Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
III. Der seitwärts gehende Druck auf eine feste Wand wird durch das Gewicht einer Wassersäule gemessen, welche die Wand zur Grundfläche, und die senkrechte Höhe des Wassers über die Mitte der Wand zur Höhe hat. Man stelle sich nun vor, Taf. X. Fig. 46. sey in das bis EF mit Wasser gefüllte Gefäß ABCD ein rechtwinklichtes Parallelepipedum abcd so eingesenkt, daß es völlig vom Wasser umringt werde. So ist zuerst aus III. klar, daß der Druck des Wassers auf die Seitenwände ac und bd gleich groß sey, weil die Seitenflächen selbst gleich groß sind, und die Höhe des Wassers über ihrer Mitte ge und hf, ebenfalls auf beyden Seiten gleich ist. Daher heben sich diese Drückungen als gleiche und entgegengesetzte Kräfte von allen Seiten auf, es findet ein völliges Gleichgewicht statt, und der Körper wird vom Wasser auf keine Seite verschoben. Wohl aber wird er von beyden Seiten zusammengedrückt, und die Pressungen können bey einer großen Tiefe unter Wasser sehr stark werden, so daß platte zerbrechliche Flächen dadurch zerdrückt werden. Daher zerbricht eine verstopfte leere Flasche mit platten Seitenflächen, wenn man sie sehr tief im Wasser versenkt; eine offen gelassene aber bleibt ganz, weil sie sich inwendig mit Wasser füllt, welches auf jede Seitenfläche von innen eben so stark herauswärts drückt, als das äußere hineinwärts; daher die äußern Pressungen beyde aufgehoben werden, und nicht mehr auf das Zusammendrücken der ganzen Flasche wirken können. Es erhellet ferner aus I., daß der Druck des Wassers auf die obere Fläche ab dem Gewichte der Wassersäule eabf gleich ist, und aus II., daß der aufwärts gerichtete Druck gegen die untere Fläche cd durch das Gewicht der Wassersäule ecdf gemessen wird. Diese beyden Drückungen sind zwar entgegengesetzt, aber nicht gleich. Es wird also die größere, d. i. die aufwärts gerichtete, nur um so viel vermindert werden, als die kleinere beträgt. Nun ist
III. Der ſeitwaͤrts gehende Druck auf eine feſte Wand wird durch das Gewicht einer Waſſerſaͤule gemeſſen, welche die Wand zur Grundflaͤche, und die ſenkrechte Hoͤhe des Waſſers uͤber die Mitte der Wand zur Hoͤhe hat. Man ſtelle ſich nun vor, Taf. X. Fig. 46. ſey in das bis EF mit Waſſer gefuͤllte Gefaͤß ABCD ein rechtwinklichtes Parallelepipedum abcd ſo eingeſenkt, daß es voͤllig vom Waſſer umringt werde. So iſt zuerſt aus III. klar, daß der Druck des Waſſers auf die Seitenwaͤnde ac und bd gleich groß ſey, weil die Seitenflaͤchen ſelbſt gleich groß ſind, und die Hoͤhe des Waſſers uͤber ihrer Mitte ge und hf, ebenfalls auf beyden Seiten gleich iſt. Daher heben ſich dieſe Druͤckungen als gleiche und entgegengeſetzte Kraͤfte von allen Seiten auf, es findet ein voͤlliges Gleichgewicht ſtatt, und der Koͤrper wird vom Waſſer auf keine Seite verſchoben. Wohl aber wird er von beyden Seiten zuſammengedruͤckt, und die Preſſungen koͤnnen bey einer großen Tiefe unter Waſſer ſehr ſtark werden, ſo daß platte zerbrechliche Flaͤchen dadurch zerdruͤckt werden. Daher zerbricht eine verſtopfte leere Flaſche mit platten Seitenflaͤchen, wenn man ſie ſehr tief im Waſſer verſenkt; eine offen gelaſſene aber bleibt ganz, weil ſie ſich inwendig mit Waſſer fuͤllt, welches auf jede Seitenflaͤche von innen eben ſo ſtark herauswaͤrts druͤckt, als das aͤußere hineinwaͤrts; daher die aͤußern Preſſungen beyde aufgehoben werden, und nicht mehr auf das Zuſammendruͤcken der ganzen Flaſche wirken koͤnnen. Es erhellet ferner aus I., daß der Druck des Waſſers auf die obere Flaͤche ab dem Gewichte der Waſſerſaͤule eabf gleich iſt, und aus II., daß der aufwaͤrts gerichtete Druck gegen die untere Flaͤche cd durch das Gewicht der Waſſerſaͤule ecdf gemeſſen wird. Dieſe beyden Druͤckungen ſind zwar entgegengeſetzt, aber nicht gleich. Es wird alſo die groͤßere, d. i. die aufwaͤrts gerichtete, nur um ſo viel vermindert werden, als die kleinere betraͤgt. Nun iſt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0510" xml:id="P.2.504" n="504"/><lb/> ſenkrechte Hoͤhe des Waſſers uͤber der Ebne des Deckels zur Hoͤhe hat.</p> <p><hi rendition="#aq">III.</hi> Der ſeitwaͤrts gehende Druck auf eine feſte Wand wird durch das Gewicht einer Waſſerſaͤule gemeſſen, welche die Wand zur Grundflaͤche, und die ſenkrechte Hoͤhe des Waſſers uͤber die Mitte der Wand zur Hoͤhe hat.