Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Endlich kan man auch den Schall noch betrachten, in wiefern er auf unser Gehör wirkt, und durch selbiges von uns empfunden wird. Die Beschreibung des dazu dienenden Werkzeugs im menschlichen Körper findet man beym Worte Gehör: aber wir kennen dasselbe blos der Gestalt nach, und sind nicht im Stande, die eigentliche Bestimmung aller seiner Theile, und die Art und Weise der Einwirkung des Schalls auf sie, genau anzugeben. Das Wahrscheinlichste ist, daß der Schall das Trommelfell und die ganze zarte elastische Masse des Labyrinths erschüttere, und in übereinstimmende Schwingungen versetze, die den Gehörnerven mitgerheilt, und so zum Gehirn gebracht werden. Die Empfindung, welche der Schall in uns erregt, ist lediglich eine Sache des Sinns, und keiner Beschreibung fähig. Wir unterscheiden deutlich die Stärke und Schwäche des Schalls, die Höhe und Tiefe der Töne, welche von der schnellern oder langsamern Succession der Schläge abhängt, nebst einer fast unzählbaren Menge anderer Modificationen, für deren größten Theil wir nicht einmal Namen haben. Die verschiedenen Arten der Knalle, Laute, Geräusche, die mannigfaltigen Klänge der menschlichen und thierischen Stimmen und der musikalischen Instrumente, die verschiedenen Laute der Vocalen und die Modificationen der Consonanten in den Sprachen u. dgl. sind Beyspiele von dem großen Reichthum der in uns befindlichen Gehörsideen. Es verhält sich damit eben so, wie mit dem Gesicht. Wir vergleichen die Laute, die wir hören, mit dem, was uns die andern Sinne, besonders Gesicht und Gefühl
Endlich kan man auch den Schall noch betrachten, in wiefern er auf unſer Gehoͤr wirkt, und durch ſelbiges von uns empfunden wird. Die Beſchreibung des dazu dienenden Werkzeugs im menſchlichen Koͤrper findet man beym Worte Gehoͤr: aber wir kennen daſſelbe blos der Geſtalt nach, und ſind nicht im Stande, die eigentliche Beſtimmung aller ſeiner Theile, und die Art und Weiſe der Einwirkung des Schalls auf ſie, genau anzugeben. Das Wahrſcheinlichſte iſt, daß der Schall das Trommelfell und die ganze zarte elaſtiſche Maſſe des Labyrinths erſchuͤttere, und in uͤbereinſtimmende Schwingungen verſetze, die den Gehoͤrnerven mitgerheilt, und ſo zum Gehirn gebracht werden. Die Empfindung, welche der Schall in uns erregt, iſt lediglich eine Sache des Sinns, und keiner Beſchreibung faͤhig. Wir unterſcheiden deutlich die Staͤrke und Schwaͤche des Schalls, die Hoͤhe und Tiefe der Toͤne, welche von der ſchnellern oder langſamern Succeſſion der Schlaͤge abhaͤngt, nebſt einer faſt unzaͤhlbaren Menge anderer Modificationen, fuͤr deren groͤßten Theil wir nicht einmal Namen haben. Die verſchiedenen Arten der Knalle, Laute, Geraͤuſche, die mannigfaltigen Klaͤnge der menſchlichen und thieriſchen Stimmen und der muſikaliſchen Inſtrumente, die verſchiedenen Laute der Vocalen und die Modificationen der Conſonanten in den Sprachen u. dgl. ſind Beyſpiele von dem großen Reichthum der in uns befindlichen Gehoͤrsideen. Es verhaͤlt ſich damit eben ſo, wie mit dem Geſicht. Wir vergleichen die Laute, die wir hoͤren, mit dem, was uns die andern Sinne, beſonders Geſicht und Gefuͤhl <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0823" xml:id="P.3.817" n="817"/><lb/> daß es dem Waſſer nicht ganz an Elaſticitaͤt fehlt, wie man ehedem irrig glaubte, <hi rendition="#b">ſ. Waſſer.</hi> Es war ſonſt ſtreitig, ob die Fiſche hoͤrten; jetzt iſt es ein ausgemachter Satz der Naturgeſchichte, daß man bey allen Arten derſelben wenigſtens die innern Gehoͤrwerkzeuge findet. (ſ. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Klein</hi> Mantiſſa iehthyolog. de ſono et auditu piſcium. Lipſ. 1746. 4. <hi rendition="#i">Baker</hi> Letter concerning the Hearing of Fiſhes, in Philoſ. Trans. num. 486.</hi> uͤberſ. im Hamburg. Magazin, B. <hi rendition="#aq">V.</hi> S. 655. