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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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der Salmiakgeist rc. Die Oele schmelzen zwar das Eis; aber da sie sich nicht mit dem daraus entstehenden Wasser vermischen, so erzeugen sie auch dabey keine neue Kälte. Hierüber haben schon Geoffroy (Mem de l'acad. des Sc. 1727. 1728.) und Musschenbroek (Experimenta varia circa mixturas cum aqua, spiritu vini, aqua forti etc. instituta, in den Tentam. Acad. del Cimento, Lugd. Bat. 1731. 4.) viele Versuche bekannt gemacht. Auch Auflösungen von Laugensalzen in Säuren, z. B. von 2 Theilen Salmiak in 3 Theilen Vitriolsäure, geben Kälte. Es brauset zwar die Mischung auf, und sendet warme Dämpfe aus, in denen das Thermometer um einige Grade steigt. Setzt man aber die Kugel des Thermometers in die brausende Mischung seibst, so fällt es fast um eben so viel Grade tiefer.

Die Grundlage zu allen Versuchen dieser Art gab Boyle's vortrefliche Schrift über die Kälte (Hist. experimentalis de Frigore. Lond. 1665. 4.), worinn er schon die Wirkungen der Salze und sauren Geister beym Schmelzen des Eises und Schnees bekannt machte. Bald darauf zeigte er in einer andern Schrift (A new frigorific experiment etc. in Philos. Trans. no. 15), daß sich auch durch bloße Auflösung des Salmiaks im Wasser eine sehr beträchtliche Kälte hervorbringen lasse. Fahrenheit erfand 1729 die Methode, nach einer schon vorhergegangenen Erkältung des gestoßenen Eises durch neuen hinzugegoßnen Salpetergeist die Kälte noch mehr zu verstärken; Reaumüer bestimmmte endlich die hervorgebrachten Grade der Kälte selbst, wozu es Boyle'n nur an einer bestimmten Eintheilung des Thermometers gefehlt hatte.

Man hat zu Erklärung dieser Phänomene nicht nöthig, mit Ramazzini, Musschenbroek, Richmann u. a. eine kaltmachende Materie in den Salzen anzunehmen, da sich alles aus mehreren andern Vorstellungsarten herleiten läßt. Die Entstehung der Kälte rührt offenbar von der Auflösung her. Ist das Eis und Salz so trocken, daß bey der Mischung nicht Feuchtigkeit genung vorhanden ist, um das Salz aufzulösen, so entsteht auch keine größere


der Salmiakgeiſt rc. Die Oele ſchmelzen zwar das Eis; aber da ſie ſich nicht mit dem daraus entſtehenden Waſſer vermiſchen, ſo erzeugen ſie auch dabey keine neue Kaͤlte. Hieruͤber haben ſchon Geoffroy (Mém de l'acad. des Sc. 1727. 1728.) und Muſſchenbroek (Experimenta varia circa mixturas cum aqua, ſpiritu vini, aqua forti etc. inſtituta, in den Tentam. Acad. del Cimento, Lugd. Bat. 1731. 4.) viele Verſuche bekannt gemacht. Auch Aufloͤſungen von Laugenſalzen in Saͤuren, z. B. von 2 Theilen Salmiak in 3 Theilen Vitriolſaͤure, geben Kaͤlte. Es brauſet zwar die Miſchung auf, und ſendet warme Daͤmpfe aus, in denen das Thermometer um einige Grade ſteigt. Setzt man aber die Kugel des Thermometers in die brauſende Miſchung ſeibſt, ſo faͤllt es faſt um eben ſo viel Grade tiefer.

