die Anziehung des Wassers unter sich selbst vermindert wird Setzt man die Kraft, mit welcher das Wasser vom Glase, so weit dessen Wirkung reicht, angezogen wird=g, und die, womit es vom Wasser selbst in gleicher Weite angezogen wird=w; so ist die ganze Anziehung aus der ersten Ursache=g--w, aus der zweyten ebenfalls=g--w, aus der dritten=g--(g--w)=w. Die ganze Anziehung also=2g--2w+w=2g--w. Daher müßte das Wasser noch steigen, wenn nur die Anziehung des Glases über halb so groß, als die des Wassers unter sich selbst, wäre. Man kan dies leicht auf das Quecksilber anwenden, wo bey Einsenkung einer Glasröhre die Anziehung oberwärts schwächer wird, und der unterwärts nach dem übrigen Quecksilber gerichteten nicht mehr das Gleichgewicht hält, daher das Gewicht der Säule vermehrt wird, und die übrigen sie nicht mehr so hoch erhalten können, als sie selbst sind, u. s. w.
Eben so steigt auch Wasser zwischen ein Paar ebnen Glasplatten, die man nahe genug an einander bringt, in prismatischen engen Röhren und in engen Oefnungen und Zwischenräumen anderer Körper in die Höhe. So saugen Schwämme, Salz, Zucker, Erde, Holz, Leinwand, Löschpapier, Dachte, Stricke u. dgl. allerley flüßige Materien, nicht aber Quecksilber, in sich; so steigt der Saft in die Gefäße der Bäume und Pflanzen, s. Aohäsion.
Obgleich D. Hook(Micrographia Obs. VII.) mit vielem Scharfsinne zu behaupten gesucht hat, daß die Wirkung der Haarröhren vom Drucke der Luft herrühre, so sind doch die Versuche dieser Meynung schlechterdings entgegen. Und da sich diese Erscheinungen auch weder aus dem Drucke des Aethers, noch aus einem bloßen Zusammenhange erklären lassen, so machen sie einen Hauptbeweis für das Daseyn einer anziehenden Kraft in der Materie aus.
C. B. Funccii Diss. de ascensu fluidorum in tubis capillaribus Comment. I et II. Lips. 1773. 4.
Erxleben Anfangsgr. der Naturlehre, Gött. 1787. 8. §. 184. u. f.
die Anziehung des Waſſers unter ſich ſelbſt vermindert wird Setzt man die Kraft, mit welcher das Waſſer vom Glaſe, ſo weit deſſen Wirkung reicht, angezogen wird=g, und die, womit es vom Waſſer ſelbſt in gleicher Weite angezogen wird=w; ſo iſt die ganze Anziehung aus der erſten Urſache=g—w, aus der zweyten ebenfalls=g—w, aus der dritten=g—(g—w)=w. Die ganze Anziehung alſo=2g—2w+w=2g—w. Daher muͤßte das Waſſer noch ſteigen, wenn nur die Anziehung des Glaſes uͤber halb ſo groß, als die des Waſſers unter ſich ſelbſt, waͤre. Man kan dies leicht auf das Queckſilber anwenden, wo bey Einſenkung einer Glasroͤhre die Anziehung oberwaͤrts ſchwaͤcher wird, und der unterwaͤrts nach dem uͤbrigen Queckſilber gerichteten nicht mehr das Gleichgewicht haͤlt, daher das Gewicht der Saͤule vermehrt wird, und die uͤbrigen ſie nicht mehr ſo hoch erhalten koͤnnen, als ſie ſelbſt ſind, u. ſ. w.
Eben ſo ſteigt auch Waſſer zwiſchen ein Paar ebnen Glasplatten, die man nahe genug an einander bringt, in prismatiſchen engen Roͤhren und in engen Oefnungen und Zwiſchenraͤumen anderer Koͤrper in die Hoͤhe. So ſaugen Schwaͤmme, Salz, Zucker, Erde, Holz, Leinwand, Loͤſchpapier, Dachte, Stricke u. dgl. allerley fluͤßige Materien, nicht aber Queckſilber, in ſich; ſo ſteigt der Saft in die Gefaͤße der Baͤume und Pflanzen, ſ. Aohaͤſion.
