Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Die neuste Bestätigung hat das System der Gravitation durch Maskelyne's Beobachtungen und Messungen am Berge Shehallien in Schottland erhalten. Die Schwere gegen die Erde ist zwar so groß, daß sie die besondern Gravitationen der Erdkörper gegen einander selbst unmerklich macht, wie der Sturmwind einen leichten Hauch, um mit Maupertuis zu reden. Dennoch können diese besondern Gravitationen merklich werden, wenn sie gegen Körper gerichtet sind, deren Massen ein merkliches Verhältniß gegen die ganze Masse der Erde haben. So fanden schon Bouguer und de la Condamine, daß der Berg Chimboraco in Quito das am Quadranten hangende Bleyloth gegen sich von der lothrechten Linie abzog. Sie bestimmten durch mehrere auf der Nord- und Südseite des Berges gemessene Höhen der Sterne die Abweichung des Bleyloths auf 7 bis 8. Diese Beobachtungen errgten den Wunsch, die Anziehungen mehrerer Berge zu messen, um dadurch auf die mittlere Dichte der Erdkugel schließen zu können. Der königliche Astronom zu Greenwich, Nevil Maskelyne legte der Societät zu London einen Plan dazu vor, den er auch im Sommer 1774 ausführte (Philos. Trans. Vol. LXV. for 1775. no. 48. 49.). Der Berg Shehallien in Pertshire schien dazu vorzüglich geschickt, weil er hoch ist, einzeln steht, sich weit von Osten nach Westen streckt, dagegen aber von Norden nach Süden steil ist, und eine schmale Grundfläche hat. Es kam darauf an, südlich und nördlich vom Berge die Abstände einiger Fixsterne vom Scheitel zu messen. Denn um wieviel bey der südlichen Beobachtung der Berg das Bleyloth von der Scheitellinie abgezogen hatte, um soviel mußte der südliche Abstand eines Sterns vom Zenith zu klein gefunden werden, und umgekehrt. Hiemit waren geometrische Messungen zu verbinden, um den wahren Unterschied der geographischen Breiten
Die neuſte Beſtaͤtigung hat das Syſtem der Gravitation durch Maſkelyne's Beobachtungen und Meſſungen am Berge Shehallien in Schottland erhalten. Die Schwere gegen die Erde iſt zwar ſo groß, daß ſie die beſondern Gravitationen der Erdkoͤrper gegen einander ſelbſt unmerklich macht, wie der Sturmwind einen leichten Hauch, um mit Maupertuis zu reden. Dennoch koͤnnen dieſe beſondern Gravitationen merklich werden, wenn ſie gegen Koͤrper gerichtet ſind, deren Maſſen ein merkliches Verhaͤltniß gegen die ganze Maſſe der Erde haben. So fanden ſchon Bouguer und de la Condamine, daß der Berg Chimboraco in Quito das am Quadranten hangende Bleyloth gegen ſich von der lothrechten Linie abzog. Sie beſtimmten durch mehrere auf der Nord- und Suͤdſeite des Berges gemeſſene Hoͤhen der Sterne die Abweichung des Bleyloths auf 7 bis 8. Dieſe Beobachtungen errgten den Wunſch, die Anziehungen mehrerer Berge zu meſſen, um dadurch auf die mittlere Dichte der Erdkugel ſchließen zu koͤnnen. Der koͤnigliche Aſtronom zu Greenwich, Nevil Maſkelyne legte der Societaͤt zu London einen Plan dazu vor, den er auch im Sommer 1774 ausfuͤhrte (Philoſ. Trans. Vol. LXV. for 1775. no. 48. 49.). Der Berg Shehallien in Pertſhire ſchien dazu vorzuͤglich geſchickt, weil er hoch iſt, einzeln ſteht, ſich weit von Oſten nach Weſten ſtreckt, dagegen aber von Norden nach Suͤden ſteil iſt, und eine ſchmale Grundflaͤche hat. Es kam darauf an, ſuͤdlich und noͤrdlich vom Berge die Abſtaͤnde einiger Fixſterne vom Scheitel zu meſſen. Denn um wieviel bey der ſuͤdlichen Beobachtung der Berg das Bleyloth von der Scheitellinie abgezogen hatte, um ſoviel mußte der ſuͤdliche Abſtand eines Sterns vom Zenith zu klein gefunden werden, und umgekehrt. Hiemit waren geometriſche Meſſungen zu verbinden, um den wahren Unterſchied der geographiſchen Breiten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0541" xml:id="P.2.535" n="535"/><lb/> Verſuche nie angeſtellt worden, und ſich weder ein Profeſſor Coultaud in Turin, noch ein Mercier in Sitten befinde. <hi rendition="#b">De Luͤc</hi> (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde rc. <hi rendition="#aq">I</hi> Th. 45. Brief), der ſelbſt dieſen Betrug entdecken half, erzaͤhlt die Geſchichte deſſelben ſehr umſtaͤndlich.