Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Brechung längst kannte, bey der bleßen Zurückwerfung aber dergleichen nie bemerkt hatte. Porta (De refractione, p. 202.) erklärt zwar die Farben durch Brechung, aber er versieht nicht Brechung in einzelnen Tropfen, sondern in der ganzen Masse der Wolke oder des Regens.

Franz Maurolycus aus Messina (Photismi de lumine et umbra ad prospectivam radiorum et incidentiam facientes. Venet. 1575.4.Lugd. 1613.4. p. 57. sqq.) giebt den Winkel, unter dem die Sonnenstralen nach dem Auge reflectirt werden, für den Hauptregenbogen 45°, für den äußern 56 1/4° an, und beruft sich auf eigne Beobachtung. Doch sey die Höhe der Bogen bey untergehender Sonne etwas kleiner; er wisse zwar nicht, wie das zugehe, es möge aber vielleicht von der irregulären Gestalt der Tropfen herkommen. Er scheint der Erste zu seyn, der sieben Farben zählt; deswegen nennt er auch den Regenbogen siebenfarbig (septicolor). Die Farben sollen von der verschiedenen Menge des Lichts und der Beymischung des Wassers herrühren. Bey seiner Erklärung des ganzen Phänomens ist das richtig, daß er die Zurückwerfung von einzelnen Tropfen, nicht, wie alle seine Vorgänger, von der ganzen Wolke, herleitet; aber auf eine wunderbare Art läßt er den Stral ohne Brechung in den Tropfen fahren, an dessen innere Fläche siebenmal unter Winkeln von 45° abprallen, und endlich wieder ohne Brechung ausgehen.

Nach so vielen vorgebrachten Thorheiten legte den ersten Grund zur wahren Erklärung des Regenbogens Johann Fleischer, Rector der Schule zu Goldberg in Schlesien, und nachmals Doctor der Theologie und Prediger zu Breslau (De Iridibus doctrina Aristotelis et Vitellionis, certa methodo comprehensa etc. Witeb. 1571. 8.). Nach ihm bildet sich der Regenbogen in einem thauartigen Dunste (vapor roridus), der sich in Tropfen zu verdichten anfängt. Die Lichtstralen werden in jedem Tropfen zweymal gebrochen, und dann von einem andern dahinterliegenden Tropfen ins Auge zurüekgeworfen, auch vielleicht in einem vorliegenden Tropfen vorher noch einmal gebrochen. Hier ist also doppelte Brechung mit Zurückwerfung verbunden;


Brechung laͤngſt kannte, bey der bleßen Zuruͤckwerfung aber dergleichen nie bemerkt hatte. Porta (De refractione, p. 202.) erklaͤrt zwar die Farben durch Brechung, aber er verſieht nicht Brechung in einzelnen Tropfen, ſondern in der ganzen Maſſe der Wolke oder des Regens.

Franz Maurolycus aus Meſſina (Photiſmi de lumine et umbra ad proſpectivam radiorum et incidentiam facientes. Venet. 1575.4.Lugd. 1613.4. p. 57. ſqq.) giebt den Winkel, unter dem die Sonnenſtralen nach dem Auge reflectirt werden, fuͤr den Hauptregenbogen 45°, fuͤr den aͤußern 56 1/4° an, und beruft ſich auf eigne Beobachtung. Doch ſey die Hoͤhe der Bogen bey untergehender Sonne etwas kleiner; er wiſſe zwar nicht, wie das zugehe, es moͤge aber vielleicht von der irregulaͤren Geſtalt der Tropfen herkommen. Er ſcheint der Erſte zu ſeyn, der ſieben Farben zaͤhlt; deswegen nennt er auch den Regenbogen ſiebenfarbig (ſepticolor). Die Farben ſollen von der verſchiedenen Menge des Lichts und der Beymiſchung des Waſſers herruͤhren. Bey ſeiner Erklaͤrung des ganzen Phaͤnomens iſt das richtig, daß er die Zuruͤckwerfung von einzelnen Tropfen, nicht, wie alle ſeine Vorgaͤnger, von der ganzen Wolke, herleitet; aber auf eine wunderbare Art laͤßt er den Stral ohne Brechung in den Tropfen fahren, an deſſen innere Flaͤche ſiebenmal unter Winkeln von 45° abprallen, und endlich wieder ohne Brechung ausgehen.

