Kräfte, in deren Wirkungsraum er kömmt, zu überwinden, so kan er durch jeden Körper dringen. Auf diese Art kreuzen und durchdringen sich blos Kräfte, deren (schon nach den Vorstellungen der Mechanik) mehrere zugleich an einem Orte vorhanden seyn, und sich das Gleichgewicht halten, oder einander überwinden können, ohne daß Jemand dabey eine Schwierigkeit findet. So löset sich das Phänomen der Undurchdringlichkeit in den Begrif einer starken Zurückstoßungskraft auf. Boscovich wendet auf diese Kräfte die Lehren der Dynamik an, und zeigt, daß seine Theorie mit keinem Gesetze der Mechanik und mit keiner physikalischen Entdeckung streite, daß sie vielmehr eine Menge Erscheinungen, besonders an dem Lichte und den durchsichtigen Körpern, leichter, als irgend eine andere Hypothese, erkläre. Dennoch sollen sich die physikalischen Punkte selbst, oder die Substanzen, worinn die Kräfte sind, nicht durchdringen können.
Priestley, der schon in seiner Geschichte der Optik diese Meinung mit Beyfall erwähnt, und erzählt, daß sein Freund Michell bereits in jüngern Jahren auf eben diese Idee gekommen sey, hat nachher in einem eignen Werke (Disquisitions relating to Matter and Spirit. Lond. 1778. 8.) den Gedanken auszuführen gesucht, daß die Materie aus nichts weiter bestehe, als aus Repulsionen und Attractionen, die sich auf gewisse mathematische Punkte im Raume bezögen. Er spricht also der Materie die Undurchdringlichkeit und Trägheit ab, und glaubt sie dadurch zu veredeln, und der Natur der geistigen Substanz näher zu bringen. Aber auf eine ganz sonderbare Weise wender er dieses System zur Vertheidigung des Materialismus an, indem er meint, die Seele lasse sich ganz wohl aus seiner veredelten Materie erklären, welche blos aus Kräften bestehe, und also wohl auch die Kraft zu denken und zu empfinden haben könne. Er treibt das Paradore hiebey so weit, daß er sogar die Einheit und Untheilbarkeit des empfindenden Wesens läugnet.
Kraͤfte, in deren Wirkungsraum er koͤmmt, zu uͤberwinden, ſo kan er durch jeden Koͤrper dringen. Auf dieſe Art kreuzen und durchdringen ſich blos Kraͤfte, deren (ſchon nach den Vorſtellungen der Mechanik) mehrere zugleich an einem Orte vorhanden ſeyn, und ſich das Gleichgewicht halten, oder einander uͤberwinden koͤnnen, ohne daß Jemand dabey eine Schwierigkeit findet. So loͤſet ſich das Phaͤnomen der Undurchdringlichkeit in den Begrif einer ſtarken Zuruͤckſtoßungskraft auf. Boſcovich wendet auf dieſe Kraͤfte die Lehren der Dynamik an, und zeigt, daß ſeine Theorie mit keinem Geſetze der Mechanik und mit keiner phyſikaliſchen Entdeckung ſtreite, daß ſie vielmehr eine Menge Erſcheinungen, beſonders an dem Lichte und den durchſichtigen Koͤrpern, leichter, als irgend eine andere Hypotheſe, erklaͤre. Dennoch ſollen ſich die phyſikaliſchen Punkte ſelbſt, oder die Subſtanzen, worinn die Kraͤfte ſind, nicht durchdringen koͤnnen.
Prieſtley, der ſchon in ſeiner Geſchichte der Optik dieſe Meinung mit Beyfall erwaͤhnt, und erzaͤhlt, daß ſein Freund Michell bereits in juͤngern Jahren auf eben dieſe Idee gekommen ſey, hat nachher in einem eignen Werke (Disquiſitions relating to Matter and Spirit. Lond. 1778. 8.) den Gedanken auszufuͤhren geſucht, daß die Materie aus nichts weiter beſtehe, als aus Repulſionen und Attractionen, die ſich auf gewiſſe mathematiſche Punkte im Raume bezoͤgen. Er ſpricht alſo der Materie die Undurchdringlichkeit und Traͤgheit ab, und glaubt ſie dadurch zu veredeln, und der Natur der geiſtigen Subſtanz naͤher zu bringen. Aber auf eine ganz ſonderbare Weiſe wender er dieſes Syſtem zur Vertheidigung des Materialismus an, indem er meint, die Seele laſſe ſich ganz wohl aus ſeiner veredelten Materie erklaͤren, welche blos aus Kraͤften beſtehe, und alſo wohl auch die Kraft zu denken und zu empfinden haben koͤnne. Er treibt das Paradore hiebey ſo weit, daß er ſogar die Einheit und Untheilbarkeit des empfindenden Weſens laͤugnet.
