Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


bis er aus der mittäglichen Sonnenhöhe glaubte, einen Grad weiter gekommen zu seyn, und maß den Weg durch die Anzahl der Umläufe seines Wagenrads. Nach der Zeit haben Clavius, Kepler, Casari u. a. viele geometrische Methoden, die Größe der Erdkugel aus Beobachtungen auf Bergen zu finden, angegeben, welche man beym Varenius (Geogr. gener. ed. Cantabr. 1672. 8. p. 27.) und Riccioli (Geograph. reform. L. V. c. 14. sqq.) zum Theil auch beym Wolf (Elementa geograph. mathem. Cap. I. Problem. 2. sqq.) findet, die aber sämmtlich wegen der dabey unvermeidlichen Fehler keine Aufmerksamkeit verdienen.

Das einzige Verfahren, welches hiebey die nöthige Richtigkeit gewähren kan, ist die Ausmessung eines an der Mittagslinie hinlaufenden Stücks der Erdfläche durch eine Dreyeckverbindung. Eine solche stellt Taf. VIII. Fig. 6. vor. Es sey Ab die durch den Ort A gehende Mittagslinie; B, C, D, E, F seyen Standpunkte, z. B. Signale auf Bergen, Thürme u. dgl., von deren jedem man auf einige der benachbarten frey sehen kan; ab eine angenommene Grundlinie, von deren Endpunkten ebenfalls eine freye Aussicht auf einige der nächsten Signale statt findet; so werden sich, wie die Figur deutlich zeiget, sämmtliche Punkte durch die von A bis B reichende Reihe von Triangeln AFE, Fab, bFE, EbC, bCD, DCB verbinden lassen. Ist nun die Grundlinie ab nebst allen in der Figur vorkommenden Winkeln bekannt, so läßt sich durch trigonometrische Berechnung die Länge jeder Seite der Dreyecke bestimmen, und die ganze Figur genau in Grund legen. Kennt man ferner die Winkel FAb, EAb, welche die an A liegenden Seiten mit der Mittagslinie Ab machen, so lassen sich auch diejenigen Dreyecke der Figur, welche einen Theil der Mittagslinie zur Seite haben, wie AFg, E[fremdsprachliches Material] u. s. w. bis an den Punkt b (wo bey b ein rechter Winkel ist) berechnen. Die Summe der Linien A[fremdsprachliches Material] u. s. f. giebt alsdann die Länge des ganzen gemessenen Stücks vom Mittagskreise Ab. Wird nun noch durch astronomische Beobachtungen in A und B ausgemacht, um wieviel sich die Polhöhen oder die Abstände eines culminirenden Sterns vom


bis er aus der mittaͤglichen Sonnenhoͤhe glaubte, einen Grad weiter gekommen zu ſeyn, und maß den Weg durch die Anzahl der Umlaͤufe ſeines Wagenrads. Nach der Zeit haben Clavius, Kepler, Caſari u. a. viele geometriſche Methoden, die Groͤße der Erdkugel aus Beobachtungen auf Bergen zu finden, angegeben, welche man beym Varenius (Geogr. gener. ed. Cantabr. 1672. 8. p. 27.) und Riccioli (Geograph. reform. L. V. c. 14. ſqq.) zum Theil auch beym Wolf (Elementa geograph. mathem. Cap. I. Problem. 2. ſqq.) findet, die aber ſaͤmmtlich wegen der dabey unvermeidlichen Fehler keine Aufmerkſamkeit verdienen.

