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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Ueberströmen der Elektricität, und diese Meinung verbreitete sich so allgemein, daß Priestley sagt, er glaube nicht, daß seitdem irgend Jemand an ihrer Wahrheit gezweifelt habe.

Die erste förmliche Theorie hierüber hat, so viel mir bekannt ist, Everhard (Hallische Intelligenzbogen ven 1758. Num. 49. und nachher in s. Vermischten Abhdl. aus der Naturl. rc. Halle, 1759. 8. Th. I. S. 130. u. f.) entworfen. Nach seiner Meinung sind die Sonnenstralen, die auf den obern Theil der kalten Polarluft fallen, noch nicht im Stande, dieselbe zu erwärmen; sie erschüttern sie nur und erregen ihre Elektricität, die sich in diesen Gegenden wegen der Kälte und Trockenheit vorzüglich stark zeigt. Eine auf ähnlichen Gründen beruhende Theorie hat der Abt Bertholon de St. Lazare, der jetzt fast die ganze Natur aus der Elektricität zu erklären sucht, der Akademie zu Montpellier im Jahre 1777 vorgelesen. Er geht von dem Grundsatze aus, daß man desto mehr Elektricität antreffe, je höher man im Luftkreise steigt. Seine Abhandlung findet man beym Kozier (Journal de phys. 1778.), woraus sie Herr Lichtenberg (Magazin für das Neuste aus der Physik, I. B. 1. St. S. 143. u. f.) im Auszuge mittheilt, und Anmerkungen beyfügt. Bertholon glaubt, das Licht sey desto heller, je stärker der Dunstkreis ableite: Herr L. aber bemerkt, wenn dies wäre, so müßte sich über jedem nächtlichen Gewitter oder Regen ein Nordlicht zeigen. Uebrigens glaubt Bertholon, daß die Stralen auf den hellen Bogen senkrecht herabschießen, und nur aus optischen Ursachen zu divergiren scheinen.

Franklin's eigne Muthmaßungen über die Ursache des Nordlichts (Rozier Journal de phys. Juin 1779. und in d. Sammlungen zur Physik und Naturgesch. II. B. 2. Stück, S. 249.) sind folgende. In den obern Gegenden des Dunstkreises strömt die erwärmte Luft der heißen und gemäßigten Zonen durch einen beständigen Luftzug nach den kältern Polarländern, und führt Wolken mit sich, welche Elektricität in die Gegend der Pole bringen. In den wärmern Ländern wird das, was von dieser Elektricität im Regen


Ueberſtroͤmen der Elektricitaͤt, und dieſe Meinung verbreitete ſich ſo allgemein, daß Prieſtley ſagt, er glaube nicht, daß ſeitdem irgend Jemand an ihrer Wahrheit gezweifelt habe.

Die erſte foͤrmliche Theorie hieruͤber hat, ſo viel mir bekannt iſt, Everhard (Halliſche Intelligenzbogen ven 1758. Num. 49. und nachher in ſ. Vermiſchten Abhdl. aus der Naturl. rc. Halle, 1759. 8. Th. I. S. 130. u. f.) entworfen. Nach ſeiner Meinung ſind die Sonnenſtralen, die auf den obern Theil der kalten Polarluft fallen, noch nicht im Stande, dieſelbe zu erwaͤrmen; ſie erſchuͤttern ſie nur und erregen ihre Elektricitaͤt, die ſich in dieſen Gegenden wegen der Kaͤlte und Trockenheit vorzuͤglich ſtark zeigt. Eine auf aͤhnlichen Gruͤnden beruhende Theorie hat der Abt Bertholon de St. Lazare, der jetzt faſt die ganze Natur aus der Elektricitaͤt zu erklaͤren ſucht, der Akademie zu Montpellier im Jahre 1777 vorgeleſen. Er geht von dem Grundſatze aus, daß man deſto mehr Elektricitaͤt antreffe, je hoͤher man im Luftkreiſe ſteigt. Seine Abhandlung findet man beym Kozier (Journal de phyſ. 1778.), woraus ſie Herr Lichtenberg (Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik, I. B. 1. St. S. 143. u. f.) im Auszuge mittheilt, und Anmerkungen beyfuͤgt. Bertholon glaubt, das Licht ſey deſto heller, je ſtaͤrker der Dunſtkreis ableite: Herr L. aber bemerkt, wenn dies waͤre, ſo muͤßte ſich uͤber jedem naͤchtlichen Gewitter oder Regen ein Nordlicht zeigen. Uebrigens glaubt Bertholon, daß die Stralen auf den hellen Bogen ſenkrecht herabſchießen, und nur aus optiſchen Urſachen zu divergiren ſcheinen.

