Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Gegenschattichte, Antiscii, Antisciens.

Bewohner solcher Orte der Erdfläche, deren Schatten im Mittage auf entgegengesetzte Seiten fallen. Es sind diejenigen, welche in den gemäßigten Zonen auf verschiedenen Seiten des Aequators wohnen. Die Bewohner der nördlichen gemäßigten Zone sind den Bewohnern der südlichen gegenschatticht, und umgekehrt. Jene werfen ihren Mittagsschatten auf die Nordseite, diese auf die Südseite.

Gegenschein, s. Aspecten.

Gegenwirkung, Reaction, Reactio, Reaction.

Wenn ein Körper in den andern wirkt, so leidet er dadurch selbst eine Veränderung. Er verliert nemlich so viel von seiner Kraft, Bewegung u. s. w., als auf die Wirkung in den andern verwendet wird. Man hat sich sonst vorgestellt, als ob der leidende Körper zurückwirkte, und dem thätigen dies entzöge. Dieses nun hat man mit dem Namen der Gegenwirkung bezeichnet, welche also nichts weiter ist als die Veränderung, die ein Körper dadurch, daß er in einen andern wirkt, erleidet.

Ein Pferd, das 10 Centner ziehen könnte, an einen Stein gespannt, den zu bewegen 8 Centner Kraft nöthig sind, zieht den Stein mit dieser Kraft, überwindet seine Trägheit, und verliert dadurch eben diese 8 Centner Kraft; natürlich darum, weil sie nichts mehr wirken können, wenn sie einmal verwendet sind. Es geht also so sort, als ob es nur noch 2 Centner Kraft hätte, und der Stein folgt ihm so, als ob er nun keine Gewalt mehr erforderte, fortgeführt zu werden. Man stellt sich also vor, der Stein wirke zurück, entziehe dem Pferde 8 Pfund Kraft, und übe eine Gegenwirkung aus.

Schon die Scholastiker lehrten, Wirkung sey nie ohne Gegenwirkung: Newton aber (Princip. philos. natur. Axiom. 3.) bestimmte genauer, der Wirkung sey allemal eine gleiche Gegenwirkung entgegengesetzt, (reactio aequalis et contraria actioni) und führte diesen Satz als ein Axiom in die Naturlehre ein.


Gegenſchattichte, Antiſcii, Antiſciens.

Bewohner ſolcher Orte der Erdflaͤche, deren Schatten im Mittage auf entgegengeſetzte Seiten fallen. Es ſind diejenigen, welche in den gemaͤßigten Zonen auf verſchiedenen Seiten des Aequators wohnen. Die Bewohner der noͤrdlichen gemaͤßigten Zone ſind den Bewohnern der ſuͤdlichen gegenſchatticht, und umgekehrt. Jene werfen ihren Mittagsſchatten auf die Nordſeite, dieſe auf die Suͤdſeite.

Gegenſchein, ſ. Aſpecten.

Gegenwirkung, Reaction, Reactio, Reaction.

Wenn ein Koͤrper in den andern wirkt, ſo leidet er dadurch ſelbſt eine Veraͤnderung. Er verliert nemlich ſo viel von ſeiner Kraft, Bewegung u. ſ. w., als auf die Wirkung in den andern verwendet wird. Man hat ſich ſonſt vorgeſtellt, als ob der leidende Koͤrper zuruͤckwirkte, und dem thaͤtigen dies entzoͤge. Dieſes nun hat man mit dem Namen der Gegenwirkung bezeichnet, welche alſo nichts weiter iſt als die Veraͤnderung, die ein Koͤrper dadurch, daß er in einen andern wirkt, erleidet.

