Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Beccaria suchte diese Erscheinungen in ein neues allgemeines Gesetz zusammenzufassen, dem er den Namen Electricitas vindex beylegte, s. Elektricität (Th. I. S. 744. u. f.). Inzwischen ward durch die Bemühungen der Herten Wilke und Aepinus die Lehre von den Wirkungskreisen und der Vertheilung der Elektricität mehr aufgeklärt. Wilke zergliederte den leidner Versuch genauer, und gab im Jahre 1762 (Schwed. Abhdl. 24ster Theil. S. 271. u. f.) eine Vorrichtung an, wodurch man die Belegungen einer Glastafel nach dem Laden und Entladen von der Tafel trennen, und alle Theile besonders untersuchen konnte. Bey diesen Versuchen, welche in der That schon die Idee vom Elektrophor enthalten, fand sich alles mit den allgemeinen Gesetzen der Wirkungskreise übereinstimmend. Diese Gesetze wurden nach und nach bekannter, und Volta, der sie sehr glücklich faßte, brachte noch den so natürlichen Begrif hinzu, daß ein E, sobald es auf ein anderes E wirkt, dadurch selbst beschäftiget und weniger sensibel wird, als wenn es unbeschäftigt oder frey ist; daher er es in diesem Zustande gebunden nennt. Diese Begriffe erklären die meisten der oben angeführten Phänomene, und machen den unrichtig ausgedrückten Grundsatz des Beccaria ganz entbehrlich. Volta kam, indem er sich dies zu zeigen bemühte, auf die Erfindung des Elektrophors, dessen Erklärung zugleich von den meisten der hier angeführten Phänomene Rechenschaft giebt. Ich verweise hierüber, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Artikel Wirkungskreise, elektrische, und Elektrophor. Freylich bleibt noch mancher Umstand
Beccaria ſuchte dieſe Erſcheinungen in ein neues allgemeines Geſetz zuſammenzufaſſen, dem er den Namen Electricitas vindex beylegte, ſ. Elektricitaͤt (Th. I. S. 744. u. f.). Inzwiſchen ward durch die Bemuͤhungen der Herten Wilke und Aepinus die Lehre von den Wirkungskreiſen und der Vertheilung der Elektricitaͤt mehr aufgeklaͤrt. Wilke zergliederte den leidner Verſuch genauer, und gab im Jahre 1762 (Schwed. Abhdl. 24ſter Theil. S. 271. u. f.) eine Vorrichtung an, wodurch man die Belegungen einer Glastafel nach dem Laden und Entladen von der Tafel trennen, und alle Theile beſonders unterſuchen konnte. Bey dieſen Verſuchen, welche in der That ſchon die Idee vom Elektrophor enthalten, fand ſich alles mit den allgemeinen Geſetzen der Wirkungskreiſe uͤbereinſtimmend. Dieſe Geſetze wurden nach und nach bekannter, und Volta, der ſie ſehr gluͤcklich faßte, brachte noch den ſo natuͤrlichen Begrif hinzu, daß ein E, ſobald es auf ein anderes E wirkt, dadurch ſelbſt beſchaͤftiget und weniger ſenſibel wird, als wenn es unbeſchaͤftigt oder frey iſt; daher er es in dieſem Zuſtande gebunden nennt. Dieſe Begriffe erklaͤren die meiſten der oben angefuͤhrten Phaͤnomene, und machen den unrichtig ausgedruͤckten Grundſatz des Beccaria ganz entbehrlich. Volta kam, indem er ſich dies zu zeigen bemuͤhte, auf die Erfindung des Elektrophors, deſſen Erklaͤrung zugleich von den meiſten der hier angefuͤhrten Phaͤnomene Rechenſchaft giebt. Ich verweiſe hieruͤber, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Artikel Wirkungskreiſe, elektriſche, und Elektrophor. Freylich bleibt noch mancher Umſtand <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0593" xml:id="P.3.587" n="587"/><lb/> losgeriſſen. In dieſer Geſtalt iſt der Verſuch ſchon 1755 von einem Jeſuiten in Pekin <hi rendition="#aq">(Nov. Comm. Petropol. To. VIII. p. 276.)</hi> angeſtellt worden, der ihn 500mal wiederholen konnte, ohne die Platte von neuem zu laden. Man ſieht, daß dies alles den Phaͤnomenen des Elektrophors ſehr aͤhnlich iſt; auch war es fuͤr den damaligen Zuſtand der Lehre von der Elektricitaͤt ganz unerklaͤrbar, und <hi rendition="#b">Symmer</hi> ward dadurch veranlaſſet, zwo verſchiedne einander anziehende elektriſche Materien anzunehmen.