Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


und die Fäulniß für das Mittel zu halten, dessen sich die Natur bediene, um diese eigne Art von Verbindung zu bewirken. Diese Meinung ist von Stahl selbst (Schriften von der natürl. Erzeugung und Nutzbarkeit des Salpeters. Frf. und Leipz. 1734. 8.) und von Pietsch (Preisschr. von Erzeugung des Salpeters. Berlin, 1750. 4.) ausführlich vertheidigt worden. Eine von der pariser Akademie veranstaltete Sammlung (Recueil de mem. et d'obs. sur la formation et fabric. du Salpetre. a Paris 1776. Sammlung von Nachrichten und Beob. über die Verf. des Salp- Dresd. 1778. 8.) enthält noch mehr Hypothesen über diesen Gegenstand, dergleichen auch Weber (Vollst. theor. u. prakt. Abhdl. von dem Salpeter. Tübingen, 1779. 8.) anführt.

Seit der Entdeckung der nitrösen Luft ist es streitig geworden, ob dieses Gas in der Salpetersäure, oder die letztere in jenem enthalten sey, s. Gas, salpeterartiges. Lavoisier hält nach seinem eignen System die Salpetersäure für zusammengesetzt aus Wasser, reiner Luft und dem eignen Stoffe des Salpetergas: Priestley hingegen nimmt das Gas für eine luftförmige Verbindung der Salpetersäure mit dem Phlogiston an, welches letztere die gemeine Meinung ist. Jch habe in dem ersterwähnten Artikel (Th. II. S. 417.) einige Gründe angeführt, welche gegen Lavoisier zu streiten scheinen. Daß man so häufig dephlogistisirte Luft aus dem Salpeter, ja auch aus seiner Säure entwickeln kan, ist noch kein Beweis, daß dieselbe, als Luft, in der Salpetersäure, vorhanden sey. Es läßt sich auch so erklären, daß das Wasser des Salpeters in Luftform entwickelt, und wegen der starken Anziehung der Säure gegen das Brennbare nicht phlogistisirt werde, mithin als reine Luft erscheine.

Einige neuere Versuche von Cavendish, s. Gas, phlogistisirtes (Th. II. S. 409 u. f.) scheinen anzugeben, daß auch in der phlogistisirten Luft Salpetersäure enthalten sey. Wenn sich hiebey weder in den Stoffen, aus denen die Gasarten entbunden waren, noch in den zur Sperrung angewandten Materien Salpetersäure befunden hat, so ist


und die Faͤulniß fuͤr das Mittel zu halten, deſſen ſich die Natur bediene, um dieſe eigne Art von Verbindung zu bewirken. Dieſe Meinung iſt von Stahl ſelbſt (Schriften von der natuͤrl. Erzeugung und Nutzbarkeit des Salpeters. Frf. und Leipz. 1734. 8.) und von Pietſch (Preisſchr. von Erzeugung des Salpeters. Berlin, 1750. 4.) ausfuͤhrlich vertheidigt worden. Eine von der pariſer Akademie veranſtaltete Sammlung (Recueil de mém. et d'obſ. ſur la formation et fabric. du Salpêtre. à Paris 1776. Sammlung von Nachrichten und Beob. uͤber die Verf. des Salp- Dresd. 1778. 8.) enthaͤlt noch mehr Hypotheſen uͤber dieſen Gegenſtand, dergleichen auch Weber (Vollſt. theor. u. prakt. Abhdl. von dem Salpeter. Tuͤbingen, 1779. 8.) anfuͤhrt.

