Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


abhänge. Er nimmt willkührlich an, bey mehr Schlägen sey die Brechbarkeit geringer. Beym Worte Farben S. 150. ist schon erinnert, daß er in einer spätern Schrift gerade das Entgegengesetzte angenommen hat. Und der Umstand, daß sich die Farbenzerstreuung nicht nach der Größe der Brechung richtet, läßt sich nach dieser Theorie, nach der beydes von einerley Ursachen abhängt, gar nicht erklären, s. Farbenzerstreuung (S. 175.).

Die Sichtbarkeit erleuchteter dunkler Körper leitet Euler nicht, wie Newton, von dem zurückgeworfenen Lichte, sondern aus neuen im dunkeln Körper erregten Schwingungen ab, deren Geschwindigkeit oder Farbe der Spannung seiner Theile gemäß ist. Der Mond, sogt er, wirft nicht das Licht der Sonne zurück, sonst würden wir nicht ihn selbst, sondern ein Sonnenbild in ihm sehen. Auch könnten wir gar keine Farben sehen, wenn die Körper das auffallende Licht zurückwürfen, weil die Zurückwerfung blos vom Einfallswinkel abhängt, und es also unerklärbar wäre, warum ein rother Körper in allen Fällen blos rothe Stralen nicht nur zurückwirft, sondern auch nach allen Seiten aussendet (Nov. theor. §. 108.). Also muß es der rothe Körper selbst seyn, der, durch das Licht erschüttert, dem Aether Schläge giebt, die der Spannung seiner Theile gemäß sind, und die daher die Empfindung der dem Körper eignen rothen Farbe erregen. Es läßt sich aber die Sichtbarkeit erleuchteter Körper und das Zurückwerfen des farbigten Lichts nach allen Seiten gar sehr leicht aus der Rauhigkeit der Flächen erklären. Nur glatte Flächen zeigen Bilder, und nicht sich selbst. Rauhe reflectiren von jedem Theile das Licht nach unzählbaren Richtungen, s. Bild, Spiegel. Auch beweißt die Erfahrung, daß Körper von einer gewissen Farbe, in das einfache Licht einer andern gehalten, nicht ihre gewöhnliche, sondern die Farbe des auffallenden Lichts zeigen, welches diesem Theile der eulerischen Hypothese gänzlich entgegen ist.

Eine sehr faßliche Darstellung dieses Systems über das Licht findet man in Eulers Briefen (Lettres a une princesse


abhaͤnge. Er nimmt willkuͤhrlich an, bey mehr Schlaͤgen ſey die Brechbarkeit geringer. Beym Worte Farben S. 150. iſt ſchon erinnert, daß er in einer ſpaͤtern Schrift gerade das Entgegengeſetzte angenommen hat. Und der Umſtand, daß ſich die Farbenzerſtreuung nicht nach der Groͤße der Brechung richtet, laͤßt ſich nach dieſer Theorie, nach der beydes von einerley Urſachen abhaͤngt, gar nicht erklaͤren, ſ. Farbenzerſtreuung (S. 175.).

Die Sichtbarkeit erleuchteter dunkler Koͤrper leitet Euler nicht, wie Newton, von dem zuruͤckgeworfenen Lichte, ſondern aus neuen im dunkeln Koͤrper erregten Schwingungen ab, deren Geſchwindigkeit oder Farbe der Spannung ſeiner Theile gemaͤß iſt. Der Mond, ſogt er, wirft nicht das Licht der Sonne zuruͤck, ſonſt wuͤrden wir nicht ihn ſelbſt, ſondern ein Sonnenbild in ihm ſehen. Auch koͤnnten wir gar keine Farben ſehen, wenn die Koͤrper das auffallende Licht zuruͤckwuͤrfen, weil die Zuruͤckwerfung blos vom Einfallswinkel abhaͤngt, und es alſo unerklaͤrbar waͤre, warum ein rother Koͤrper in allen Faͤllen blos rothe Stralen nicht nur zuruͤckwirft, ſondern auch nach allen Seiten ausſendet (Nov. theor. §. 108.). Alſo muß es der rothe Koͤrper ſelbſt ſeyn, der, durch das Licht erſchuͤttert, dem Aether Schlaͤge giebt, die der Spannung ſeiner Theile gemaͤß ſind, und die daher die Empfindung der dem Koͤrper eignen rothen Farbe erregen. Es laͤßt ſich aber die Sichtbarkeit erleuchteter Koͤrper und das Zuruͤckwerfen des farbigten Lichts nach allen Seiten gar ſehr leicht aus der Rauhigkeit der Flaͤchen erklaͤren. Nur glatte Flaͤchen zeigen Bilder, und nicht ſich ſelbſt. Rauhe reflectiren von jedem Theile das Licht nach unzaͤhlbaren Richtungen, ſ. Bild, Spiegel. Auch beweißt die Erfahrung, daß Koͤrper von einer gewiſſen Farbe, in das einfache Licht einer andern gehalten, nicht ihre gewoͤhnliche, ſondern die Farbe des auffallenden Lichts zeigen, welches dieſem Theile der euleriſchen Hypotheſe gaͤnzlich entgegen iſt.

