Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Luft durch bloßes Glühen des Salpeters dergleichen niemals erhalte. Er glaubt daher, daß sich aus den Kohlen zugleich brennbare Luft entwickle, welche mit der dephlogistisirten aus dem Salpeter eine Knalluft bilde, deren Erplosion die glühenden Theile mit Gewalt durch die übrigen werfe, und daher Entzündung und Abknallen mit erstaunlicher Geschwindigkeit verbreite.

Hiegegen läßt sich wiederum mit Herrn Gren einwenden, daß allen Erfahrungen gemäß brennende Kohlen nur Luftsäure geben und die Luft phlogistisiren, dagegen man brennbare Luft aus ihnen nur durch trockne Destillation erhält. Man hat auch eben nicht nöthig, beym Abbrennen des Pulvers gerade eine Knallluft zu suchen, da die gewaltsamen Wirkungen schon aus der schnellen und häufigen Entwickelung luftförmiger Stoffe überhaupt, und aus der starken Ausdehnung derselben in der Hitze begreiflich werden. Ueberdies wird auch noch das Krystallisationswasser des Salpeters ausgetrieben, und in elastischen Dampf, vielleicht gar in dephlogistisirte Luft, verwandelt, und die Kohlen geben, wo nicht inflammable, doch wenigstens fixe Luft in ziemlicher Menge her. Herr Lichtenberg (in Errlebens Anfangsgr. der Natural. §. 432.) äußert noch, wenn eine Knallluft entstehe, und durch das Abbrennen, nach Cavendish, Watt und Lavoisier, in Wasser verwandelt werde, so würden auch die dadurch entstehenden Wasserdämpfe die Menge der elastischen Materien vermehren. Die Luft, welche nach der Entzündung des Schießpulvers noch übrig bleibt, hat Herr Achard (in Crells chemischen Annalen, 1784. 12. St. S. 484.) als nitröse und fire Luft befunden. Darinn bleibt also wenigstens ein Theil der Salpetersäure zurück.

Die Menge des Gas, welches im Augenblicke der Entzündung hervorgebracht wird, setzt Robins im Zustande der Erkaltung auf das 244 fache Volumen des Schießpulvers; er glaubt aber, daß sie durch die Hitze der Entzündung eine 4mal stärkere Elasticität erhalte, und sich also bis auf das 976fache oder fast 1000fache Volumen des festen Pulvers auszudehnen strebe. Der Graf von Saluce (Miscellanea philos. math. societatis priv. Taurinens. p.


Luft durch bloßes Gluͤhen des Salpeters dergleichen niemals erhalte. Er glaubt daher, daß ſich aus den Kohlen zugleich brennbare Luft entwickle, welche mit der dephlogiſtiſirten aus dem Salpeter eine Knalluft bilde, deren Erploſion die gluͤhenden Theile mit Gewalt durch die uͤbrigen werfe, und daher Entzuͤndung und Abknallen mit erſtaunlicher Geſchwindigkeit verbreite.

Hiegegen laͤßt ſich wiederum mit Herrn Gren einwenden, daß allen Erfahrungen gemaͤß brennende Kohlen nur Luftſaͤure geben und die Luft phlogiſtiſiren, dagegen man brennbare Luft aus ihnen nur durch trockne Deſtillation erhaͤlt. Man hat auch eben nicht noͤthig, beym Abbrennen des Pulvers gerade eine Knallluft zu ſuchen, da die gewaltſamen Wirkungen ſchon aus der ſchnellen und haͤufigen Entwickelung luftfoͤrmiger Stoffe uͤberhaupt, und aus der ſtarken Ausdehnung derſelben in der Hitze begreiflich werden. Ueberdies wird auch noch das Kryſtalliſationswaſſer des Salpeters ausgetrieben, und in elaſtiſchen Dampf, vielleicht gar in dephlogiſtiſirte Luft, verwandelt, und die Kohlen geben, wo nicht inflammable, doch wenigſtens fixe Luft in ziemlicher Menge her. Herr Lichtenberg (in Errlebens Anfangsgr. der Natural. §. 432.) aͤußert noch, wenn eine Knallluft entſtehe, und durch das Abbrennen, nach Cavendiſh, Watt und Lavoiſier, in Waſſer verwandelt werde, ſo wuͤrden auch die dadurch entſtehenden Waſſerdaͤmpfe die Menge der elaſtiſchen Materien vermehren. Die Luft, welche nach der Entzuͤndung des Schießpulvers noch uͤbrig bleibt, hat Herr Achard (in Crells chemiſchen Annalen, 1784. 12. St. S. 484.) als nitroͤſe und fire Luft befunden. Darinn bleibt alſo wenigſtens ein Theil der Salpeterſaͤure zuruͤck.

