Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Das Meerwasser hat einen salzigen und zugleich bittern Gefchmack, und mehr eigenthümliches Gewicht, als das süße Wasser. Nach dem Aequator zu ist es am schärfsten, nach den Polen weniger gesalzen: auch ist es in der Tiefe salziger und bitterer, als oben. Bergmann hat über diesen Salzgehalt viele Versuche gesammelt, welche aber so weit von einander abweichen, daß ich kein Mittel daraus zu ziehen wage. Es ist auch der Grad der Salzigkeit an einerley Orte veränderlich. Marsigli legt dem mittelländischen Meere 1 Loth, andere 2, 3, bis 4 Loth Salz aufs Pfund bey. Ueberhaupt aber ist es noch weit entfernt, von Salz gesättigt zu seyn, und weit schwächer als die Solen, welche zum Salzsieden gebraucht werden. Dennoch erhält man, besonders in Frankrelch und Holland, durch Abdünsten Kochsal; aus dem Seewasser, welches insgemein Boysalz genannt wird, von dessen Bereitung Gaubius (De aqua maris septemtrionalis orae belgicae, in s. Adversariis, p. 1.) und Bergmann (De aqua pelagica, in Opusc. Vol. I. S. 179.) handeln. Den Grund der Bitterkeit suchte man ehedem in einem beygemischten Erdharze oder Bergfette, welches Marsigli von den im Grunde befindlichen Steinkohlen berleitete, und sogar den Geschmack des Seervassers durch 46 1/2 Loth Wasser, 1 1/2 Loth Kochsalz und 48 Gran flüchtigen Steinkohlengeist nachzuahmen suchte. Aus diesem Grunde hielt man es auch für unmöglich, ihm diese Bitterkeit ohne Zusatz einer fremden Materie zu benehmen. Allein Bergmann und Macquer (Chym. Wörterb. Art.: Seewasser) haben
Das Meerwaſſer hat einen ſalzigen und zugleich bittern Gefchmack, und mehr eigenthuͤmliches Gewicht, als das ſuͤße Waſſer. Nach dem Aequator zu iſt es am ſchaͤrfſten, nach den Polen weniger geſalzen: auch iſt es in der Tiefe ſalziger und bitterer, als oben. Bergmann hat uͤber dieſen Salzgehalt viele Verſuche geſammelt, welche aber ſo weit von einander abweichen, daß ich kein Mittel daraus zu ziehen wage. Es iſt auch der Grad der Salzigkeit an einerley Orte veraͤnderlich. Marſigli legt dem mittellaͤndiſchen Meere 1 Loth, andere 2, 3, bis 4 Loth Salz aufs Pfund bey. Ueberhaupt aber iſt es noch weit entfernt, von Salz geſaͤttigt zu ſeyn, und weit ſchwaͤcher als die Solen, welche zum Salzſieden gebraucht werden. Dennoch erhaͤlt man, beſonders in Frankrelch und Holland, durch Abduͤnſten Kochſal; aus dem Seewaſſer, welches insgemein Boyſalz genannt wird, von deſſen Bereitung Gaubius (De aqua maris ſeptemtrionalis orae belgicae, in ſ. Adverſariis, p. 1.) und Bergmann (De aqua pelagica, in Opuſc. Vol. I. S. 179.) handeln. Den Grund der Bitterkeit ſuchte man ehedem in einem beygemiſchten Erdharze oder Bergfette, welches Marſigli von den im Grunde befindlichen Steinkohlen berleitete, und ſogar den Geſchmack des Seervaſſers durch 46 1/2 Loth Waſſer, 1 1/2 Loth Kochſalz und 48 Gran fluͤchtigen Steinkohlengeiſt nachzuahmen ſuchte. Aus dieſem Grunde hielt man es auch fuͤr unmoͤglich, ihm dieſe Bitterkeit ohne Zuſatz einer fremden Materie zu benehmen. Allein Bergmann und Macquer (Chym. Woͤrterb. Art.: Seewaſſer) haben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0184" xml:id="P.3.178" n="178"/><lb/> Regel, daß die Ungleichheiten des Meergrunds mit denen auf den angrenzenden Kuͤſten uͤbereinſtimmen. Dem zufolge muͤßte das Weltmeer gegen den Chimboraço in Suͤdamerika am tiefſten, gegen die oͤſtliche Seite von Aſien ſeichter, und das mittellaͤndiſche gegen den weitgeſtreckten Atlus ſeichter, gegen die Pyrenaͤen tiefer ſeyn. Auch giebt <hi rendition="#b">Marſiglidie Tieſe</hi> des Meers an den franzoͤſiſchen Kuͤſten ſehr groß, und bis auf 1500 Toiſen an. <hi rendition="#b">Forſter</hi> aber bemerkt, daß im Suͤdmeere ſehr haͤufige Ausnahmen von dieſer Regel vorkommen.