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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Polarstern, Nordstern, Leitstern, Stella polaris s. navigatoria, Etoile polaire.

Ein Firstern zweyter Größe am äußersten Ende des Schwanzes vom kleinen Bären, welcher unter allen Sternen dem in unsern Ländern sichtbaren Weltpole, dem Nordpole, am nächsten steht, und also dient, die Stelle dieses Pols kenntlich zu machen, und die Mitternachtsgegend zu finden. Um ihn kennen zu lernen, sucht man zuerst die sieben Sterne im großen Bären (septem Triones) auf, welche unter dem Namen des Himmelswagens allgemein bekannt, und in unsern Ländern an jedem heitern Abende am mitternächtlichen Himmel sichtbar sind. Vier von diesen Sternen bilden ein längliches Viereck, gehören zum Körper des greßen Bärs, oder stellen die vier Räder des Wagens vor: die übrigen drey stehen in einer Krümmung, und bilden den Schwanz des Bären oder die Deichsel des Wagens. Führt man durch die beyden letzten Sterne des Vierecks, d. i. durch die Hinterräder des Wagens eine gerade Linie, und verlängert dieselbe über den Rücken des Bärs hinaus, so ist der erste helle Stern, den diese Verlängerung trift, der Polarstern. Es ist der äußerste im Schwanze des kleinen Bären (Cynosura), dessen sieben Sterne eine dem Himmelswagen ähnliche Figur bilden, und der kleine Wagen genannt werden.

Dieser Stern steht dem nördlichen Weltpole, um welchen sich alle Gestirne zu drehen scheinen, sehr nahe, und beschreibt daher bey der täglichen Umdrehung nur einen kleinen kaum merklichen Kreis. Wenn man ihn aus einerley Standorte, z. B. aus eben demselben Fenster, betrachtet, so findet man ihn immer an eben derselben Stelle des Himmels, und unter ihm liegt im Horizonte der Mitternachtspunkt. Die phönicischen Schiffer bedienten sich dieses Sterns, um die Weltgegenden auf der See zu unterscheiden, und den Weg der Schiffe zu bestimmen.

Dennoch steht der Polarstern noch ein wenig vom Pole ab, und dieser Abstand ist wegen des Vorrückens der Nachtgleichen veränderlich. Zu den Zeiten des Eudorus stand


Polarſtern, Nordſtern, Leitſtern, Stella polaris ſ. navigatoria, Etoile polaire.

Ein Firſtern zweyter Groͤße am aͤußerſten Ende des Schwanzes vom kleinen Baͤren, welcher unter allen Sternen dem in unſern Laͤndern ſichtbaren Weltpole, dem Nordpole, am naͤchſten ſteht, und alſo dient, die Stelle dieſes Pols kenntlich zu machen, und die Mitternachtsgegend zu finden. Um ihn kennen zu lernen, ſucht man zuerſt die ſieben Sterne im großen Baͤren (ſeptem Triones) auf, welche unter dem Namen des Himmelswagens allgemein bekannt, und in unſern Laͤndern an jedem heitern Abende am mitternaͤchtlichen Himmel ſichtbar ſind. Vier von dieſen Sternen bilden ein laͤngliches Viereck, gehoͤren zum Koͤrper des greßen Baͤrs, oder ſtellen die vier Raͤder des Wagens vor: die uͤbrigen drey ſtehen in einer Kruͤmmung, und bilden den Schwanz des Baͤren oder die Deichſel des Wagens. Fuͤhrt man durch die beyden letzten Sterne des Vierecks, d. i. durch die Hinterraͤder des Wagens eine gerade Linie, und verlaͤngert dieſelbe uͤber den Ruͤcken des Baͤrs hinaus, ſo iſt der erſte helle Stern, den dieſe Verlaͤngerung trift, der Polarſtern. Es iſt der aͤußerſte im Schwanze des kleinen Baͤren (Cynoſura), deſſen ſieben Sterne eine dem Himmelswagen aͤhnliche Figur bilden, und der kleine Wagen genannt werden.

Dieſer Stern ſteht dem noͤrdlichen Weltpole, um welchen ſich alle Geſtirne zu drehen ſcheinen, ſehr nahe, und beſchreibt daher bey der taͤglichen Umdrehung nur einen kleinen kaum merklichen Kreis. Wenn man ihn aus einerley Standorte, z. B. aus eben demſelben Fenſter, betrachtet, ſo findet man ihn immer an eben derſelben Stelle des Himmels, und unter ihm liegt im Horizonte der Mitternachtspunkt. Die phoͤniciſchen Schiffer bedienten ſich dieſes Sterns, um die Weltgegenden auf der See zu unterſcheiden, und den Weg der Schiffe zu beſtimmen.

Dennoch ſteht der Polarſtern noch ein wenig vom Pole ab, und dieſer Abſtand iſt wegen des Vorruͤckens der Nachtgleichen veraͤnderlich. Zu den Zeiten des Eudorus ſtand

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[533/0539] Polarſtern, Nordſtern, Leitſtern, Stella polaris ſ. navigatoria, Etoile polaire. Ein Firſtern zweyter Groͤße am aͤußerſten Ende des Schwanzes vom kleinen Baͤren, welcher unter allen Sternen dem in unſern Laͤndern ſichtbaren Weltpole, dem Nordpole, am naͤchſten ſteht, und alſo dient, die Stelle dieſes Pols kenntlich zu machen, und die Mitternachtsgegend zu finden. Um ihn kennen zu lernen, ſucht man zuerſt die ſieben Sterne im großen Baͤren (ſeptem Triones) auf, welche unter dem Namen des Himmelswagens allgemein bekannt, und in unſern Laͤndern an jedem heitern Abende am mitternaͤchtlichen Himmel ſichtbar ſind. Vier von dieſen Sternen bilden ein laͤngliches Viereck, gehoͤren zum Koͤrper des greßen Baͤrs, oder ſtellen die vier Raͤder des Wagens vor: die uͤbrigen drey ſtehen in einer Kruͤmmung, und bilden den Schwanz des Baͤren oder die Deichſel des Wagens. Fuͤhrt man durch die beyden letzten Sterne des Vierecks, d. i. durch die Hinterraͤder des Wagens eine gerade Linie, und verlaͤngert dieſelbe uͤber den Ruͤcken des Baͤrs hinaus, ſo iſt der erſte helle Stern, den dieſe Verlaͤngerung trift, der Polarſtern. Es iſt der aͤußerſte im Schwanze des kleinen Baͤren (Cynoſura), deſſen ſieben Sterne eine dem Himmelswagen aͤhnliche Figur bilden, und der kleine Wagen genannt werden. Dieſer Stern ſteht dem noͤrdlichen Weltpole, um welchen ſich alle Geſtirne zu drehen ſcheinen, ſehr nahe, und beſchreibt daher bey der taͤglichen Umdrehung nur einen kleinen kaum merklichen Kreis. Wenn man ihn aus einerley Standorte, z. B. aus eben demſelben Fenſter, betrachtet, ſo findet man ihn immer an eben derſelben Stelle des Himmels, und unter ihm liegt im Horizonte der Mitternachtspunkt. Die phoͤniciſchen Schiffer bedienten ſich dieſes Sterns, um die Weltgegenden auf der See zu unterſcheiden, und den Weg der Schiffe zu beſtimmen. Dennoch ſteht der Polarſtern noch ein wenig vom Pole ab, und dieſer Abſtand iſt wegen des Vorruͤckens der Nachtgleichen veraͤnderlich. Zu den Zeiten des Eudorus ſtand

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 533. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/539>, abgerufen am 25.11.2024.