Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wegung, s. Beschleunigung.
Der absoluten Kraft wird die relative entgegengesetzt.

Anziehende Kraft, s. Anziehung, Attraction.

Ausdehnende Kraft, Vis expansiva, Force expansive. So heißt die Elasticität oder Federkraft flüßiger Körper, welche in einen engern Raum zusammengedrückt, sich wieder auszubreiten, und das Hinderniß, das sie einschränkt, zu bewegen streben, s. Elasticität.

Beschleunigende Kraft, Vis acceleratrix, Force acceleratrice. Diesen Namen legt man in der Dynamik der Stärke derjenigen Kraft bey, welche in jeden einzelnen Theil einer Masse wirkt. "Wie stark ein Stein meine "Hand drückt, lehrt mich die Empfindung; dieser Druck "ist ohne Zweifel die Summe von allen einzelnen Drucken "der Theile des Steines, da jeder dieser Theile mit einer "gewissen Stärke, die für alle einerley ist, durch die Schwe"re gestoßen wird" (Kästner höhere Mechanik, I. Abschn. Cap. III. §. 51.). Diese Stärke des Stoßes, den die Schwere auf jeden Theil ausübt, ist hier die beschleunigende, die Summe aller Stöße, oder der ganze Druck des Steins die bewegende Kraft. Auf der Oberfläche der Sonne würde jeder Theil des Steins etwa 29mal stärker gegen die Sonne gravitiren, als er hier gegen die Erde gravitirt, d. h. die beschleunigende Kraft der Schwere ist doselbst 29mal größer, als bey uns.

Nimmt man eine beschleunigende Kraft von bestimmter Größe, z. B. die Schwere der Erdkörper unter dem Aequator zur Einheit an, so lassen sich andere beschleunigende Kräfte dagegen halten, in Zahlen ausdrücken, und so auch unter einander selbst vergleichen. Rollt z. B. eine Kugel auf einem Brete hinab, das mit der Horizontalebne einen Winkel von 45° macht, so ist, wenn man die Schwere=1 setzt, die beschleunigende Kraft, welche die rollende Bewegung hervorbringt, =1/2sqrt2; wird das Bret so geneigt, daß der Winkel nur 30° beträgt, so wird sie=1/2, und die beschleunigenden Kräfte in beyden Fällen verhalten sich, wiesqrt2:1.


wegung, ſ. Beſchleunigung.
Der abſoluten Kraft wird die relative entgegengeſetzt.

Anziehende Kraft, ſ. Anziehung, Attraction.

Ausdehnende Kraft, Vis expanſiva, Force expanſive. So heißt die Elaſticitaͤt oder Federkraft fluͤßiger Koͤrper, welche in einen engern Raum zuſammengedruͤckt, ſich wieder auszubreiten, und das Hinderniß, das ſie einſchraͤnkt, zu bewegen ſtreben, ſ. Elaſticitaͤt.

Beſchleunigende Kraft, Vis acceleratrix, Force acceleratrice. Dieſen Namen legt man in der Dynamik der Staͤrke derjenigen Kraft bey, welche in jeden einzelnen Theil einer Maſſe wirkt. ”Wie ſtark ein Stein meine ”Hand druͤckt, lehrt mich die Empfindung; dieſer Druck ”iſt ohne Zweifel die Summe von allen einzelnen Drucken ”der Theile des Steines, da jeder dieſer Theile mit einer ”gewiſſen Staͤrke, die fuͤr alle einerley iſt, durch die Schwe”re geſtoßen wird“ (Kaͤſtner hoͤhere Mechanik, I. Abſchn. Cap. III. §. 51.). Dieſe Staͤrke des Stoßes, den die Schwere auf jeden Theil ausuͤbt, iſt hier die beſchleunigende, die Summe aller Stoͤße, oder der ganze Druck des Steins die bewegende Kraft. Auf der Oberflaͤche der Sonne wuͤrde jeder Theil des Steins etwa 29mal ſtaͤrker gegen die Sonne gravitiren, als er hier gegen die Erde gravitirt, d. h. die beſchleunigende Kraft der Schwere iſt doſelbſt 29mal groͤßer, als bey uns.

