Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Die vornehmste Theorie der Höfe ist die von Huygens (Philos. Trans. Vol. V. no. 60. Diss. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis, Amst. 1728. 4.), welcher zu diesem Behuf in der Atmosphäre durchsichtige Kügelchen mit einem undurchsichtigen Kerne, von der Größe des Rübsaamens, annimmt. Wenn A, B, C, Taf. XI. Fig. 72. solche Kügelchen sind, auf welche die mit der Linie OD parallelen Sonnenstralen fallen, so werden die auf den Kern fallenden Stralen gänzlich aufgehalten, die zunächst am Kerne hingehenden aber in D,E,F unter einem Winkel zusammengelenkt, dessen Größe auf das Verhältniß des Kerns zur ganzen Kugel ankömmt. Gesetzt, dieser Winkel sey 47°. Nun stehe das Auge in O, und sehe die Sonne nach der Linie OA; man setze an OA einen Winkel AOC, der der Helfte jenes Winkels gleich, oder hier 23 1/2° ist. So wird das Auge von allen zwischen A und C liegenden Kügelchen keine Sonnenstralen erhalten. Denn von B z. B. werden die Stralen, die zunächst am Kerne vorbeygehen, nach H und K kommen, und das Auge verfehlen; diejenigen, so noch weiter gegen den Rand zu einfallen, werden noch weiter nach N und M abgelenkt. C wird also die erste Kugel seyn, von der der Punkt O wiederum den Stral CO erhält. Dreht man nun die Figur um die Axe OA, so ergiebt sich leicht, daß innerhalb eines Kreises vom Halbmesser 23 1/2', oder vom Durchmesser 47°, diese Kügelchen alle Sonnenstralen abhalten, dagegen die am Umfange dieses Kreises liegenden wieder Sonnenlicht ins Auge senden, woraus die Erscheinung eines dunkeln Flecks um die Sonne selbst, und eines hellen Kreises von bestimmtem Durchmesser um das Dunkle, folget. Man kan sich auch die Entstehung und Ordnung der Farben hiebey erklären, weil die rothen Stralen, die am wenigsten
Die vornehmſte Theorie der Hoͤfe iſt die von Huygens (Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis, Amſt. 1728. 4.), welcher zu dieſem Behuf in der Atmoſphaͤre durchſichtige Kuͤgelchen mit einem undurchſichtigen Kerne, von der Groͤße des Ruͤbſaamens, annimmt. Wenn A, B, C, Taf. XI. Fig. 72. ſolche Kuͤgelchen ſind, auf welche die mit der Linie OD parallelen Sonnenſtralen fallen, ſo werden die auf den Kern fallenden Stralen gaͤnzlich aufgehalten, die zunaͤchſt am Kerne hingehenden aber in D,E,F unter einem Winkel zuſammengelenkt, deſſen Groͤße auf das Verhaͤltniß des Kerns zur ganzen Kugel ankoͤmmt. Geſetzt, dieſer Winkel ſey 47°. Nun ſtehe das Auge in O, und ſehe die Sonne nach der Linie OA; man ſetze an OA einen Winkel AOC, der der Helfte jenes Winkels gleich, oder hier 23 1/2° iſt. So wird das Auge von allen zwiſchen A und C liegenden Kuͤgelchen keine Sonnenſtralen erhalten. Denn von B z. B. werden die Stralen, die zunaͤchſt am Kerne vorbeygehen, nach H und K kommen, und das Auge verfehlen; diejenigen, ſo noch weiter gegen den Rand zu einfallen, werden noch weiter nach N und M abgelenkt. C wird alſo die erſte Kugel ſeyn, von der der Punkt O wiederum den Stral CO erhaͤlt. Dreht man nun die Figur um die Axe OA, ſo ergiebt ſich leicht, daß innerhalb eines Kreiſes vom Halbmeſſer 23 1/2′, oder vom Durchmeſſer 47°, dieſe Kuͤgelchen alle Sonnenſtralen abhalten, dagegen die am Umfange dieſes Kreiſes liegenden wieder Sonnenlicht ins Auge ſenden, woraus die Erſcheinung eines dunkeln Flecks um die Sonne ſelbſt, und eines hellen Kreiſes von beſtimmtem Durchmeſſer um das Dunkle, folget. Man kan ſich auch die Entſtehung und Ordnung der Farben hiebey erklaͤren, weil die rothen Stralen, die am wenigſten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0614" xml:id="P.2.608" n="608"/><lb/> ins Auge kommen. <hi rendition="#b">Dechales</hi> bringt zwar einen Verſuch bey, wo eine mit Waſſer gefuͤllte Glaskugel hinter ſich einen farbigen Ring bildet, an dem die Stralen des Randes mit der Axe einen Winkel von 23° machen; man kan aber dies nicht ungezwungen auf die Hoͤfe anwenden, deren Durchmeſſer ſich auch gar nicht an die Groͤße von 46° binden.</p> <p>Die vornehmſte Theorie der Hoͤfe iſt die von <hi rendition="#b">Huygens</hi> <hi rendition="#aq">(Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis, Amſt. 1728. 