Nach ſo vielen vorgebrachten Thorheiten legte den erſten Grund zur wahren Erklaͤrung des Regenbogens Johann Fleiſcher, Rector der Schule zu Goldberg in Schleſien, und nachmals Doctor der Theologie und Prediger zu Breslau (De Iridibus doctrina Ariſtotelis et Vitellionis, certa methodo comprehenſa etc. Witeb. 1571. 8.). Nach ihm bildet ſich der Regenbogen in einem thauartigen Dunſte (vapor roridus), der ſich in Tropfen zu verdichten anfaͤngt. Die Lichtſtralen werden in jedem Tropfen zweymal gebrochen, und dann von einem andern dahinterliegenden Tropfen ins Auge zuruͤekgeworfen, auch vielleicht in einem vorliegenden Tropfen vorher noch einmal gebrochen. Hier iſt alſo doppelte Brechung mit Zuruͤckwerfung verbunden;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0683" xml:id="P.3.677" n="677"/><lb/>
Brechung la&#x0364;ng&#x017F;t kannte, bey der bleßen Zuru&#x0364;ckwerfung aber dergleichen nie bemerkt hatte. <hi rendition="#b">Porta</hi> <hi rendition="#aq">(De refractione, p. 202.)</hi> erkla&#x0364;rt zwar die Farben durch Brechung, aber er ver&#x017F;ieht nicht Brechung in einzelnen Tropfen, &#x017F;ondern in der ganzen Ma&#x017F;&#x017F;e der Wolke oder des Regens.</p>
            <p><hi rendition="#b">Franz Maurolycus</hi> aus Me&#x017F;&#x017F;ina <hi rendition="#aq">(Photi&#x017F;mi de lumine et umbra ad pro&#x017F;pectivam radiorum et incidentiam facientes. Venet. 1575.4.Lugd. 1613.4. p. 57. &#x017F;qq.)</hi> giebt den Winkel, unter dem die Sonnen&#x017F;tralen nach dem Auge reflectirt werden, fu&#x0364;r den Hauptregenbogen 45°, fu&#x0364;r den a&#x0364;ußern 56 1/4° an, und beruft &#x017F;ich auf eigne Beobachtung. Doch &#x017F;ey die Ho&#x0364;he der Bogen bey untergehender Sonne etwas kleiner; er wi&#x017F;&#x017F;e zwar nicht, wie das zugehe, es mo&#x0364;ge aber vielleicht von der irregula&#x0364;ren Ge&#x017F;talt der Tropfen herkommen. Er &#x017F;cheint der Er&#x017F;te zu &#x017F;eyn, der <hi rendition="#b">&#x017F;ieben Farben</hi> za&#x0364;hlt; deswegen nennt er auch den Regenbogen &#x017F;iebenfarbig <hi rendition="#aq">(&#x017F;epticolor).</hi> Die Farben &#x017F;ollen von der ver&#x017F;chiedenen Menge des Lichts und der Beymi&#x017F;chung des Wa&#x017F;&#x017F;ers herru&#x0364;hren. Bey &#x017F;einer Erkla&#x0364;rung des ganzen Pha&#x0364;nomens i&#x017F;t das richtig, daß er die Zuru&#x0364;ckwerfung von <hi rendition="#b">einzelnen Tropfen,</hi> nicht, wie alle &#x017F;eine Vorga&#x0364;nger, von der ganzen Wolke, herleitet; aber auf eine wunderbare Art la&#x0364;ßt er den Stral ohne Brechung in den Tropfen fahren, an de&#x017F;&#x017F;en innere Fla&#x0364;che &#x017F;iebenmal unter Winkeln von 45° abprallen, und endlich wieder ohne Brechung ausgehen.</p>
