Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Da aber die Sonne nicht ein einziger Punkt, sondern eine ganze Scheibe ist, so entsteht um den wahren Schatten noch ein Halbschatten, welcher die Bestimmung des Punktes C, und alle diese Methoden, Sonnenhöhen und Höhen durch den Schatten zu finden, sehr unsicher macht, s. Halbschatten. Weil der Schatten allezeit in gerader Linie mit dem leuchtenden und dem dunkeln Körper bleibt, so scheint er sich zu bewegen, so oft einer oder der andere von diesen Körpern seinen Ort ändert. So laufen die Schatten der Wolken über die Felder hin, wenn der Wind die Wolken fortführt, und unser eigner Schatten begleitet überall uns selbst. Indem die Sonne den Tag über von Morgen gegen Abend geht, bewegen sich die Schatten der Körper von Abend gegen Morgen, und wenn man ein Licht nach der rechten Hand fortführt, so sieht man die Schatten der Körper nach der linken gehen. Bey uns geht die Sonne vom Aufgang an immer mehr gegen den Mittagspunkt zu, mit wachsendem nördlichen Azimuth; also nähert sich der vormittägige Schatten eines lothrechten Stifts ununterbrochen der Mitternachtsgegend. In der nördlichen Helfte der heissen Zone aber wiederfährt es jedem Orte, daß die Sonne jährlich eine Zeit lang mehr nördliche Abweichung bekömmt, als die Polhöhe des Orts beträgt. Diese Zeit über wächst das nördliche Azimuth der Sonne täglich vom Aufgang an nur eine Zeitlang bis zu einer gewissen Größe, wo es still steht und dann wieder kleiner wird, d. h. die Sonne geht zwar anfänglich auf die Mittagsgegend zu, kehrt aber nachher wieder
Da aber die Sonne nicht ein einziger Punkt, ſondern eine ganze Scheibe iſt, ſo entſteht um den wahren Schatten noch ein Halbſchatten, welcher die Beſtimmung des Punktes C, und alle dieſe Methoden, Sonnenhoͤhen und Hoͤhen durch den Schatten zu finden, ſehr unſicher macht, ſ. Halbſchatten. Weil der Schatten allezeit in gerader Linie mit dem leuchtenden und dem dunkeln Koͤrper bleibt, ſo ſcheint er ſich zu bewegen, ſo oft einer oder der andere von dieſen Koͤrpern ſeinen Ort aͤndert. So laufen die Schatten der Wolken uͤber die Felder hin, wenn der Wind die Wolken fortfuͤhrt, und unſer eigner Schatten begleitet uͤberall uns ſelbſt. Indem die Sonne den Tag uͤber von Morgen gegen Abend geht, bewegen ſich die Schatten der Koͤrper von Abend gegen Morgen, und wenn man ein Licht nach der rechten Hand fortfuͤhrt, ſo ſieht man die Schatten der Koͤrper nach der linken gehen. Bey uns geht die Sonne vom Aufgang an immer mehr gegen den Mittagspunkt zu, mit wachſendem noͤrdlichen Azimuth; alſo naͤhert ſich der vormittaͤgige Schatten eines lothrechten Stifts ununterbrochen der Mitternachtsgegend. In der noͤrdlichen Helfte der heiſſen Zone aber wiederfaͤhrt es jedem Orte, daß die Sonne jaͤhrlich eine Zeit lang mehr noͤrdliche Abweichung bekoͤmmt, als die Polhoͤhe des Orts betraͤgt. Dieſe Zeit uͤber waͤchſt das noͤrdliche Azimuth der Sonne taͤglich vom Aufgang an nur eine Zeitlang bis zu einer gewiſſen Groͤße, wo es ſtill ſteht und dann wieder kleiner wird, d. h. die Sonne geht zwar anfaͤnglich auf die Mittagsgegend zu, kehrt aber nachher wieder <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0828" xml:id="P.3.822" n="822"/><lb/> Laͤnge <hi rendition="#aq">ab</hi> lothrecht ein, und meſſe zu <hi rendition="#b">gleicher Zeit</hi> die Schatten <hi rendition="#aq">aC</hi> und <hi rendition="#aq">AC.</hi> Wenn dies genau in demſelben Augenblicke geſchehen iſt, in welchem die Sonnenhoͤhe an dieſer Stelle der Erdflaͤche = <hi rendition="#aq">C</hi> war, ſo ſind die Dreyecke <hi rendition="#aq">ab C</hi> und <hi rendition="#aq">ABC</hi> aͤhnlich, wenn ſie auch nicht in einerley Vertikalflaͤche liegen, wie in der Figur, blos der Kuͤrze halber, angenommen iſt. Daher iſt <hi rendition="#aq">a C : ab = AC : AB,</hi> und da die drey erſten Glieder bekannt ſind, ſo giebt die Regel Detri das vierte <hi rendition="#aq">AB,</hi> oder die geſuchte Hoͤhe.