Ein Pferd, das 10 Centner ziehen koͤnnte, an einen Stein geſpannt, den zu bewegen 8 Centner Kraft noͤthig ſind, zieht den Stein mit dieſer Kraft, uͤberwindet ſeine Traͤgheit, und verliert dadurch eben dieſe 8 Centner Kraft; natuͤrlich darum, weil ſie nichts mehr wirken koͤnnen, wenn ſie einmal verwendet ſind. Es geht alſo ſo ſort, als ob es nur noch 2 Centner Kraft haͤtte, und der Stein folgt ihm ſo, als ob er nun keine Gewalt mehr erforderte, fortgefuͤhrt zu werden. Man ſtellt ſich alſo vor, der Stein wirke zuruͤck, entziehe dem Pferde 8 Pfund Kraft, und uͤbe eine Gegenwirkung aus.

Schon die Scholaſtiker lehrten, Wirkung ſey nie ohne Gegenwirkung: Newton aber (Princip. philoſ. natur. Axiom. 3.) beſtimmte genauer, der Wirkung ſey allemal eine gleiche Gegenwirkung entgegengeſetzt, (reactio aequalis et contraria actioni) und fuͤhrte dieſen Satz als ein Axiom in die Naturlehre ein.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0448" xml:id="P.2.442" n="442"/><lb/>
            </p>
          </div>
          <div n="2">
            <head>Gegen&#x017F;chattichte, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Anti&#x017F;cii</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Anti&#x017F;ciens</hi></foreign></name>.</head><lb/>
            <p>Bewohner &#x017F;olcher Orte der Erdfla&#x0364;che, deren Schatten im Mittage auf entgegenge&#x017F;etzte Seiten fallen. Es &#x017F;ind diejenigen, welche in den gema&#x0364;ßigten Zonen auf ver&#x017F;chiedenen Seiten des Aequators wohnen. Die Bewohner der no&#x0364;rdlichen gema&#x0364;ßigten Zone &#x017F;ind den Bewohnern der &#x017F;u&#x0364;dlichen gegen&#x017F;chatticht, und umgekehrt. Jene werfen ihren Mittags&#x017F;chatten auf die Nord&#x017F;eite, die&#x017F;e auf die Su&#x0364;d&#x017F;eite.</p>
            <p> <hi rendition="#b">Gegen&#x017F;chein, &#x017F;. A&#x017F;pecten.</hi> </p>
          </div>
          <div n="2">
            <head>Gegenwirkung, Reaction, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Reactio</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Reaction</hi></foreign></name>.</head><lb/>
            <p>Wenn ein Ko&#x0364;rper in den andern wirkt, &#x017F;o leidet er dadurch &#x017F;elb&#x017F;t eine Vera&#x0364;nderung. Er verliert nemlich &#x017F;o viel von &#x017F;einer Kraft, Bewegung u. &#x017F;. w., als auf die Wirkung in den andern verwendet wird. Man hat &#x017F;ich &#x017F;on&#x017F;t vorge&#x017F;tellt, als ob der leidende Ko&#x0364;rper zuru&#x0364;ckwirkte, und dem tha&#x0364;tigen dies entzo&#x0364;ge. Die&#x017F;es nun hat man mit dem Namen der <hi rendition="#b">Gegenwirkung</hi> bezeichnet, welche al&#x017F;o nichts weiter i&#x017F;t als die Vera&#x0364;nderung, die ein Ko&#x0364;rper dadurch, daß er in einen andern wirkt, erleidet.</p>
