Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Die innerste Höhle des Ohrs heißt das Labyrinth (labyrinthus, labyrinthe) PRQO, und ist Fig. 41. besonders so vorgestellt, daß man die untere Seite sieht. Sie liegt über der Trommelhöhle, jedoch zugleich etwas nach hinten, in der festesten Masse des Schläfeknochens, und hat eine eigne sehr zusammengesetzte Gestalt. Sie besteht aus dem Vorhof (vestibulum, vestibule) S, Fig. 39, drey halbkreisförmigen Röhren (canales ossei semicirculares, canaux semicirculaires) P, Q, R, und der Schnecke (cochlea, limacon) O. Der Vorhof hängt durch eine kleine Oefnung unter dem Namen des ovalen Fensters (fenestra ovalis, fenetre ovale) T, Fig. 41. mit der Trommelhöhle zusammen.

Der ganze Arm des Hammers IK, Fig. 40. ist mit dem Trommelfell zusammengewachsen, und die Spitze K der Handhabe des Hammers (manubrium mallei, manche du marteau) liegt an der Spitze des konischen Trommelfells. Bey G hängt der von Hammer und Ambos gebildete Winkelhebel durch zwey häutige Bänder an der obern Wand der Trommelhöhie. Des Stegreifs Schenkel machen mit dem Horizont einen Winkel von 45°, seine Grundfläche MN schließt genau an das ovale Fenster an, und hängt mit dessen Umfange durch ein dünnes Häutchen so zusammen, daß der Stegreif noch ein wenig beweglich bleibt, und weil der Zusammenhang bey M am festesten ist, sich mit der Seite N im Bogen um M drehen kan.

Die drey halbkreisförmigen Canäle sind von verschiedener Größe, und werden daher am besten durch die Namen des größern, kleinern und kleinsten unterschieden. Zwey von ihnen haben einen gemeinschaftlichen Schenkel PT, und alle zusammen endigen sich daher nur mit fünf Oefnungen am Vorhofe.

Die Schnecke ist ein spiralförmiger Canal im Schläfeknochen, der sich um eine kegelförmige Spindel windet, und um dieselbe von der Grundfläche an bis an die Spitze dritthalb Windungen macht. Die Höhle der Schnecke wird durch die dünne Schnecken-Scheidewand oder das gewundene Blatt, (sepimentum cochleae, lamina spiralis,


Die innerſte Hoͤhle des Ohrs heißt das Labyrinth (labyrinthus, labyrinthe) PRQO, und iſt Fig. 41. beſonders ſo vorgeſtellt, daß man die untere Seite ſieht. Sie liegt uͤber der Trommelhoͤhle, jedoch zugleich etwas nach hinten, in der feſteſten Maſſe des Schlaͤfeknochens, und hat eine eigne ſehr zuſammengeſetzte Geſtalt. Sie beſteht aus dem Vorhof (veſtibulum, veſtibule) S, Fig. 39, drey halbkreisfoͤrmigen Roͤhren (canales oſſei ſemicirculares, canaux ſemicirculaires) P, Q, R, und der Schnecke (cochlea, limaçon) O. Der Vorhof haͤngt durch eine kleine Oefnung unter dem Namen des ovalen Fenſters (feneſtra ovalis, fenêtre ovale) T, Fig. 41. mit der Trommelhoͤhle zuſammen.

Der ganze Arm des Hammers IK, Fig. 40. iſt mit dem Trommelfell zuſammengewachſen, und die Spitze K der Handhabe des Hammers (manubrium mallei, manche du marteau) liegt an der Spitze des koniſchen Trommelfells. Bey G haͤngt der von Hammer und Ambos gebildete Winkelhebel durch zwey haͤutige Baͤnder an der obern Wand der Trommelhoͤhie. Des Stegreifs Schenkel machen mit dem Horizont einen Winkel von 45°, ſeine Grundflaͤche MN ſchließt genau an das ovale Fenſter an, und haͤngt mit deſſen Umfange durch ein duͤnnes Haͤutchen ſo zuſammen, daß der Stegreif noch ein wenig beweglich bleibt, und weil der Zuſammenhang bey M am feſteſten iſt, ſich mit der Seite N im Bogen um M drehen kan.