            <p>Nach &#x017F;o vielen vorgebrachten Thorheiten legte den er&#x017F;ten Grund zur wahren Erkla&#x0364;rung des Regenbogens <hi rendition="#b">Johann Flei&#x017F;cher,</hi> Rector der Schule zu Goldberg in Schle&#x017F;ien, und nachmals Doctor der Theologie und Prediger zu Breslau <hi rendition="#aq">(De Iridibus doctrina Ari&#x017F;totelis et Vitellionis, certa methodo comprehen&#x017F;a etc. Witeb. 1571. 8.).</hi> Nach ihm bildet &#x017F;ich der Regenbogen in einem thauartigen Dun&#x017F;te <hi rendition="#aq">(vapor roridus),</hi> der &#x017F;ich in Tropfen zu verdichten anfa&#x0364;ngt. Die Licht&#x017F;tralen werden in jedem Tropfen <hi rendition="#b">zweymal gebrochen,</hi> und dann von einem andern dahinterliegenden Tropfen ins Auge <hi rendition="#b">zuru&#x0364;ekgeworfen,</hi> auch vielleicht in einem vorliegenden Tropfen vorher noch einmal gebrochen. Hier i&#x017F;t al&#x017F;o doppelte Brechung mit Zuru&#x0364;ckwerfung verbunden;<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[677/0683] Brechung laͤngſt kannte, bey der bleßen Zuruͤckwerfung aber dergleichen nie bemerkt hatte. Porta (De refractione, p. 202.) erklaͤrt zwar die Farben durch Brechung, aber er verſieht nicht Brechung in einzelnen Tropfen, ſondern in der ganzen Maſſe der Wolke oder des Regens. Franz Maurolycus aus Meſſina (Photiſmi de lumine et umbra ad proſpectivam radiorum et incidentiam facientes. Venet. 1575.4.Lugd. 1613.4. p. 57. ſqq.) giebt den Winkel, unter dem die Sonnenſtralen nach dem Auge reflectirt werden, fuͤr den Hauptregenbogen 45°, fuͤr den aͤußern 56 1/4° an, und beruft ſich auf eigne Beobachtung. Doch ſey die Hoͤhe der Bogen bey untergehender Sonne etwas kleiner; er wiſſe zwar nicht, wie das zugehe, es moͤge aber vielleicht von der irregulaͤren Geſtalt der Tropfen herkommen. Er ſcheint der Erſte zu ſeyn, der ſieben Farben zaͤhlt; deswegen nennt er auch den Regenbogen ſiebenfarbig (ſepticolor). Die Farben ſollen von der verſchiedenen Menge des Lichts und der Beymiſchung des Waſſers herruͤhren. Bey ſeiner Erklaͤrung des ganzen Phaͤnomens iſt das richtig, daß er die Zuruͤckwerfung von einzelnen Tropfen, nicht, wie alle ſeine Vorgaͤnger, von der ganzen Wolke, herleitet; aber auf eine wunderbare Art laͤßt er den Stral ohne Brechung in den Tropfen fahren, an deſſen innere Flaͤche ſiebenmal unter Winkeln von 45° abprallen, und endlich wieder ohne Brechung ausgehen. Nach ſo vielen vorgebrachten Thorheiten legte den erſten Grund zur wahren Erklaͤrung des Regenbogens Johann Fleiſcher, Rector der Schule zu Goldberg in Schleſien, und nachmals Doctor der Theologie und Prediger zu Breslau (De Iridibus doctrina Ariſtotelis et Vitellionis, certa methodo comprehenſa etc. Witeb. 1571. 8.). Nach ihm bildet ſich der Regenbogen in einem thauartigen Dunſte (vapor roridus), der ſich in Tropfen zu verdichten anfaͤngt. Die Lichtſtralen werden in jedem Tropfen zweymal gebrochen, und dann von einem andern dahinterliegenden Tropfen ins Auge zuruͤekgeworfen, auch vielleicht in einem vorliegenden Tropfen vorher noch einmal gebrochen. Hier iſt alſo doppelte Brechung mit Zuruͤckwerfung verbunden;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/683
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 677. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/683>, abgerufen am 22.11.2024.