</p> <p>Die neuſte Beſtaͤtigung hat das Syſtem der Gravitation durch <hi rendition="#b">Maſkelyne's</hi> Beobachtungen und Meſſungen am Berge <hi rendition="#b">Shehallien</hi> in Schottland erhalten. Die Schwere gegen die Erde iſt zwar ſo groß, daß ſie die beſondern Gravitationen der Erdkoͤrper gegen einander ſelbſt unmerklich macht, wie der Sturmwind einen leichten Hauch, um mit <hi rendition="#b">Maupertuis</hi> zu reden. Dennoch koͤnnen dieſe beſondern Gravitationen merklich werden, wenn ſie gegen Koͤrper gerichtet ſind, deren Maſſen ein merkliches Verhaͤltniß gegen die ganze Maſſe der Erde haben. So fanden ſchon <hi rendition="#b">Bouguer</hi> und <hi rendition="#b">de la Condamine,</hi> daß der Berg <hi rendition="#b">Chimboraco</hi> in Quito das am Quadranten hangende Bleyloth gegen ſich von der lothrechten Linie abzog. Sie beſtimmten durch mehrere auf der Nord- und Suͤdſeite des Berges gemeſſene Hoͤhen der Sterne die Abweichung des Bleyloths auf 7 bis 8. Dieſe Beobachtungen errgten den Wunſch, die Anziehungen mehrerer Berge zu meſſen, um dadurch auf die mittlere Dichte der Erdkugel ſchließen zu koͤnnen. Der koͤnigliche Aſtronom zu Greenwich, <hi rendition="#b">Nevil Maſkelyne</hi> legte der Societaͤt zu London einen Plan dazu vor, den er auch im Sommer 1774 ausfuͤhrte <hi rendition="#aq">(Philoſ. Trans. Vol. LXV. for 1775. no. 48. 49.).</hi> Der Berg Shehallien in Pertſhire ſchien dazu vorzuͤglich geſchickt, weil er hoch iſt, einzeln ſteht, ſich weit von Oſten nach Weſten ſtreckt, dagegen aber von Norden nach Suͤden ſteil iſt, und eine ſchmale Grundflaͤche hat. Es kam darauf an, ſuͤdlich und noͤrdlich vom Berge die Abſtaͤnde einiger Fixſterne vom Scheitel zu meſſen. Denn um wieviel bey der ſuͤdlichen Beobachtung der Berg das Bleyloth von der Scheitellinie abgezogen hatte, um ſoviel mußte der ſuͤdliche Abſtand eines Sterns vom Zenith zu klein gefunden werden, und umgekehrt. Hiemit waren geometriſche Meſſungen zu verbinden, um den wahren Unterſchied der geographiſchen Breiten<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [535/0541]
Verſuche nie angeſtellt worden, und ſich weder ein Profeſſor Coultaud in Turin, noch ein Mercier in Sitten befinde. De Luͤc (Briefe uͤber die Geſchichte der Erde rc. I Th. 45. Brief), der ſelbſt dieſen Betrug entdecken half, erzaͤhlt die Geſchichte deſſelben ſehr umſtaͤndlich.
Die neuſte Beſtaͤtigung hat das Syſtem der Gravitation durch Maſkelyne's Beobachtungen und Meſſungen am Berge Shehallien in Schottland erhalten. Die Schwere gegen die Erde iſt zwar ſo groß, daß ſie die beſondern Gravitationen der Erdkoͤrper gegen einander ſelbſt unmerklich macht, wie der Sturmwind einen leichten Hauch, um mit Maupertuis zu reden. Dennoch koͤnnen dieſe beſondern Gravitationen merklich werden, wenn ſie gegen Koͤrper gerichtet ſind, deren Maſſen ein merkliches Verhaͤltniß gegen die ganze Maſſe der Erde haben. So fanden ſchon Bouguer und de la Condamine, daß der Berg Chimboraco in Quito das am Quadranten hangende Bleyloth gegen ſich von der lothrechten Linie abzog. Sie beſtimmten durch mehrere auf der Nord- und Suͤdſeite des Berges gemeſſene Hoͤhen der Sterne die Abweichung des Bleyloths auf 7 bis 8. Dieſe Beobachtungen errgten den Wunſch, die Anziehungen mehrerer Berge zu meſſen, um dadurch auf die mittlere Dichte der Erdkugel ſchließen zu koͤnnen. Der koͤnigliche Aſtronom zu Greenwich, Nevil Maſkelyne legte der Societaͤt zu London einen Plan dazu vor, den er auch im Sommer 1774 ausfuͤhrte (Philoſ. Trans. Vol. LXV. for 1775. no. 48. 49.). Der Berg Shehallien in Pertſhire ſchien dazu vorzuͤglich geſchickt, weil er hoch iſt, einzeln ſteht, ſich weit von Oſten nach Weſten ſtreckt, dagegen aber von Norden nach Suͤden ſteil iſt, und eine ſchmale Grundflaͤche hat. Es kam darauf an, ſuͤdlich und noͤrdlich vom Berge die Abſtaͤnde einiger Fixſterne vom Scheitel zu meſſen. Denn um wieviel bey der ſuͤdlichen Beobachtung der Berg das Bleyloth von der Scheitellinie abgezogen hatte, um ſoviel mußte der ſuͤdliche Abſtand eines Sterns vom Zenith zu klein gefunden werden, und umgekehrt. Hiemit waren geometriſche Meſſungen zu verbinden, um den wahren Unterſchied der geographiſchen Breiten
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