Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Sollte sich das bestätigen, was die Versuche der Herren Lavoisier, Cavendish und Watt so wahrscheinlich machen, daß die dephlogistisirte Luft ein des Phlogistons beraubtes und in Luftform dargestelltes Wasser sey, so würde ihre Verbindung mit dem Phlogiston nach dem Crawfordischen System Wasser bilden, und dies würde nun die Materie seyn, welche das Gewicht der Rückstände und der Metallkalke vermehrte. Herr de Lüc hält die Verwandlung der dephlogistisirten Luft in Wasser, wenn sie sich mit brennbarer zersetzt, für entschieden, s. Feuer (Th. II. S. 228.), und erfordert diese Zersetzung, wenn die Verbrennung lebhaft und vollkommen seyn foll, wie bey der Argandischen Lampe. Bey schwachen und unvollkommnen Verbrennungen, wobey nach seiner Meinung die dephlogistisirte Luft nicht zersetzt wird, geht auch aus dem brennenden Körper keine brennbare Luft, sondern nur das hervor, was sonst in die Zusammensetzung der brennbaren Luft kömmt, und was, nach seinem eigenen Ausdrucke, vielleicht das sogenannte Phlogiston ist, womit sich die dephlogistisirte Luft auf eine bisher noch dunkle Art in fire Luft verwandelt. In Herrn de Lüc Sprache ist also das Phlogiston die schwere Substanz, und das Feuer das fortleitende Fluidum der brennbaren Luft. Diese innige Vereinigung beyder streitet allerdings gegen Crawfords Theorie, der aber auch Herr de Lüc starke Gründe entgegengesetzt hat. Herr D. Gren (System, Handbuch der gesammten Chemie. I. Th. Halle, 1787. gr. 8. §. 331. ingl. Grundriß der Naturlehre. Halle, 1788. 8. §. 749. u. f.) hält das Phlogiston für gebundne Materie der Wärme und des Lichts zugleich, oder für gebundnes Feuer, aus dem simplen Grunde, weil man bey Befreyung desselben aus den brennenden Körpern Wärme fühle und Licht sehe. Wird es durch Erhitzung oder andere Mittel frey gemacht, so zeigt es sich zersetzt mit Licht und Wärme, wird aber von der reinen Luft angezogen, und von neuem zum Phlogiston
Sollte ſich das beſtaͤtigen, was die Verſuche der Herren Lavoiſier, Cavendiſh und Watt ſo wahrſcheinlich machen, daß die dephlogiſtiſirte Luft ein des Phlogiſtons beraubtes und in Luftform dargeſtelltes Waſſer ſey, ſo wuͤrde ihre Verbindung mit dem Phlogiſton nach dem Crawfordiſchen Syſtem Waſſer bilden, und dies wuͤrde nun die Materie ſeyn, welche das Gewicht der Ruͤckſtaͤnde und der Metallkalke vermehrte. Herr de Luͤc haͤlt die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in Waſſer, wenn ſie ſich mit brennbarer zerſetzt, fuͤr entſchieden, ſ. Feuer (Th. II. S. 228.), und erfordert dieſe Zerſetzung, wenn die Verbrennung lebhaft und vollkommen ſeyn foll, wie bey der Argandiſchen Lampe. Bey ſchwachen und unvollkommnen Verbrennungen, wobey nach ſeiner Meinung die dephlogiſtiſirte Luft nicht zerſetzt wird, geht auch aus dem brennenden Koͤrper keine brennbare Luft, ſondern nur das hervor, was ſonſt in die Zuſammenſetzung der brennbaren Luft koͤmmt, und was, nach ſeinem eigenen Ausdrucke, vielleicht das ſogenannte Phlogiſton iſt, womit ſich die dephlogiſtiſirte Luft auf eine bisher noch dunkle Art in fire Luft verwandelt. In Herrn de Luͤc Sprache iſt alſo das Phlogiſton die ſchwere Subſtanz, und das Feuer das fortleitende Fluidum der brennbaren Luft. Dieſe innige Vereinigung beyder ſtreitet allerdings gegen Crawfords Theorie, der aber auch Herr de Luͤc ſtarke Gruͤnde entgegengeſetzt hat. Herr D. Gren (Syſtem, Handbuch der geſammten Chemie. I. Th. Halle, 1787. gr. 8. §. 331. ingl. Grundriß der Naturlehre. Halle, 1788. 8. §. 749. u. f.) haͤlt das Phlogiſton fuͤr gebundne Materie der Waͤrme und des Lichts zugleich, oder fuͤr gebundnes Feuer, aus dem ſimplen Grunde, weil man bey Befreyung deſſelben aus den brennenden Koͤrpern Waͤrme fuͤhle und Licht ſehe. Wird es durch Erhitzung oder andere Mittel frey gemacht, ſo zeigt es ſich zerſetzt mit Licht und Waͤrme, wird aber von der reinen Luft angezogen, und von neuem zum Phlogiſton <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0478" xml:id="P.3.472" n="472"/><lb/> Luft noch Waſſer gefunden, ſ. <hi rendition="#b">Gas, brennbares</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 370.).