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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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zugleich beym Destilliren und Sublimiren, und bildet damit sehr scharfe und ätzende Salze, wovon der ätzende Quecksilbersublimat und die Spießgiasbutter Beyspiele sind. Bey den meisten dieser Auflösungen steigt ein besonderer knoblauchartiger Geruch auf, der sonst auch dem Arsenik und Harnphosphorus eigen ist. Alle diese der Salzsäure eignen Erscheinungen hängen von dem Phlogiston ab, das sie so häufig bey sich führt, und daher den Metallen nicht so stark entziehen kan, als es die übrigen Säuren thun, bis sie bey den Operationen selbst ganz oder zum Theil davon befreyt wird.

Eben dieses Brennbaren wegen verbindet sie sich auch schwer mit den Oelen. Mit Weingeist vermischt und destillirt giebt sie den versüßten Salzgeist (Spiritus salis dulcis). Den Salzäther bereitete zuerst Baume durch Vermischung der Dämpfe der Salzsäure mit Dämpfen des Weingeists, welches Verfahren Woulfe verbesserte; der Marquis de Courtenvaux aber verfertigte ihn noch leichter, indem er den Weingeist mit Libavs rauchendem Spiritus destillirte, welcher aus einer sehr concentrirten Salzsäure mit einer ziemlichen Menge Zinn verbunden, besteht.

Die besondern Erscheinungen der Salzsäure in ihrer gewöhnlichen tropfbaren Gestalt haben die Chemiker ungemein beschäftiget. Becher schrieb dieselben einem eignen Grundstoffe zu, den er die Merkurialerde nannte, und der nach seiner Meinung sowohl in der Salzsäure, als auch in gewissen Metallen, in vorzüglicher Menge vorhanden seyn, und das Verbindungsmittel zwischen ihnen und der Salzsäure ausmachen sollte. Aus dieser Merkurialerde erklärte man auch die Leichtflüßigkeit des Hornsilbers, Hornbleys und anderer mit der Salzsäure verbundenen Metalle. Stahl aber schränkt sich blos auf den Wunsch ein, es möchte das Daseyn dieser Merkurialerde eben so gut erwiesen seyn, als das Daseyn des Brennbaren. Dennoch glaubt er, es lasse sich die Vitriolsäure in Salzsäure verwandeln, ob er sich gleich über die Mittel dazu nirgends erklärt. Pott behauptete, man könne der Salzsäure durch Verbindung mit Eisen die Eigenschaften der Salpetersäure geben; aber


zugleich beym Deſtilliren und Sublimiren, und bildet damit ſehr ſcharfe und aͤtzende Salze, wovon der aͤtzende Queckſilberſublimat und die Spießgiasbutter Beyſpiele ſind. Bey den meiſten dieſer Aufloͤſungen ſteigt ein beſonderer knoblauchartiger Geruch auf, der ſonſt auch dem Arſenik und Harnphosphorus eigen iſt. Alle dieſe der Salzſaͤure eignen Erſcheinungen haͤngen von dem Phlogiſton ab, das ſie ſo haͤufig bey ſich fuͤhrt, und daher den Metallen nicht ſo ſtark entziehen kan, als es die uͤbrigen Saͤuren thun, bis ſie bey den Operationen ſelbſt ganz oder zum Theil davon befreyt wird.

Eben dieſes Brennbaren wegen verbindet ſie ſich auch ſchwer mit den Oelen. Mit Weingeiſt vermiſcht und deſtillirt giebt ſie den verſuͤßten Salzgeiſt (Spiritus ſalis dulcis). Den Salzaͤther bereitete zuerſt Baume durch Vermiſchung der Daͤmpfe der Salzſaͤure mit Daͤmpfen des Weingeiſts, welches Verfahren Woulfe verbeſſerte; der Marquis de Courtenvaux aber verfertigte ihn noch leichter, indem er den Weingeiſt mit Libavs rauchendem Spiritus deſtillirte, welcher aus einer ſehr concentrirten Salzſaͤure mit einer ziemlichen Menge Zinn verbunden, beſteht.