</p> <p>Da aber die Sonne nicht ein einziger Punkt, ſondern eine ganze Scheibe iſt, ſo entſteht um den wahren Schatten noch ein Halbſchatten, welcher die Beſtimmung des Punktes <hi rendition="#aq">C,</hi> und alle dieſe Methoden, Sonnenhoͤhen und Hoͤhen durch den Schatten zu finden, ſehr unſicher macht, ſ. <hi rendition="#b">Halbſchatten.</hi></p> <p>Weil der Schatten allezeit in gerader Linie mit dem leuchtenden und dem dunkeln Koͤrper bleibt, ſo ſcheint er ſich zu bewegen, ſo oft einer oder der andere von dieſen Koͤrpern ſeinen Ort aͤndert. So laufen die Schatten der Wolken uͤber die Felder hin, wenn der Wind die Wolken fortfuͤhrt, und unſer eigner Schatten begleitet uͤberall uns ſelbſt. Indem die Sonne den Tag uͤber von Morgen gegen Abend geht, bewegen ſich die Schatten der Koͤrper von Abend gegen Morgen, und wenn man ein Licht nach der rechten Hand fortfuͤhrt, ſo ſieht man die Schatten der Koͤrper nach der linken gehen.</p> <p>Bey uns geht die Sonne vom Aufgang an immer mehr gegen den Mittagspunkt zu, mit wachſendem noͤrdlichen Azimuth; alſo naͤhert ſich der vormittaͤgige Schatten eines lothrechten Stifts ununterbrochen der Mitternachtsgegend. In der noͤrdlichen Helfte der heiſſen Zone aber wiederfaͤhrt es jedem Orte, daß die Sonne jaͤhrlich eine Zeit lang mehr noͤrdliche Abweichung bekoͤmmt, als die Polhoͤhe des Orts betraͤgt. Dieſe Zeit uͤber waͤchſt das noͤrdliche Azimuth der Sonne taͤglich vom Aufgang an nur eine Zeitlang bis zu einer gewiſſen Groͤße, wo es ſtill ſteht und dann wieder kleiner wird, d. h. die Sonne geht zwar anfaͤnglich auf die Mittagsgegend zu, kehrt aber nachher wieder<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [822/0828]
Laͤnge ab lothrecht ein, und meſſe zu gleicher Zeit die Schatten aC und AC. Wenn dies genau in demſelben Augenblicke geſchehen iſt, in welchem die Sonnenhoͤhe an dieſer Stelle der Erdflaͤche = C war, ſo ſind die Dreyecke ab C und ABC aͤhnlich, wenn ſie auch nicht in einerley Vertikalflaͤche liegen, wie in der Figur, blos der Kuͤrze halber, angenommen iſt. Daher iſt a C : ab = AC : AB, und da die drey erſten Glieder bekannt ſind, ſo giebt die Regel Detri das vierte AB, oder die geſuchte Hoͤhe.
Da aber die Sonne nicht ein einziger Punkt, ſondern eine ganze Scheibe iſt, ſo entſteht um den wahren Schatten noch ein Halbſchatten, welcher die Beſtimmung des Punktes C, und alle dieſe Methoden, Sonnenhoͤhen und Hoͤhen durch den Schatten zu finden, ſehr unſicher macht, ſ. Halbſchatten.
Weil der Schatten allezeit in gerader Linie mit dem leuchtenden und dem dunkeln Koͤrper bleibt, ſo ſcheint er ſich zu bewegen, ſo oft einer oder der andere von dieſen Koͤrpern ſeinen Ort aͤndert. So laufen die Schatten der Wolken uͤber die Felder hin, wenn der Wind die Wolken fortfuͤhrt, und unſer eigner Schatten begleitet uͤberall uns ſelbſt. Indem die Sonne den Tag uͤber von Morgen gegen Abend geht, bewegen ſich die Schatten der Koͤrper von Abend gegen Morgen, und wenn man ein Licht nach der rechten Hand fortfuͤhrt, ſo ſieht man die Schatten der Koͤrper nach der linken gehen.
Bey uns geht die Sonne vom Aufgang an immer mehr gegen den Mittagspunkt zu, mit wachſendem noͤrdlichen Azimuth; alſo naͤhert ſich der vormittaͤgige Schatten eines lothrechten Stifts ununterbrochen der Mitternachtsgegend. In der noͤrdlichen Helfte der heiſſen Zone aber wiederfaͤhrt es jedem Orte, daß die Sonne jaͤhrlich eine Zeit lang mehr noͤrdliche Abweichung bekoͤmmt, als die Polhoͤhe des Orts betraͤgt. Dieſe Zeit uͤber waͤchſt das noͤrdliche Azimuth der Sonne taͤglich vom Aufgang an nur eine Zeitlang bis zu einer gewiſſen Groͤße, wo es ſtill ſteht und dann wieder kleiner wird, d. h. die Sonne geht zwar anfaͤnglich auf die Mittagsgegend zu, kehrt aber nachher wieder
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