Die drey halbkreisfoͤrmigen Canaͤle ſind von verſchiedener Groͤße, und werden daher am beſten durch die Namen des groͤßern, kleinern und kleinſten unterſchieden. Zwey von ihnen haben einen gemeinſchaftlichen Schenkel PT, und alle zuſammen endigen ſich daher nur mit fuͤnf Oefnungen am Vorhofe.

Die Schnecke iſt ein ſpiralfoͤrmiger Canal im Schlaͤfeknochen, der ſich um eine kegelfoͤrmige Spindel windet, und um dieſelbe von der Grundflaͤche an bis an die Spitze dritthalb Windungen macht. Die Hoͤhle der Schnecke wird durch die duͤnne Schnecken-Scheidewand oder das gewundene Blatt, (ſepimentum cochleae, lamina ſpiralis,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0453" xml:id="P.2.447" n="447"/><lb/>
            </p>
            <p>Die inner&#x017F;te Ho&#x0364;hle des Ohrs heißt das <hi rendition="#b">Labyrinth</hi> <hi rendition="#aq">(labyrinthus, <hi rendition="#i">labyrinthe</hi>) PRQO,</hi> und i&#x017F;t Fig. 41. be&#x017F;onders &#x017F;o vorge&#x017F;tellt, daß man die untere Seite &#x017F;ieht. Sie liegt u&#x0364;ber der Trommelho&#x0364;hle, jedoch zugleich etwas nach hinten, in der fe&#x017F;te&#x017F;ten Ma&#x017F;&#x017F;e des Schla&#x0364;feknochens, und hat eine eigne &#x017F;ehr zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzte Ge&#x017F;talt. Sie be&#x017F;teht aus dem <hi rendition="#b">Vorhof</hi> <hi rendition="#aq">(ve&#x017F;tibulum, <hi rendition="#i">ve&#x017F;tibule</hi>) S,</hi> Fig. 39, drey halbkreisfo&#x0364;rmigen Ro&#x0364;hren <hi rendition="#aq">(canales o&#x017F;&#x017F;ei &#x017F;emicirculares, <hi rendition="#i">canaux &#x017F;emicirculaires</hi>) P, Q, R,</hi> und der <hi rendition="#b">Schnecke</hi> <hi rendition="#aq">(cochlea, <hi rendition="#i">limaçon</hi>) O.</hi> Der Vorhof ha&#x0364;ngt durch eine kleine Oefnung unter dem Namen des <hi rendition="#b">ovalen Fen&#x017F;ters</hi> <hi rendition="#aq">(fene&#x017F;tra ovalis, <hi rendition="#i">fenêtre ovale</hi>) T,</hi> Fig. 41. mit der Trommelho&#x0364;hle zu&#x017F;ammen.</p>
            <p>Der ganze Arm des Hammers <hi rendition="#aq">IK,</hi> Fig. 40. i&#x017F;t mit dem Trommelfell zu&#x017F;ammengewach&#x017F;en, und die Spitze <hi rendition="#aq">K</hi> der <hi rendition="#b">Handhabe des Hammers</hi> <hi rendition="#aq">(manubrium mallei, <hi rendition="#i">manche du marteau</hi>)</hi> liegt an der Spitze des koni&#x017F;chen Trommelfells. Bey <hi rendition="#aq">G</hi> ha&#x0364;ngt der von Hammer und Ambos gebildete Winkelhebel durch zwey ha&#x0364;utige Ba&#x0364;nder an der obern Wand der Trommelho&#x0364;hie. Des Stegreifs Schenkel machen mit dem Horizont einen Winkel von 45°, &#x017F;eine Grundfla&#x0364;che <hi rendition="#aq">MN</hi> &#x017F;chließt genau an das ovale Fen&#x017F;ter an, und ha&#x0364;ngt mit de&#x017F;&#x017F;en Umfange durch ein du&#x0364;nnes Ha&#x0364;utchen &#x017F;o zu&#x017F;ammen, daß der Stegreif noch ein wenig beweglich bleibt, und weil der Zu&#x017F;ammenhang bey <hi rendition="#aq">M</hi> am fe&#x017F;te&#x017F;ten i&#x017F;t, &#x017F;ich mit der Seite <hi rendition="#aq">N</hi> im Bogen um <hi rendition="#aq">M</hi> drehen kan.</p>
