Theile hindern, und so das Festwerden und die Vergrößerung des Volumens beym Eise veranlassen soll. Ueber die Natur der kaltmachenden Materie aber sind die Meynungen wiederum verschieden gewesen.
Einige glaubten, die eindringende Materie sey blos die gemeine Luft, welche die Blasen des Eises erzeuge und das Volumen vergrößere; Boyle aber (Historia experimentalis de frigore. Londin. 1665. 8.) widerlegte schon diese Meynung, indem er zeigte, daß das Wasser auch in hermetisch verschloßnen Gefäßen mit Blasen gefriere, und das Oel beym Gefrieren sich zusammenziehe.
Musschenbroek(Introd. ad philos. nat. §. 1504 sq.) meint, das Gefrieren rühre gar nicht unmittelbar von der Kälte, sondern von dem Eindringen einer feinen Materie (nonnullorum corporum subtilium, quae sunt in caelo) her, die sich mit dem kalten Wasser mische, eine Gährung oder Aufbrausen veranlasse und die Theile befestige. Seine Gründe sind: Das Eis sey nicht in Ruhe; denn die Blasen nähmen beym Fortgange des Gefrierens zu, es zersprenge die Gefäße, dehne sich aus und dünste. Es schwelle zu sehr auf, ohne daß doch die Luft in den Blasen zusammengedrückt sey. Manchmal bleibe das Wasser flüßig, wenn gleich die Temperatur unter dem Eispunkte stehe, zumal in Gefäßen, wenn nemlich die frostmachende Materie nicht frey durch die Wände dringen könne. In Holland friere es nicht beym Nordwinde, der über die kältesten Gegenden komme, sondern beym Ostwinde, der über viel Land gehe, und viel fremde Theile mit sich führe. Der Frost sey manchmal nur in einen kleinen Bezirk Landes eingeschränkt, richte sich auch nicht nach den geographischen Breiten. Kranke ahndeten den Frost vorher, wegen der in der Luft befindlichen fremden Theile; gefrornes Wasser sey nicht mehr so geschickt zu Bereitung der Speisen; Scheidewasser mache das Wasser wärmer, das Eis aber kälter; die Dicke des Eises richte sich nicht nach dem Grade der Kälte; Wasser in eine Mischung von Salz und Schnee gesetzt, gefriere, indem die Mischung selbst schmelze. Die Anzahl dieser Gründe ist ansehnlich genug; allein alle angeführte
Theile hindern, und ſo das Feſtwerden und die Vergroͤßerung des Volumens beym Eiſe veranlaſſen ſoll. Ueber die Natur der kaltmachenden Materie aber ſind die Meynungen wiederum verſchieden geweſen.
Einige glaubten, die eindringende Materie ſey blos die gemeine Luft, welche die Blaſen des Eiſes erzeuge und das Volumen vergroͤßere; Boyle aber (Hiſtoria experimentalis de frigore. Londin. 1665. 8.) widerlegte ſchon dieſe Meynung, indem er zeigte, daß das Waſſer auch in hermetiſch verſchloßnen Gefaͤßen mit Blaſen gefriere, und das Oel beym Gefrieren ſich zuſammenziehe.
