Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


zu erklären, welche in den nördlichen Gegenden des Luftkreises bis auf eine große Höhe schweben, und das Licht der Sonne sowohl, als des Mondes, nicht blos ein-oder zweymal, sondern sehr vielmal, zurückwerfen sollen. Es fallen hiebey freylich einige der vorhin genannten Schwierigkeiten hinweg, z. B. die große Höhe, welche man aus den Parallaren geschlossen hat, da bey einer blos optischen Erscheinung, bey der jeder Zuschauer etwas anders sieht, die Methode der Parallaren gar nicht mehr anzuwenden ist; ferner der Einwurf, daß man Nordlichter sieht, wenn die Sonne 60° tief unter dem Horizonte und der Mond neuist, weil nach dieser Hypothese sehr viel Reflerionen vorgehen, und immer ein Eisblättchen dem andern den Sonnenstral zuwirft. Auch erklärt sich die Unterbrechung und Bewegung des Phänomens, da nicht immer Eisblättchen vorhanden sind, und die vorhandenen vom Winde mannigfaltig bewegt werden; und endlich die große Stärke des Lichts, da freylich platte Flächen leicht 1000mal mehr Licht auf einen Ort werfen können, als Kügelchen, woraus die Dünste und Wolken bestehen, und die das Licht zerstreuen. Allemal aber bleibt es noch unbegreiflich, daß gefrorne Eisblättchen so hoch im Luftkreise schweben sollen, als hiebey noch immer erfordert wird, und wie man durch sie die Firsterne sehen könne.

Halley (Philos. Trans. no. 347.) erklärt das Nordlicht vom Jahre 1716 für einen magnetischen Ausfluß aus den nördlichen Polen der Erde, der bey seinem Aussreigen dicht und sichtbar sey, gegen den Aequator hin sich zerstreue, und dann wieder sammle, um in die Südpole einzudringen. Er gründer sich vornehmlich darauf, daß damals die Abweichung des Bogens vom Mitternachtspunkte westlich, und fast der Abweichung der Magnetnadel gleich war. Man müßte doch, wenn dies die wahre Ursache wäre, eine entschiednere Verbindung zwischen Nordlicht und Magnetnadel wahrnehmen. Halley hat auch noch eine andere Erklärung in Bereitschaft. Nach ihm hat die Erde einen besondern Kern, und wir bewohnen die äußere Rinde, (s. Abweichung der Magnetnadel, Th. I. S. 27.).


zu erklaͤren, welche in den noͤrdlichen Gegenden des Luftkreiſes bis auf eine große Hoͤhe ſchweben, und das Licht der Sonne ſowohl, als des Mondes, nicht blos ein-oder zweymal, ſondern ſehr vielmal, zuruͤckwerfen ſollen. Es fallen hiebey freylich einige der vorhin genannten Schwierigkeiten hinweg, z. B. die große Hoͤhe, welche man aus den Parallaren geſchloſſen hat, da bey einer blos optiſchen Erſcheinung, bey der jeder Zuſchauer etwas anders ſieht, die Methode der Parallaren gar nicht mehr anzuwenden iſt; ferner der Einwurf, daß man Nordlichter ſieht, wenn die Sonne 60° tief unter dem Horizonte und der Mond neuiſt, weil nach dieſer Hypotheſe ſehr viel Reflerionen vorgehen, und immer ein Eisblaͤttchen dem andern den Sonnenſtral zuwirft. Auch erklaͤrt ſich die Unterbrechung und Bewegung des Phaͤnomens, da nicht immer Eisblaͤttchen vorhanden ſind, und die vorhandenen vom Winde mannigfaltig bewegt werden; und endlich die große Staͤrke des Lichts, da freylich platte Flaͤchen leicht 1000mal mehr Licht auf einen Ort werfen koͤnnen, als Kuͤgelchen, woraus die Duͤnſte und Wolken beſtehen, und die das Licht zerſtreuen. Allemal aber bleibt es noch unbegreiflich, daß gefrorne Eisblaͤttchen ſo hoch im Luftkreiſe ſchweben ſollen, als hiebey noch immer erfordert wird, und wie man durch ſie die Firſterne ſehen koͤnne.