            <p>Die drey halbkreisfo&#x0364;rmigen Cana&#x0364;le &#x017F;ind von ver&#x017F;chiedener Gro&#x0364;ße, und werden daher am be&#x017F;ten durch die Namen des gro&#x0364;ßern, kleinern und klein&#x017F;ten unter&#x017F;chieden. Zwey von ihnen haben einen gemein&#x017F;chaftlichen Schenkel <hi rendition="#aq">PT,</hi> und alle zu&#x017F;ammen endigen &#x017F;ich daher nur mit fu&#x0364;nf Oefnungen am Vorhofe.</p>
            <p>Die <hi rendition="#b">Schnecke</hi> i&#x017F;t ein &#x017F;piralfo&#x0364;rmiger Canal im Schla&#x0364;feknochen, der &#x017F;ich um eine kegelfo&#x0364;rmige Spindel windet, und um die&#x017F;elbe von der Grundfla&#x0364;che an bis an die Spitze dritthalb Windungen macht. Die Ho&#x0364;hle der Schnecke wird durch die du&#x0364;nne <hi rendition="#b">Schnecken-Scheidewand</hi> oder das <hi rendition="#b">gewundene Blatt,</hi> <hi rendition="#aq">(&#x017F;epimentum cochleae, lamina &#x017F;piralis,<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[447/0453] Die innerſte Hoͤhle des Ohrs heißt das Labyrinth (labyrinthus, labyrinthe) PRQO, und iſt Fig. 41. beſonders ſo vorgeſtellt, daß man die untere Seite ſieht. Sie liegt uͤber der Trommelhoͤhle, jedoch zugleich etwas nach hinten, in der feſteſten Maſſe des Schlaͤfeknochens, und hat eine eigne ſehr zuſammengeſetzte Geſtalt. Sie beſteht aus dem Vorhof (veſtibulum, veſtibule) S, Fig. 39, drey halbkreisfoͤrmigen Roͤhren (canales oſſei ſemicirculares, canaux ſemicirculaires) P, Q, R, und der Schnecke (cochlea, limaçon) O. Der Vorhof haͤngt durch eine kleine Oefnung unter dem Namen des ovalen Fenſters (feneſtra ovalis, fenêtre ovale) T, Fig. 41. mit der Trommelhoͤhle zuſammen. Der ganze Arm des Hammers IK, Fig. 40. iſt mit dem Trommelfell zuſammengewachſen, und die Spitze K der Handhabe des Hammers (manubrium mallei, manche du marteau) liegt an der Spitze des koniſchen Trommelfells. Bey G haͤngt der von Hammer und Ambos gebildete Winkelhebel durch zwey haͤutige Baͤnder an der obern Wand der Trommelhoͤhie. Des Stegreifs Schenkel machen mit dem Horizont einen Winkel von 45°, ſeine Grundflaͤche MN ſchließt genau an das ovale Fenſter an, und haͤngt mit deſſen Umfange durch ein duͤnnes Haͤutchen ſo zuſammen, daß der Stegreif noch ein wenig beweglich bleibt, und weil der Zuſammenhang bey M am feſteſten iſt, ſich mit der Seite N im Bogen um M drehen kan. Die drey halbkreisfoͤrmigen Canaͤle ſind von verſchiedener Groͤße, und werden daher am beſten durch die Namen des groͤßern, kleinern und kleinſten unterſchieden. Zwey von ihnen haben einen gemeinſchaftlichen Schenkel PT, und alle zuſammen endigen ſich daher nur mit fuͤnf Oefnungen am Vorhofe. Die Schnecke iſt ein ſpiralfoͤrmiger Canal im Schlaͤfeknochen, der ſich um eine kegelfoͤrmige Spindel windet, und um dieſelbe von der Grundflaͤche an bis an die Spitze dritthalb Windungen macht. Die Hoͤhle der Schnecke wird durch die duͤnne Schnecken-Scheidewand oder das gewundene Blatt, (ſepimentum cochleae, lamina ſpiralis,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/453
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 447. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/453>, abgerufen am 25.11.2024.