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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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verschiedenen Längen und Richtungen über einander häufen, sehr oft aber auch zu drey und dreyen an einander hängen, und dadurch sechsspitzige Sterne, wie Taf. XXI. Fig. 133. bilden. Bisweilen sind die Nadeln dieser Sterne glatt, bisweilen auch, wie Fig. 134. mit kleinern Nadeln oder Aesten besetzt. Die Figuren, welche hieraus entstehen, sind unendlich mannigfaltig, und in großer Menge von D. Hook (Micrographia p. 88.), Engelman (Het regt gebruyk der natuur beschouwingen in een verhandeling over de sneewfiguren. Haarlem, 1747.), Nehemiah Grew, D. Langwith und Netris (Philos. Trans. num. 92. num. 376. und Vol. XLIX. Part. 2. p. 644.), Guettard (Mem. de Paris, 1762.), Holmann (Comment. Goetting. Tom. III. p. 24.) u. a. beschrieben und abgebildet. Musschenbroek (Introd. ad phil. nat. Tom. II. Tab. LXI.) theilt die merkwürdigsten derselben mit. Alle haben die sechsspitzige Sterngestalt unter sich gemein, in der sich die Neigung der Theile, unter Winkeln von 60° und 120° zusammenzugehen, nicht verkennen läßt. Auch die kleinern Nadeln oder Zweige sitzen an den größern unter Winkeln von dieser Größe. Nur sehr selten hat man Sterne von 12 Spitzen, oder Verbindung unter Winkeln von 30°, bemerkt. So verschieden die Figuren sind, so bestehen doch gewöhnlich bey jedem Falle des Schnees alle Flocken aus Sternen von einerley Gestalt. Der erste, der diesen regelmäßigen Bau der Schneeflocken wahrnahm, war Kepler (Strena, s. de nive sexangula. Frf. 1611. 4. et in Casp. Dornavii Amphitheatro sapientiae Socraticae. p. 751.).

Da man eben dieses Bestreben nach Vereinigung unter Winkeln von 60° und 120° auch bey der Entstehung des Eises wahrnimmt, s. Eis (Th. 1. S. 675.), so ist wohl kein Zweifel, daß es dem Gefrieren des Wassers eigen sey. Dieses Gefrieren nemlich ist eine wahre Krystallifation, wobey die Theile, wenn der Uebergang in den festen Zustand nicht allzuplötzlich geschieht, allemal eine regelmäßige Gestalt annehmen, s. Krystallisation. Dürfte man der Vermuthung Raum geben, daß diese Krystallisationsgestalten


verſchiedenen Laͤngen und Richtungen uͤber einander haͤufen, ſehr oft aber auch zu drey und dreyen an einander haͤngen, und dadurch ſechsſpitzige Sterne, wie Taf. XXI. Fig. 133. bilden. Bisweilen ſind die Nadeln dieſer Sterne glatt, bisweilen auch, wie Fig. 134. mit kleinern Nadeln oder Aeſten beſetzt. Die Figuren, welche hieraus entſtehen, ſind unendlich mannigfaltig, und in großer Menge von D. Hook (Micrographia p. 88.), Engelman (Het regt gebruyk der natuur beſchouwingen in een verhandeling over de ſneewfiguren. Haarlem, 1747.), Nehemiah Grew, D. Langwith und Netris (Philoſ. Trans. num. 92. num. 376. und Vol. XLIX. Part. 2. p. 644.), Guettard (Mém. de Paris, 1762.), Holmann (Comment. Goetting. Tom. III. p. 24.) u. a. beſchrieben und abgebildet. Muſſchenbroek (Introd. ad phil. nat. Tom. II. Tab. LXI.) theilt die merkwuͤrdigſten derſelben mit. Alle haben die ſechsſpitzige Sterngeſtalt unter ſich gemein, in der ſich die Neigung der Theile, unter Winkeln von 60° und 120° zuſammenzugehen, nicht verkennen laͤßt. Auch die kleinern Nadeln oder Zweige ſitzen an den groͤßern unter Winkeln von dieſer Groͤße. Nur ſehr ſelten hat man Sterne von 12 Spitzen, oder Verbindung unter Winkeln von 30°, bemerkt. So verſchieden die Figuren ſind, ſo beſtehen doch gewoͤhnlich bey jedem Falle des Schnees alle Flocken aus Sternen von einerley Geſtalt. Der erſte, der dieſen regelmaͤßigen Bau der Schneeflocken wahrnahm, war Kepler (Strena, ſ. de nive ſexangula. Frf. 1611. 4. et in Caſp. Dornavii Amphitheatro ſapientiae Socraticae. p. 751.).