Halley (Philoſ. Trans. no. 347.) erklaͤrt das Nordlicht vom Jahre 1716 fuͤr einen magnetiſchen Ausfluß aus den noͤrdlichen Polen der Erde, der bey ſeinem Auſſreigen dicht und ſichtbar ſey, gegen den Aequator hin ſich zerſtreue, und dann wieder ſammle, um in die Suͤdpole einzudringen. Er gruͤnder ſich vornehmlich darauf, daß damals die Abweichung des Bogens vom Mitternachtspunkte weſtlich, und faſt der Abweichung der Magnetnadel gleich war. Man muͤßte doch, wenn dies die wahre Urſache waͤre, eine entſchiednere Verbindung zwiſchen Nordlicht und Magnetnadel wahrnehmen. Halley hat auch noch eine andere Erklaͤrung in Bereitſchaft. Nach ihm hat die Erde einen beſondern Kern, und wir bewohnen die aͤußere Rinde, (ſ. Abweichung der Magnetnadel, Th. I. S. 27.).

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0378" xml:id="P.3.372" n="372"/><lb/>
zu erkla&#x0364;ren, welche in den no&#x0364;rdlichen Gegenden des Luftkrei&#x017F;es bis auf eine große Ho&#x0364;he &#x017F;chweben, und das Licht der Sonne &#x017F;owohl, als des Mondes, nicht blos ein-oder zweymal, &#x017F;ondern &#x017F;ehr vielmal, zuru&#x0364;ckwerfen &#x017F;ollen. Es fallen hiebey freylich einige der vorhin genannten Schwierigkeiten hinweg, z. B. die große Ho&#x0364;he, welche man aus den Parallaren ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en hat, da bey einer blos opti&#x017F;chen Er&#x017F;cheinung, bey der jeder Zu&#x017F;chauer etwas anders &#x017F;ieht, die Methode der Parallaren gar nicht mehr anzuwenden i&#x017F;t; ferner der Einwurf, daß man Nordlichter &#x017F;ieht, wenn die Sonne 60° tief unter dem Horizonte und der Mond neui&#x017F;t, weil nach die&#x017F;er Hypothe&#x017F;e &#x017F;ehr viel Reflerionen vorgehen, und immer ein Eisbla&#x0364;ttchen dem andern den Sonnen&#x017F;tral zuwirft. Auch erkla&#x0364;rt &#x017F;ich die Unterbrechung und Bewegung des Pha&#x0364;nomens, da nicht immer Eisbla&#x0364;ttchen vorhanden &#x017F;ind, und die vorhandenen vom Winde mannigfaltig bewegt werden; und endlich die große Sta&#x0364;rke des Lichts, da freylich platte Fla&#x0364;chen leicht 1000mal mehr Licht auf einen Ort werfen ko&#x0364;nnen, als Ku&#x0364;gelchen, woraus die Du&#x0364;n&#x017F;te und Wolken be&#x017F;tehen, und die das Licht zer&#x017F;treuen. Allemal aber bleibt es noch unbegreiflich, daß gefrorne Eisbla&#x0364;ttchen &#x017F;o hoch im Luftkrei&#x017F;e &#x017F;chweben &#x017F;ollen, als hiebey noch immer erfordert wird, und wie man durch &#x017F;ie die Fir&#x017F;terne &#x017F;ehen ko&#x0364;nne.</p>
