Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


vorschlugen, sind diese Mittel völlig unbrauchbar; man muß vielmehr am Himmel solche Zeichen aufsuchen, die an sehr verschiedenen und entfernten Orten der Erdfläche in gleichen Augenblicken sichtbar sind.

Unter die hiezu brauchbaren Himmelsbegebenheiten gehören vorzüglich Anfang und Ende der Mondfinsternisse, Ein- und Austritte der Mondflecken in und aus dem Erdschatten, Ein- und Austritte der Iupitersmonden in den Schatten ihres Hauptplaneten. Diese Erscheinungen an zween Orten der Erde nach wahrer Zeit beobachtet, geben, sobald sie verglichen werden, den Zeitunterschied der Meridiane. Folgendes Beyspiel hiezu ist aus Heinsius (Progr. de longitudine Lipsiae, 1755. 4.) genommen. Bey der Mondfinsterniß den 8. Aug. 1748. beobachteten den Eintritt des Mondflecken Tycho in den Schatten

Uhr
Heinsius zu Leipz1116'32"
Bouguer zu Paris103628
Unterschied404
Heinsius nimmt als ein Mittel aus mehrern Beobachtungen 40 Min. 3 Sec. an. Dies giebt den Unterschied in Graden (4 Min. auf 1° gerechnet)=10° 0' 45"; also die Länge von Leipzig (wenn die von Paris=20° gesetzt wird) 30° 0' 45".

Auch Sonnenfinsternisse, Bedeckungen der Fixsterne und Planeten vom Monde, Bedeckungen der Fixsterne von Planeten und Durchgänge der Venus und des Merkurs vor der Sonnenscheibe können hiezu dienen. Diese Begebenheiten sind zwar nicht jedem Orte in demselben Augenblicke sichtbar; sie können aber durch Rechnung auf diejenigen Zeiten gebracht werden, in welchen man sie vom Mittelpunkte der Erde aus in Zeit eines jeden Orts beobachtet haben würde.

Alle diese Mittel aber sind verschiedenen Beschwerden und Ungewißheiten unterworsen, welche man zum Theil bey dem Worte: Finsternisse angeführt findet. Auf dem festen Lande, wo man die Beobachtungen Jahre lang fortsetzen


vorſchlugen, ſind dieſe Mittel voͤllig unbrauchbar; man muß vielmehr am Himmel ſolche Zeichen aufſuchen, die an ſehr verſchiedenen und entfernten Orten der Erdflaͤche in gleichen Augenblicken ſichtbar ſind.

Unter die hiezu brauchbaren Himmelsbegebenheiten gehoͤren vorzuͤglich Anfang und Ende der Mondfinſterniſſe, Ein- und Austritte der Mondflecken in und aus dem Erdſchatten, Ein- und Austritte der Iupitersmonden in den Schatten ihres Hauptplaneten. Dieſe Erſcheinungen an zween Orten der Erde nach wahrer Zeit beobachtet, geben, ſobald ſie verglichen werden, den Zeitunterſchied der Meridiane. Folgendes Beyſpiel hiezu iſt aus Heinſius (Progr. de longitudine Lipſiae, 1755. 4.) genommen. Bey der Mondfinſterniß den 8. Aug. 1748. beobachteten den Eintritt des Mondflecken Tycho in den Schatten

Uhr
Heinſius zu Leipz1116′32″
Bouguer zu Paris103628
Unterſchied404
Heinſius nimmt als ein Mittel aus mehrern Beobachtungen 40 Min. 3 Sec. an. Dies giebt den Unterſchied in Graden (4 Min. auf 1° gerechnet)=10° 0′ 45″; alſo die Laͤnge von Leipzig (wenn die von Paris=20° geſetzt wird) 30° 0′ 45″.

Auch Sonnenfinſterniſſe, Bedeckungen der Fixſterne und Planeten vom Monde, Bedeckungen der Fixſterne von Planeten und Durchgaͤnge der Venus und des Merkurs vor der Sonnenſcheibe koͤnnen hiezu dienen. Dieſe Begebenheiten ſind zwar nicht jedem Orte in demſelben Augenblicke ſichtbar; ſie koͤnnen aber durch Rechnung auf diejenigen Zeiten gebracht werden, in welchen man ſie vom Mittelpunkte der Erde aus in Zeit eines jeden Orts beobachtet haben wuͤrde.