Die Grundlage zu allen Verſuchen dieſer Art gab Boyle's vortrefliche Schrift uͤber die Kaͤlte (Hiſt. experimentalis de Frigore. Lond. 1665. 4.), worinn er ſchon die Wirkungen der Salze und ſauren Geiſter beym Schmelzen des Eiſes und Schnees bekannt machte. Bald darauf zeigte er in einer andern Schrift (A new frigorific experiment etc. in Philoſ. Trans. no. 15), daß ſich auch durch bloße Aufloͤſung des Salmiaks im Waſſer eine ſehr betraͤchtliche Kaͤlte hervorbringen laſſe. Fahrenheit erfand 1729 die Methode, nach einer ſchon vorhergegangenen Erkaͤltung des geſtoßenen Eiſes durch neuen hinzugegoßnen Salpetergeiſt die Kaͤlte noch mehr zu verſtaͤrken; Reaumuͤer beſtimmmte endlich die hervorgebrachten Grade der Kaͤlte ſelbſt, wozu es Boyle'n nur an einer beſtimmten Eintheilung des Thermometers gefehlt hatte.

Man hat zu Erklaͤrung dieſer Phaͤnomene nicht noͤthig, mit Ramazzini, Muſſchenbroek, Richmann u. a. eine kaltmachende Materie in den Salzen anzunehmen, da ſich alles aus mehreren andern Vorſtellungsarten herleiten laͤßt. Die Entſtehung der Kaͤlte ruͤhrt offenbar von der Aufloͤſung her. Iſt das Eis und Salz ſo trocken, daß bey der Miſchung nicht Feuchtigkeit genung vorhanden iſt, um das Salz aufzuloͤſen, ſo entſteht auch keine groͤßere

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[708/0714] der Salmiakgeiſt rc. Die Oele ſchmelzen zwar das Eis; aber da ſie ſich nicht mit dem daraus entſtehenden Waſſer vermiſchen, ſo erzeugen ſie auch dabey keine neue Kaͤlte. Hieruͤber haben ſchon Geoffroy (Mém de l'acad. des Sc. 1727. 1728.) und Muſſchenbroek (Experimenta varia circa mixturas cum aqua, ſpiritu vini, aqua forti etc. inſtituta, in den Tentam. Acad. del Cimento, Lugd. Bat. 1731. 4.) viele Verſuche bekannt gemacht. Auch Aufloͤſungen von Laugenſalzen in Saͤuren, z. B. von 2 Theilen Salmiak in 3 Theilen Vitriolſaͤure, geben Kaͤlte. Es brauſet zwar die Miſchung auf, und ſendet warme Daͤmpfe aus, in denen das Thermometer um einige Grade ſteigt. Setzt man aber die Kugel des Thermometers in die brauſende Miſchung ſeibſt, ſo faͤllt es faſt um eben ſo viel Grade tiefer. Die Grundlage zu allen Verſuchen dieſer Art gab Boyle's vortrefliche Schrift uͤber die Kaͤlte (Hiſt. experimentalis de Frigore. Lond. 1665. 4.), worinn er ſchon die Wirkungen der Salze und ſauren Geiſter beym Schmelzen des Eiſes und Schnees bekannt machte. Bald darauf zeigte er in einer andern Schrift (A new frigorific experiment etc. in Philoſ. Trans. no. 15), daß ſich auch durch bloße Aufloͤſung des Salmiaks im Waſſer eine ſehr betraͤchtliche Kaͤlte hervorbringen laſſe. Fahrenheit erfand 1729 die Methode, nach einer ſchon vorhergegangenen Erkaͤltung des geſtoßenen Eiſes durch neuen hinzugegoßnen Salpetergeiſt die Kaͤlte noch mehr zu verſtaͤrken; Reaumuͤer beſtimmmte endlich die hervorgebrachten Grade der Kaͤlte ſelbſt, wozu es Boyle'n nur an einer beſtimmten Eintheilung des Thermometers gefehlt hatte. Man hat zu Erklaͤrung dieſer Phaͤnomene nicht noͤthig, mit Ramazzini, Muſſchenbroek, Richmann u. a. eine kaltmachende Materie in den Salzen anzunehmen, da ſich alles aus mehreren andern Vorſtellungsarten herleiten laͤßt. Die Entſtehung der Kaͤlte ruͤhrt offenbar von der Aufloͤſung her. Iſt das Eis und Salz ſo trocken, daß bey der Miſchung nicht Feuchtigkeit genung vorhanden iſt, um das Salz aufzuloͤſen, ſo entſteht auch keine groͤßere

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 708. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/714>, abgerufen am 25.11.2024.