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Kraͤfte, in deren Wirkungsraum er koͤmmt, zu uͤberwinden, ſo kan er durch jeden Koͤrper dringen. Auf dieſe Art kreuzen und durchdringen ſich blos Kraͤfte, deren (ſchon nach den Vorſtellungen der Mechanik) mehrere zugleich an einem Orte vorhanden ſeyn, und ſich das Gleichgewicht halten, oder einander uͤberwinden koͤnnen, ohne daß Jemand dabey eine Schwierigkeit findet. So loͤſet ſich das Phaͤnomen der Undurchdringlichkeit in den Begrif einer ſtarken Zuruͤckſtoßungskraft auf. Boſcovich wendet auf dieſe Kraͤfte die Lehren der Dynamik an, und zeigt, daß ſeine Theorie mit keinem Geſetze der Mechanik und mit keiner phyſikaliſchen Entdeckung ſtreite, daß ſie vielmehr eine Menge Erſcheinungen, beſonders an dem Lichte und den durchſichtigen Koͤrpern, leichter, als irgend eine andere Hypotheſe, erklaͤre. Dennoch ſollen ſich die phyſikaliſchen Punkte ſelbſt, oder die Subſtanzen, worinn die Kraͤfte ſind, nicht durchdringen koͤnnen.</p><p><hirendition="#b">Prieſtley,</hi> der ſchon in ſeiner Geſchichte der Optik dieſe Meinung mit Beyfall erwaͤhnt, und erzaͤhlt, daß ſein Freund <hirendition="#b">Michell</hi> bereits in juͤngern Jahren auf eben dieſe Idee gekommen ſey, hat nachher in einem eignen Werke <hirendition="#aq">(Disquiſitions relating to Matter and Spirit. Lond. 1778. 8.)</hi> den Gedanken auszufuͤhren geſucht, daß die Materie aus nichts weiter beſtehe, als aus <hirendition="#b">Repulſionen</hi> und <hirendition="#b">Attractionen,</hi> die ſich auf gewiſſe <hirendition="#b">mathematiſche Punkte</hi> im Raume bezoͤgen. Er ſpricht alſo der Materie die Undurchdringlichkeit und Traͤgheit ab, und glaubt ſie dadurch zu veredeln, und der Natur der geiſtigen Subſtanz naͤher zu bringen. Aber auf eine ganz ſonderbare Weiſe wender er dieſes Syſtem zur Vertheidigung des Materialismus an, indem er meint, die Seele laſſe ſich ganz wohl aus ſeiner veredelten Materie erklaͤren, welche blos aus Kraͤften beſtehe, und alſo wohl auch die Kraft zu denken und zu empfinden haben koͤnne. Er treibt das Paradore hiebey ſo weit, daß er ſogar die Einheit und Untheilbarkeit des empfindenden Weſens laͤugnet.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Kraͤfte, in deren Wirkungsraum er koͤmmt, zu uͤberwinden, ſo kan er durch jeden Koͤrper dringen. Auf dieſe Art kreuzen und durchdringen ſich blos Kraͤfte, deren (ſchon nach den Vorſtellungen der Mechanik) mehrere zugleich an einem Orte vorhanden ſeyn, und ſich das Gleichgewicht halten, oder einander uͤberwinden koͤnnen, ohne daß Jemand dabey eine Schwierigkeit findet. So loͤſet ſich das Phaͤnomen der Undurchdringlichkeit in den Begrif einer ſtarken Zuruͤckſtoßungskraft auf. Boſcovich wendet auf dieſe Kraͤfte die Lehren der Dynamik an, und zeigt, daß ſeine Theorie mit keinem Geſetze der Mechanik und mit keiner phyſikaliſchen Entdeckung ſtreite, daß ſie vielmehr eine Menge Erſcheinungen, beſonders an dem Lichte und den durchſichtigen Koͤrpern, leichter, als irgend eine andere Hypotheſe, erklaͤre. Dennoch ſollen ſich die phyſikaliſchen Punkte ſelbſt, oder die Subſtanzen, worinn die Kraͤfte ſind, nicht durchdringen koͤnnen.
Prieſtley, der ſchon in ſeiner Geſchichte der Optik dieſe Meinung mit Beyfall erwaͤhnt, und erzaͤhlt, daß ſein Freund Michell bereits in juͤngern Jahren auf eben dieſe Idee gekommen ſey, hat nachher in einem eignen Werke (Disquiſitions relating to Matter and Spirit. Lond. 1778. 8.) den Gedanken auszufuͤhren geſucht, daß die Materie aus nichts weiter beſtehe, als aus Repulſionen und Attractionen, die ſich auf gewiſſe mathematiſche Punkte im Raume bezoͤgen. Er ſpricht alſo der Materie die Undurchdringlichkeit und Traͤgheit ab, und glaubt ſie dadurch zu veredeln, und der Natur der geiſtigen Subſtanz naͤher zu bringen. Aber auf eine ganz ſonderbare Weiſe wender er dieſes Syſtem zur Vertheidigung des Materialismus an, indem er meint, die Seele laſſe ſich ganz wohl aus ſeiner veredelten Materie erklaͤren, welche blos aus Kraͤften beſtehe, und alſo wohl auch die Kraft zu denken und zu empfinden haben koͤnne. Er treibt das Paradore hiebey ſo weit, daß er ſogar die Einheit und Untheilbarkeit des empfindenden Weſens laͤugnet.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/161>, abgerufen am 24.11.2024.
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