Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


so genau berechnet werden kan, als ob sie daselbst wirklich beobachtet worden wäre. Die Wargentimschen Tafeln aber lassen für die drey letzten Monden immer noch eine Ungewißheit von einer Zeitminute übrig; auch ist Iupiter jährlich fast zween Monate lang unter den Sonnenstralen verborgen; und endlich macht das beständige Schwanken der Schiffe Beobachtungen durch Fernröhre von einiger Größe fast unmöglich. Der von Irwin im Jahre 1760 deswegen angegebne Schwungstuhl ward von Maskelyne auf seiner Reise nach Barbados unbrauchbar befunden, und eben so gieng es im Jahre 1766 einer vom Abbe Rochon angegebenen Vorrichtung, durch welche man im Stande seyn sollte, den Iupiter sogleich wieder in das Gesichtsfeld des Fernrohrs zu bringen, wenn ihn das Schwanken daraus verrückt hätte.

Halley schlug zu Anfang dieses Jahrhunderts die Abweichung der Magnetnadel als ein Mittel vor, die Meereslänge zu bestimmen. Man kan über seine Bemühungen um diesen Gegenstand, zugleich aber auch über die Ungewißheit, in welcher sich die Theorie desselben noch bis jetzt befindet, den Artikel: Abweichung der Magnetnadel nachsehen.

Bey dieser Schwierigkeit astronomischer Beobachtungen zur See und der Unzulänglichkeit anderer Methoden hat man einen Gedanken erneuert, den schon Gemma Frisius um das Jahr 1530 geäußert hatte, die Länge durch Uhren oder Zeitmesser zu bestimmen. Wenn man z. B. eine völlig gleichförmig gehende Uhr nach londner mittlerer Zeit stellt, und mit sich nimmt, so wird sie aller Orten londner mittlere Zeit zeigen, aus der man die londner wahre Zeit ohne Mühe haben kan, s. Gleichung der Zeit; es wird demnach zur See nichts weiter, als eine leichte astronomische Beobachtung z. B. von Sonnenhöhen, Sonnenaufgang, Sternhöhen u. dgl. erfordert, daraus die wahre Zeit des Orts gefunden werden kan; der Unterschied der Zeiten giebt alsdann den Unterschied der Längen. Dies war freylich bey der ehemaligen Unvollkommenheit der Uhren nicht auszuführen, und selbst Huygens Versuche mit


ſo genau berechnet werden kan, als ob ſie daſelbſt wirklich beobachtet worden waͤre. Die Wargentimſchen Tafeln aber laſſen fuͤr die drey letzten Monden immer noch eine Ungewißheit von einer Zeitminute uͤbrig; auch iſt Iupiter jaͤhrlich faſt zween Monate lang unter den Sonnenſtralen verborgen; und endlich macht das beſtaͤndige Schwanken der Schiffe Beobachtungen durch Fernroͤhre von einiger Groͤße faſt unmoͤglich. Der von Irwin im Jahre 1760 deswegen angegebne Schwungſtuhl ward von Maſkelyne auf ſeiner Reiſe nach Barbados unbrauchbar befunden, und eben ſo gieng es im Jahre 1766 einer vom Abbé Rochon angegebenen Vorrichtung, durch welche man im Stande ſeyn ſollte, den Iupiter ſogleich wieder in das Geſichtsfeld des Fernrohrs zu bringen, wenn ihn das Schwanken daraus verruͤckt haͤtte.

Halley ſchlug zu Anfang dieſes Jahrhunderts die Abweichung der Magnetnadel als ein Mittel vor, die Meereslaͤnge zu beſtimmen. Man kan uͤber ſeine Bemuͤhungen um dieſen Gegenſtand, zugleich aber auch uͤber die Ungewißheit, in welcher ſich die Theorie deſſelben noch bis jetzt befindet, den Artikel: Abweichung der Magnetnadel nachſehen.

