Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Hieraus hat nun schon Louville geschlossen, daß der Winkel der Ekliptik mit dem Aequator veränderlich sey, obgleich Gassendi, Riccioli (Almag. nov. p. 164.), Hevel (Prodr. Astr. p. 37. 42.), Gregory (Elem. astr. phys. et geom. L. II. pr. 19.), Cassini (Elemens d'astr. p. 113.) den Unterschied blos auf Fehler der alten Beobachtungen schieben wollen. Die neuern Astronomen nehmen allgemein an, daß die Schiefe der Ekliptik geringer werde: Louville setzt die Verminderung in 100 Jahren auf eine Min., de la Caille auf 44 Sec., de la Lande auf 1 Min. 28 Set. Euler (Theor. motus planet. et com. Berol. 1744. p. 98.) sahe es für möglich an, daß diese Verminderung nicht von einer regelmäßigen Ursache, sondern von Kometen, herrühre. Nachher aber hat er fie von den Wirkungen det Planeten hergeleitet, und die Rechnung darüber (Mem. de l'Acad. de Prusse 1754. p. 296.) zuerst geführt. Herr de la Lande hat solche Berechnungen auch angestellt (Mem. de Paris 1758. 1761.); es sind aber gewisse Data zudenselben, z. B. die Masse der Venus, noch nicht mit völliger Sicherheit ausgemacht. Außerdem ist die Schiefe der Ekliptik einer periodischen Veränderung unterworfen, nach welcher sie 9 Jahre lang wächst, und 9 Jahre wieder abnimmt, so daß der größte Unterschied 18 Secunden beträgt, s. Wanken der Erdare. Die mittlere Schiefe läßt sich anjetzt schon nicht mehr über 23° 28' 0" setzen. Um diese Größe stehen die Wendekreise vom Aequator, und die Pole der Ekliptik von den Polen des Aequators ab, weil sich die Axen größter Kreise gegen einander unter eben dem Winkel, wie die Kreise selbst, neigen. Mithin werden die Stellen der Wendekreise und Polarkreise am Himmel und auf der Erde durch die Schiefe der Ekliptik
Hieraus hat nun ſchon Louville geſchloſſen, daß der Winkel der Ekliptik mit dem Aequator veraͤnderlich ſey, obgleich Gaſſendi, Riccioli (Almag. nov. p. 164.), Hevel (Prodr. Aſtr. p. 37. 42.), Gregory (Elem. aſtr. phyſ. et geom. L. II. pr. 19.), Caſſini (Elemens d'aſtr. p. 113.) den Unterſchied blos auf Fehler der alten Beobachtungen ſchieben wollen. Die neuern Aſtronomen nehmen allgemein an, daß die Schiefe der Ekliptik geringer werde: Louville ſetzt die Verminderung in 100 Jahren auf eine Min., de la Caille auf 44 Sec., de la Lande auf 1 Min. 28 Set. Euler (Theor. motus planet. et com. Berol. 1744. p. 98.) ſahe es fuͤr moͤglich an, daß dieſe Verminderung nicht von einer regelmaͤßigen Urſache, ſondern von Kometen, herruͤhre. Nachher aber hat er fie von den Wirkungen det Planeten hergeleitet, und die Rechnung daruͤber (Mém. de l'Acad. de Pruſſe 1754. p. 296.) zuerſt gefuͤhrt. Herr de la Lande hat ſolche Berechnungen auch angeſtellt (Mém. de Paris 1758. 1761.); es ſind aber gewiſſe Data zudenſelben, z. B. die Maſſe der Venus, noch nicht mit voͤlliger Sicherheit ausgemacht. Außerdem iſt die Schiefe der Ekliptik einer periodiſchen Veraͤnderung unterworfen, nach welcher ſie 9 Jahre lang waͤchſt, und 9 Jahre wieder abnimmt, ſo daß der groͤßte Unterſchied 18 Secunden betraͤgt, ſ. Wanken der Erdare. Die mittlere Schiefe laͤßt ſich anjetzt ſchon nicht mehr uͤber 23° 28′ 0″ ſetzen. Um dieſe Groͤße ſtehen die Wendekreiſe vom Aequator, und die Pole der Ekliptik von den Polen des Aequators ab, weil ſich die Axen groͤßter Kreiſe gegen einander unter eben dem Winkel, wie die Kreiſe ſelbſt, neigen. Mithin werden die Stellen der Wendekreiſe und Polarkreiſe am Himmel und auf der Erde durch die Schiefe der Ekliptik <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <table> <pb facs="#f0838" xml:id="P.3.832" n="832"/><lb/> <row> <cell/> <cell>1737</cell> <cell>de la Condamine</cell> <cell>23°</cell> <cell>28′</cell> <cell>24″</cell> </row> <row> <cell/> <cell>1743</cell> <cell>Caſſini de Thury</cell> <cell>23</cell> <cell>28</cell> <cell>35</cell> </row> <row> <cell/> <cell>1750</cell> <cell>de la Caille</cell> <cell>23</cell> <cell>28</cell> <cell>19</cell> </row> <row> <cell/> <cell>1751</cell> <cell>Bradley</cell> <cell>23</cell> <cell>28</cell> <cell>18</cell> </row> <row> <cell/> <cell>1756</cell> <cell>Mayer</cell> <cell>23</cell> <cell>28</cell> <cell>16.