper ſicher zum Grunde legen darf.
Waͤre die Erde eine vollkommne Kugel, und ganz mit Waſſer bedeckt, ſo wuͤrden alle auf der Flaͤche lothrecht ſtehende Linien in ihren Mittelpunkt zuſammen laufen, und alle Koͤrper gegen der Erde Mittelpunkt ſchwer ſeyn. Aufdem Sphaͤroid aber (Taf. XXI. Fig. 140.) fallen dergleichen Linien, wie Mm, Nn, mit den Halbmeſſern der Kruͤmmung oder den Normallinien zuſammen, welche durch die Mittelpunkte der Kruͤmmungskreiſe gehen. Nur fuͤr diejenigen Stellen der Erde, welche unter den Polen P und S und im Aequator AQ liegen, gehen die Halbmeſſer der Kruͤmmung zugleich durch den Mittelpunkt C des Sphaͤroids ſelbſt: an allen uͤbrigen Stellen ſind die Koͤrper nicht gegen den Mittelpunkt der Erde, ſondern gegen andere in den Normallinien liegende Punkte ſchwer. Nemlich die Koͤrper zeigen Beſtrebung, gegen alle Theile der gonzen Erdmoſſe zu fallen, die nach unendlich verſchiedenen Richtungen auf allen Seiten um die Normallinie herumliegen. Daraus reſultirt eine mittlere Richtung nach der Normallinie ſelbſt.
Ein Koͤrper, der dieſer Richtung frey folgen kan, faͤllt nach den Geſetzen, welche beym Worte: Fall der Roͤrper ausfuͤhrlich angegeben ſind. Hiebey iſt es einerley,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0893"xml:id="P.3.887"n="887"/><lb/>
zu fallen, welche mit der ebnen Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers rechte Winkel machen. Es iſt eine allgemeine Erfahrung, daß uͤberall auf der Erdflaͤche freygelaſſene Koͤrper zu Boden fallen, unterſtuͤtzte auf ihre Unterlagen druͤcken, und aufgehangene die Faͤden, von denen ſie getragen werden, ausſpannen. Unterſucht man die Richtungen dieſes Fallens, Druͤckens und Spannens, mit Ausſchluß aller fremden Einwirkungen, ſo findet man ſie ſtets genau lothrecht auf der Horizontalebne oder Waſſerflaͤche. Selbſt da, wo die Naͤhe großer Berge Einfluͤſſe auf die Richtung ſchwerer Koͤrper hat, wirken doch eben dieſe Einfluͤſſe auch auf den Stand des Waſſers, und es erhaͤlt ſich auch hier die lothrechte Stellung der Linien des Falles gegen die Waſſerflaͤche, die man alſo, als allgemeine Erfahrung, bey der Definition der Schwere der Erdkoͤrper ſicher zum Grunde legen darf.</p><p>Waͤre die Erde eine vollkommne Kugel, und ganz mit Waſſer bedeckt, ſo wuͤrden alle auf der Flaͤche lothrecht ſtehende Linien in ihren Mittelpunkt zuſammen laufen, und alle Koͤrper <hirendition="#b">gegen der Erde Mittelpunkt</hi>ſchwer ſeyn. Aufdem Sphaͤroid aber (Taf. <hirendition="#aq">XXI.</hi> Fig. 140.) fallen dergleichen Linien, wie <hirendition="#aq">Mm, Nn,</hi> mit den Halbmeſſern der Kruͤmmung oder den Normallinien zuſammen, welche durch die Mittelpunkte der Kruͤmmungskreiſe gehen. Nur fuͤr diejenigen Stellen der Erde, welche unter den Polen <hirendition="#aq">P</hi> und <hirendition="#aq">S</hi> und im Aequator <hirendition="#aq">AQ</hi> liegen, gehen die Halbmeſſer der Kruͤmmung zugleich durch den Mittelpunkt <hirendition="#aq">C</hi> des Sphaͤroids ſelbſt: an allen uͤbrigen Stellen ſind die Koͤrper nicht gegen den Mittelpunkt der Erde, ſondern gegen andere in den Normallinien liegende Punkte ſchwer. Nemlich die Koͤrper zeigen Beſtrebung, gegen <hirendition="#b">alle Theile</hi> der gonzen Erdmoſſe zu fallen, die nach unendlich verſchiedenen Richtungen auf allen Seiten um die Normallinie herumliegen. Daraus reſultirt eine mittlere Richtung nach der Normallinie ſelbſt.</p><p>Ein Koͤrper, der dieſer Richtung frey folgen kan, faͤllt nach den Geſetzen, welche beym Worte: <hirendition="#b">Fall der Roͤrper</hi> ausfuͤhrlich angegeben ſind. Hiebey iſt es einerley,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[887/0893]
zu fallen, welche mit der ebnen Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers rechte Winkel machen. Es iſt eine allgemeine Erfahrung, daß uͤberall auf der Erdflaͤche freygelaſſene Koͤrper zu Boden fallen, unterſtuͤtzte auf ihre Unterlagen druͤcken, und aufgehangene die Faͤden, von denen ſie getragen werden, ausſpannen. Unterſucht man die Richtungen dieſes Fallens, Druͤckens und Spannens, mit Ausſchluß aller fremden Einwirkungen, ſo findet man ſie ſtets genau lothrecht auf der Horizontalebne oder Waſſerflaͤche. Selbſt da, wo die Naͤhe großer Berge Einfluͤſſe auf die Richtung ſchwerer Koͤrper hat, wirken doch eben dieſe Einfluͤſſe auch auf den Stand des Waſſers, und es erhaͤlt ſich auch hier die lothrechte Stellung der Linien des Falles gegen die Waſſerflaͤche, die man alſo, als allgemeine Erfahrung, bey der Definition der Schwere der Erdkoͤrper ſicher zum Grunde legen darf.
Waͤre die Erde eine vollkommne Kugel, und ganz mit Waſſer bedeckt, ſo wuͤrden alle auf der Flaͤche lothrecht ſtehende Linien in ihren Mittelpunkt zuſammen laufen, und alle Koͤrper gegen der Erde Mittelpunkt ſchwer ſeyn. Aufdem Sphaͤroid aber (Taf. XXI. Fig. 140.) fallen dergleichen Linien, wie Mm, Nn, mit den Halbmeſſern der Kruͤmmung oder den Normallinien zuſammen, welche durch die Mittelpunkte der Kruͤmmungskreiſe gehen. Nur fuͤr diejenigen Stellen der Erde, welche unter den Polen P und S und im Aequator AQ liegen, gehen die Halbmeſſer der Kruͤmmung zugleich durch den Mittelpunkt C des Sphaͤroids ſelbſt: an allen uͤbrigen Stellen ſind die Koͤrper nicht gegen den Mittelpunkt der Erde, ſondern gegen andere in den Normallinien liegende Punkte ſchwer. Nemlich die Koͤrper zeigen Beſtrebung, gegen alle Theile der gonzen Erdmoſſe zu fallen, die nach unendlich verſchiedenen Richtungen auf allen Seiten um die Normallinie herumliegen. Daraus reſultirt eine mittlere Richtung nach der Normallinie ſelbſt.
Ein Koͤrper, der dieſer Richtung frey folgen kan, faͤllt nach den Geſetzen, welche beym Worte: Fall der Roͤrper ausfuͤhrlich angegeben ſind. Hiebey iſt es einerley,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 887. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/893>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.