4.),</hi> welcher zu dieſem Behuf in der Atmoſphaͤre durchſichtige Kuͤgelchen mit einem undurchſichtigen Kerne, von der Groͤße des Ruͤbſaamens, annimmt. Wenn <hi rendition="#aq">A, B, C,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">XI.</hi> Fig. 72. ſolche Kuͤgelchen ſind, auf welche die mit der Linie <hi rendition="#aq">OD</hi> parallelen Sonnenſtralen fallen, ſo werden die auf den Kern fallenden Stralen gaͤnzlich aufgehalten, die zunaͤchſt am Kerne hingehenden aber in <hi rendition="#aq">D,E,F</hi> unter einem Winkel zuſammengelenkt, deſſen Groͤße auf das Verhaͤltniß des Kerns zur ganzen Kugel ankoͤmmt. Geſetzt, dieſer Winkel ſey 47°. Nun ſtehe das Auge in <hi rendition="#aq">O,</hi> und ſehe die Sonne nach der Linie <hi rendition="#aq">OA;</hi> man ſetze an <hi rendition="#aq">OA</hi> einen Winkel <hi rendition="#aq">AOC,</hi> der der Helfte jenes Winkels gleich, oder hier 23 1/2° iſt. So wird das Auge von allen zwiſchen <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">C</hi> liegenden Kuͤgelchen keine Sonnenſtralen erhalten. Denn von <hi rendition="#aq">B</hi> z. B. werden die Stralen, die zunaͤchſt am Kerne vorbeygehen, nach <hi rendition="#aq">H</hi> und <hi rendition="#aq">K</hi> kommen, und das Auge verfehlen; diejenigen, ſo noch weiter gegen den Rand zu einfallen, werden noch weiter nach <hi rendition="#aq">N</hi> und <hi rendition="#aq">M</hi> abgelenkt. <hi rendition="#aq">C</hi> wird alſo die erſte Kugel ſeyn, von der der Punkt <hi rendition="#aq">O</hi> wiederum den Stral <hi rendition="#aq">CO</hi> erhaͤlt. Dreht man nun die Figur um die Axe <hi rendition="#aq">OA,</hi> ſo ergiebt ſich leicht, daß innerhalb eines Kreiſes vom Halbmeſſer 23 1/2′, oder vom Durchmeſſer 47°, dieſe Kuͤgelchen alle Sonnenſtralen abhalten, dagegen die am Umfange dieſes Kreiſes liegenden wieder Sonnenlicht ins Auge ſenden, woraus die Erſcheinung eines dunkeln Flecks um die Sonne ſelbſt, und eines hellen Kreiſes von beſtimmtem Durchmeſſer um das Dunkle, folget. Man kan ſich auch die Entſtehung und Ordnung der Farben hiebey erklaͤren, weil die rothen Stralen, die am wenigſten<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [608/0614]
ins Auge kommen. Dechales bringt zwar einen Verſuch bey, wo eine mit Waſſer gefuͤllte Glaskugel hinter ſich einen farbigen Ring bildet, an dem die Stralen des Randes mit der Axe einen Winkel von 23° machen; man kan aber dies nicht ungezwungen auf die Hoͤfe anwenden, deren Durchmeſſer ſich auch gar nicht an die Groͤße von 46° binden.
Die vornehmſte Theorie der Hoͤfe iſt die von Huygens (Philoſ. Trans. Vol. V. no. 60. Diſſ. de coronis et parheliis, in Opp. reliquis, Amſt. 1728. 4.), welcher zu dieſem Behuf in der Atmoſphaͤre durchſichtige Kuͤgelchen mit einem undurchſichtigen Kerne, von der Groͤße des Ruͤbſaamens, annimmt. Wenn A, B, C, Taf. XI. Fig. 72. ſolche Kuͤgelchen ſind, auf welche die mit der Linie OD parallelen Sonnenſtralen fallen, ſo werden die auf den Kern fallenden Stralen gaͤnzlich aufgehalten, die zunaͤchſt am Kerne hingehenden aber in D,E,F unter einem Winkel zuſammengelenkt, deſſen Groͤße auf das Verhaͤltniß des Kerns zur ganzen Kugel ankoͤmmt. Geſetzt, dieſer Winkel ſey 47°. Nun ſtehe das Auge in O, und ſehe die Sonne nach der Linie OA; man ſetze an OA einen Winkel AOC, der der Helfte jenes Winkels gleich, oder hier 23 1/2° iſt. So wird das Auge von allen zwiſchen A und C liegenden Kuͤgelchen keine Sonnenſtralen erhalten. Denn von B z. B. werden die Stralen, die zunaͤchſt am Kerne vorbeygehen, nach H und K kommen, und das Auge verfehlen; diejenigen, ſo noch weiter gegen den Rand zu einfallen, werden noch weiter nach N und M abgelenkt. C wird alſo die erſte Kugel ſeyn, von der der Punkt O wiederum den Stral CO erhaͤlt. Dreht man nun die Figur um die Axe OA, ſo ergiebt ſich leicht, daß innerhalb eines Kreiſes vom Halbmeſſer 23 1/2′, oder vom Durchmeſſer 47°, dieſe Kuͤgelchen alle Sonnenſtralen abhalten, dagegen die am Umfange dieſes Kreiſes liegenden wieder Sonnenlicht ins Auge ſenden, woraus die Erſcheinung eines dunkeln Flecks um die Sonne ſelbſt, und eines hellen Kreiſes von beſtimmtem Durchmeſſer um das Dunkle, folget. Man kan ſich auch die Entſtehung und Ordnung der Farben hiebey erklaͤren, weil die rothen Stralen, die am wenigſten
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