Seit der Entdeckung der nitroͤſen Luft iſt es ſtreitig geworden, ob dieſes Gas in der Salpeterſaͤure, oder die letztere in jenem enthalten ſey, ſ. Gas, ſalpeterartiges. Lavoiſier haͤlt nach ſeinem eignen Syſtem die Salpeterſaͤure fuͤr zuſammengeſetzt aus Waſſer, reiner Luft und dem eignen Stoffe des Salpetergas: Prieſtley hingegen nimmt das Gas fuͤr eine luftfoͤrmige Verbindung der Salpeterſaͤure mit dem Phlogiſton an, welches letztere die gemeine Meinung iſt. Jch habe in dem erſterwaͤhnten Artikel (Th. II. S. 417.) einige Gruͤnde angefuͤhrt, welche gegen Lavoiſier zu ſtreiten ſcheinen. Daß man ſo haͤufig dephlogiſtiſirte Luft aus dem Salpeter, ja auch aus ſeiner Saͤure entwickeln kan, iſt noch kein Beweis, daß dieſelbe, als Luft, in der Salpeterſaͤure, vorhanden ſey. Es laͤßt ſich auch ſo erklaͤren, daß das Waſſer des Salpeters in Luftform entwickelt, und wegen der ſtarken Anziehung der Saͤure gegen das Brennbare nicht phlogiſtiſirt werde, mithin als reine Luft erſcheine.