Das einzige Verfahren, welches hiebey die noͤthige Richtigkeit gewaͤhren kan, iſt die Ausmeſſung eines an der Mittagslinie hinlaufenden Stuͤcks der Erdflaͤche durch eine Dreyeckverbindung. Eine ſolche ſtellt Taf. VIII. Fig. 6. vor. Es ſey die durch den Ort A gehende Mittagslinie; B, C, D, E, F ſeyen Standpunkte, z. B. Signale auf Bergen, Thuͤrme u. dgl., von deren jedem man auf einige der benachbarten frey ſehen kan; ab eine angenommene Grundlinie, von deren Endpunkten ebenfalls eine freye Ausſicht auf einige der naͤchſten Signale ſtatt findet; ſo werden ſich, wie die Figur deutlich zeiget, ſaͤmmtliche Punkte durch die von A bis B reichende Reihe von Triangeln AFE, Fab, bFE, EbC, bCD, DCB verbinden laſſen. Iſt nun die Grundlinie ab nebſt allen in der Figur vorkommenden Winkeln bekannt, ſo laͤßt ſich durch trigonometriſche Berechnung die Laͤnge jeder Seite der Dreyecke beſtimmen, und die ganze Figur genau in Grund legen. Kennt man ferner die Winkel FAβ, EAβ, welche die an A liegenden Seiten mit der Mittagslinie machen, ſo laſſen ſich auch diejenigen Dreyecke der Figur, welche einen Theil der Mittagslinie zur Seite haben, wie AFγ, E[fremdsprachliches Material] u. ſ. w. bis an den Punkt β (wo bey β ein rechter Winkel iſt) berechnen. Die Summe der Linien A[fremdsprachliches Material] u. ſ. f. giebt alsdann die Laͤnge des ganzen gemeſſenen Stuͤcks vom Mittagskreiſe Aβ. Wird nun noch durch aſtronomiſche Beobachtungen in A und B ausgemacht, um wieviel ſich die Polhoͤhen oder die Abſtaͤnde eines culminirenden Sterns vom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0042" xml:id="P.2.36" n="36"/><lb/>
bis er aus der mitta&#x0364;glichen Sonnenho&#x0364;he glaubte, einen Grad weiter gekommen zu &#x017F;eyn, und maß den Weg durch die Anzahl der Umla&#x0364;ufe &#x017F;eines Wagenrads. Nach der Zeit haben <hi rendition="#b">Clavius, Kepler, Ca&#x017F;ari</hi> u. a. viele geometri&#x017F;che Methoden, die Gro&#x0364;ße der Erdkugel aus Beobachtungen auf Bergen zu finden, angegeben, welche man beym <hi rendition="#b">Varenius</hi> (<hi rendition="#aq">Geogr. gener. ed. Cantabr. 1672. 8. p. 27.</hi>) und <hi rendition="#b">Riccioli</hi> (<hi rendition="#aq">Geograph. reform. L. V. c. 14. &#x017F;qq.</hi>) zum Theil auch beym <hi rendition="#b">Wolf</hi> (<hi rendition="#aq">Elementa geograph. mathem. Cap. I. Problem. 2. &#x017F;qq.</hi>) findet, die aber &#x017F;a&#x0364;mmtlich wegen der dabey unvermeidlichen Fehler keine Aufmerk&#x017F;amkeit verdienen.</p>
            <p>Das einzige Verfahren, welches hiebey die no&#x0364;thige Richtigkeit gewa&#x0364;hren kan, i&#x017F;t die Ausme&#x017F;&#x017F;ung eines an der Mittagslinie hinlaufenden Stu&#x0364;cks der Erdfla&#x0364;che durch eine <hi rendition="#b">Dreyeckverbindung.</hi> Eine &#x017F;olche &#x017F;tellt Taf. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 6. vor. Es &#x017F;ey <hi rendition="#aq">A<foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign></hi> die durch den Ort <hi rendition="#aq">A</hi> gehende Mittagslinie; <hi rendition="#aq">B, C, D, E, F</hi> &#x017F;eyen Standpunkte, z. B. Signale auf Bergen, Thu&#x0364;rme u. dgl., von deren jedem man auf einige der benachbarten frey &#x017F;ehen kan; <hi rendition="#aq">ab</hi> eine angenommene Grundlinie, von deren Endpunkten ebenfalls eine freye Aus&#x017F;icht auf einige der na&#x0364;ch&#x017F;ten Signale &#x017F;tatt findet; &#x017F;o werden &#x017F;ich, wie die Figur deutlich zeiget, &#x017F;a&#x0364;mmtliche Punkte durch die von <hi rendition="#aq">A</hi> bis <hi rendition="#aq">B</hi> reichende Reihe von Triangeln <hi rendition="#aq">AFE, Fab, bFE, EbC, bCD, DCB</hi> verbinden la&#x017F;&#x017F;en. I&#x017F;t nun die Grundlinie <hi rendition="#aq">ab</hi> neb&#x017F;t allen in der Figur vorkommenden Winkeln bekannt, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich