Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Scheitelkreis, Vertikalkreis, Vertikalcitkel

Circulus verticalis, Vertical, Cercle vertical. Jeder größte Kreis der Himmelskugel, welcher durch das Zenith und Nadir geht, heißt ein Scheitelkreis. Man kan also durch jeden Punkt des Himmels, oder durch jedes Gestirn einen Scheitelkreis führen. Alle diese Kreise stehen auf dem Horizonte senkrecht, weil sie durch die Pole desselben, nemlich durch Zenith und Nadir, gehen. Sie schneiden den Horizont in zween entgegengesetzten Punkten, und werden von ihm in zwo gleiche Helften getheilt. In Bogen dieser Scheitelkreise werden die Höhen der Gestirne und ihre Abstände vom Scheitel ausgedrückt, s. Höhe, eines Gestirns, Abstand vom Scheitel.

Man kan durch jeden Punkt des Horizonts einen Scheitelkreis führen. Unter diesen Kreisen heißt derjenige, der durch den wahren Morgen- und Abendpunkt geht, der erste Scheitelkreis (Verticalis primarius, le premier Vertical). Auch der Mittagskreis am Himmel gehört zu den Scheitelkreisen. Diese Kreise liegen in der unbeweglichen Fläche der Himmelskugel, also treten die Gestirne bey der täglichen Bewegung alle Augenblicke in einen andern Scheitelkreis.

Scheitellinie, Vertikallinie, lothrechte Linie, Linea verticalis, Ligne verticale, Ligne a plomb. Die durch Zenith und Nadir gehende Linie, welche also die Axe des Horizonts ist, und mit der Horizontalebne des Orts rechte Winkel macht. Da die Richtung der Schwere, wie die Erfahrung lehrt, an jedem Orte der Erde, auf der Oberfläche des stillstehenden Wassers, oder auf der Horizontalebne ebenfalls lothrecht steht, so ist diese Richtung mit der Scheitellinie einerley. Also fallen schwere Körper, wenn sie frey sind, in der Scheitellinie, und dehnen einen Faden, an den sie gebunden werden, nach dieser Linie aus. Daher giebt die Richtung des Bleyloths oder Senkbleys (a plomb) die Scheitellinie an. Ausnahmen hievon, wegen der Gravitation gegen nahe Berge, werden beym Worte Gravitation (Th. II. S. 535.) erwähnt.


Scheitelkreis, Vertikalkreis, Vertikalcitkel

Circulus verticalis, Vertical, Cercle vertical. Jeder groͤßte Kreis der Himmelskugel, welcher durch das Zenith und Nadir geht, heißt ein Scheitelkreis. Man kan alſo durch jeden Punkt des Himmels, oder durch jedes Geſtirn einen Scheitelkreis fuͤhren. Alle dieſe Kreiſe ſtehen auf dem Horizonte ſenkrecht, weil ſie durch die Pole deſſelben, nemlich durch Zenith und Nadir, gehen. Sie ſchneiden den Horizont in zween entgegengeſetzten Punkten, und werden von ihm in zwo gleiche Helften getheilt. In Bogen dieſer Scheitelkreiſe werden die Hoͤhen der Geſtirne und ihre Abſtaͤnde vom Scheitel ausgedruͤckt, ſ. Hoͤhe, eines Geſtirns, Abſtand vom Scheitel.

Man kan durch jeden Punkt des Horizonts einen Scheitelkreis fuͤhren. Unter dieſen Kreiſen heißt derjenige, der durch den wahren Morgen- und Abendpunkt geht, der erſte Scheitelkreis (Verticalis primarius, le premier Vertical). Auch der Mittagskreis am Himmel gehoͤrt zu den Scheitelkreiſen. Dieſe Kreiſe liegen in der unbeweglichen Flaͤche der Himmelskugel, alſo treten die Geſtirne bey der taͤglichen Bewegung alle Augenblicke in einen andern Scheitelkreis.