</p> <p>Man ſtelle ſich nun vor, Taf. <hi rendition="#aq">X.</hi> Fig. 46. ſey in das bis <hi rendition="#aq">EF</hi> mit Waſſer gefuͤllte Gefaͤß <hi rendition="#aq">ABCD</hi> ein rechtwinklichtes Parallelepipedum <hi rendition="#aq">abcd</hi> ſo eingeſenkt, daß es voͤllig vom Waſſer umringt werde. So iſt zuerſt aus <hi rendition="#aq">III.</hi> klar, daß der Druck des Waſſers auf die Seitenwaͤnde <hi rendition="#aq">ac</hi> und <hi rendition="#aq">bd</hi> gleich groß ſey, weil die Seitenflaͤchen ſelbſt gleich groß ſind, und die Hoͤhe des Waſſers uͤber ihrer Mitte <hi rendition="#aq">ge</hi> und <hi rendition="#aq">hf,</hi> ebenfalls auf beyden Seiten gleich iſt. Daher heben ſich dieſe Druͤckungen als gleiche und entgegengeſetzte Kraͤfte von allen Seiten auf, es findet ein voͤlliges Gleichgewicht ſtatt, und der Koͤrper wird vom Waſſer auf keine Seite verſchoben.</p> <p>Wohl aber wird er von beyden Seiten zuſammengedruͤckt, und die Preſſungen koͤnnen bey einer großen Tiefe unter Waſſer ſehr ſtark werden, ſo daß platte zerbrechliche Flaͤchen dadurch zerdruͤckt werden. Daher zerbricht eine verſtopfte leere Flaſche mit platten Seitenflaͤchen, wenn man ſie ſehr tief im Waſſer verſenkt; eine offen gelaſſene aber bleibt ganz, weil ſie ſich inwendig mit Waſſer fuͤllt, welches auf jede Seitenflaͤche von innen eben ſo ſtark herauswaͤrts druͤckt, als das aͤußere hineinwaͤrts; daher die aͤußern Preſſungen beyde aufgehoben werden, und nicht mehr auf das Zuſammendruͤcken der ganzen Flaſche wirken koͤnnen.</p> <p>Es erhellet ferner aus <hi rendition="#aq">I.,</hi> daß der Druck des Waſſers auf die obere Flaͤche <hi rendition="#aq">ab</hi> dem Gewichte der Waſſerſaͤule <hi rendition="#aq">eabf</hi> gleich iſt, und aus <hi rendition="#aq">II.,</hi> daß der aufwaͤrts gerichtete Druck gegen die untere Flaͤche <hi rendition="#aq">cd</hi> durch das Gewicht der Waſſerſaͤule <hi rendition="#aq">ecdf</hi> gemeſſen wird. Dieſe beyden Druͤckungen ſind zwar entgegengeſetzt, aber nicht gleich. Es wird alſo die groͤßere, d. i. die aufwaͤrts gerichtete, nur um ſo viel vermindert werden, als die kleinere betraͤgt. Nun iſt<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [504/0510]
ſenkrechte Hoͤhe des Waſſers uͤber der Ebne des Deckels zur Hoͤhe hat.
III. Der ſeitwaͤrts gehende Druck auf eine feſte Wand wird durch das Gewicht einer Waſſerſaͤule gemeſſen, welche die Wand zur Grundflaͤche, und die ſenkrechte Hoͤhe des Waſſers uͤber die Mitte der Wand zur Hoͤhe hat.
Man ſtelle ſich nun vor, Taf. X. Fig. 46. ſey in das bis EF mit Waſſer gefuͤllte Gefaͤß ABCD ein rechtwinklichtes Parallelepipedum abcd ſo eingeſenkt, daß es voͤllig vom Waſſer umringt werde. So iſt zuerſt aus III. klar, daß der Druck des Waſſers auf die Seitenwaͤnde ac und bd gleich groß ſey, weil die Seitenflaͤchen ſelbſt gleich groß ſind, und die Hoͤhe des Waſſers uͤber ihrer Mitte ge und hf, ebenfalls auf beyden Seiten gleich iſt. Daher heben ſich dieſe Druͤckungen als gleiche und entgegengeſetzte Kraͤfte von allen Seiten auf, es findet ein voͤlliges Gleichgewicht ſtatt, und der Koͤrper wird vom Waſſer auf keine Seite verſchoben.
Wohl aber wird er von beyden Seiten zuſammengedruͤckt, und die Preſſungen koͤnnen bey einer großen Tiefe unter Waſſer ſehr ſtark werden, ſo daß platte zerbrechliche Flaͤchen dadurch zerdruͤckt werden. Daher zerbricht eine verſtopfte leere Flaſche mit platten Seitenflaͤchen, wenn man ſie ſehr tief im Waſſer verſenkt; eine offen gelaſſene aber bleibt ganz, weil ſie ſich inwendig mit Waſſer fuͤllt, welches auf jede Seitenflaͤche von innen eben ſo ſtark herauswaͤrts druͤckt, als das aͤußere hineinwaͤrts; daher die aͤußern Preſſungen beyde aufgehoben werden, und nicht mehr auf das Zuſammendruͤcken der ganzen Flaſche wirken koͤnnen.
Es erhellet ferner aus I., daß der Druck des Waſſers auf die obere Flaͤche ab dem Gewichte der Waſſerſaͤule eabf gleich iſt, und aus II., daß der aufwaͤrts gerichtete Druck gegen die untere Flaͤche cd durch das Gewicht der Waſſerſaͤule ecdf gemeſſen wird. Dieſe beyden Druͤckungen ſind zwar entgegengeſetzt, aber nicht gleich. Es wird alſo die groͤßere, d. i. die aufwaͤrts gerichtete, nur um ſo viel vermindert werden, als die kleinere betraͤgt. Nun iſt
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