Alle dieſe Mittel aber ſind verſchiedenen Beſchwerden und Ungewißheiten unterworſen, welche man zum Theil bey dem Worte: Finſterniſſe angefuͤhrt findet. Auf dem feſten Lande, wo man die Beobachtungen Jahre lang fortſetzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0845" xml:id="P.2.839" n="839"/><lb/>
vor&#x017F;chlugen, &#x017F;ind die&#x017F;e Mittel vo&#x0364;llig unbrauchbar; man muß vielmehr am Himmel &#x017F;olche Zeichen auf&#x017F;uchen, die an &#x017F;ehr ver&#x017F;chiedenen und entfernten Orten der Erdfla&#x0364;che in gleichen Augenblicken &#x017F;ichtbar &#x017F;ind.</p>
            <p>Unter die hiezu brauchbaren Himmelsbegebenheiten geho&#x0364;ren vorzu&#x0364;glich Anfang und Ende der Mondfin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e, Ein- und Austritte der Mondflecken in und aus dem Erd&#x017F;chatten, Ein- und Austritte der Iupitersmonden in den Schatten ihres Hauptplaneten. Die&#x017F;e Er&#x017F;cheinungen an zween Orten der Erde nach wahrer Zeit beobachtet, geben, &#x017F;obald &#x017F;ie verglichen werden, den Zeitunter&#x017F;chied der Meridiane. Folgendes Bey&#x017F;piel hiezu i&#x017F;t aus <hi rendition="#b">Hein&#x017F;ius</hi> <hi rendition="#aq">(Progr. de longitudine Lip&#x017F;iae, 1755. 4.)</hi> genommen. Bey der Mondfin&#x017F;terniß den 8. Aug. 1748. beobachteten den Eintritt des Mondflecken Tycho in den Schatten <table><row><cell/><cell>Uhr</cell><cell/><cell/></row><row><cell><hi rendition="#b">Hein&#x017F;ius</hi> zu Leipz</cell><cell>11</cell><cell>16&#x2032;</cell><cell>32&#x2033;</cell></row><row><cell><hi rendition="#b">Bouguer</hi> zu Paris</cell><cell>10</cell><cell>36</cell><cell>28</cell></row><row><cell>Unter&#x017F;chied</cell><cell/><cell>40</cell><cell>4</cell></row></table> Hein&#x017F;ius nimmt als ein Mittel aus mehrern Beobachtungen 40 Min. 3 Sec. an. Dies giebt den Unter&#x017F;chied in Graden (4 Min. auf 1° gerechnet)=10° 0&#x2032; 45&#x2033;; al&#x017F;o die La&#x0364;nge von Leipzig (wenn die von Paris=20° ge&#x017F;etzt wird) 30° 0&#x2032; 45&#x2033;.</p>
            <p>Auch Sonnenfin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e, Bedeckungen der Fix&#x017F;terne und Planeten vom Monde, Bedeckungen der Fix&#x017F;terne von Planeten und Durchga&#x0364;nge der Venus und des Merkurs vor der Sonnen&#x017F;cheibe ko&#x0364;nnen hiezu dienen. Die&#x017F;e Begebenheiten &#x017F;ind zwar nicht jedem Orte in dem&#x017F;elben Augenblicke &#x017F;ichtbar; &#x017F;ie ko&#x0364;nnen aber durch Rechnung auf diejenigen Zeiten gebracht werden, in welchen man &#x017F;ie vom Mittelpunkte der Erde aus in Zeit eines jeden Orts beobachtet haben wu&#x0364;rde.</p>
            <p>Alle die&#x017F;e Mittel aber &#x017F;ind ver&#x017F;chiedenen Be&#x017F;chwerden und Ungewißheiten unterwor&#x017F;en, welche man zum Theil bey dem Worte: <hi rendition="#b">Fin&#x017F;terni&#x017F;&#x017F;e</hi> angefu&#x0364;hrt findet. Auf dem fe&#x017F;ten Lande, wo man die Beobachtungen Jahre lang fort&#x017F;etzen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[839/0845] vorſchlugen, ſind dieſe Mittel voͤllig unbrauchbar; man muß vielmehr am Himmel ſolche Zeichen aufſuchen, die an ſehr verſchiedenen und entfernten Orten der Erdflaͤche in gleichen Augenblicken ſichtbar ſind. Unter die hiezu brauchbaren Himmelsbegebenheiten gehoͤren vorzuͤglich Anfang und Ende der Mondfinſterniſſe, Ein- und Austritte der Mondflecken in und aus dem Erdſchatten, Ein- und Austritte der Iupitersmonden in den Schatten ihres Hauptplaneten. Dieſe Erſcheinungen an zween Orten der Erde nach wahrer Zeit beobachtet, geben, ſobald ſie verglichen werden, den Zeitunterſchied der Meridiane. Folgendes Beyſpiel hiezu iſt aus Heinſius (Progr. de longitudine Lipſiae, 1755. 4.) genommen. Bey der Mondfinſterniß den 8. Aug. 1748. beobachteten den Eintritt des Mondflecken Tycho in den Schatten Uhr Heinſius zu Leipz 11 16′ 32″ Bouguer zu Paris 10 36 28 Unterſchied 40 4 Heinſius nimmt als ein Mittel aus mehrern Beobachtungen 40 Min. 3 Sec. an. Dies giebt den Unterſchied in Graden (4 Min. auf 1° gerechnet)=10° 0′ 45″; alſo die Laͤnge von Leipzig (wenn die von Paris=20° geſetzt wird) 30° 0′ 45″. Auch Sonnenfinſterniſſe, Bedeckungen der Fixſterne und Planeten vom Monde, Bedeckungen der Fixſterne von Planeten und Durchgaͤnge der Venus und des Merkurs vor der Sonnenſcheibe koͤnnen hiezu dienen. Dieſe Begebenheiten ſind zwar nicht jedem Orte in demſelben Augenblicke ſichtbar; ſie koͤnnen aber durch Rechnung auf diejenigen Zeiten gebracht werden, in welchen man ſie vom Mittelpunkte der Erde aus in Zeit eines jeden Orts beobachtet haben wuͤrde. Alle dieſe Mittel aber ſind verſchiedenen Beſchwerden und Ungewißheiten unterworſen, welche man zum Theil bey dem Worte: Finſterniſſe angefuͤhrt findet. Auf dem feſten Lande, wo man die Beobachtungen Jahre lang fortſetzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/845
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/845>, abgerufen am 25.11.2024.