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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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seitdem einen ansehnlichen Theil der angewandten Mathematik ausmacht, und zu den mechanischen Wissenschaften gerechnet wird, s. Aerometrie. Wirkung des Drucks auf Dichte und Federkraft der Luft. Mariottisches Gesetz.

Die absolute Elasticität der Luft muß im Zustande der Ruhe dem Drucke, der sie zusammenpreßt, gleich seyn. Dies ist als Grundsatz einleuchtend. Beydes sind entgegengesetzte Kräfte, deren eine Zusammendrückung, die andere Ausbreitung zu bewirken strebt. Sind sie nicht gleich, so wird noch kein Ruhestand erfolgen, die Luft wird sich mehr verdichten oder mehr ausbreiten, bis endlich beyde Kräfte gleich werden.

Wird nun durch stärkern Druck die Luft in einen engern Raum, als vorher, gebracht, so muß (wenigstens, so lang sie sich ruhig in diesem Raume behauptet) auch ihre Elasticität stärker, als vorher, seyn. Zugleich aber wird auch ihre Dichtigkeit größer. Nimmt hingegen der Druck ab, und verstattet der Luft, sich in einen größern Raum zu verbreiten, so wird sie, wenn die Ruhe hergestellt ist, weniger Elasticität, als vorher, haben, weil dieselbe mit einem schwächern Drucke im Gleichgewichte steht. Dabey wird aber auch ihre Dichte geringer. Hieraus läßt sich übersehen, daß Druck, absolute Federkraft und Dichte der Luft stets mit einander wachsen und abnehmen.

Daher muß jede Luftsäule, im Freyen sowohl als in verschloßnen Räumen, unten dichtere und elastischere Luft enthalten, als oben. Denn die untern Schichten tragen das Gewicht der obern mit; sie leiden also mehr Druck, als die obern. Bey kleinen Säulen, z. B. in Gefäßen, Zimmern u. dgl. kan dieser Unterschied als unbeträchtlich angesehen werden.

Wenn zween Räume in Verbindung kommen, von denen einer A elastischere, der andere B weniger elastische Luft enthält, so wird so viel aus A in B überströmen, bis die Luft in beyden einerley Elasticität hat. Denn es sind zwar


ſeitdem einen anſehnlichen Theil der angewandten Mathematik ausmacht, und zu den mechaniſchen Wiſſenſchaften gerechnet wird, ſ. Aerometrie. Wirkung des Drucks auf Dichte und Federkraft der Luft. Mariottiſches Geſetz.

Die abſolute Elaſticitaͤt der Luft muß im Zuſtande der Ruhe dem Drucke, der ſie zuſammenpreßt, gleich ſeyn. Dies iſt als Grundſatz einleuchtend. Beydes ſind entgegengeſetzte Kraͤfte, deren eine Zuſammendruͤckung, die andere Ausbreitung zu bewirken ſtrebt. Sind ſie nicht gleich, ſo wird noch kein Ruheſtand erfolgen, die Luft wird ſich mehr verdichten oder mehr ausbreiten, bis endlich beyde Kraͤfte gleich werden.

Wird nun durch ſtaͤrkern Druck die Luft in einen engern Raum, als vorher, gebracht, ſo muß (wenigſtens, ſo lang ſie ſich ruhig in dieſem Raume behauptet) auch ihre Elaſticitaͤt ſtaͤrker, als vorher, ſeyn. Zugleich aber wird auch ihre Dichtigkeit groͤßer. Nimmt hingegen der Druck ab, und verſtattet der Luft, ſich in einen groͤßern Raum zu verbreiten, ſo wird ſie, wenn die Ruhe hergeſtellt iſt, weniger Elaſticitaͤt, als vorher, haben, weil dieſelbe mit einem ſchwaͤchern Drucke im Gleichgewichte ſteht. Dabey wird aber auch ihre Dichte geringer. Hieraus laͤßt ſich uͤberſehen, daß Druck, abſolute Federkraft und Dichte der Luft ſtets mit einander wachſen und abnehmen.

Daher muß jede Luftſaͤule, im Freyen ſowohl als in verſchloßnen Raͤumen, unten dichtere und elaſtiſchere Luft enthalten, als oben. Denn die untern Schichten tragen das Gewicht der obern mit; ſie leiden alſo mehr Druck, als die obern. Bey kleinen Saͤulen, z. B. in Gefaͤßen, Zimmern u. dgl. kan dieſer Unterſchied als unbetraͤchtlich angeſehen werden.

Wenn zween Raͤume in Verbindung kommen, von denen einer A elaſtiſchere, der andere B weniger elaſtiſche Luft enthaͤlt, ſo wird ſo viel aus A in B uͤberſtroͤmen, bis die Luft in beyden einerley Elaſticitaͤt hat. Denn es ſind zwar

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[9/0015] ſeitdem einen anſehnlichen Theil der angewandten Mathematik ausmacht, und zu den mechaniſchen Wiſſenſchaften gerechnet wird, ſ. Aerometrie. Wirkung des Drucks auf Dichte und Federkraft der Luft. Mariottiſches Geſetz. Die abſolute Elaſticitaͤt der Luft muß im Zuſtande der Ruhe dem Drucke, der ſie zuſammenpreßt, gleich ſeyn. Dies iſt als Grundſatz einleuchtend. Beydes ſind entgegengeſetzte Kraͤfte, deren eine Zuſammendruͤckung, die andere Ausbreitung zu bewirken ſtrebt. Sind ſie nicht gleich, ſo wird noch kein Ruheſtand erfolgen, die Luft wird ſich mehr verdichten oder mehr ausbreiten, bis endlich beyde Kraͤfte gleich werden. Wird nun durch ſtaͤrkern Druck die Luft in einen engern Raum, als vorher, gebracht, ſo muß (wenigſtens, ſo lang ſie ſich ruhig in dieſem Raume behauptet) auch ihre Elaſticitaͤt ſtaͤrker, als vorher, ſeyn. Zugleich aber wird auch ihre Dichtigkeit groͤßer. Nimmt hingegen der Druck ab, und verſtattet der Luft, ſich in einen groͤßern Raum zu verbreiten, ſo wird ſie, wenn die Ruhe hergeſtellt iſt, weniger Elaſticitaͤt, als vorher, haben, weil dieſelbe mit einem ſchwaͤchern Drucke im Gleichgewichte ſteht. Dabey wird aber auch ihre Dichte geringer. Hieraus laͤßt ſich uͤberſehen, daß Druck, abſolute Federkraft und Dichte der Luft ſtets mit einander wachſen und abnehmen. Daher muß jede Luftſaͤule, im Freyen ſowohl als in verſchloßnen Raͤumen, unten dichtere und elaſtiſchere Luft enthalten, als oben. Denn die untern Schichten tragen das Gewicht der obern mit; ſie leiden alſo mehr Druck, als die obern. Bey kleinen Saͤulen, z. B. in Gefaͤßen, Zimmern u. dgl. kan dieſer Unterſchied als unbetraͤchtlich angeſehen werden. Wenn zween Raͤume in Verbindung kommen, von denen einer A elaſtiſchere, der andere B weniger elaſtiſche Luft enthaͤlt, ſo wird ſo viel aus A in B uͤberſtroͤmen, bis die Luft in beyden einerley Elaſticitaͤt hat. Denn es ſind zwar

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/15>, abgerufen am 23.11.2024.