Die Menge des Gas, welches im Augenblicke der Entzuͤndung hervorgebracht wird, ſetzt Robins im Zuſtande der Erkaltung auf das 244 fache Volumen des Schießpulvers; er glaubt aber, daß ſie durch die Hitze der Entzuͤndung eine 4mal ſtaͤrkere Elaſticitaͤt erhalte, und ſich alſo bis auf das 976fache oder faſt 1000fache Volumen des feſten Pulvers auszudehnen ſtrebe. Der Graf von Saluce (Miſcellanea philoſ. math. ſocietatis priv. Taurinenſ. p.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0854" xml:id="P.3.848" n="848"/><lb/>
Luft durch bloßes Glu&#x0364;hen des Salpeters dergleichen niemals erhalte. Er glaubt daher, daß &#x017F;ich aus den Kohlen zugleich brennbare Luft entwickle, welche mit der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten aus dem Salpeter eine Knalluft bilde, deren Erplo&#x017F;ion die glu&#x0364;henden Theile mit Gewalt durch die u&#x0364;brigen werfe, und daher Entzu&#x0364;ndung und Abknallen mit er&#x017F;taunlicher Ge&#x017F;chwindigkeit verbreite.</p>
            <p>Hiegegen la&#x0364;ßt &#x017F;ich wiederum mit Herrn <hi rendition="#b">Gren</hi> einwenden, daß allen Erfahrungen gema&#x0364;ß brennende Kohlen nur Luft&#x017F;a&#x0364;ure geben und die Luft phlogi&#x017F;ti&#x017F;iren, dagegen man brennbare Luft aus ihnen nur durch trockne De&#x017F;tillation erha&#x0364;lt. Man hat auch eben nicht no&#x0364;thig, beym Abbrennen des Pulvers gerade eine Knallluft zu &#x017F;uchen, da die gewalt&#x017F;amen Wirkungen &#x017F;chon aus der &#x017F;chnellen und ha&#x0364;ufigen Entwickelung luftfo&#x0364;rmiger Stoffe u&#x0364;berhaupt, und aus der &#x017F;tarken Ausdehnung der&#x017F;elben in der Hitze begreiflich werden. Ueberdies wird auch noch das Kry&#x017F;talli&#x017F;ationswa&#x017F;&#x017F;er des Salpeters ausgetrieben, und in ela&#x017F;ti&#x017F;chen Dampf, vielleicht gar in dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft, verwandelt, und die Kohlen geben, wo nicht inflammable, doch wenig&#x017F;tens fixe Luft in ziemlicher Menge her. <hi rendition="#b">Herr Lichtenberg</hi> (in Errlebens Anfangsgr. der Natural. §. 432.) a&#x0364;ußert noch, wenn eine Knallluft ent&#x017F;tehe, und durch das Abbrennen, nach Cavendi&#x017F;h, Watt und Lavoi&#x017F;ier, in Wa&#x017F;&#x017F;er verwandelt werde, &#x017F;o wu&#x0364;rden auch die dadurch ent&#x017F;tehenden Wa&#x017F;&#x017F;erda&#x0364;mpfe die Menge der ela&#x017F;ti&#x017F;chen Materien vermehren. Die Luft, welche nach der Entzu&#x0364;ndung des Schießpulvers noch u&#x0364;brig bleibt, hat Herr <hi rendition="#b">Achard</hi> (in <hi rendition="#b">Crells</hi> chemi&#x017F;chen Annalen, 1784. 12. St. S. 484.) als nitro&#x0364;&#x017F;e und fire Luft befunden. Darinn bleibt al&#x017F;o wenig&#x017F;tens ein Theil der Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure zuru&#x0364;ck.</p>