Scheitellinie, Vertikallinie, lothrechte Linie, Linea verticalis, Ligne verticale, Ligne à plomb. Die durch Zenith und Nadir gehende Linie, welche alſo die Axe des Horizonts iſt, und mit der Horizontalebne des Orts rechte Winkel macht. Da die Richtung der Schwere, wie die Erfahrung lehrt, an jedem Orte der Erde, auf der Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers, oder auf der Horizontalebne ebenfalls lothrecht ſteht, ſo iſt dieſe Richtung mit der Scheitellinie einerley. Alſo fallen ſchwere Koͤrper, wenn ſie frey ſind, in der Scheitellinie, und dehnen einen Faden, an den ſie gebunden werden, nach dieſer Linie aus. Daher giebt die Richtung des Bleyloths oder Senkbleys (à plomb) die Scheitellinie an. Ausnahmen hievon, wegen der Gravitation gegen nahe Berge, werden beym Worte Gravitation (Th. II. S. 535.) erwaͤhnt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0834" xml:id="P.3.828" n="828"/><lb/>
            </p>
          </div>
          <div n="3">
            <head>Scheitelkreis, Vertikalkreis, Vertikalcitkel</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Circulus verticalis, <hi rendition="#i">Vertical, Cercle vertical.</hi></hi> Jeder gro&#x0364;ßte Kreis der Himmelskugel, welcher durch das Zenith und Nadir geht, heißt ein <hi rendition="#b">Scheitelkreis.</hi> Man kan al&#x017F;o durch jeden Punkt des Himmels, oder durch jedes Ge&#x017F;tirn einen Scheitelkreis fu&#x0364;hren. Alle die&#x017F;e Krei&#x017F;e &#x017F;tehen auf dem Horizonte &#x017F;enkrecht, weil &#x017F;ie durch die Pole de&#x017F;&#x017F;elben, nemlich durch Zenith und Nadir, gehen. Sie &#x017F;chneiden den Horizont in zween entgegenge&#x017F;etzten Punkten, und werden von ihm in zwo gleiche Helften getheilt. In Bogen die&#x017F;er Scheitelkrei&#x017F;e werden die Ho&#x0364;hen der Ge&#x017F;tirne und ihre Ab&#x017F;ta&#x0364;nde vom Scheitel ausgedru&#x0364;ckt, &#x017F;. <hi rendition="#b">Ho&#x0364;he, eines Ge&#x017F;tirns, Ab&#x017F;tand vom Scheitel.</hi></p>
            <p>Man kan durch jeden Punkt des Horizonts einen Scheitelkreis fu&#x0364;hren. Unter die&#x017F;en Krei&#x017F;en heißt derjenige, der durch den wahren Morgen- und Abendpunkt geht, der <hi rendition="#b">er&#x017F;te Scheitelkreis</hi> <hi rendition="#aq">(Verticalis primarius, <hi rendition="#i">le premier Vertical</hi>).</hi> Auch der Mittagskreis am Himmel geho&#x0364;rt zu den Scheitelkrei&#x017F;en. Die&#x017F;e Krei&#x017F;e liegen in der unbeweglichen Fla&#x0364;che der Himmelskugel, al&#x017F;o treten die Ge&#x017F;tirne bey der ta&#x0364;glichen Bewegung alle Augenblicke in einen andern Scheitelkreis.</p>
            <p><hi rendition="#b">Scheitellinie, Vertikallinie, lothrechte Linie,</hi><hi rendition="#aq">Linea verticalis, <hi rendition="#i">Ligne verticale, Ligne à plomb.</hi></hi> Die durch Zenith und Nadir gehende Linie, welche al&#x017F;o die Axe des Horizonts i&#x017F;t, und mit der Horizontalebne des Orts rechte Winkel macht. Da die Richtung der Schwere, wie die Erfahrung lehrt, an jedem Orte der Erde, auf der Oberfla&#x0364;che des &#x017F;till&#x017F;tehenden Wa&#x017F;&#x017F;ers, oder auf der Horizontalebne ebenfalls lothrecht &#x017F;teht, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;e Richtung mit der Scheitellinie einerley. Al&#x017F;o fallen &#x017F;chwere Ko&#x0364;rper, wenn &#x017F;ie frey &#x017F;ind, in der Scheitellinie, und dehnen einen Faden, an den &#x017F;ie gebunden werden, nach die&#x017F;er Linie aus. Daher giebt die Richtung des <hi rendition="#b">Bleyloths</hi> oder <hi rendition="#b">Senkbleys</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">(à plomb</hi>)</hi> die Scheitellinie an. Ausnahmen hievon, wegen der Gravitation gegen nahe Berge, werden beym Worte <hi rendition="#b">Gravitation</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 535.) erwa&#x0364;hnt.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[828/0834] Scheitelkreis, Vertikalkreis, Vertikalcitkel Circulus verticalis, Vertical, Cercle vertical. Jeder groͤßte Kreis der Himmelskugel, welcher durch das Zenith und Nadir geht, heißt ein Scheitelkreis. Man kan alſo durch jeden Punkt des Himmels, oder durch jedes Geſtirn einen Scheitelkreis fuͤhren. Alle dieſe Kreiſe ſtehen auf dem Horizonte ſenkrecht, weil ſie durch die Pole deſſelben, nemlich durch Zenith und Nadir, gehen. Sie ſchneiden den Horizont in zween entgegengeſetzten Punkten, und werden von ihm in zwo gleiche Helften getheilt. In Bogen dieſer Scheitelkreiſe werden die Hoͤhen der Geſtirne und ihre Abſtaͤnde vom Scheitel ausgedruͤckt, ſ. Hoͤhe, eines Geſtirns, Abſtand vom Scheitel. Man kan durch jeden Punkt des Horizonts einen Scheitelkreis fuͤhren. Unter dieſen Kreiſen heißt derjenige, der durch den wahren Morgen- und Abendpunkt geht, der erſte Scheitelkreis (Verticalis primarius, le premier Vertical). Auch der Mittagskreis am Himmel gehoͤrt zu den Scheitelkreiſen. Dieſe Kreiſe liegen in der unbeweglichen Flaͤche der Himmelskugel, alſo treten die Geſtirne bey der taͤglichen Bewegung alle Augenblicke in einen andern Scheitelkreis. Scheitellinie, Vertikallinie, lothrechte Linie, Linea verticalis, Ligne verticale, Ligne à plomb. Die durch Zenith und Nadir gehende Linie, welche alſo die Axe des Horizonts iſt, und mit der Horizontalebne des Orts rechte Winkel macht. Da die Richtung der Schwere, wie die Erfahrung lehrt, an jedem Orte der Erde, auf der Oberflaͤche des ſtillſtehenden Waſſers, oder auf der Horizontalebne ebenfalls lothrecht ſteht, ſo iſt dieſe Richtung mit der Scheitellinie einerley. Alſo fallen ſchwere Koͤrper, wenn ſie frey ſind, in der Scheitellinie, und dehnen einen Faden, an den ſie gebunden werden, nach dieſer Linie aus. Daher giebt die Richtung des Bleyloths oder Senkbleys (à plomb) die Scheitellinie an. Ausnahmen hievon, wegen der Gravitation gegen nahe Berge, werden beym Worte Gravitation (Th. II. S. 535.) erwaͤhnt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/834
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 828. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/834>, abgerufen am 22.11.2024.