Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Da man es aber unmöglich fand, diesen Grundstof rein und von allen Verbindungen befreyt darzustellen und zu untersuchen, so wurden die Begriffe, die man sich von ihm machte, ungemein oft abgeändert. Eine große Anzahl von Chymikern sahe das Phlogiston für nichts anders, als für das Feuer selbst an, das nur in den Körpern auf verschiedene Art modificirt oder gebunden sey, bey der Verbrennung aber frey werde. Dahin gehören die Meinungen der Herren Pott, Wallerius, Weigel und Baume, die ich bey dem Worte Feuer (Th. II. S. 213.) angeführt habe, wozu man auch Henkels Behauptungen (Flora Saturnizans, S. 375.) setzen kan, daß das Phlogiston ein elementarisches, an einen zarten erdichten Grundstof gebundenes, Feuer sey. Macquer (Chymisches Wörterbuch; Art. Brennbares) hält die Lichtmaterie selbst, wenn sie frey ist, für das reine elementarische Feuer, und wenn sie ein Bestandtheil der Körper geworden ist, für fixes Feuer oder Phlogiston. Andere hingegen haben das Brennbare vom Feuer ausdrücklich unterschieden, wie z. B. Boerhave, und Johann Friedrich Meyer, welcher Letztere es gar nicht für einfach, sondern für eine Zusammensetzung aus Licht, fetter Säure, Erde und Wasser annahm, welche in jedem Körper, wenn er brennen solle, vorhanden seyn müsse. Seit den letztern funfzehn Jahren haben die neuern Entdeckungen über die verschiedenen Gasarten in der Lehre vom Phlogiston und der Verbrennung wichtige Veränderungen veranlasset. Man hat gefunden, daß die atmosphärische
Da man es aber unmoͤglich fand, dieſen Grundſtof rein und von allen Verbindungen befreyt darzuſtellen und zu unterſuchen, ſo wurden die Begriffe, die man ſich von ihm machte, ungemein oft abgeaͤndert. Eine große Anzahl von Chymikern ſahe das Phlogiſton fuͤr nichts anders, als fuͤr das Feuer ſelbſt an, das nur in den Koͤrpern auf verſchiedene Art modificirt oder gebunden ſey, bey der Verbrennung aber frey werde. Dahin gehoͤren die Meinungen der Herren Pott, Wallerius, Weigel und Baume, die ich bey dem Worte Feuer (Th. II. S. 213.) angefuͤhrt habe, wozu man auch Henkels Behauptungen (Flora Saturnizans, S. 375.) ſetzen kan, daß das Phlogiſton ein elementariſches, an einen zarten erdichten Grundſtof gebundenes, Feuer ſey. Macquer (Chymiſches Woͤrterbuch; Art. Brennbares) haͤlt die Lichtmaterie ſelbſt, wenn ſie frey iſt, fuͤr das reine elementariſche Feuer, und wenn ſie ein Beſtandtheil der Koͤrper geworden iſt, fuͤr fixes Feuer oder Phlogiſton. Andere hingegen haben das Brennbare vom Feuer ausdruͤcklich unterſchieden, wie z. B. Boerhave, und Johann Friedrich Meyer, welcher Letztere es gar nicht fuͤr einfach, ſondern fuͤr eine Zuſammenſetzung aus Licht, fetter Saͤure, Erde und Waſſer annahm, welche in jedem Koͤrper, wenn er brennen ſolle, vorhanden ſeyn muͤſſe. Seit den letztern funfzehn Jahren haben die neuern Entdeckungen uͤber die verſchiedenen Gasarten in der Lehre vom Phlogiſton und der Verbrennung wichtige Veraͤnderungen veranlaſſet. Man hat gefunden, daß die atmoſphaͤriſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0467" xml:id="P.3.461" n="461"/><lb/> elementariſchen Erden unterſchied, ſ. <hi rendition="#b">Grundſtoffe.</hi> Aber den eigentlichen Grund der angenommenen Lehre vom Brennbaren legte <hi rendition="#b">Stahl</hi> (Zufaͤllige Gedanken und nuͤtzliche Bedenken uͤber den Streit von dem ſogenannten <hi rendition="#aq">Sulphure.</hi> Halle, 1718. 8. ingl. <hi rendition="#aq">Experimenta obſerv. animadv. CCC. Berol. 1731. 8.</hi>), der die Einheit dieſes Weſens uͤberzeugend darſtellte, es fuͤr das an eine zarte Erde gebundue Feuer erklaͤrte, und unter dem Namen <hi rendition="#b">Phlogiſton</hi> oder <hi rendition="#b">brennbarer Grundſtoff</hi> <hi rendition="#aq">(principium inflammabile)</hi> in die Chymie einfuͤhrte, in der es ſich ſeitdem immerfort behauptet hat.