Da man eben dieſes Beſtreben nach Vereinigung unter Winkeln von 60° und 120° auch bey der Entſtehung des Eiſes wahrnimmt, ſ. Eis (Th. 1. S. 675.), ſo iſt wohl kein Zweifel, daß es dem Gefrieren des Waſſers eigen ſey. Dieſes Gefrieren nemlich iſt eine wahre Kryſtallifation, wobey die Theile, wenn der Uebergang in den feſten Zuſtand nicht allzuploͤtzlich geſchieht, allemal eine regelmaͤßige Geſtalt annehmen, ſ. Kryſtalliſation. Duͤrfte man der Vermuthung Raum geben, daß dieſe Kryſtalliſationsgeſtalten

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[863/0869] verſchiedenen Laͤngen und Richtungen uͤber einander haͤufen, ſehr oft aber auch zu drey und dreyen an einander haͤngen, und dadurch ſechsſpitzige Sterne, wie Taf. XXI. Fig. 133. bilden. Bisweilen ſind die Nadeln dieſer Sterne glatt, bisweilen auch, wie Fig. 134. mit kleinern Nadeln oder Aeſten beſetzt. Die Figuren, welche hieraus entſtehen, ſind unendlich mannigfaltig, und in großer Menge von D. Hook (Micrographia p. 88.), Engelman (Het regt gebruyk der natuur beſchouwingen in een verhandeling over de ſneewfiguren. Haarlem, 1747.), Nehemiah Grew, D. Langwith und Netris (Philoſ. Trans. num. 92. num. 376. und Vol. XLIX. Part. 2. p. 644.), Guettard (Mém. de Paris, 1762.), Holmann (Comment. Goetting. Tom. III. p. 24.) u. a. beſchrieben und abgebildet. Muſſchenbroek (Introd. ad phil. nat. Tom. II. Tab. LXI.) theilt die merkwuͤrdigſten derſelben mit. Alle haben die ſechsſpitzige Sterngeſtalt unter ſich gemein, in der ſich die Neigung der Theile, unter Winkeln von 60° und 120° zuſammenzugehen, nicht verkennen laͤßt. Auch die kleinern Nadeln oder Zweige ſitzen an den groͤßern unter Winkeln von dieſer Groͤße. Nur ſehr ſelten hat man Sterne von 12 Spitzen, oder Verbindung unter Winkeln von 30°, bemerkt. So verſchieden die Figuren ſind, ſo beſtehen doch gewoͤhnlich bey jedem Falle des Schnees alle Flocken aus Sternen von einerley Geſtalt. Der erſte, der dieſen regelmaͤßigen Bau der Schneeflocken wahrnahm, war Kepler (Strena, ſ. de nive ſexangula. Frf. 1611. 4. et in Caſp. Dornavii Amphitheatro ſapientiae Socraticae. p. 751.). Da man eben dieſes Beſtreben nach Vereinigung unter Winkeln von 60° und 120° auch bey der Entſtehung des Eiſes wahrnimmt, ſ. Eis (Th. 1. S. 675.), ſo iſt wohl kein Zweifel, daß es dem Gefrieren des Waſſers eigen ſey. Dieſes Gefrieren nemlich iſt eine wahre Kryſtallifation, wobey die Theile, wenn der Uebergang in den feſten Zuſtand nicht allzuploͤtzlich geſchieht, allemal eine regelmaͤßige Geſtalt annehmen, ſ. Kryſtalliſation. Duͤrfte man der Vermuthung Raum geben, daß dieſe Kryſtalliſationsgeſtalten

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 863. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/869>, abgerufen am 22.11.2024.