Eine ſehr faßliche Darſtellung dieſes Syſtems uͤber das Licht findet man in Eulers Briefen (Lettres à une princeſſe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0905" xml:id="P.2.899" n="899"/><lb/>
abha&#x0364;nge. Er nimmt willku&#x0364;hrlich an, bey mehr Schla&#x0364;gen &#x017F;ey die Brechbarkeit geringer. Beym Worte <hi rendition="#b">Farben</hi> S. 150. i&#x017F;t &#x017F;chon erinnert, daß er in einer &#x017F;pa&#x0364;tern Schrift gerade das Entgegenge&#x017F;etzte angenommen hat. Und der Um&#x017F;tand, daß &#x017F;ich die Farbenzer&#x017F;treuung nicht nach der Gro&#x0364;ße der Brechung richtet, la&#x0364;ßt &#x017F;ich nach die&#x017F;er Theorie, nach der beydes von einerley Ur&#x017F;achen abha&#x0364;ngt, gar nicht erkla&#x0364;ren, <hi rendition="#b">&#x017F;. Farbenzer&#x017F;treuung</hi> (S. 175.).</p>
            <p>Die Sichtbarkeit erleuchteter <hi rendition="#b">dunkler Ko&#x0364;rper</hi> leitet <hi rendition="#b">Euler</hi> nicht, wie Newton, von dem zuru&#x0364;ckgeworfenen Lichte, &#x017F;ondern aus neuen im dunkeln Ko&#x0364;rper erregten Schwingungen ab, deren Ge&#x017F;chwindigkeit oder Farbe der Spannung &#x017F;einer Theile gema&#x0364;ß i&#x017F;t. Der Mond, &#x017F;ogt er, wirft nicht das Licht der Sonne zuru&#x0364;ck, &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rden wir nicht ihn &#x017F;elb&#x017F;t, &#x017F;ondern ein Sonnenbild in ihm &#x017F;ehen. Auch ko&#x0364;nnten wir gar keine Farben &#x017F;ehen, wenn die Ko&#x0364;rper das auffallende Licht zuru&#x0364;ckwu&#x0364;rfen, weil die Zuru&#x0364;ckwerfung blos vom Einfallswinkel abha&#x0364;ngt, und es al&#x017F;o unerkla&#x0364;rbar wa&#x0364;re, warum ein rother Ko&#x0364;rper in allen Fa&#x0364;llen blos rothe Stralen nicht nur zuru&#x0364;ckwirft, &#x017F;ondern auch nach allen Seiten aus&#x017F;endet <hi rendition="#aq">(Nov. theor. §. 108.).</hi> Al&#x017F;o muß es der rothe Ko&#x0364;rper &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eyn, der, durch das Licht er&#x017F;chu&#x0364;ttert, dem Aether Schla&#x0364;ge giebt, die der Spannung &#x017F;einer Theile gema&#x0364;ß &#x017F;ind, und die daher die Empfindung der dem Ko&#x0364;rper eignen rothen Farbe erregen. Es la&#x0364;ßt &#x017F;ich aber die Sichtbarkeit erleuchteter Ko&#x0364;rper und das Zuru&#x0364;ckwerfen des farbigten Lichts nach allen Seiten gar &#x017F;ehr leicht aus der Rauhigkeit der Fla&#x0364;chen erkla&#x0364;ren. Nur glatte Fla&#x0364;chen zeigen Bilder, und nicht &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t. Rauhe reflectiren von jedem Theile das Licht nach unza&#x0364;hlbaren Richtungen, <hi rendition="#b">&#x017F;. Bild, Spiegel.</hi> Auch beweißt die Erfahrung, daß Ko&#x0364;rper von einer gewi&#x017F;&#x017F;en Farbe, in das einfache Licht einer andern gehalten, nicht ihre gewo&#x0364;hnliche, &#x017F;ondern die Farbe des auffallenden Lichts zeigen, welches die&#x017F;em Theile der euleri&#x017F;chen Hypothe&#x017F;e ga&#x0364;nzlich entgegen i&#x017F;t.</p>