</p> <p>Da man es aber unmoͤglich fand, dieſen Grundſtof rein und von allen Verbindungen befreyt darzuſtellen und zu unterſuchen, ſo wurden die Begriffe, die man ſich von ihm machte, ungemein oft abgeaͤndert. Eine große Anzahl von Chymikern ſahe das Phlogiſton fuͤr nichts anders, als fuͤr das Feuer ſelbſt an, das nur in den Koͤrpern auf verſchiedene Art modificirt oder gebunden ſey, bey der Verbrennung aber frey werde. Dahin gehoͤren die Meinungen der Herren <hi rendition="#b">Pott, Wallerius, Weigel und Baume,</hi> die ich bey dem Worte <hi rendition="#b">Feuer</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 213.) angefuͤhrt habe, wozu man auch <hi rendition="#b">Henkels</hi> Behauptungen (<hi rendition="#aq">Flora Saturnizans,</hi> S. 375.) ſetzen kan, daß das Phlogiſton ein elementariſches, an einen zarten erdichten Grundſtof gebundenes, Feuer ſey. <hi rendition="#b">Macquer</hi> (Chymiſches Woͤrterbuch; Art. <hi rendition="#b">Brennbares</hi>) haͤlt die Lichtmaterie ſelbſt, wenn ſie frey iſt, fuͤr das reine elementariſche Feuer, und wenn ſie ein Beſtandtheil der Koͤrper geworden iſt, fuͤr fixes Feuer oder Phlogiſton. Andere hingegen haben das Brennbare vom Feuer ausdruͤcklich unterſchieden, wie z. <hi rendition="#b">B. Boerhave,</hi> und <hi rendition="#b">Johann Friedrich Meyer,</hi> welcher Letztere es gar nicht fuͤr einfach, ſondern fuͤr eine Zuſammenſetzung aus Licht, fetter Saͤure, Erde und Waſſer annahm, welche in jedem Koͤrper, wenn er brennen ſolle, vorhanden ſeyn muͤſſe.</p> <p>Seit den letztern funfzehn Jahren haben die neuern Entdeckungen uͤber die verſchiedenen Gasarten in der Lehre vom Phlogiſton und der Verbrennung wichtige Veraͤnderungen veranlaſſet. Man hat gefunden, daß die atmoſphaͤriſche<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [461/0467]
elementariſchen Erden unterſchied, ſ. Grundſtoffe. Aber den eigentlichen Grund der angenommenen Lehre vom Brennbaren legte Stahl (Zufaͤllige Gedanken und nuͤtzliche Bedenken uͤber den Streit von dem ſogenannten Sulphure. Halle, 1718. 8. ingl. Experimenta obſerv. animadv. CCC. Berol. 1731. 8.), der die Einheit dieſes Weſens uͤberzeugend darſtellte, es fuͤr das an eine zarte Erde gebundue Feuer erklaͤrte, und unter dem Namen Phlogiſton oder brennbarer Grundſtoff (principium inflammabile) in die Chymie einfuͤhrte, in der es ſich ſeitdem immerfort behauptet hat.
Da man es aber unmoͤglich fand, dieſen Grundſtof rein und von allen Verbindungen befreyt darzuſtellen und zu unterſuchen, ſo wurden die Begriffe, die man ſich von ihm machte, ungemein oft abgeaͤndert. Eine große Anzahl von Chymikern ſahe das Phlogiſton fuͤr nichts anders, als fuͤr das Feuer ſelbſt an, das nur in den Koͤrpern auf verſchiedene Art modificirt oder gebunden ſey, bey der Verbrennung aber frey werde. Dahin gehoͤren die Meinungen der Herren Pott, Wallerius, Weigel und Baume, die ich bey dem Worte Feuer (Th. II. S. 213.) angefuͤhrt habe, wozu man auch Henkels Behauptungen (Flora Saturnizans, S. 375.) ſetzen kan, daß das Phlogiſton ein elementariſches, an einen zarten erdichten Grundſtof gebundenes, Feuer ſey. Macquer (Chymiſches Woͤrterbuch; Art. Brennbares) haͤlt die Lichtmaterie ſelbſt, wenn ſie frey iſt, fuͤr das reine elementariſche Feuer, und wenn ſie ein Beſtandtheil der Koͤrper geworden iſt, fuͤr fixes Feuer oder Phlogiſton. Andere hingegen haben das Brennbare vom Feuer ausdruͤcklich unterſchieden, wie z. B. Boerhave, und Johann Friedrich Meyer, welcher Letztere es gar nicht fuͤr einfach, ſondern fuͤr eine Zuſammenſetzung aus Licht, fetter Saͤure, Erde und Waſſer annahm, welche in jedem Koͤrper, wenn er brennen ſolle, vorhanden ſeyn muͤſſe.
Seit den letztern funfzehn Jahren haben die neuern Entdeckungen uͤber die verſchiedenen Gasarten in der Lehre vom Phlogiſton und der Verbrennung wichtige Veraͤnderungen veranlaſſet. Man hat gefunden, daß die atmoſphaͤriſche
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