durch trigonometri&#x017F;che Berechnung die La&#x0364;nge jeder Seite der Dreyecke be&#x017F;timmen, und die ganze Figur genau in Grund legen. Kennt man ferner die Winkel <hi rendition="#aq">FA<foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign>, EA<foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign>,</hi> welche die an <hi rendition="#aq">A</hi> liegenden Seiten mit der Mittagslinie <hi rendition="#aq">A<foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign></hi> machen, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich auch diejenigen Dreyecke der Figur, welche einen Theil der Mittagslinie zur Seite haben, wie <hi rendition="#aq">AF<foreign xml:lang="grc">&#x03B3;</foreign>, E<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">gd</note></foreign></hi> u. &#x017F;. w. bis an den Punkt <foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign> (wo bey <foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign> ein rechter Winkel i&#x017F;t)  berechnen. Die Summe der Linien <hi rendition="#aq">A<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">g, gd</note></foreign></hi> u. &#x017F;. f. giebt alsdann die La&#x0364;nge des ganzen geme&#x017F;&#x017F;enen Stu&#x0364;cks vom Mittagskrei&#x017F;e <hi rendition="#aq">A<foreign xml:lang="grc">&#x03B2;</foreign>.</hi> Wird nun noch durch a&#x017F;tronomi&#x017F;che Beobachtungen in <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> ausgemacht, um wieviel &#x017F;ich die Polho&#x0364;hen oder die Ab&#x017F;ta&#x0364;nde eines culminirenden Sterns vom<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[36/0042] bis er aus der mittaͤglichen Sonnenhoͤhe glaubte, einen Grad weiter gekommen zu ſeyn, und maß den Weg durch die Anzahl der Umlaͤufe ſeines Wagenrads. Nach der Zeit haben Clavius, Kepler, Caſari u. a. viele geometriſche Methoden, die Groͤße der Erdkugel aus Beobachtungen auf Bergen zu finden, angegeben, welche man beym Varenius (Geogr. gener. ed. Cantabr. 1672. 8. p. 27.) und Riccioli (Geograph. reform. L. V. c. 14. ſqq.) zum Theil auch beym Wolf (Elementa geograph. mathem. Cap. I. Problem. 2. ſqq.) findet, die aber ſaͤmmtlich wegen der dabey unvermeidlichen Fehler keine Aufmerkſamkeit verdienen. Das einzige Verfahren, welches hiebey die noͤthige Richtigkeit gewaͤhren kan, iſt die Ausmeſſung eines an der Mittagslinie hinlaufenden Stuͤcks der Erdflaͤche durch eine Dreyeckverbindung. Eine ſolche ſtellt Taf. VIII. Fig. 6. vor. Es ſey Aβ die durch den Ort A gehende Mittagslinie; B, C, D, E, F ſeyen Standpunkte, z. B. Signale auf Bergen, Thuͤrme u. dgl., von deren jedem man auf einige der benachbarten frey ſehen kan; ab eine angenommene Grundlinie, von deren Endpunkten ebenfalls eine freye Ausſicht auf einige der naͤchſten Signale ſtatt findet; ſo werden ſich, wie die Figur deutlich zeiget, ſaͤmmtliche Punkte durch die von A bis B reichende Reihe von Triangeln AFE, Fab, bFE, EbC, bCD, DCB verbinden laſſen. Iſt nun die Grundlinie ab nebſt allen in der Figur vorkommenden Winkeln bekannt, ſo laͤßt ſich durch trigonometriſche Berechnung die Laͤnge jeder Seite der Dreyecke beſtimmen, und die ganze Figur genau in Grund legen. Kennt man ferner die Winkel FAβ, EAβ, welche die an A liegenden Seiten mit der Mittagslinie Aβ machen, ſo laſſen ſich auch diejenigen Dreyecke der Figur, welche einen Theil der Mittagslinie zur Seite haben, wie AFγ, E_ u. ſ. w. bis an den Punkt β (wo bey β ein rechter Winkel iſt) berechnen. Die Summe der Linien A_ u. ſ. f. giebt alsdann die Laͤnge des ganzen gemeſſenen Stuͤcks vom Mittagskreiſe Aβ. Wird nun noch durch aſtronomiſche Beobachtungen in A und B ausgemacht, um wieviel ſich die Polhoͤhen oder die Abſtaͤnde eines culminirenden Sterns vom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/42
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/42>, abgerufen am 24.11.2024.