Bey dieſer Schwierigkeit aſtronomiſcher Beobachtungen zur See und der Unzulaͤnglichkeit anderer Methoden hat man einen Gedanken erneuert, den ſchon Gemma Friſius um das Jahr 1530 geaͤußert hatte, die Laͤnge durch Uhren oder Zeitmeſſer zu beſtimmen. Wenn man z. B. eine voͤllig gleichfoͤrmig gehende Uhr nach londner mittlerer Zeit ſtellt, und mit ſich nimmt, ſo wird ſie aller Orten londner mittlere Zeit zeigen, aus der man die londner wahre Zeit ohne Muͤhe haben kan, ſ. Gleichung der Zeit; es wird demnach zur See nichts weiter, als eine leichte aſtronomiſche Beobachtung z. B. von Sonnenhoͤhen, Sonnenaufgang, Sternhoͤhen u. dgl. erfordert, daraus die wahre Zeit des Orts gefunden werden kan; der Unterſchied der Zeiten giebt alsdann den Unterſchied der Laͤngen. Dies war freylich bey der ehemaligen Unvollkommenheit der Uhren nicht auszufuͤhren, und ſelbſt Huygens Verſuche mit

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0847" xml:id="P.2.841" n="841"/><lb/>
&#x017F;o genau berechnet werden kan, als ob &#x017F;ie da&#x017F;elb&#x017F;t wirklich beobachtet worden wa&#x0364;re. Die <hi rendition="#b">Wargentim&#x017F;chen</hi> Tafeln aber la&#x017F;&#x017F;en fu&#x0364;r die drey letzten Monden immer noch eine Ungewißheit von einer Zeitminute u&#x0364;brig; auch i&#x017F;t Iupiter ja&#x0364;hrlich fa&#x017F;t zween Monate lang unter den Sonnen&#x017F;tralen verborgen; und endlich macht das be&#x017F;ta&#x0364;ndige Schwanken der Schiffe Beobachtungen durch Fernro&#x0364;hre von einiger Gro&#x0364;ße fa&#x017F;t unmo&#x0364;glich. Der von <hi rendition="#b">Irwin</hi> im Jahre 1760 deswegen angegebne Schwung&#x017F;tuhl ward von <hi rendition="#b">Ma&#x017F;kelyne</hi> auf &#x017F;einer Rei&#x017F;e nach Barbados unbrauchbar befunden, und eben &#x017F;o gieng es im Jahre 1766 einer vom Abb<hi rendition="#aq">é</hi> <hi rendition="#b">Rochon</hi> angegebenen Vorrichtung, durch welche man im Stande &#x017F;eyn &#x017F;ollte, den Iupiter &#x017F;ogleich wieder in das Ge&#x017F;ichtsfeld des Fernrohrs zu bringen, wenn ihn das Schwanken daraus verru&#x0364;ckt ha&#x0364;tte.</p>
            <p><hi rendition="#b">Halley</hi> &#x017F;chlug zu Anfang die&#x017F;es Jahrhunderts die Abweichung der Magnetnadel als ein Mittel vor, die Meeresla&#x0364;nge zu be&#x017F;timmen. Man kan u&#x0364;ber &#x017F;eine Bemu&#x0364;hungen um die&#x017F;en Gegen&#x017F;tand, zugleich aber auch u&#x0364;ber die Ungewißheit, in welcher &#x017F;ich die Theorie de&#x017F;&#x017F;elben noch bis jetzt befindet, den Artikel: <hi rendition="#b">Abweichung der Magnetnadel</hi> nach&#x017F;ehen.</p>