            <p><hi rendition="#b">Halley</hi><hi rendition="#aq">(Philo&#x017F;. Trans. no. 347.)</hi> erkla&#x0364;rt das Nordlicht vom Jahre 1716 fu&#x0364;r einen magneti&#x017F;chen Ausfluß aus den no&#x0364;rdlichen Polen der Erde, der bey &#x017F;einem Au&#x017F;&#x017F;reigen dicht und &#x017F;ichtbar &#x017F;ey, gegen den Aequator hin &#x017F;ich zer&#x017F;treue, und dann wieder &#x017F;ammle, um in die Su&#x0364;dpole einzudringen. Er gru&#x0364;nder &#x017F;ich vornehmlich darauf, daß damals die Abweichung des Bogens vom Mitternachtspunkte we&#x017F;tlich, und fa&#x017F;t der Abweichung der Magnetnadel gleich war. Man mu&#x0364;ßte doch, wenn dies die wahre Ur&#x017F;ache wa&#x0364;re, eine ent&#x017F;chiednere Verbindung zwi&#x017F;chen Nordlicht und Magnetnadel wahrnehmen. <hi rendition="#b">Halley</hi> hat auch noch eine andere Erkla&#x0364;rung in Bereit&#x017F;chaft. Nach ihm hat die Erde einen be&#x017F;ondern Kern, und wir bewohnen die a&#x0364;ußere Rinde, (&#x017F;. <hi rendition="#b">Abweichung der Magnetnadel,</hi> Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 27.).<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[372/0378] zu erklaͤren, welche in den noͤrdlichen Gegenden des Luftkreiſes bis auf eine große Hoͤhe ſchweben, und das Licht der Sonne ſowohl, als des Mondes, nicht blos ein-oder zweymal, ſondern ſehr vielmal, zuruͤckwerfen ſollen. Es fallen hiebey freylich einige der vorhin genannten Schwierigkeiten hinweg, z. B. die große Hoͤhe, welche man aus den Parallaren geſchloſſen hat, da bey einer blos optiſchen Erſcheinung, bey der jeder Zuſchauer etwas anders ſieht, die Methode der Parallaren gar nicht mehr anzuwenden iſt; ferner der Einwurf, daß man Nordlichter ſieht, wenn die Sonne 60° tief unter dem Horizonte und der Mond neuiſt, weil nach dieſer Hypotheſe ſehr viel Reflerionen vorgehen, und immer ein Eisblaͤttchen dem andern den Sonnenſtral zuwirft. Auch erklaͤrt ſich die Unterbrechung und Bewegung des Phaͤnomens, da nicht immer Eisblaͤttchen vorhanden ſind, und die vorhandenen vom Winde mannigfaltig bewegt werden; und endlich die große Staͤrke des Lichts, da freylich platte Flaͤchen leicht 1000mal mehr Licht auf einen Ort werfen koͤnnen, als Kuͤgelchen, woraus die Duͤnſte und Wolken beſtehen, und die das Licht zerſtreuen. Allemal aber bleibt es noch unbegreiflich, daß gefrorne Eisblaͤttchen ſo hoch im Luftkreiſe ſchweben ſollen, als hiebey noch immer erfordert wird, und wie man durch ſie die Firſterne ſehen koͤnne. Halley (Philoſ. Trans. no. 347.) erklaͤrt das Nordlicht vom Jahre 1716 fuͤr einen magnetiſchen Ausfluß aus den noͤrdlichen Polen der Erde, der bey ſeinem Auſſreigen dicht und ſichtbar ſey, gegen den Aequator hin ſich zerſtreue, und dann wieder ſammle, um in die Suͤdpole einzudringen. Er gruͤnder ſich vornehmlich darauf, daß damals die Abweichung des Bogens vom Mitternachtspunkte weſtlich, und faſt der Abweichung der Magnetnadel gleich war. Man muͤßte doch, wenn dies die wahre Urſache waͤre, eine entſchiednere Verbindung zwiſchen Nordlicht und Magnetnadel wahrnehmen. Halley hat auch noch eine andere Erklaͤrung in Bereitſchaft. Nach ihm hat die Erde einen beſondern Kern, und wir bewohnen die aͤußere Rinde, (ſ. Abweichung der Magnetnadel, Th. I. S. 27.).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/378
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/378>, abgerufen am 22.11.2024.