            <p>Ein Pferd, das 10 Centner ziehen ko&#x0364;nnte, an einen Stein ge&#x017F;pannt, den zu bewegen 8 Centner Kraft no&#x0364;thig &#x017F;ind, zieht den Stein mit die&#x017F;er Kraft, u&#x0364;berwindet &#x017F;eine Tra&#x0364;gheit, und verliert dadurch eben die&#x017F;e 8 Centner Kraft; natu&#x0364;rlich darum, weil &#x017F;ie nichts mehr wirken ko&#x0364;nnen, wenn &#x017F;ie einmal verwendet &#x017F;ind. Es geht al&#x017F;o &#x017F;o &#x017F;ort, als ob es nur noch 2 Centner Kraft ha&#x0364;tte, und der Stein folgt ihm &#x017F;o, als ob er nun keine Gewalt mehr erforderte, fortgefu&#x0364;hrt zu werden. Man &#x017F;tellt &#x017F;ich al&#x017F;o vor, der Stein wirke zuru&#x0364;ck, entziehe dem Pferde 8 Pfund Kraft, und u&#x0364;be eine <hi rendition="#b">Gegenwirkung</hi> aus.</p>
            <p>Schon die Schola&#x017F;tiker lehrten, Wirkung &#x017F;ey nie ohne Gegenwirkung: <hi rendition="#b">Newton</hi> aber <hi rendition="#aq">(Princip. philo&#x017F;. natur. Axiom. 3.)</hi> be&#x017F;timmte genauer, der Wirkung &#x017F;ey allemal eine <hi rendition="#b">gleiche</hi> Gegenwirkung entgegenge&#x017F;etzt, <hi rendition="#aq">(reactio aequalis et contraria actioni)</hi> und fu&#x0364;hrte die&#x017F;en Satz als ein Axiom in die Naturlehre ein.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0448] Gegenſchattichte, Antiſcii, Antiſciens. Bewohner ſolcher Orte der Erdflaͤche, deren Schatten im Mittage auf entgegengeſetzte Seiten fallen. Es ſind diejenigen, welche in den gemaͤßigten Zonen auf verſchiedenen Seiten des Aequators wohnen. Die Bewohner der noͤrdlichen gemaͤßigten Zone ſind den Bewohnern der ſuͤdlichen gegenſchatticht, und umgekehrt. Jene werfen ihren Mittagsſchatten auf die Nordſeite, dieſe auf die Suͤdſeite. Gegenſchein, ſ. Aſpecten. Gegenwirkung, Reaction, Reactio, Reaction. Wenn ein Koͤrper in den andern wirkt, ſo leidet er dadurch ſelbſt eine Veraͤnderung. Er verliert nemlich ſo viel von ſeiner Kraft, Bewegung u. ſ. w., als auf die Wirkung in den andern verwendet wird. Man hat ſich ſonſt vorgeſtellt, als ob der leidende Koͤrper zuruͤckwirkte, und dem thaͤtigen dies entzoͤge. Dieſes nun hat man mit dem Namen der Gegenwirkung bezeichnet, welche alſo nichts weiter iſt als die Veraͤnderung, die ein Koͤrper dadurch, daß er in einen andern wirkt, erleidet. Ein Pferd, das 10 Centner ziehen koͤnnte, an einen Stein geſpannt, den zu bewegen 8 Centner Kraft noͤthig ſind, zieht den Stein mit dieſer Kraft, uͤberwindet ſeine Traͤgheit, und verliert dadurch eben dieſe 8 Centner Kraft; natuͤrlich darum, weil ſie nichts mehr wirken koͤnnen, wenn ſie einmal verwendet ſind. Es geht alſo ſo ſort, als ob es nur noch 2 Centner Kraft haͤtte, und der Stein folgt ihm ſo, als ob er nun keine Gewalt mehr erforderte, fortgefuͤhrt zu werden. Man ſtellt ſich alſo vor, der Stein wirke zuruͤck, entziehe dem Pferde 8 Pfund Kraft, und uͤbe eine Gegenwirkung aus. Schon die Scholaſtiker lehrten, Wirkung ſey nie ohne Gegenwirkung: Newton aber (Princip. philoſ. natur. Axiom. 3.) beſtimmte genauer, der Wirkung ſey allemal eine gleiche Gegenwirkung entgegengeſetzt, (reactio aequalis et contraria actioni) und fuͤhrte dieſen Satz als ein Axiom in die Naturlehre ein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/448
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/448>, abgerufen am 01.09.2024.