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nollet</hi> ſur l'ouie des poiſſons,</hi> in den <hi rendition="#aq">Mém. de Paris, 1743. p. 199.</hi>)</p> <p>Endlich kan man auch den Schall noch betrachten, in wiefern er auf unſer <hi rendition="#b">Gehoͤr</hi> wirkt, und durch ſelbiges von uns empfunden wird. Die Beſchreibung des dazu dienenden Werkzeugs im menſchlichen Koͤrper findet man beym Worte <hi rendition="#b">Gehoͤr:</hi> aber wir kennen daſſelbe blos der Geſtalt nach, und ſind nicht im Stande, die eigentliche Beſtimmung aller ſeiner Theile, und die Art und Weiſe der Einwirkung des Schalls auf ſie, genau anzugeben. Das Wahrſcheinlichſte iſt, daß der Schall das Trommelfell und die ganze zarte elaſtiſche Maſſe des Labyrinths erſchuͤttere, und in uͤbereinſtimmende Schwingungen verſetze, die den Gehoͤrnerven mitgerheilt, und ſo zum Gehirn gebracht werden.</p> <p>Die Empfindung, welche der Schall in uns erregt, iſt lediglich eine Sache des Sinns, und keiner Beſchreibung faͤhig. Wir unterſcheiden deutlich die Staͤrke und Schwaͤche des Schalls, die Hoͤhe und Tiefe der Toͤne, welche von der ſchnellern oder langſamern Succeſſion der Schlaͤge abhaͤngt, nebſt einer faſt unzaͤhlbaren Menge anderer Modificationen, fuͤr deren groͤßten Theil wir nicht einmal Namen haben. Die verſchiedenen Arten der Knalle, Laute, Geraͤuſche, die mannigfaltigen Klaͤnge der menſchlichen und thieriſchen Stimmen und der muſikaliſchen Inſtrumente, die verſchiedenen Laute der Vocalen und die Modificationen der Conſonanten in den Sprachen u. dgl. ſind Beyſpiele von dem großen Reichthum der in uns befindlichen Gehoͤrsideen. Es verhaͤlt ſich damit eben ſo, wie mit dem Geſicht. Wir vergleichen die Laute, die wir hoͤren, mit dem, was uns die andern Sinne, beſonders Geſicht und Gefuͤhl<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [817/0823]
daß es dem Waſſer nicht ganz an Elaſticitaͤt fehlt, wie man ehedem irrig glaubte, ſ. Waſſer. Es war ſonſt ſtreitig, ob die Fiſche hoͤrten; jetzt iſt es ein ausgemachter Satz der Naturgeſchichte, daß man bey allen Arten derſelben wenigſtens die innern Gehoͤrwerkzeuge findet. (ſ. Klein Mantiſſa iehthyolog. de ſono et auditu piſcium. Lipſ. 1746. 4. Baker Letter concerning the Hearing of Fiſhes, in Philoſ. Trans. num. 486. uͤberſ. im Hamburg. Magazin, B. V. S. 655. Nollet ſur l'ouie des poiſſons, in den Mém. de Paris, 1743. p. 199.)
Endlich kan man auch den Schall noch betrachten, in wiefern er auf unſer Gehoͤr wirkt, und durch ſelbiges von uns empfunden wird. Die Beſchreibung des dazu dienenden Werkzeugs im menſchlichen Koͤrper findet man beym Worte Gehoͤr: aber wir kennen daſſelbe blos der Geſtalt nach, und ſind nicht im Stande, die eigentliche Beſtimmung aller ſeiner Theile, und die Art und Weiſe der Einwirkung des Schalls auf ſie, genau anzugeben. Das Wahrſcheinlichſte iſt, daß der Schall das Trommelfell und die ganze zarte elaſtiſche Maſſe des Labyrinths erſchuͤttere, und in uͤbereinſtimmende Schwingungen verſetze, die den Gehoͤrnerven mitgerheilt, und ſo zum Gehirn gebracht werden.
Die Empfindung, welche der Schall in uns erregt, iſt lediglich eine Sache des Sinns, und keiner Beſchreibung faͤhig. Wir unterſcheiden deutlich die Staͤrke und Schwaͤche des Schalls, die Hoͤhe und Tiefe der Toͤne, welche von der ſchnellern oder langſamern Succeſſion der Schlaͤge abhaͤngt, nebſt einer faſt unzaͤhlbaren Menge anderer Modificationen, fuͤr deren groͤßten Theil wir nicht einmal Namen haben. Die verſchiedenen Arten der Knalle, Laute, Geraͤuſche, die mannigfaltigen Klaͤnge der menſchlichen und thieriſchen Stimmen und der muſikaliſchen Inſtrumente, die verſchiedenen Laute der Vocalen und die Modificationen der Conſonanten in den Sprachen u. dgl. ſind Beyſpiele von dem großen Reichthum der in uns befindlichen Gehoͤrsideen. Es verhaͤlt ſich damit eben ſo, wie mit dem Geſicht. Wir vergleichen die Laute, die wir hoͤren, mit dem, was uns die andern Sinne, beſonders Geſicht und Gefuͤhl
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