            <p>Bey die&#x017F;er Schwierigkeit a&#x017F;tronomi&#x017F;cher Beobachtungen zur See und der Unzula&#x0364;nglichkeit anderer Methoden hat man einen Gedanken erneuert, den &#x017F;chon <hi rendition="#b">Gemma Fri&#x017F;ius</hi> um das Jahr 1530 gea&#x0364;ußert hatte, die La&#x0364;nge durch <hi rendition="#b">Uhren</hi> oder <hi rendition="#b">Zeitme&#x017F;&#x017F;er</hi> zu be&#x017F;timmen. Wenn man z. B. eine vo&#x0364;llig gleichfo&#x0364;rmig gehende Uhr nach londner mittlerer Zeit &#x017F;tellt, und mit &#x017F;ich nimmt, &#x017F;o wird &#x017F;ie aller Orten londner mittlere Zeit zeigen, aus der man die londner wahre Zeit ohne Mu&#x0364;he haben kan, <hi rendition="#b">&#x017F;. Gleichung der Zeit;</hi> es wird demnach zur See nichts weiter, als eine leichte a&#x017F;tronomi&#x017F;che Beobachtung z. B. von Sonnenho&#x0364;hen, Sonnenaufgang, Sternho&#x0364;hen u. dgl. erfordert, daraus die wahre Zeit des Orts gefunden werden kan; der Unter&#x017F;chied der Zeiten giebt alsdann den Unter&#x017F;chied der La&#x0364;ngen. Dies war freylich bey der ehemaligen Unvollkommenheit der Uhren nicht auszufu&#x0364;hren, und &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#b">Huygens</hi> Ver&#x017F;uche mit<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[841/0847] ſo genau berechnet werden kan, als ob ſie daſelbſt wirklich beobachtet worden waͤre. Die Wargentimſchen Tafeln aber laſſen fuͤr die drey letzten Monden immer noch eine Ungewißheit von einer Zeitminute uͤbrig; auch iſt Iupiter jaͤhrlich faſt zween Monate lang unter den Sonnenſtralen verborgen; und endlich macht das beſtaͤndige Schwanken der Schiffe Beobachtungen durch Fernroͤhre von einiger Groͤße faſt unmoͤglich. Der von Irwin im Jahre 1760 deswegen angegebne Schwungſtuhl ward von Maſkelyne auf ſeiner Reiſe nach Barbados unbrauchbar befunden, und eben ſo gieng es im Jahre 1766 einer vom Abbé Rochon angegebenen Vorrichtung, durch welche man im Stande ſeyn ſollte, den Iupiter ſogleich wieder in das Geſichtsfeld des Fernrohrs zu bringen, wenn ihn das Schwanken daraus verruͤckt haͤtte. Halley ſchlug zu Anfang dieſes Jahrhunderts die Abweichung der Magnetnadel als ein Mittel vor, die Meereslaͤnge zu beſtimmen. Man kan uͤber ſeine Bemuͤhungen um dieſen Gegenſtand, zugleich aber auch uͤber die Ungewißheit, in welcher ſich die Theorie deſſelben noch bis jetzt befindet, den Artikel: Abweichung der Magnetnadel nachſehen. Bey dieſer Schwierigkeit aſtronomiſcher Beobachtungen zur See und der Unzulaͤnglichkeit anderer Methoden hat man einen Gedanken erneuert, den ſchon Gemma Friſius um das Jahr 1530 geaͤußert hatte, die Laͤnge durch Uhren oder Zeitmeſſer zu beſtimmen. Wenn man z. B. eine voͤllig gleichfoͤrmig gehende Uhr nach londner mittlerer Zeit ſtellt, und mit ſich nimmt, ſo wird ſie aller Orten londner mittlere Zeit zeigen, aus der man die londner wahre Zeit ohne Muͤhe haben kan, ſ. Gleichung der Zeit; es wird demnach zur See nichts weiter, als eine leichte aſtronomiſche Beobachtung z. B. von Sonnenhoͤhen, Sonnenaufgang, Sternhoͤhen u. dgl. erfordert, daraus die wahre Zeit des Orts gefunden werden kan; der Unterſchied der Zeiten giebt alsdann den Unterſchied der Laͤngen. Dies war freylich bey der ehemaligen Unvollkommenheit der Uhren nicht auszufuͤhren, und ſelbſt Huygens Verſuche mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/847
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 841. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/847>, abgerufen am 25.11.2024.