Obgleich D. Hook(Micrographia Obſ. VII.) mit vielem Scharfſinne zu behaupten geſucht hat, daß die Wirkung der Haarroͤhren vom Drucke der Luft herruͤhre, ſo ſind doch die Verſuche dieſer Meynung ſchlechterdings entgegen. Und da ſich dieſe Erſcheinungen auch weder aus dem Drucke des Aethers, noch aus einem bloßen Zuſammenhange erklaͤren laſſen, ſo machen ſie einen Hauptbeweis fuͤr das Daſeyn einer anziehenden Kraft in der Materie aus.
C. B. Funccii Diſſ. de aſcenſu fluidorum in tubis capillaribus Comment. I et II. Lipſ. 1773. 4.
Erxleben Anfangsgr. der Naturlehre, Goͤtt. 1787. 8. §. 184. u. f.
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die Anziehung des Waſſers unter ſich ſelbſt vermindert wird Setzt man die Kraft, mit welcher das Waſſer vom Glaſe, ſo weit deſſen Wirkung reicht, angezogen wird=g, und die, womit es vom Waſſer ſelbſt in gleicher Weite angezogen wird=w; ſo iſt die ganze Anziehung aus der erſten Urſache=g—w, aus der zweyten ebenfalls=g—w, aus der dritten=g—(g—w)=w. Die ganze Anziehung alſo=2g—2w+w=2g—w. Daher muͤßte das Waſſer noch ſteigen, wenn nur die Anziehung des Glaſes uͤber halb ſo groß, als die des Waſſers unter ſich ſelbſt, waͤre. Man kan dies leicht auf das Queckſilber anwenden, wo bey Einſenkung einer Glasroͤhre die Anziehung oberwaͤrts ſchwaͤcher wird, und der unterwaͤrts nach dem uͤbrigen Queckſilber gerichteten nicht mehr das Gleichgewicht haͤlt, daher das Gewicht der Saͤule vermehrt wird, und die uͤbrigen ſie nicht mehr ſo hoch erhalten koͤnnen, als ſie ſelbſt ſind, u. ſ. w.
Eben ſo ſteigt auch Waſſer zwiſchen ein Paar ebnen Glasplatten, die man nahe genug an einander bringt, in prismatiſchen engen Roͤhren und in engen Oefnungen und Zwiſchenraͤumen anderer Koͤrper in die Hoͤhe. So ſaugen Schwaͤmme, Salz, Zucker, Erde, Holz, Leinwand, Loͤſchpapier, Dachte, Stricke u. dgl. allerley fluͤßige Materien, nicht aber Queckſilber, in ſich; ſo ſteigt der Saft in die Gefaͤße der Baͤume und Pflanzen, ſ. Aohaͤſion.
Obgleich D. Hook (Micrographia Obſ. VII.) mit vielem Scharfſinne zu behaupten geſucht hat, daß die Wirkung der Haarroͤhren vom Drucke der Luft herruͤhre, ſo ſind doch die Verſuche dieſer Meynung ſchlechterdings entgegen. Und da ſich dieſe Erſcheinungen auch weder aus dem Drucke des Aethers, noch aus einem bloßen Zuſammenhange erklaͤren laſſen, ſo machen ſie einen Hauptbeweis fuͤr das Daſeyn einer anziehenden Kraft in der Materie aus.
C. B. Funccii Diſſ. de aſcenſu fluidorum in tubis capillaribus Comment. I et II. Lipſ. 1773. 4.
Erxleben Anfangsgr. der Naturlehre, Goͤtt. 1787. 8. §. 184. u. f.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/558>, abgerufen am 22.11.2024.
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