            <p>Die Menge des Gas, welches im Augenblicke der Entzu&#x0364;ndung hervorgebracht wird, &#x017F;etzt <hi rendition="#b">Robins</hi> im Zu&#x017F;tande der Erkaltung auf das 244 fache Volumen des Schießpulvers; er glaubt aber, daß &#x017F;ie durch die Hitze der Entzu&#x0364;ndung eine 4mal &#x017F;ta&#x0364;rkere Ela&#x017F;ticita&#x0364;t erhalte, und &#x017F;ich al&#x017F;o bis auf das 976fache oder fa&#x017F;t 1000fache Volumen des fe&#x017F;ten Pulvers auszudehnen &#x017F;trebe. Der Graf von <hi rendition="#b">Saluce</hi> <hi rendition="#aq">(Mi&#x017F;cellanea philo&#x017F;. math. &#x017F;ocietatis priv. Taurinen&#x017F;. p.<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[848/0854] Luft durch bloßes Gluͤhen des Salpeters dergleichen niemals erhalte. Er glaubt daher, daß ſich aus den Kohlen zugleich brennbare Luft entwickle, welche mit der dephlogiſtiſirten aus dem Salpeter eine Knalluft bilde, deren Erploſion die gluͤhenden Theile mit Gewalt durch die uͤbrigen werfe, und daher Entzuͤndung und Abknallen mit erſtaunlicher Geſchwindigkeit verbreite. Hiegegen laͤßt ſich wiederum mit Herrn Gren einwenden, daß allen Erfahrungen gemaͤß brennende Kohlen nur Luftſaͤure geben und die Luft phlogiſtiſiren, dagegen man brennbare Luft aus ihnen nur durch trockne Deſtillation erhaͤlt. Man hat auch eben nicht noͤthig, beym Abbrennen des Pulvers gerade eine Knallluft zu ſuchen, da die gewaltſamen Wirkungen ſchon aus der ſchnellen und haͤufigen Entwickelung luftfoͤrmiger Stoffe uͤberhaupt, und aus der ſtarken Ausdehnung derſelben in der Hitze begreiflich werden. Ueberdies wird auch noch das Kryſtalliſationswaſſer des Salpeters ausgetrieben, und in elaſtiſchen Dampf, vielleicht gar in dephlogiſtiſirte Luft, verwandelt, und die Kohlen geben, wo nicht inflammable, doch wenigſtens fixe Luft in ziemlicher Menge her. Herr Lichtenberg (in Errlebens Anfangsgr. der Natural. §. 432.) aͤußert noch, wenn eine Knallluft entſtehe, und durch das Abbrennen, nach Cavendiſh, Watt und Lavoiſier, in Waſſer verwandelt werde, ſo wuͤrden auch die dadurch entſtehenden Waſſerdaͤmpfe die Menge der elaſtiſchen Materien vermehren. Die Luft, welche nach der Entzuͤndung des Schießpulvers noch uͤbrig bleibt, hat Herr Achard (in Crells chemiſchen Annalen, 1784. 12. St. S. 484.) als nitroͤſe und fire Luft befunden. Darinn bleibt alſo wenigſtens ein Theil der Salpeterſaͤure zuruͤck. Die Menge des Gas, welches im Augenblicke der Entzuͤndung hervorgebracht wird, ſetzt Robins im Zuſtande der Erkaltung auf das 244 fache Volumen des Schießpulvers; er glaubt aber, daß ſie durch die Hitze der Entzuͤndung eine 4mal ſtaͤrkere Elaſticitaͤt erhalte, und ſich alſo bis auf das 976fache oder faſt 1000fache Volumen des feſten Pulvers auszudehnen ſtrebe. Der Graf von Saluce (Miſcellanea philoſ. math. ſocietatis priv. Taurinenſ. p.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/854
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 848. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/854>, abgerufen am 22.11.2024.