Die beſondern Erſcheinungen der Salzſaͤure in ihrer gewoͤhnlichen tropfbaren Geſtalt haben die Chemiker ungemein beſchaͤftiget. Becher ſchrieb dieſelben einem eignen Grundſtoffe zu, den er die Merkurialerde nannte, und der nach ſeiner Meinung ſowohl in der Salzſaͤure, als auch in gewiſſen Metallen, in vorzuͤglicher Menge vorhanden ſeyn, und das Verbindungsmittel zwiſchen ihnen und der Salzſaͤure ausmachen ſollte. Aus dieſer Merkurialerde erklaͤrte man auch die Leichtfluͤßigkeit des Hornſilbers, Hornbleys und anderer mit der Salzſaͤure verbundenen Metalle. Stahl aber ſchraͤnkt ſich blos auf den Wunſch ein, es moͤchte das Daſeyn dieſer Merkurialerde eben ſo gut erwieſen ſeyn, als das Daſeyn des Brennbaren. Dennoch glaubt er, es laſſe ſich die Vitriolſaͤure in Salzſaͤure verwandeln, ob er ſich gleich uͤber die Mittel dazu nirgends erklaͤrt. Pott behauptete, man koͤnne der Salzſaͤure durch Verbindung mit Eiſen die Eigenſchaften der Salpeterſaͤure geben; aber

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[775/0781] zugleich beym Deſtilliren und Sublimiren, und bildet damit ſehr ſcharfe und aͤtzende Salze, wovon der aͤtzende Queckſilberſublimat und die Spießgiasbutter Beyſpiele ſind. Bey den meiſten dieſer Aufloͤſungen ſteigt ein beſonderer knoblauchartiger Geruch auf, der ſonſt auch dem Arſenik und Harnphosphorus eigen iſt. Alle dieſe der Salzſaͤure eignen Erſcheinungen haͤngen von dem Phlogiſton ab, das ſie ſo haͤufig bey ſich fuͤhrt, und daher den Metallen nicht ſo ſtark entziehen kan, als es die uͤbrigen Saͤuren thun, bis ſie bey den Operationen ſelbſt ganz oder zum Theil davon befreyt wird. Eben dieſes Brennbaren wegen verbindet ſie ſich auch ſchwer mit den Oelen. Mit Weingeiſt vermiſcht und deſtillirt giebt ſie den verſuͤßten Salzgeiſt (Spiritus ſalis dulcis). Den Salzaͤther bereitete zuerſt Baume durch Vermiſchung der Daͤmpfe der Salzſaͤure mit Daͤmpfen des Weingeiſts, welches Verfahren Woulfe verbeſſerte; der Marquis de Courtenvaux aber verfertigte ihn noch leichter, indem er den Weingeiſt mit Libavs rauchendem Spiritus deſtillirte, welcher aus einer ſehr concentrirten Salzſaͤure mit einer ziemlichen Menge Zinn verbunden, beſteht. Die beſondern Erſcheinungen der Salzſaͤure in ihrer gewoͤhnlichen tropfbaren Geſtalt haben die Chemiker ungemein beſchaͤftiget. Becher ſchrieb dieſelben einem eignen Grundſtoffe zu, den er die Merkurialerde nannte, und der nach ſeiner Meinung ſowohl in der Salzſaͤure, als auch in gewiſſen Metallen, in vorzuͤglicher Menge vorhanden ſeyn, und das Verbindungsmittel zwiſchen ihnen und der Salzſaͤure ausmachen ſollte. Aus dieſer Merkurialerde erklaͤrte man auch die Leichtfluͤßigkeit des Hornſilbers, Hornbleys und anderer mit der Salzſaͤure verbundenen Metalle. Stahl aber ſchraͤnkt ſich blos auf den Wunſch ein, es moͤchte das Daſeyn dieſer Merkurialerde eben ſo gut erwieſen ſeyn, als das Daſeyn des Brennbaren. Dennoch glaubt er, es laſſe ſich die Vitriolſaͤure in Salzſaͤure verwandeln, ob er ſich gleich uͤber die Mittel dazu nirgends erklaͤrt. Pott behauptete, man koͤnne der Salzſaͤure durch Verbindung mit Eiſen die Eigenſchaften der Salpeterſaͤure geben; aber

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/781>, abgerufen am 22.11.2024.