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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Deutlichkeit und Bestimmtheit der Begriffe verlohren. Man muß sich daher hüten, sinnreiche Einfälle dieser Art für allgemeine Principia zu halten, woraus sich etwa die ganze Natur erklären und enthüllen lasse. Noch weniger kan man die aus solchen Principien hergeleiteten Erklärungen der speciellen Naturgesetze für physikalische Demonstrationen derselben gelten lassen, da überhaupt die Naturgesetze nichts über wirkende Ursache und Mechanismus lehren und anders nicht, als durch Erfahrung und Induction, erwiesen werden können. Im übrigen kan es wohl seyn, daß die Welt nach einem sehr einfachen Plane, vielleicht nach einem einzigen allgemeinen Grundgesetze, geordnet ist; nur möchte es wohl dem Menschen noch nicht vergönnt seyn, in diesen Plan mit gehöriger Deutlichkeit so tiefe Blicke zu thun, und das Universalgesetz mit Bestimmtheit anzugeben.

Naturlehre, s. Physik.

Nebel, Nebulae, Brouillards.

So nennt man die sichtbaren Dünste in der Nähe der Erdfläche. In höhern Stellen des Luftkreises werden sie Wolken genennt. Beydes sind Anhäufungen von Dunstbläschen oder blasenförmigen Dünsten, s. Dünste, welche der Luft ihre Durchsichtigkeit benehmen und dadurch selbst sichtbar werden. Nebel und Wolken unterscheiden sich blos durch die Stelle, welche sie im Luftkreise einnehmen, und man kan die Nebel sehr richtig niedrigschwebende Wolken nennen. Ich will daher über das, was ihre Entstehung und Natur betrift, auf den Artikel: Wolken verweisen, und hier blos einige Bemerkungen über die Nebel insbesondere mittheilen.

Wenn man mit Le Roi, de Saussüre, und den meisten jetzigen Naturforschern, die Ausdünstung als eine Auflösung des Wassers in der Luft betrachtet, so ist es natürlich, die Nebel als einen Niederschlag aus <*>ser Auflösung anzusehen. Da nun ein Niederschlag voraussetzt, daß die Luft mit Wasser gesättigt sey, so können eigentliche Nebel nie anders, als bey dem äußersten Grade der Feuchtigkeit der Luft entstehen, den auch das dem Nebel ausgesetzte Hygrometer allezeit anzeigt. Wird durch zunehmende Wärme


Deutlichkeit und Beſtimmtheit der Begriffe verlohren. Man muß ſich daher huͤten, ſinnreiche Einfaͤlle dieſer Art fuͤr allgemeine Principia zu halten, woraus ſich etwa die ganze Natur erklaͤren und enthuͤllen laſſe. Noch weniger kan man die aus ſolchen Principien hergeleiteten Erklaͤrungen der ſpeciellen Naturgeſetze fuͤr phyſikaliſche Demonſtrationen derſelben gelten laſſen, da uͤberhaupt die Naturgeſetze nichts uͤber wirkende Urſache und Mechanismus lehren und anders nicht, als durch Erfahrung und Induction, erwieſen werden koͤnnen. Im uͤbrigen kan es wohl ſeyn, daß die Welt nach einem ſehr einfachen Plane, vielleicht nach einem einzigen allgemeinen Grundgeſetze, geordnet iſt; nur moͤchte es wohl dem Menſchen noch nicht vergoͤnnt ſeyn, in dieſen Plan mit gehoͤriger Deutlichkeit ſo tiefe Blicke zu thun, und das Univerſalgeſetz mit Beſtimmtheit anzugeben.

Naturlehre, ſ. Phyſik.

Nebel, Nebulae, Brouillards.