</p> <p><hi rendition="#b">Beccaria</hi> ſuchte dieſe Erſcheinungen in ein neues allgemeines Geſetz zuſammenzufaſſen, dem er den Namen <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Electricitas vindex</hi></hi> beylegte, ſ. <hi rendition="#b">Elektricitaͤt</hi> (Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 744. u. f.). Inzwiſchen ward durch die Bemuͤhungen der Herten <hi rendition="#b">Wilke</hi> und <hi rendition="#b">Aepinus</hi> die Lehre von den Wirkungskreiſen und der Vertheilung der Elektricitaͤt mehr aufgeklaͤrt. <hi rendition="#b">Wilke</hi> zergliederte den leidner Verſuch genauer, und gab im Jahre 1762 (Schwed. Abhdl. 24ſter Theil. S. 271. u. f.) eine Vorrichtung an, wodurch man die Belegungen einer Glastafel nach dem Laden und Entladen von der Tafel trennen, und alle Theile beſonders unterſuchen konnte. Bey dieſen Verſuchen, welche in der That ſchon die Idee vom Elektrophor enthalten, fand ſich alles mit den allgemeinen Geſetzen der Wirkungskreiſe uͤbereinſtimmend. Dieſe Geſetze wurden nach und nach bekannter, und <hi rendition="#b">Volta,</hi> der ſie ſehr gluͤcklich faßte, brachte noch den ſo natuͤrlichen Begrif hinzu, daß ein <hi rendition="#aq">E,</hi> ſobald es auf ein anderes <hi rendition="#aq">E</hi> wirkt, dadurch ſelbſt beſchaͤftiget und weniger <hi rendition="#b">ſenſibel</hi> wird, als wenn es unbeſchaͤftigt oder <hi rendition="#b">frey</hi> iſt; daher er es in dieſem Zuſtande <hi rendition="#b">gebunden</hi> nennt. Dieſe Begriffe erklaͤren die meiſten der oben angefuͤhrten Phaͤnomene, und machen den unrichtig ausgedruͤckten Grundſatz des <hi rendition="#b">Beccaria</hi> ganz entbehrlich. <hi rendition="#b">Volta</hi> kam, indem er ſich dies zu zeigen bemuͤhte, auf die Erfindung des Elektrophors, deſſen Erklaͤrung zugleich von den meiſten der hier angefuͤhrten Phaͤnomene Rechenſchaft giebt.</p> <p>Ich verweiſe hieruͤber, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Artikel <hi rendition="#b">Wirkungskreiſe, elektriſche,</hi> und <hi rendition="#b">Elektrophor.</hi> Freylich bleibt noch mancher Umſtand<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [587/0593]
losgeriſſen. In dieſer Geſtalt iſt der Verſuch ſchon 1755 von einem Jeſuiten in Pekin (Nov. Comm. Petropol. To. VIII. p. 276.) angeſtellt worden, der ihn 500mal wiederholen konnte, ohne die Platte von neuem zu laden. Man ſieht, daß dies alles den Phaͤnomenen des Elektrophors ſehr aͤhnlich iſt; auch war es fuͤr den damaligen Zuſtand der Lehre von der Elektricitaͤt ganz unerklaͤrbar, und Symmer ward dadurch veranlaſſet, zwo verſchiedne einander anziehende elektriſche Materien anzunehmen.
Beccaria ſuchte dieſe Erſcheinungen in ein neues allgemeines Geſetz zuſammenzufaſſen, dem er den Namen Electricitas vindex beylegte, ſ. Elektricitaͤt (Th. I. S. 744. u. f.). Inzwiſchen ward durch die Bemuͤhungen der Herten Wilke und Aepinus die Lehre von den Wirkungskreiſen und der Vertheilung der Elektricitaͤt mehr aufgeklaͤrt. Wilke zergliederte den leidner Verſuch genauer, und gab im Jahre 1762 (Schwed. Abhdl. 24ſter Theil. S. 271. u. f.) eine Vorrichtung an, wodurch man die Belegungen einer Glastafel nach dem Laden und Entladen von der Tafel trennen, und alle Theile beſonders unterſuchen konnte. Bey dieſen Verſuchen, welche in der That ſchon die Idee vom Elektrophor enthalten, fand ſich alles mit den allgemeinen Geſetzen der Wirkungskreiſe uͤbereinſtimmend. Dieſe Geſetze wurden nach und nach bekannter, und Volta, der ſie ſehr gluͤcklich faßte, brachte noch den ſo natuͤrlichen Begrif hinzu, daß ein E, ſobald es auf ein anderes E wirkt, dadurch ſelbſt beſchaͤftiget und weniger ſenſibel wird, als wenn es unbeſchaͤftigt oder frey iſt; daher er es in dieſem Zuſtande gebunden nennt. Dieſe Begriffe erklaͤren die meiſten der oben angefuͤhrten Phaͤnomene, und machen den unrichtig ausgedruͤckten Grundſatz des Beccaria ganz entbehrlich. Volta kam, indem er ſich dies zu zeigen bemuͤhte, auf die Erfindung des Elektrophors, deſſen Erklaͤrung zugleich von den meiſten der hier angefuͤhrten Phaͤnomene Rechenſchaft giebt.
Ich verweiſe hieruͤber, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Artikel Wirkungskreiſe, elektriſche, und Elektrophor. Freylich bleibt noch mancher Umſtand
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