Nimmt man eine beſchleunigende Kraft von beſtimmter Groͤße, z. B. die Schwere der Erdkoͤrper unter dem Aequator zur Einheit an, ſo laſſen ſich andere beſchleunigende Kraͤfte dagegen halten, in Zahlen ausdruͤcken, und ſo auch unter einander ſelbſt vergleichen. Rollt z. B. eine Kugel auf einem Brete hinab, das mit der Horizontalebne einen Winkel von 45° macht, ſo iſt, wenn man die Schwere=1 ſetzt, die beſchleunigende Kraft, welche die rollende Bewegung hervorbringt, =1/2√2; wird das Bret ſo geneigt, daß der Winkel nur 30° betraͤgt, ſo wird ſie=1/2, und die beſchleunigenden Kraͤfte in beyden Faͤllen verhalten ſich, wie√2:1.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><hi rendition="#b"><pb facs="#f0805" xml:id="P.2.799" n="799"/><lb/>
wegung, &#x017F;. Be&#x017F;chleunigung.</hi> Der ab&#x017F;oluten Kraft wird die relative entgegenge&#x017F;etzt.</p>
            <p> <hi rendition="#b">Anziehende Kraft, &#x017F;. Anziehung, Attraction.</hi> </p>
            <p><hi rendition="#b">Ausdehnende Kraft,</hi><hi rendition="#aq">Vis expan&#x017F;iva, <hi rendition="#i">Force expan&#x017F;ive.</hi></hi> So heißt die Ela&#x017F;ticita&#x0364;t oder Federkraft flu&#x0364;ßiger Ko&#x0364;rper, welche in einen engern Raum zu&#x017F;ammengedru&#x0364;ckt, &#x017F;ich wieder auszubreiten, und das Hinderniß, das &#x017F;ie ein&#x017F;chra&#x0364;nkt, zu bewegen &#x017F;treben, <hi rendition="#b">&#x017F;. Ela&#x017F;ticita&#x0364;t.</hi></p>
            <p><hi rendition="#b">Be&#x017F;chleunigende Kraft,</hi><hi rendition="#aq">Vis acceleratrix, <hi rendition="#i">Force acceleratrice.</hi></hi> Die&#x017F;en Namen legt man in der Dynamik der Sta&#x0364;rke derjenigen Kraft bey, welche in jeden einzelnen Theil einer Ma&#x017F;&#x017F;e wirkt. &#x201D;Wie &#x017F;tark ein Stein meine &#x201D;Hand dru&#x0364;ckt, lehrt mich die Empfindung; die&#x017F;er Druck &#x201D;i&#x017F;t ohne Zweifel die Summe von allen einzelnen Drucken &#x201D;der Theile des Steines, da jeder die&#x017F;er Theile mit einer &#x201D;gewi&#x017F;&#x017F;en Sta&#x0364;rke, die fu&#x0364;r alle einerley i&#x017F;t, durch die Schwe&#x201D;re ge&#x017F;toßen wird&#x201C; (<hi rendition="#b">Ka&#x0364;&#x017F;tner</hi> ho&#x0364;here Mechanik, <hi rendition="#aq">I.</hi> Ab&#x017F;chn. Cap. <hi rendition="#aq">III.</hi> §. 51.). Die&#x017F;e Sta&#x0364;rke des Stoßes, den die Schwere auf jeden Theil ausu&#x0364;bt, i&#x017F;t hier die <hi rendition="#b">be&#x017F;chleunigende,</hi> die Summe aller Sto&#x0364;ße, oder der ganze Druck des Steins die <hi rendition="#b">bewegende Kraft.</hi> Auf der Oberfla&#x0364;che der Sonne wu&#x0364;rde jeder Theil des Steins etwa 29mal &#x017F;ta&#x0364;rker gegen die Sonne gravitiren, als er hier gegen die Erde gravitirt, d. h. die be&#x017F;chleunigende Kraft der Schwere i&#x017F;t do&#x017F;elb&#x017F;t 29mal gro&#x0364;ßer, als bey uns.</p>
