zur Grundlage seines Systems. Gott schuf nach ihm das Chaos für jeden Weltkörper da, wo dieser seine Stelle haben sollte. Am ersten Tage entzündeten sich die Sonnen, und die Umdrehungen um die Axen fiengen an. Am zweeten vollendete sich die Absonderung der Luft, das Wasser blieb auf der Fläche, und im Kerne grif die Versteinerung schnell um sich. Im Innersten brach eine ungemeine elastische Kraft, ein plötzlich wirkendes Feuer aus, bildete ungeheure Höhlungen im Innern und trieb die Erde hie mehr, dort weniger empor. Dadurch traten Land, Inseln und Berge hervor, und das Meer verlief sich zum Theil in die Höhlen. Die Felsen wurden theils durch die schlammichte Fläche, theils durch Steinschichten hindurchgeschoben, theils ward die weiche Masse zu Hügeln und Rücken erhoben, theils brach das Feuer durch Oefnungen, und warf Granit, Quarz und Sand weit umher. Durch eben diese elastische Kraft wurden auch lange Gänge und Canäle gebildet, ingleichen Höhlen, welche wie Stockwerke über einander liegen, und zum Theil mit dem großen Centralgewölbe Gemeinschaft haben. Aus diesem Höhlensystem und den darinn befindlichen Gewässern erklärt Herr S. die Art und Weise, wie die Sündfluth habe entstehen, und wieder abfließen können, sehr gekünstelt, mit Hülfe eines von Blech verfertigten Heronsbrunns. Die Conchylien in den Erdschichten sollen vorher in den Seen der unterirdischen Höhlen gelebt haben, und durch den Ausbruch der Gewässer bey der Sündfluth auf die Erdfläche geführt worden seyn. Die Elephanten- und Rhinocerosknochen schwammen, durch die Verwesung leichter gemacht, auf dem Wasser, wurden durch Wind, Wellen, und Ströme der ablaufenden Fluth herumgeführt und endlich in den von höhern Gegenden herabfließenden Schlamm und Sand begraben. Man sieht bald, daß die künstlichen Veranstaltungen dieses Systems bloß dadurch nothwendig werden, weil Herr S. den so wahrscheinlichen Satz, daß unser Land lange Zeit der Grund eines ruhenden Meeres gewesen sey, nicht annehmen, sondern die Bildung des Bodens aus der Sündfluth, als einer plötzlichen Revolution, herleiten will, welches sich freylich
zur Grundlage ſeines Syſtems. Gott ſchuf nach ihm das Chaos fuͤr jeden Weltkoͤrper da, wo dieſer ſeine Stelle haben ſollte. Am erſten Tage entzuͤndeten ſich die Sonnen, und die Umdrehungen um die Axen fiengen an. Am zweeten vollendete ſich die Abſonderung der Luft, das Waſſer blieb auf der Flaͤche, und im Kerne grif die Verſteinerung ſchnell um ſich. Im Innerſten brach eine ungemeine elaſtiſche Kraft, ein ploͤtzlich wirkendes Feuer aus, bildete ungeheure Hoͤhlungen im Innern und trieb die Erde hie mehr, dort weniger empor. Dadurch traten Land, Inſeln und Berge hervor, und das Meer verlief ſich zum Theil in die Hoͤhlen. Die Felſen wurden theils durch die ſchlammichte Flaͤche, theils durch Steinſchichten hindurchgeſchoben, theils ward die weiche Maſſe zu Huͤgeln und Ruͤcken erhoben, theils brach das Feuer durch Oefnungen, und warf Granit, Quarz und Sand weit umher. Durch eben dieſe elaſtiſche Kraft wurden auch lange Gaͤnge und Canaͤle gebildet, ingleichen Hoͤhlen, welche wie Stockwerke uͤber einander liegen, und zum Theil mit dem großen Centralgewoͤlbe Gemeinſchaft haben. Aus dieſem Hoͤhlenſyſtem und den darinn befindlichen Gewaͤſſern erklaͤrt Herr S. die Art und Weiſe, wie die Suͤndfluth habe entſtehen, und wieder abfließen koͤnnen, ſehr gekuͤnſtelt, mit Huͤlfe eines von Blech verfertigten Heronsbrunns. Die Conchylien in den Erdſchichten ſollen vorher in den Seen der unterirdiſchen Hoͤhlen gelebt haben, und durch den Ausbruch der Gewaͤſſer bey der Suͤndfluth auf die Erdflaͤche gefuͤhrt worden ſeyn. Die Elephanten- und Rhinocerosknochen ſchwammen, durch die Verweſung leichter gemacht, auf dem Waſſer, wurden durch Wind, Wellen, und Stroͤme der ablaufenden Fluth herumgefuͤhrt und endlich in den von hoͤhern Gegenden herabfließenden Schlamm und Sand begraben. Man ſieht bald, daß die kuͤnſtlichen Veranſtaltungen dieſes Syſtems bloß dadurch nothwendig werden, weil Herr S. den ſo wahrſcheinlichen Satz, daß unſer Land lange Zeit der Grund eines ruhenden Meeres geweſen ſey, nicht annehmen, ſondern die Bildung des Bodens aus der Suͤndfluth, als einer ploͤtzlichen Revolution, herleiten will, welches ſich freylich