            <p>Eine &#x017F;ehr faßliche Dar&#x017F;tellung die&#x017F;es Sy&#x017F;tems u&#x0364;ber das Licht findet man in <hi rendition="#b">Eulers</hi> Briefen <hi rendition="#aq">(Lettres à une prince&#x017F;&#x017F;e<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[899/0905] abhaͤnge. Er nimmt willkuͤhrlich an, bey mehr Schlaͤgen ſey die Brechbarkeit geringer. Beym Worte Farben S. 150. iſt ſchon erinnert, daß er in einer ſpaͤtern Schrift gerade das Entgegengeſetzte angenommen hat. Und der Umſtand, daß ſich die Farbenzerſtreuung nicht nach der Groͤße der Brechung richtet, laͤßt ſich nach dieſer Theorie, nach der beydes von einerley Urſachen abhaͤngt, gar nicht erklaͤren, ſ. Farbenzerſtreuung (S. 175.). Die Sichtbarkeit erleuchteter dunkler Koͤrper leitet Euler nicht, wie Newton, von dem zuruͤckgeworfenen Lichte, ſondern aus neuen im dunkeln Koͤrper erregten Schwingungen ab, deren Geſchwindigkeit oder Farbe der Spannung ſeiner Theile gemaͤß iſt. Der Mond, ſogt er, wirft nicht das Licht der Sonne zuruͤck, ſonſt wuͤrden wir nicht ihn ſelbſt, ſondern ein Sonnenbild in ihm ſehen. Auch koͤnnten wir gar keine Farben ſehen, wenn die Koͤrper das auffallende Licht zuruͤckwuͤrfen, weil die Zuruͤckwerfung blos vom Einfallswinkel abhaͤngt, und es alſo unerklaͤrbar waͤre, warum ein rother Koͤrper in allen Faͤllen blos rothe Stralen nicht nur zuruͤckwirft, ſondern auch nach allen Seiten ausſendet (Nov. theor. §. 108.). Alſo muß es der rothe Koͤrper ſelbſt ſeyn, der, durch das Licht erſchuͤttert, dem Aether Schlaͤge giebt, die der Spannung ſeiner Theile gemaͤß ſind, und die daher die Empfindung der dem Koͤrper eignen rothen Farbe erregen. Es laͤßt ſich aber die Sichtbarkeit erleuchteter Koͤrper und das Zuruͤckwerfen des farbigten Lichts nach allen Seiten gar ſehr leicht aus der Rauhigkeit der Flaͤchen erklaͤren. Nur glatte Flaͤchen zeigen Bilder, und nicht ſich ſelbſt. Rauhe reflectiren von jedem Theile das Licht nach unzaͤhlbaren Richtungen, ſ. Bild, Spiegel. Auch beweißt die Erfahrung, daß Koͤrper von einer gewiſſen Farbe, in das einfache Licht einer andern gehalten, nicht ihre gewoͤhnliche, ſondern die Farbe des auffallenden Lichts zeigen, welches dieſem Theile der euleriſchen Hypotheſe gaͤnzlich entgegen iſt. Eine ſehr faßliche Darſtellung dieſes Syſtems uͤber das Licht findet man in Eulers Briefen (Lettres à une princeſſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/905
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 899. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/905>, abgerufen am 22.11.2024.