            <p>Nimmt man eine be&#x017F;chleunigende Kraft von be&#x017F;timmter Gro&#x0364;ße, z. B. die Schwere der Erdko&#x0364;rper unter dem Aequator zur Einheit an, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich andere be&#x017F;chleunigende Kra&#x0364;fte dagegen halten, in Zahlen ausdru&#x0364;cken, und &#x017F;o auch unter einander &#x017F;elb&#x017F;t vergleichen. Rollt z. B. eine Kugel auf einem Brete hinab, das mit der Horizontalebne einen Winkel von 45° macht, &#x017F;o i&#x017F;t, wenn man die Schwere=1 &#x017F;etzt, die be&#x017F;chleunigende Kraft, welche die rollende Bewegung hervorbringt, =1/2&#x221A;2; wird das Bret &#x017F;o geneigt, daß der Winkel nur 30° betra&#x0364;gt, &#x017F;o wird &#x017F;ie=1/2, und die be&#x017F;chleunigenden Kra&#x0364;fte in beyden Fa&#x0364;llen verhalten &#x017F;ich, wie&#x221A;2:1.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[799/0805] wegung, ſ. Beſchleunigung. Der abſoluten Kraft wird die relative entgegengeſetzt. Anziehende Kraft, ſ. Anziehung, Attraction. Ausdehnende Kraft, Vis expanſiva, Force expanſive. So heißt die Elaſticitaͤt oder Federkraft fluͤßiger Koͤrper, welche in einen engern Raum zuſammengedruͤckt, ſich wieder auszubreiten, und das Hinderniß, das ſie einſchraͤnkt, zu bewegen ſtreben, ſ. Elaſticitaͤt. Beſchleunigende Kraft, Vis acceleratrix, Force acceleratrice. Dieſen Namen legt man in der Dynamik der Staͤrke derjenigen Kraft bey, welche in jeden einzelnen Theil einer Maſſe wirkt. ”Wie ſtark ein Stein meine ”Hand druͤckt, lehrt mich die Empfindung; dieſer Druck ”iſt ohne Zweifel die Summe von allen einzelnen Drucken ”der Theile des Steines, da jeder dieſer Theile mit einer ”gewiſſen Staͤrke, die fuͤr alle einerley iſt, durch die Schwe”re geſtoßen wird“ (Kaͤſtner hoͤhere Mechanik, I. Abſchn. Cap. III. §. 51.). Dieſe Staͤrke des Stoßes, den die Schwere auf jeden Theil ausuͤbt, iſt hier die beſchleunigende, die Summe aller Stoͤße, oder der ganze Druck des Steins die bewegende Kraft. Auf der Oberflaͤche der Sonne wuͤrde jeder Theil des Steins etwa 29mal ſtaͤrker gegen die Sonne gravitiren, als er hier gegen die Erde gravitirt, d. h. die beſchleunigende Kraft der Schwere iſt doſelbſt 29mal groͤßer, als bey uns. Nimmt man eine beſchleunigende Kraft von beſtimmter Groͤße, z. B. die Schwere der Erdkoͤrper unter dem Aequator zur Einheit an, ſo laſſen ſich andere beſchleunigende Kraͤfte dagegen halten, in Zahlen ausdruͤcken, und ſo auch unter einander ſelbſt vergleichen. Rollt z. B. eine Kugel auf einem Brete hinab, das mit der Horizontalebne einen Winkel von 45° macht, ſo iſt, wenn man die Schwere=1 ſetzt, die beſchleunigende Kraft, welche die rollende Bewegung hervorbringt, =1/2√2; wird das Bret ſo geneigt, daß der Winkel nur 30° betraͤgt, ſo wird ſie=1/2, und die beſchleunigenden Kraͤfte in beyden Faͤllen verhalten ſich, wie√2:1.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/805
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 799. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/805>, abgerufen am 25.11.2024.