Muſſchenbroek(Introd. ad philoſ. nat. §. 1504 ſq.) meint, das Gefrieren ruͤhre gar nicht unmittelbar von der Kaͤlte, ſondern von dem Eindringen einer feinen Materie (nonnullorum corporum ſubtilium, quae ſunt in caelo) her, die ſich mit dem kalten Waſſer miſche, eine Gaͤhrung oder Aufbrauſen veranlaſſe und die Theile befeſtige. Seine Gruͤnde ſind: Das Eis ſey nicht in Ruhe; denn die Blaſen naͤhmen beym Fortgange des Gefrierens zu, es zerſprenge die Gefaͤße, dehne ſich aus und duͤnſte. Es ſchwelle zu ſehr auf, ohne daß doch die Luft in den Blaſen zuſammengedruͤckt ſey. Manchmal bleibe das Waſſer fluͤßig, wenn gleich die Temperatur unter dem Eispunkte ſtehe, zumal in Gefaͤßen, wenn nemlich die froſtmachende Materie nicht frey durch die Waͤnde dringen koͤnne. In Holland friere es nicht beym Nordwinde, der uͤber die kaͤlteſten Gegenden komme, ſondern beym Oſtwinde, der uͤber viel Land gehe, und viel fremde Theile mit ſich fuͤhre. Der Froſt ſey manchmal nur in einen kleinen Bezirk Landes eingeſchraͤnkt, richte ſich auch nicht nach den geographiſchen Breiten. Kranke ahndeten den Froſt vorher, wegen der in der Luft befindlichen fremden Theile; gefrornes Waſſer ſey nicht mehr ſo geſchickt zu Bereitung der Speiſen; Scheidewaſſer mache das Waſſer waͤrmer, das Eis aber kaͤlter; die Dicke des Eiſes richte ſich nicht nach dem Grade der Kaͤlte; Waſſer in eine Miſchung von Salz und Schnee geſetzt, gefriere, indem die Miſchung ſelbſt ſchmelze. Die Anzahl dieſer Gruͤnde iſt anſehnlich genug; allein alle angefuͤhrte
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Theile hindern, und ſo das Feſtwerden und die Vergroͤßerung des Volumens beym Eiſe veranlaſſen ſoll. Ueber die Natur der kaltmachenden Materie aber ſind die Meynungen wiederum verſchieden geweſen.
Einige glaubten, die eindringende Materie ſey blos die gemeine Luft, welche die Blaſen des Eiſes erzeuge und das Volumen vergroͤßere; Boyle aber (Hiſtoria experimentalis de frigore. Londin. 1665. 8.) widerlegte ſchon dieſe Meynung, indem er zeigte, daß das Waſſer auch in hermetiſch verſchloßnen Gefaͤßen mit Blaſen gefriere, und das Oel beym Gefrieren ſich zuſammenziehe.
Muſſchenbroek (Introd. ad philoſ. nat. §. 1504 ſq.) meint, das Gefrieren ruͤhre gar nicht unmittelbar von der Kaͤlte, ſondern von dem Eindringen einer feinen Materie (nonnullorum corporum ſubtilium, quae ſunt in caelo) her, die ſich mit dem kalten Waſſer miſche, eine Gaͤhrung oder Aufbrauſen veranlaſſe und die Theile befeſtige. Seine Gruͤnde ſind: Das Eis ſey nicht in Ruhe; denn die Blaſen naͤhmen beym Fortgange des Gefrierens zu, es zerſprenge die Gefaͤße, dehne ſich aus und duͤnſte. Es ſchwelle zu ſehr auf, ohne daß doch die Luft in den Blaſen zuſammengedruͤckt ſey. Manchmal bleibe das Waſſer fluͤßig, wenn gleich die Temperatur unter dem Eispunkte ſtehe, zumal in Gefaͤßen, wenn nemlich die froſtmachende Materie nicht frey durch die Waͤnde dringen koͤnne. In Holland friere es nicht beym Nordwinde, der uͤber die kaͤlteſten Gegenden komme, ſondern beym Oſtwinde, der uͤber viel Land gehe, und viel fremde Theile mit ſich fuͤhre. Der Froſt ſey manchmal nur in einen kleinen Bezirk Landes eingeſchraͤnkt, richte ſich auch nicht nach den geographiſchen Breiten. Kranke ahndeten den Froſt vorher, wegen der in der Luft befindlichen fremden Theile; gefrornes Waſſer ſey nicht mehr ſo geſchickt zu Bereitung der Speiſen; Scheidewaſſer mache das Waſſer waͤrmer, das Eis aber kaͤlter; die Dicke des Eiſes richte ſich nicht nach dem Grade der Kaͤlte; Waſſer in eine Miſchung von Salz und Schnee geſetzt, gefriere, indem die Miſchung ſelbſt ſchmelze. Die Anzahl dieſer Gruͤnde iſt anſehnlich genug; allein alle angefuͤhrte
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/441>, abgerufen am 16.02.2025.
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