</p> <p>Sollte ſich das beſtaͤtigen, was die Verſuche der Herren <hi rendition="#b">Lavoiſier, Cavendiſh</hi> und <hi rendition="#b">Watt</hi> ſo wahrſcheinlich machen, daß die dephlogiſtiſirte Luft ein des Phlogiſtons beraubtes und in Luftform dargeſtelltes Waſſer ſey, ſo wuͤrde ihre Verbindung mit dem Phlogiſton nach dem Crawfordiſchen Syſtem Waſſer bilden, und dies wuͤrde nun die Materie ſeyn, welche das Gewicht der Ruͤckſtaͤnde und der Metallkalke vermehrte. Herr <hi rendition="#b">de Luͤc</hi> haͤlt die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in Waſſer, wenn ſie ſich mit brennbarer zerſetzt, fuͤr entſchieden, ſ. <hi rendition="#b">Feuer</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 228.), und erfordert dieſe Zerſetzung, wenn die Verbrennung lebhaft und vollkommen ſeyn foll, wie bey der Argandiſchen Lampe. Bey ſchwachen und unvollkommnen Verbrennungen, wobey nach ſeiner Meinung die dephlogiſtiſirte Luft nicht zerſetzt wird, geht auch aus dem brennenden Koͤrper keine brennbare Luft, ſondern nur das hervor, was ſonſt in die Zuſammenſetzung der brennbaren Luft koͤmmt, und was, nach ſeinem eigenen Ausdrucke, vielleicht das ſogenannte <hi rendition="#b">Phlogiſton</hi> iſt, womit ſich die dephlogiſtiſirte Luft auf eine bisher noch dunkle Art in fire <hi rendition="#b">Luft</hi> verwandelt. In Herrn <hi rendition="#b">de Luͤc</hi> Sprache iſt alſo das Phlogiſton die ſchwere Subſtanz, und das Feuer das fortleitende Fluidum der brennbaren Luft. Dieſe innige Vereinigung beyder ſtreitet allerdings gegen Crawfords Theorie, der aber auch Herr de Luͤc ſtarke Gruͤnde entgegengeſetzt hat.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">D. Gren</hi> (Syſtem, Handbuch der geſammten Chemie. <hi rendition="#aq">I.</hi> Th. Halle, 1787. gr. 8. §. 331. ingl. Grundriß der Naturlehre. Halle, 1788. 8. §. 749. u. f.) haͤlt das Phlogiſton fuͤr <hi rendition="#b">gebundne Materie der Waͤrme und des Lichts zugleich,</hi> oder fuͤr gebundnes Feuer, aus dem ſimplen Grunde, weil man bey Befreyung deſſelben aus den brennenden Koͤrpern Waͤrme fuͤhle und Licht ſehe. Wird es durch Erhitzung oder andere Mittel frey gemacht, ſo zeigt es ſich zerſetzt mit Licht und Waͤrme, wird aber von der reinen Luft angezogen, und von neuem zum Phlogiſton<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [472/0478]
Luft noch Waſſer gefunden, ſ. Gas, brennbares (Th. II. S. 370.).
Sollte ſich das beſtaͤtigen, was die Verſuche der Herren Lavoiſier, Cavendiſh und Watt ſo wahrſcheinlich machen, daß die dephlogiſtiſirte Luft ein des Phlogiſtons beraubtes und in Luftform dargeſtelltes Waſſer ſey, ſo wuͤrde ihre Verbindung mit dem Phlogiſton nach dem Crawfordiſchen Syſtem Waſſer bilden, und dies wuͤrde nun die Materie ſeyn, welche das Gewicht der Ruͤckſtaͤnde und der Metallkalke vermehrte. Herr de Luͤc haͤlt die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in Waſſer, wenn ſie ſich mit brennbarer zerſetzt, fuͤr entſchieden, ſ. Feuer (Th. II. S. 228.), und erfordert dieſe Zerſetzung, wenn die Verbrennung lebhaft und vollkommen ſeyn foll, wie bey der Argandiſchen Lampe. Bey ſchwachen und unvollkommnen Verbrennungen, wobey nach ſeiner Meinung die dephlogiſtiſirte Luft nicht zerſetzt wird, geht auch aus dem brennenden Koͤrper keine brennbare Luft, ſondern nur das hervor, was ſonſt in die Zuſammenſetzung der brennbaren Luft koͤmmt, und was, nach ſeinem eigenen Ausdrucke, vielleicht das ſogenannte Phlogiſton iſt, womit ſich die dephlogiſtiſirte Luft auf eine bisher noch dunkle Art in fire Luft verwandelt. In Herrn de Luͤc Sprache iſt alſo das Phlogiſton die ſchwere Subſtanz, und das Feuer das fortleitende Fluidum der brennbaren Luft. Dieſe innige Vereinigung beyder ſtreitet allerdings gegen Crawfords Theorie, der aber auch Herr de Luͤc ſtarke Gruͤnde entgegengeſetzt hat.
Herr D. Gren (Syſtem, Handbuch der geſammten Chemie. I. Th. Halle, 1787. gr. 8. §. 331. ingl. Grundriß der Naturlehre. Halle, 1788. 8. §. 749. u. f.) haͤlt das Phlogiſton fuͤr gebundne Materie der Waͤrme und des Lichts zugleich, oder fuͤr gebundnes Feuer, aus dem ſimplen Grunde, weil man bey Befreyung deſſelben aus den brennenden Koͤrpern Waͤrme fuͤhle und Licht ſehe. Wird es durch Erhitzung oder andere Mittel frey gemacht, ſo zeigt es ſich zerſetzt mit Licht und Waͤrme, wird aber von der reinen Luft angezogen, und von neuem zum Phlogiſton
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