</p> <p>Das <hi rendition="#b">Meerwaſſer</hi> hat einen <hi rendition="#b">ſalzigen</hi> und zugleich <hi rendition="#b">bittern</hi> Gefchmack, und mehr eigenthuͤmliches Gewicht, als das ſuͤße Waſſer. Nach dem Aequator zu iſt es am ſchaͤrfſten, nach den Polen weniger geſalzen: auch iſt es in der Tiefe ſalziger und bitterer, als oben. <hi rendition="#b">Bergmann</hi> hat uͤber dieſen Salzgehalt viele Verſuche geſammelt, welche aber ſo weit von einander abweichen, daß ich kein Mittel daraus zu ziehen wage. Es iſt auch der Grad der Salzigkeit an einerley Orte veraͤnderlich. <hi rendition="#b">Marſigli</hi> legt dem mittellaͤndiſchen Meere 1 Loth, andere 2, 3, bis 4 Loth Salz aufs Pfund bey. Ueberhaupt aber iſt es noch weit entfernt, von Salz geſaͤttigt zu ſeyn, und weit ſchwaͤcher als die Solen, welche zum Salzſieden gebraucht werden. Dennoch erhaͤlt man, beſonders in Frankrelch und Holland, durch Abduͤnſten Kochſal; aus dem Seewaſſer, welches insgemein <hi rendition="#b">Boyſalz</hi> genannt wird, von deſſen Bereitung <hi rendition="#b">Gaubius</hi> <hi rendition="#aq">(De aqua maris ſeptemtrionalis orae belgicae, in ſ. Adverſariis, p. 1.)</hi> und <hi rendition="#b">Bergmann</hi> (<hi rendition="#aq">De aqua pelagica, in Opuſc. Vol. I.</hi> S. 179.) handeln.</p> <p>Den Grund der Bitterkeit ſuchte man ehedem in einem beygemiſchten Erdharze oder Bergfette, welches <hi rendition="#b">Marſigli</hi> von den im Grunde befindlichen Steinkohlen berleitete, und ſogar den Geſchmack des Seervaſſers durch 46 1/2 Loth Waſſer, 1 1/2 Loth Kochſalz und 48 Gran fluͤchtigen Steinkohlengeiſt nachzuahmen ſuchte. Aus dieſem Grunde hielt man es auch fuͤr unmoͤglich, ihm dieſe Bitterkeit ohne Zuſatz einer fremden Materie zu benehmen. Allein <hi rendition="#b">Bergmann</hi> und <hi rendition="#b">Macquer</hi> (Chym. Woͤrterb. Art.: <hi rendition="#b">Seewaſſer</hi>) haben<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [178/0184]
Regel, daß die Ungleichheiten des Meergrunds mit denen auf den angrenzenden Kuͤſten uͤbereinſtimmen. Dem zufolge muͤßte das Weltmeer gegen den Chimboraço in Suͤdamerika am tiefſten, gegen die oͤſtliche Seite von Aſien ſeichter, und das mittellaͤndiſche gegen den weitgeſtreckten Atlus ſeichter, gegen die Pyrenaͤen tiefer ſeyn. Auch giebt Marſiglidie Tieſe des Meers an den franzoͤſiſchen Kuͤſten ſehr groß, und bis auf 1500 Toiſen an. Forſter aber bemerkt, daß im Suͤdmeere ſehr haͤufige Ausnahmen von dieſer Regel vorkommen.
Das Meerwaſſer hat einen ſalzigen und zugleich bittern Gefchmack, und mehr eigenthuͤmliches Gewicht, als das ſuͤße Waſſer. Nach dem Aequator zu iſt es am ſchaͤrfſten, nach den Polen weniger geſalzen: auch iſt es in der Tiefe ſalziger und bitterer, als oben. Bergmann hat uͤber dieſen Salzgehalt viele Verſuche geſammelt, welche aber ſo weit von einander abweichen, daß ich kein Mittel daraus zu ziehen wage. Es iſt auch der Grad der Salzigkeit an einerley Orte veraͤnderlich. Marſigli legt dem mittellaͤndiſchen Meere 1 Loth, andere 2, 3, bis 4 Loth Salz aufs Pfund bey. Ueberhaupt aber iſt es noch weit entfernt, von Salz geſaͤttigt zu ſeyn, und weit ſchwaͤcher als die Solen, welche zum Salzſieden gebraucht werden. Dennoch erhaͤlt man, beſonders in Frankrelch und Holland, durch Abduͤnſten Kochſal; aus dem Seewaſſer, welches insgemein Boyſalz genannt wird, von deſſen Bereitung Gaubius (De aqua maris ſeptemtrionalis orae belgicae, in ſ. Adverſariis, p. 1.) und Bergmann (De aqua pelagica, in Opuſc. Vol. I. S. 179.) handeln.
Den Grund der Bitterkeit ſuchte man ehedem in einem beygemiſchten Erdharze oder Bergfette, welches Marſigli von den im Grunde befindlichen Steinkohlen berleitete, und ſogar den Geſchmack des Seervaſſers durch 46 1/2 Loth Waſſer, 1 1/2 Loth Kochſalz und 48 Gran fluͤchtigen Steinkohlengeiſt nachzuahmen ſuchte. Aus dieſem Grunde hielt man es auch fuͤr unmoͤglich, ihm dieſe Bitterkeit ohne Zuſatz einer fremden Materie zu benehmen. Allein Bergmann und Macquer (Chym. Woͤrterb. Art.: Seewaſſer) haben
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