</cell> </row> </table> </p> <p>Hieraus hat nun ſchon <hi rendition="#b">Louville</hi> geſchloſſen, daß der Winkel der Ekliptik mit dem Aequator veraͤnderlich ſey, obgleich <hi rendition="#b">Gaſſendi, Riccioli</hi> <hi rendition="#aq">(Almag. nov. p. 164.),</hi> <hi rendition="#b">Hevel</hi> <hi rendition="#aq">(Prodr. Aſtr. p. 37. 42.)</hi>, <hi rendition="#b">Gregory</hi> <hi rendition="#aq">(Elem. aſtr. phyſ. et geom. L. II. pr. 19.),</hi> <hi rendition="#b">Caſſini</hi> <hi rendition="#aq">(Elemens d'aſtr. p. 113.)</hi> den Unterſchied blos auf Fehler der alten Beobachtungen ſchieben wollen. Die neuern Aſtronomen nehmen allgemein an, daß die Schiefe der Ekliptik geringer werde: <hi rendition="#b">Louville</hi> ſetzt die Verminderung in 100 Jahren auf eine Min., de la <hi rendition="#b">Caille</hi> auf 44 Sec., <hi rendition="#b">de la Lande</hi> auf 1 Min. 28 Set. <hi rendition="#b">Euler</hi> <hi rendition="#aq">(Theor. motus planet. et com. Berol. 1744. p. 98.)</hi> ſahe es fuͤr moͤglich an, daß dieſe Verminderung nicht von einer regelmaͤßigen Urſache, ſondern von Kometen, herruͤhre. Nachher aber hat er fie von den Wirkungen det Planeten hergeleitet, und die Rechnung daruͤber <hi rendition="#aq">(Mém. de l'Acad. de Pruſſe 1754. p. 296.)</hi> zuerſt gefuͤhrt. Herr <hi rendition="#b">de la Lande</hi> hat ſolche Berechnungen auch angeſtellt <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris 1758. 1761.);</hi> es ſind aber gewiſſe Data zudenſelben, z. B. die Maſſe der Venus, noch nicht mit voͤlliger Sicherheit ausgemacht.</p> <p>Außerdem iſt die Schiefe der Ekliptik einer periodiſchen Veraͤnderung unterworfen, nach welcher ſie 9 Jahre lang waͤchſt, und 9 Jahre wieder abnimmt, ſo daß der groͤßte Unterſchied 18 Secunden betraͤgt, ſ. <hi rendition="#b">Wanken der Erdare.</hi> Die mittlere Schiefe laͤßt ſich anjetzt ſchon nicht mehr uͤber 23° 28′ 0″ ſetzen.</p> <p>Um dieſe Groͤße ſtehen die Wendekreiſe vom Aequator, und die Pole der Ekliptik von den Polen des Aequators ab, weil ſich die Axen groͤßter Kreiſe gegen einander unter eben dem Winkel, wie die Kreiſe ſelbſt, neigen. Mithin werden die Stellen der Wendekreiſe und Polarkreiſe am Himmel und auf der Erde durch die Schiefe der Ekliptik<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [832/0838]
1737 de la Condamine 23° 28′ 24″
1743 Caſſini de Thury 23 28 35
1750 de la Caille 23 28 19
1751 Bradley 23 28 18
1756 Mayer 23 28 16.
Hieraus hat nun ſchon Louville geſchloſſen, daß der Winkel der Ekliptik mit dem Aequator veraͤnderlich ſey, obgleich Gaſſendi, Riccioli (Almag. nov. p. 164.), Hevel (Prodr. Aſtr. p. 37. 42.), Gregory (Elem. aſtr. phyſ. et geom. L. II. pr. 19.), Caſſini (Elemens d'aſtr. p. 113.) den Unterſchied blos auf Fehler der alten Beobachtungen ſchieben wollen. Die neuern Aſtronomen nehmen allgemein an, daß die Schiefe der Ekliptik geringer werde: Louville ſetzt die Verminderung in 100 Jahren auf eine Min., de la Caille auf 44 Sec., de la Lande auf 1 Min. 28 Set. Euler (Theor. motus planet. et com. Berol. 1744. p. 98.) ſahe es fuͤr moͤglich an, daß dieſe Verminderung nicht von einer regelmaͤßigen Urſache, ſondern von Kometen, herruͤhre. Nachher aber hat er fie von den Wirkungen det Planeten hergeleitet, und die Rechnung daruͤber (Mém. de l'Acad. de Pruſſe 1754. p. 296.) zuerſt gefuͤhrt. Herr de la Lande hat ſolche Berechnungen auch angeſtellt (Mém. de Paris 1758. 1761.); es ſind aber gewiſſe Data zudenſelben, z. B. die Maſſe der Venus, noch nicht mit voͤlliger Sicherheit ausgemacht.
Außerdem iſt die Schiefe der Ekliptik einer periodiſchen Veraͤnderung unterworfen, nach welcher ſie 9 Jahre lang waͤchſt, und 9 Jahre wieder abnimmt, ſo daß der groͤßte Unterſchied 18 Secunden betraͤgt, ſ. Wanken der Erdare. Die mittlere Schiefe laͤßt ſich anjetzt ſchon nicht mehr uͤber 23° 28′ 0″ ſetzen.
Um dieſe Groͤße ſtehen die Wendekreiſe vom Aequator, und die Pole der Ekliptik von den Polen des Aequators ab, weil ſich die Axen groͤßter Kreiſe gegen einander unter eben dem Winkel, wie die Kreiſe ſelbſt, neigen. Mithin werden die Stellen der Wendekreiſe und Polarkreiſe am Himmel und auf der Erde durch die Schiefe der Ekliptik
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