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zur Grundlage ſeines Syſtems. Gott ſchuf nach ihm das Chaos fuͤr jeden Weltkoͤrper da, wo dieſer ſeine Stelle haben ſollte. Am erſten Tage entzuͤndeten ſich die Sonnen, und die Umdrehungen um die Axen fiengen an. Am zweeten vollendete ſich die Abſonderung der Luft, das Waſſer blieb auf der Flaͤche, und im Kerne grif die Verſteinerung ſchnell um ſich. Im Innerſten brach eine ungemeine elaſtiſche Kraft, ein ploͤtzlich wirkendes Feuer aus, bildete ungeheure Hoͤhlungen im Innern und trieb die Erde hie mehr, dort weniger empor. Dadurch traten Land, Inſeln und Berge hervor, und das Meer verlief ſich zum Theil in die Hoͤhlen. Die Felſen wurden theils durch die ſchlammichte Flaͤche, theils durch Steinſchichten hindurchgeſchoben, theils ward die weiche Maſſe zu Huͤgeln und Ruͤcken erhoben, theils brach das Feuer durch Oefnungen, und warf Granit, Quarz und Sand weit umher. Durch eben dieſe elaſtiſche Kraft wurden auch lange Gaͤnge und Canaͤle gebildet, ingleichen Hoͤhlen, welche wie Stockwerke uͤber einander liegen, und zum Theil mit dem großen Centralgewoͤlbe Gemeinſchaft haben. Aus dieſem Hoͤhlenſyſtem und den darinn befindlichen Gewaͤſſern erklaͤrt Herr S. die Art und Weiſe, wie die Suͤndfluth habe entſtehen, und wieder abfließen koͤnnen, ſehr gekuͤnſtelt, mit Huͤlfe eines von Blech verfertigten Heronsbrunns. Die Conchylien in den Erdſchichten ſollen vorher in den Seen der unterirdiſchen Hoͤhlen gelebt haben, und durch den Ausbruch der Gewaͤſſer bey der Suͤndfluth auf die Erdflaͤche gefuͤhrt worden ſeyn. Die Elephanten- und Rhinocerosknochen ſchwammen, durch die Verweſung leichter gemacht, auf dem Waſſer, wurden durch Wind, Wellen, und Stroͤme der ablaufenden Fluth herumgefuͤhrt und endlich in den von hoͤhern Gegenden herabfließenden Schlamm und Sand begraben. Man ſieht bald, daß die kuͤnſtlichen Veranſtaltungen dieſes Syſtems bloß dadurch nothwendig werden, weil Herr S. den ſo wahrſcheinlichen Satz, daß unſer Land lange Zeit der Grund eines ruhenden Meeres geweſen ſey, nicht annehmen, ſondern die Bildung des Bodens aus der Suͤndfluth, als einer ploͤtzlichen Revolution, herleiten will, welches ſich freylich<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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zur Grundlage ſeines Syſtems. Gott ſchuf nach ihm das Chaos fuͤr jeden Weltkoͤrper da, wo dieſer ſeine Stelle haben ſollte. Am erſten Tage entzuͤndeten ſich die Sonnen, und die Umdrehungen um die Axen fiengen an. Am zweeten vollendete ſich die Abſonderung der Luft, das Waſſer blieb auf der Flaͤche, und im Kerne grif die Verſteinerung ſchnell um ſich. Im Innerſten brach eine ungemeine elaſtiſche Kraft, ein ploͤtzlich wirkendes Feuer aus, bildete ungeheure Hoͤhlungen im Innern und trieb die Erde hie mehr, dort weniger empor. Dadurch traten Land, Inſeln und Berge hervor, und das Meer verlief ſich zum Theil in die Hoͤhlen. Die Felſen wurden theils durch die ſchlammichte Flaͤche, theils durch Steinſchichten hindurchgeſchoben, theils ward die weiche Maſſe zu Huͤgeln und Ruͤcken erhoben, theils brach das Feuer durch Oefnungen, und warf Granit, Quarz und Sand weit umher. Durch eben dieſe elaſtiſche Kraft wurden auch lange Gaͤnge und Canaͤle gebildet, ingleichen Hoͤhlen, welche wie Stockwerke uͤber einander liegen, und zum Theil mit dem großen Centralgewoͤlbe Gemeinſchaft haben. Aus dieſem Hoͤhlenſyſtem und den darinn befindlichen Gewaͤſſern erklaͤrt Herr S. die Art und Weiſe, wie die Suͤndfluth habe entſtehen, und wieder abfließen koͤnnen, ſehr gekuͤnſtelt, mit Huͤlfe eines von Blech verfertigten Heronsbrunns. Die Conchylien in den Erdſchichten ſollen vorher in den Seen der unterirdiſchen Hoͤhlen gelebt haben, und durch den Ausbruch der Gewaͤſſer bey der Suͤndfluth auf die Erdflaͤche gefuͤhrt worden ſeyn. Die Elephanten- und Rhinocerosknochen ſchwammen, durch die Verweſung leichter gemacht, auf dem Waſſer, wurden durch Wind, Wellen, und Stroͤme der ablaufenden Fluth herumgefuͤhrt und endlich in den von hoͤhern Gegenden herabfließenden Schlamm und Sand begraben. Man ſieht bald, daß die kuͤnſtlichen Veranſtaltungen dieſes Syſtems bloß dadurch nothwendig werden, weil Herr S. den ſo wahrſcheinlichen Satz, daß unſer Land lange Zeit der Grund eines ruhenden Meeres geweſen ſey, nicht annehmen, ſondern die Bildung des Bodens aus der Suͤndfluth, als einer ploͤtzlichen Revolution, herleiten will, welches ſich freylich
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/77>, abgerufen am 22.11.2024.
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