"possit. Nam, quid ego de magnete, tamquam de "exemplo? Cum ipsa tellus, Guilielmo Gilberto, Anglo, "demonstrante, magnus quidam sit magnes." Bey so bestimmten Aeußerungen über die allgemeine Schwere kan man sich nicht genug verwundern, wie Kepler neun Jahre darauf in einem andern Buche (Epitome Astron. Copern. Lentiis ad Danub. 1618. 8.), eine so schlechte und hievon ganz abweichende physische Astronomie vortragen konnte, nach welcher die Sonne den Planeten nur alsdann anzieht, wenn er ihr die freundschaftliche Seite (partem amicam) zukehrt, sonst aber abstößt. Dieser große Astronom und Geometer gab einer lebhaften Einbildungskraft allzusehr nach, um ein guter Phystker zu seyn. Er würde sonst nicht über seinen archerypischen Verhältnissen und harmonischen Proportionen die Entdeckung der wahren physischen Astronomie verfehlt haben, der er doch so nahe war, und von welcher seine vortreflichen Regeln die Grundlage ausmachen.
Die Lesung der Keplerischen Schriften war hinreichend, der Meynung von der allgemeinen und wechselseitigen Schwere mehrere Vertheidiger zu erwecken. Fermat gedenkt nicht nur in seinen Schriften der Erklärung der Schwere durch ein gegenseitiges Anziehen, wobey sich ein Körper dem andern so zu nähern sucht, daß der größere den kürzesten Weg macht, sondern er fand auch nach dem Zeugnisse des P. Mersenne(Harmon. univers. L. II. prop. 12.) den Satz, daß ein Theilchen zwischen der Oberfläche und dem Mittelpunkte der Kugel weniger gravitirt, weil es die äußern Theile rückwärts anziehen, woraus er schloß, daß die Schwere in dieser Rücksicht, wie der Abstand vom Mittelpunkte abnehme. Roberval gab unter dem Namen Aristarch von Samos ein Buch heraus (Arist. Samii de mundi systemate liber singularis, Paris. 1644. 4 ), worinn er allen Theilen der Materie die Schwere gegen einander als eine wesentliche Eigenschaft beylegt, welche mache, daß sie sich zu runden Massen bilden.
Niemand aber hat vor Newton die Lehre von der Gravitation so allgemein übersehen, als D. Hook(An attempt to prove the motion of the Earth, London, 1674.
”poſſit. Nam, quid ego de magnete, tamquam de ”exemplo? Cum ipſa tellus, Guilielmo Gilberto, Anglo, ”demonſtrante, magnus quidam ſit magnes.“ Bey ſo beſtimmten Aeußerungen uͤber die allgemeine Schwere kan man ſich nicht genug verwundern, wie Kepler neun Jahre darauf in einem andern Buche (Epitome Aſtron. Copern. Lentiis ad Danub. 1618. 8.), eine ſo ſchlechte und hievon ganz abweichende phyſiſche Aſtronomie vortragen konnte, nach welcher die Sonne den Planeten nur alsdann anzieht, wenn er ihr die freundſchaftliche Seite (partem amicam) zukehrt, ſonſt aber abſtoͤßt. Dieſer große Aſtronom und Geometer gab einer lebhaften Einbildungskraft allzuſehr nach, um ein guter Phyſtker zu ſeyn. Er wuͤrde ſonſt nicht uͤber ſeinen archerypiſchen Verhaͤltniſſen und harmoniſchen Proportionen die Entdeckung der wahren phyſiſchen Aſtronomie verfehlt haben, der er doch ſo nahe war, und von welcher ſeine vortreflichen Regeln die Grundlage ausmachen.
Die Leſung der Kepleriſchen Schriften war hinreichend, der Meynung von der allgemeinen und wechſelſeitigen Schwere mehrere Vertheidiger zu erwecken. Fermat gedenkt nicht nur in ſeinen Schriften der Erklaͤrung der Schwere durch ein gegenſeitiges Anziehen, wobey ſich ein Koͤrper dem andern ſo zu naͤhern ſucht, daß der groͤßere den kuͤrzeſten Weg macht, ſondern er fand auch nach dem Zeugniſſe des P. Merſenne(Harmon. univerſ. L. II. prop. 12.) den Satz, daß ein Theilchen zwiſchen der Oberflaͤche und dem Mittelpunkte der Kugel weniger gravitirt, weil es die aͤußern Theile ruͤckwaͤrts anziehen, woraus er ſchloß, daß die Schwere in dieſer Ruͤckſicht, wie der Abſtand vom Mittelpunkte abnehme. Roberval gab unter dem Namen Ariſtarch von Samos ein Buch heraus (Ariſt. Samii de mundi ſyſtemate liber ſingularis, Paris. 1644. 4 ), worinn er allen Theilen der Materie die Schwere gegen einander als eine weſentliche Eigenſchaft beylegt, welche mache, daß ſie ſich zu runden Maſſen bilden.
Niemand aber hat vor Newton die Lehre von der Gravitation ſo allgemein uͤberſehen, als D. Hook(An attempt to prove the motion of the Earth, London, 1674.
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Die Leſung der Kepleriſchen Schriften war hinreichend, der Meynung von der allgemeinen und wechſelſeitigen Schwere mehrere Vertheidiger zu erwecken. Fermat gedenkt nicht nur in ſeinen Schriften der Erklaͤrung der Schwere durch ein gegenſeitiges Anziehen, wobey ſich ein Koͤrper dem andern ſo zu naͤhern ſucht, daß der groͤßere den kuͤrzeſten Weg macht, ſondern er fand auch nach dem Zeugniſſe des P. Merſenne (Harmon. univerſ. L. II. prop. 12.) den Satz, daß ein Theilchen zwiſchen der Oberflaͤche und dem Mittelpunkte der Kugel weniger gravitirt, weil es die aͤußern Theile ruͤckwaͤrts anziehen, woraus er ſchloß, daß die Schwere in dieſer Ruͤckſicht, wie der Abſtand vom Mittelpunkte abnehme. Roberval gab unter dem Namen Ariſtarch von Samos ein Buch heraus (Ariſt. Samii de mundi ſyſtemate liber ſingularis, Paris. 1644. 4 ), worinn er allen Theilen der Materie die Schwere gegen einander als eine weſentliche Eigenſchaft beylegt, welche mache, daß ſie ſich zu runden Maſſen bilden.
Niemand aber hat vor Newton die Lehre von der Gravitation ſo allgemein uͤberſehen, als D. Hook (An attempt to prove the motion of the Earth, London, 1674.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/526>, abgerufen am 22.11.2024.
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