So nennt man die ſichtbaren Duͤnſte in der Naͤhe der Erdflaͤche. In hoͤhern Stellen des Luftkreiſes werden ſie Wolken genennt. Beydes ſind Anhaͤufungen von Dunſtblaͤschen oder blaſenfoͤrmigen Duͤnſten, ſ. Duͤnſte, welche der Luft ihre Durchſichtigkeit benehmen und dadurch ſelbſt ſichtbar werden. Nebel und Wolken unterſcheiden ſich blos durch die Stelle, welche ſie im Luftkreiſe einnehmen, und man kan die Nebel ſehr richtig niedrigſchwebende Wolken nennen. Ich will daher uͤber das, was ihre Entſtehung und Natur betrift, auf den Artikel: Wolken verweiſen, und hier blos einige Bemerkungen uͤber die Nebel insbeſondere mittheilen.

Wenn man mit Le Roi, de Sauſſuͤre, und den meiſten jetzigen Naturforſchern, die Ausduͤnſtung als eine Aufloͤſung des Waſſers in der Luft betrachtet, ſo iſt es natuͤrlich, die Nebel als einen Niederſchlag aus <*>ſer Aufloͤſung anzuſehen. Da nun ein Niederſchlag vorausſetzt, daß die Luft mit Waſſer geſaͤttigt ſey, ſo koͤnnen eigentliche Nebel nie anders, als bey dem aͤußerſten Grade der Feuchtigkeit der Luft entſtehen, den auch das dem Nebel ausgeſetzte Hygrometer allezeit anzeigt. Wird durch zunehmende Waͤrme

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[326/0332] Deutlichkeit und Beſtimmtheit der Begriffe verlohren. Man muß ſich daher huͤten, ſinnreiche Einfaͤlle dieſer Art fuͤr allgemeine Principia zu halten, woraus ſich etwa die ganze Natur erklaͤren und enthuͤllen laſſe. Noch weniger kan man die aus ſolchen Principien hergeleiteten Erklaͤrungen der ſpeciellen Naturgeſetze fuͤr phyſikaliſche Demonſtrationen derſelben gelten laſſen, da uͤberhaupt die Naturgeſetze nichts uͤber wirkende Urſache und Mechanismus lehren und anders nicht, als durch Erfahrung und Induction, erwieſen werden koͤnnen. Im uͤbrigen kan es wohl ſeyn, daß die Welt nach einem ſehr einfachen Plane, vielleicht nach einem einzigen allgemeinen Grundgeſetze, geordnet iſt; nur moͤchte es wohl dem Menſchen noch nicht vergoͤnnt ſeyn, in dieſen Plan mit gehoͤriger Deutlichkeit ſo tiefe Blicke zu thun, und das Univerſalgeſetz mit Beſtimmtheit anzugeben. Naturlehre, ſ. Phyſik. Nebel, Nebulae, Brouillards. So nennt man die ſichtbaren Duͤnſte in der Naͤhe der Erdflaͤche. In hoͤhern Stellen des Luftkreiſes werden ſie Wolken genennt. Beydes ſind Anhaͤufungen von Dunſtblaͤschen oder blaſenfoͤrmigen Duͤnſten, ſ. Duͤnſte, welche der Luft ihre Durchſichtigkeit benehmen und dadurch ſelbſt ſichtbar werden. Nebel und Wolken unterſcheiden ſich blos durch die Stelle, welche ſie im Luftkreiſe einnehmen, und man kan die Nebel ſehr richtig niedrigſchwebende Wolken nennen. Ich will daher uͤber das, was ihre Entſtehung und Natur betrift, auf den Artikel: Wolken verweiſen, und hier blos einige Bemerkungen uͤber die Nebel insbeſondere mittheilen. Wenn man mit Le Roi, de Sauſſuͤre, und den meiſten jetzigen Naturforſchern, die Ausduͤnſtung als eine Aufloͤſung des Waſſers in der Luft betrachtet, ſo iſt es natuͤrlich, die Nebel als einen Niederſchlag aus <*>ſer Aufloͤſung anzuſehen. Da nun ein Niederſchlag vorausſetzt, daß die Luft mit Waſſer geſaͤttigt ſey, ſo koͤnnen eigentliche Nebel nie anders, als bey dem aͤußerſten Grade der Feuchtigkeit der Luft entſtehen, den auch das dem Nebel ausgeſetzte Hygrometer allezeit anzeigt. Wird durch zunehmende Waͤrme

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/332>, abgerufen am 22.11.2024.