Franklin's eigne Muthmaßungen uͤber die Urſache des Nordlichts (Rozier Journal de phyſ. Juin 1779. und in d. Sammlungen zur Phyſik und Naturgeſch. II. B. 2. Stuͤck, S. 249.) ſind folgende. In den obern Gegenden des Dunſtkreiſes ſtroͤmt die erwaͤrmte Luft der heißen und gemaͤßigten Zonen durch einen beſtaͤndigen Luftzug nach den kaͤltern Polarlaͤndern, und fuͤhrt Wolken mit ſich, welche Elektricitaͤt in die Gegend der Pole bringen. In den waͤrmern Laͤndern wird das, was von dieſer Elektricitaͤt im Regen

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[376/0382] Ueberſtroͤmen der Elektricitaͤt, und dieſe Meinung verbreitete ſich ſo allgemein, daß Prieſtley ſagt, er glaube nicht, daß ſeitdem irgend Jemand an ihrer Wahrheit gezweifelt habe. Die erſte foͤrmliche Theorie hieruͤber hat, ſo viel mir bekannt iſt, Everhard (Halliſche Intelligenzbogen ven 1758. Num. 49. und nachher in ſ. Vermiſchten Abhdl. aus der Naturl. rc. Halle, 1759. 8. Th. I. S. 130. u. f.) entworfen. Nach ſeiner Meinung ſind die Sonnenſtralen, die auf den obern Theil der kalten Polarluft fallen, noch nicht im Stande, dieſelbe zu erwaͤrmen; ſie erſchuͤttern ſie nur und erregen ihre Elektricitaͤt, die ſich in dieſen Gegenden wegen der Kaͤlte und Trockenheit vorzuͤglich ſtark zeigt. Eine auf aͤhnlichen Gruͤnden beruhende Theorie hat der Abt Bertholon de St. Lazare, der jetzt faſt die ganze Natur aus der Elektricitaͤt zu erklaͤren ſucht, der Akademie zu Montpellier im Jahre 1777 vorgeleſen. Er geht von dem Grundſatze aus, daß man deſto mehr Elektricitaͤt antreffe, je hoͤher man im Luftkreiſe ſteigt. Seine Abhandlung findet man beym Kozier (Journal de phyſ. 1778.), woraus ſie Herr Lichtenberg (Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik, I. B. 1. St. S. 143. u. f.) im Auszuge mittheilt, und Anmerkungen beyfuͤgt. Bertholon glaubt, das Licht ſey deſto heller, je ſtaͤrker der Dunſtkreis ableite: Herr L. aber bemerkt, wenn dies waͤre, ſo muͤßte ſich uͤber jedem naͤchtlichen Gewitter oder Regen ein Nordlicht zeigen. Uebrigens glaubt Bertholon, daß die Stralen auf den hellen Bogen ſenkrecht herabſchießen, und nur aus optiſchen Urſachen zu divergiren ſcheinen. Franklin's eigne Muthmaßungen uͤber die Urſache des Nordlichts (Rozier Journal de phyſ. Juin 1779. und in d. Sammlungen zur Phyſik und Naturgeſch. II. B. 2. Stuͤck, S. 249.) ſind folgende. In den obern Gegenden des Dunſtkreiſes ſtroͤmt die erwaͤrmte Luft der heißen und gemaͤßigten Zonen durch einen beſtaͤndigen Luftzug nach den kaͤltern Polarlaͤndern, und fuͤhrt Wolken mit ſich, welche Elektricitaͤt in die Gegend der Pole bringen. In den waͤrmern Laͤndern wird das, was von dieſer Elektricitaͤt im Regen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/382>, abgerufen am 22.11.2024.