Einige neuere Verſuche von Cavendiſh, ſ. Gas, phlogiſtiſirtes (Th. II. S. 409 u. f.) ſcheinen anzugeben, daß auch in der phlogiſtiſirten Luft Salpeterſaͤure enthalten ſey. Wenn ſich hiebey weder in den Stoffen, aus denen die Gasarten entbunden waren, noch in den zur Sperrung angewandten Materien Salpeterſaͤure befunden hat, ſo iſt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0771" xml:id="P.3.765" n="765"/><lb/>
und die Fa&#x0364;ulniß fu&#x0364;r das Mittel zu halten, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich die Natur bediene, um die&#x017F;e eigne Art von Verbindung zu bewirken. Die&#x017F;e Meinung i&#x017F;t von <hi rendition="#b">Stahl</hi> &#x017F;elb&#x017F;t (Schriften von der natu&#x0364;rl. Erzeugung und Nutzbarkeit des Salpeters. Frf. und Leipz. 1734. 8.) und von <hi rendition="#b">Piet&#x017F;ch</hi> (Preis&#x017F;chr. von Erzeugung des Salpeters. Berlin, 1750. 4.) ausfu&#x0364;hrlich vertheidigt worden. Eine von der pari&#x017F;er Akademie veran&#x017F;taltete Sammlung (<hi rendition="#aq">Recueil de mém. et d'ob&#x017F;. &#x017F;ur la formation et fabric. du Salpêtre. à Paris 1776.</hi> Sammlung von Nachrichten und Beob. u&#x0364;ber die Verf. des Salp- Dresd. 1778. 8.) entha&#x0364;lt noch mehr Hypothe&#x017F;en u&#x0364;ber die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand, dergleichen auch <hi rendition="#b">Weber</hi> (Voll&#x017F;t. theor. u. prakt. Abhdl. von dem Salpeter. Tu&#x0364;bingen, 1779. 8.) anfu&#x0364;hrt.</p>
            <p>Seit der Entdeckung der nitro&#x0364;&#x017F;en Luft i&#x017F;t es &#x017F;treitig geworden, ob die&#x017F;es Gas in der Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure, oder die letztere in jenem enthalten &#x017F;ey, &#x017F;. <hi rendition="#b">Gas, &#x017F;alpeterartiges. Lavoi&#x017F;ier</hi> ha&#x0364;lt nach &#x017F;einem eignen Sy&#x017F;tem die Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure fu&#x0364;r zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt aus Wa&#x017F;&#x017F;er, reiner Luft und dem eignen Stoffe des Salpetergas: <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> hingegen nimmt das Gas fu&#x0364;r eine luftfo&#x0364;rmige Verbindung der Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure mit dem Phlogi&#x017F;ton an, welches letztere die gemeine Meinung i&#x017F;t. Jch habe in dem er&#x017F;terwa&#x0364;hnten Artikel (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 417.) einige Gru&#x0364;nde angefu&#x0364;hrt, welche gegen <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> zu &#x017F;treiten &#x017F;cheinen. Daß man &#x017F;o ha&#x0364;ufig dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irte Luft aus dem Salpeter, ja auch aus &#x017F;einer Sa&#x0364;ure entwickeln kan, i&#x017F;t noch kein Beweis, daß die&#x017F;elbe, als Luft, in der Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure, vorhanden &#x017F;ey. Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich auch &#x017F;o erkla&#x0364;ren, daß das Wa&#x017F;&#x017F;er des Salpeters in Luftform entwickelt, und wegen der &#x017F;tarken Anziehung der Sa&#x0364;ure gegen das Brennbare nicht phlogi&#x017F;ti&#x017F;irt werde, mithin als reine Luft er&#x017F;cheine.</p>
            <p>Einige neuere Ver&#x017F;uche von <hi rendition="#b">Cavendi&#x017F;h, &#x017F;. Gas, phlogi&#x017F;ti&#x017F;irtes</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 409 u. f.) &#x017F;cheinen anzugeben, daß auch in der phlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Luft Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure enthalten &#x017F;ey. Wenn &#x017F;ich hiebey weder in den Stoffen, aus denen die Gasarten entbunden waren, noch in den zur Sperrung angewandten Materien Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure befunden hat, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[765/0771] und die Faͤulniß fuͤr das Mittel zu halten, deſſen ſich die Natur bediene, um dieſe eigne Art von Verbindung zu bewirken. Dieſe Meinung iſt von Stahl ſelbſt (Schriften von der natuͤrl. Erzeugung und Nutzbarkeit des Salpeters. Frf. und Leipz. 1734. 8.) und von Pietſch (Preisſchr. von Erzeugung des Salpeters. Berlin, 1750. 4.) ausfuͤhrlich vertheidigt worden. Eine von der pariſer Akademie veranſtaltete Sammlung (Recueil de mém. et d'obſ. ſur la formation et fabric. du Salpêtre. à Paris 1776. Sammlung von Nachrichten und Beob. uͤber die Verf. des Salp- Dresd. 1778. 8.) enthaͤlt noch mehr Hypotheſen uͤber dieſen Gegenſtand, dergleichen auch Weber (Vollſt. theor. u. prakt. Abhdl. von dem Salpeter. Tuͤbingen, 1779. 8.) anfuͤhrt. Seit der Entdeckung der nitroͤſen Luft iſt es ſtreitig geworden, ob dieſes Gas in der Salpeterſaͤure, oder die letztere in jenem enthalten ſey, ſ. Gas, ſalpeterartiges. Lavoiſier haͤlt nach ſeinem eignen Syſtem die Salpeterſaͤure fuͤr zuſammengeſetzt aus Waſſer, reiner Luft und dem eignen Stoffe des Salpetergas: Prieſtley hingegen nimmt das Gas fuͤr eine luftfoͤrmige Verbindung der Salpeterſaͤure mit dem Phlogiſton an, welches letztere die gemeine Meinung iſt. Jch habe in dem erſterwaͤhnten Artikel (Th. II. S. 417.) einige Gruͤnde angefuͤhrt, welche gegen Lavoiſier zu ſtreiten ſcheinen. Daß man ſo haͤufig dephlogiſtiſirte Luft aus dem Salpeter, ja auch aus ſeiner Saͤure entwickeln kan, iſt noch kein Beweis, daß dieſelbe, als Luft, in der Salpeterſaͤure, vorhanden ſey. Es laͤßt ſich auch ſo erklaͤren, daß das Waſſer des Salpeters in Luftform entwickelt, und wegen der ſtarken Anziehung der Saͤure gegen das Brennbare nicht phlogiſtiſirt werde, mithin als reine Luft erſcheine. Einige neuere Verſuche von Cavendiſh, ſ. Gas, phlogiſtiſirtes (Th. II. S. 409 u. f.) ſcheinen anzugeben, daß auch in der phlogiſtiſirten Luft Salpeterſaͤure enthalten ſey. Wenn ſich hiebey weder in den Stoffen, aus denen die Gasarten entbunden waren, noch in den zur Sperrung angewandten Materien Salpeterſaͤure befunden hat, ſo iſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/771
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/771>, abgerufen am 22.11.2024.