durch den Luftkreis vertheilt. Also ist die Wärme Folge, nicht Ursache des Schneyens; und der gemeine Mann, welcher sagt, es könne vor Kälte nicht schneyen, verwechselt Ursache und Wirkung. Musschenbroek hat doch in den Jahren 1729, 1740, 1741, 1760 bemerkt, daß Schnee bey sehr strenger Kälte fiel, und daß diese dabey eher zunahm. In der Kälte sind die Flocken gewöhnlich kleiner, als bey gelindern Temperaturen.
An manchen Orten fällt der Schnee ungemein häufig und stark, wovon Musschenbroek mehrere Beyspiele anführt. Maupertuis erzählt dergleichen auch von Lappland, und Ellis von der Hudsonsbay, wo oft alles so verdeckt wird, daß man weder Wege noch Wohnungen der Menschen mehr erblickt. Auch Bouguer(Voyage au Perou. p. 42.) gedenkt solcher starken Schneefälle auf dem Berge Asonay, die Jeden, den sie überraschen, in Lebensgefahr versetzen. Im Jänner 1741 fiel in Neuyork binnen 48 Stunden ein Schnee, der die Erde 16 Schuh hoch bedeckte.
Von den Gipfeln hoher Berge fängt bisweilen ein kleiner Schneeball an herabzurollen, der während des Falles zu einer ungeheuren Größe anwächst, und in den Thälern, in die er herabstürzt, die schrecklichsten Verwüstungen anrichtet. Solche Fälle, welche die Alpenbewohner Lavinen nennen, verursachen ein Krachen, das dem Donner ähnlich ist, verschütten Häuser und Felder, verstopfen den Lauf der Flüsse, und verheeren ganze Gegenden durch die darauf folgenden Ueberschwemmungen.
Die Alten glaubten, es schneye nicht auf dem Meere (Plin. H. N. II. 103.). Dies ist aber ungegründet; in der Nordsee schneyet es oft, wiewohl nicht so häufig, als auf dem festen Lande, und überhaupt in niedrigen Gegenden nicht so oft, als in der Höhe. In den Plänen regnet es vielmals, indeß auf den Bergen Schnee fällt, s. Regen.
v. Musschenbroek Introd. ad philos. natur. To. II. §. 2401. sqq.
durch den Luftkreis vertheilt. Alſo iſt die Waͤrme Folge, nicht Urſache des Schneyens; und der gemeine Mann, welcher ſagt, es koͤnne vor Kaͤlte nicht ſchneyen, verwechſelt Urſache und Wirkung. Muſſchenbroek hat doch in den Jahren 1729, 1740, 1741, 1760 bemerkt, daß Schnee bey ſehr ſtrenger Kaͤlte fiel, und daß dieſe dabey eher zunahm. In der Kaͤlte ſind die Flocken gewoͤhnlich kleiner, als bey gelindern Temperaturen.
An manchen Orten faͤllt der Schnee ungemein haͤufig und ſtark, wovon Muſſchenbroek mehrere Beyſpiele anfuͤhrt. Maupertuis erzaͤhlt dergleichen auch von Lappland, und Ellis von der Hudſonsbay, wo oft alles ſo verdeckt wird, daß man weder Wege noch Wohnungen der Menſchen mehr erblickt. Auch Bouguer(Voyage au Perou. p. 42.) gedenkt ſolcher ſtarken Schneefaͤlle auf dem Berge Aſonay, die Jeden, den ſie uͤberraſchen, in Lebensgefahr verſetzen. Im Jaͤnner 1741 fiel in Neuyork binnen 48 Stunden ein Schnee, der die Erde 16 Schuh hoch bedeckte.
Von den Gipfeln hoher Berge faͤngt bisweilen ein kleiner Schneeball an herabzurollen, der waͤhrend des Falles zu einer ungeheuren Groͤße anwaͤchſt, und in den Thaͤlern, in die er herabſtuͤrzt, die ſchrecklichſten Verwuͤſtungen anrichtet. Solche Faͤlle, welche die Alpenbewohner Lavinen nennen, verurſachen ein Krachen, das dem Donner aͤhnlich iſt, verſchuͤtten Haͤuſer und Felder, verſtopfen den Lauf der Fluͤſſe, und verheeren ganze Gegenden durch die darauf folgenden Ueberſchwemmungen.
Die Alten glaubten, es ſchneye nicht auf dem Meere (Plin. H. N. II. 103.). Dies iſt aber ungegruͤndet; in der Nordſee ſchneyet es oft, wiewohl nicht ſo haͤufig, als auf dem feſten Lande, und uͤberhaupt in niedrigen Gegenden nicht ſo oft, als in der Hoͤhe. In den Plaͤnen regnet es vielmals, indeß auf den Bergen Schnee faͤllt, ſ. Regen.
v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. natur. To. II. §. 2401. ſqq.
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durch den Luftkreis vertheilt. Alſo iſt die Waͤrme Folge, nicht Urſache des Schneyens; und der gemeine Mann, welcher ſagt, es koͤnne vor Kaͤlte nicht ſchneyen, verwechſelt Urſache und Wirkung. Muſſchenbroek hat doch in den Jahren 1729, 1740, 1741, 1760 bemerkt, daß Schnee bey ſehr ſtrenger Kaͤlte fiel, und daß dieſe dabey eher zunahm. In der Kaͤlte ſind die Flocken gewoͤhnlich kleiner, als bey gelindern Temperaturen.
An manchen Orten faͤllt der Schnee ungemein haͤufig und ſtark, wovon Muſſchenbroek mehrere Beyſpiele anfuͤhrt. Maupertuis erzaͤhlt dergleichen auch von Lappland, und Ellis von der Hudſonsbay, wo oft alles ſo verdeckt wird, daß man weder Wege noch Wohnungen der Menſchen mehr erblickt. Auch Bouguer (Voyage au Perou. p. 42.) gedenkt ſolcher ſtarken Schneefaͤlle auf dem Berge Aſonay, die Jeden, den ſie uͤberraſchen, in Lebensgefahr verſetzen. Im Jaͤnner 1741 fiel in Neuyork binnen 48 Stunden ein Schnee, der die Erde 16 Schuh hoch bedeckte.
Von den Gipfeln hoher Berge faͤngt bisweilen ein kleiner Schneeball an herabzurollen, der waͤhrend des Falles zu einer ungeheuren Groͤße anwaͤchſt, und in den Thaͤlern, in die er herabſtuͤrzt, die ſchrecklichſten Verwuͤſtungen anrichtet. Solche Faͤlle, welche die Alpenbewohner Lavinen nennen, verurſachen ein Krachen, das dem Donner aͤhnlich iſt, verſchuͤtten Haͤuſer und Felder, verſtopfen den Lauf der Fluͤſſe, und verheeren ganze Gegenden durch die darauf folgenden Ueberſchwemmungen.
Die Alten glaubten, es ſchneye nicht auf dem Meere (Plin. H. N. II. 103.). Dies iſt aber ungegruͤndet; in der Nordſee ſchneyet es oft, wiewohl nicht ſo haͤufig, als auf dem feſten Lande, und uͤberhaupt in niedrigen Gegenden nicht ſo oft, als in der Hoͤhe. In den Plaͤnen regnet es vielmals, indeß auf den Bergen Schnee faͤllt, ſ. Regen.
v. Muſſchenbroek Introd. ad philoſ. natur. To. II. §. 2401. ſqq.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 866. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/872>, abgerufen am 22.11.2024.
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