Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


wo sie durch eine natürliche Gährung oder Verbrennung, z. B. in der Nachbarschaft der Vulkane, Kiese u. dgl. entstehen kan. Schon seit mehrern Jahrhunderten kennt man die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel wegen der auf ihrem Boden ruhenden Schicht von fixer Luft, welche aus den Spalten der Erde hervordringt. Nahe am Boden dieser Grotte sterben die Thiere unter heftigen Zukkungen, oder werden wenigstens auf einige Zeit der Empfindung beraubt, und die hineingebrachten Fackeln und Lichter verlöschen. Der Dampf der Kerzen verbreitet sich in der etwa 14 Zoll hohen Schicht über dem Boden, und sinkt, wenn man ihn zur Höhle hinaustreibt, in der gemeinen Luft nieder, in der sonst der Rauch in die Höhe steiget. Der Boden um diese Grotte hat viele warme Quellen, Ausbrüche von Rauch rc., und sehr nahe dabey ist die bekannte Solfatara, eine ganz schweflichte und stets dampfende Gegend. Die bösen Wetter der Bergwerke löschen die Grubenlichter aus, und ersticken bisweilen die Arbeiter, die ihnen zu nahe kommen. Sie legen sich auf den Boden oder auf das Liegende, so wie die brennbaren Dämpfe am Hangenden schweben. Von eben dieser Art sind die erstickenden Schwaden in den Kellern, wo Bier oder Most gährt.

In den Gesundbrunnen befindet sich viel fixe Luft, s. Gesundbrunnen, welche oft auch als eine Schicht über der Oberfläche ihrer Quellen schwebet. Sie giebt sowohl ihnen, als den abgegohrnen Liquoren, welche noch immer viel fixe Luft enthalten, den angenehmen stechenden Geschmack; daher man schale Biere oder Weine durch zugesetzte fixe Luft oder durch Vermischung mit jungem gährendem Biere oder Moste wieder herstellen kan. Darauf gründet sich auch die Verbesserung des sauren Biers durch Kreide, die die Säure absorbirt, und durch ihre frey werdende fixe Luft den Geschmack wieder erhebt.

Endlich macht auch die fixe Luft einen Bestandtheil der Atmosphäre aus, der jedoch vielleicht nur zufällig ist, und insgemein etwa (1/10) des Ganzen beträgt; so wie sie sich auch in der Luft, die wir ausathmen, in ziemlicher Menge findet.


wo ſie durch eine natuͤrliche Gaͤhrung oder Verbrennung, z. B. in der Nachbarſchaft der Vulkane, Kieſe u. dgl. entſtehen kan. Schon ſeit mehrern Jahrhunderten kennt man die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel wegen der auf ihrem Boden ruhenden Schicht von fixer Luft, welche aus den Spalten der Erde hervordringt. Nahe am Boden dieſer Grotte ſterben die Thiere unter heftigen Zukkungen, oder werden wenigſtens auf einige Zeit der Empfindung beraubt, und die hineingebrachten Fackeln und Lichter verloͤſchen. Der Dampf der Kerzen verbreitet ſich in der etwa 14 Zoll hohen Schicht uͤber dem Boden, und ſinkt, wenn man ihn zur Hoͤhle hinaustreibt, in der gemeinen Luft nieder, in der ſonſt der Rauch in die Hoͤhe ſteiget. Der Boden um dieſe Grotte hat viele warme Quellen, Ausbruͤche von Rauch rc., und ſehr nahe dabey iſt die bekannte Solfatara, eine ganz ſchweflichte und ſtets dampfende Gegend. Die boͤſen Wetter der Bergwerke loͤſchen die Grubenlichter aus, und erſticken bisweilen die Arbeiter, die ihnen zu nahe kommen. Sie legen ſich auf den Boden oder auf das Liegende, ſo wie die brennbaren Daͤmpfe am Hangenden ſchweben. Von eben dieſer Art ſind die erſtickenden Schwaden in den Kellern, wo Bier oder Moſt gaͤhrt.

In den Geſundbrunnen befindet ſich viel fixe Luft, ſ. Geſundbrunnen, welche oft auch als eine Schicht uͤber der Oberflaͤche ihrer Quellen ſchwebet. Sie giebt ſowohl ihnen, als den abgegohrnen Liquoren, welche noch immer viel fixe Luft enthalten, den angenehmen ſtechenden Geſchmack; daher man ſchale Biere oder Weine durch zugeſetzte fixe Luft oder durch Vermiſchung mit jungem gaͤhrendem Biere oder Moſte wieder herſtellen kan. Darauf gruͤndet ſich auch die Verbeſſerung des ſauren Biers durch Kreide, die die Saͤure abſorbirt, und durch ihre frey werdende fixe Luft den Geſchmack wieder erhebt.

Endlich macht auch die fixe Luft einen Beſtandtheil der Atmoſphaͤre aus, der jedoch vielleicht nur zufaͤllig iſt, und insgemein etwa (1/10) des Ganzen betraͤgt; ſo wie ſie ſich auch in der Luft, die wir ausathmen, in ziemlicher Menge findet.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0402" xml:id="P.2.396" n="396"/><lb/>
wo &#x017F;ie durch eine natu&#x0364;rliche Ga&#x0364;hrung oder Verbrennung, z. B. in der Nachbar&#x017F;chaft der Vulkane, Kie&#x017F;e u. dgl. ent&#x017F;tehen kan. Schon &#x017F;eit mehrern Jahrhunderten kennt man die <hi rendition="#b">Hundsgrotte</hi> <hi rendition="#aq">(Grotta del cane)</hi> bey Neapel wegen der auf ihrem Boden ruhenden Schicht von fixer Luft, welche aus den Spalten der Erde hervordringt. Nahe am Boden die&#x017F;er Grotte &#x017F;terben die Thiere unter heftigen Zukkungen, oder werden wenig&#x017F;tens auf einige Zeit der Empfindung beraubt, und die hineingebrachten Fackeln und Lichter verlo&#x0364;&#x017F;chen. Der Dampf der Kerzen verbreitet &#x017F;ich in der etwa 14 Zoll hohen Schicht u&#x0364;ber dem Boden, und &#x017F;inkt, wenn man ihn zur Ho&#x0364;hle hinaustreibt, in der gemeinen Luft nieder, in der &#x017F;on&#x017F;t der Rauch in die Ho&#x0364;he &#x017F;teiget. Der Boden um die&#x017F;e Grotte hat viele warme Quellen, Ausbru&#x0364;che von Rauch rc., und &#x017F;ehr nahe dabey i&#x017F;t die bekannte Solfatara, eine ganz &#x017F;chweflichte und &#x017F;tets dampfende Gegend. Die bo&#x0364;&#x017F;en Wetter der Bergwerke lo&#x0364;&#x017F;chen die Grubenlichter aus, und er&#x017F;ticken bisweilen die Arbeiter, die ihnen zu nahe kommen. Sie legen &#x017F;ich auf den Boden oder auf das Liegende, &#x017F;o wie die brennbaren Da&#x0364;mpfe am Hangenden &#x017F;chweben. Von eben die&#x017F;er Art &#x017F;ind die er&#x017F;tickenden Schwaden in den Kellern, wo Bier oder Mo&#x017F;t ga&#x0364;hrt.</p>
            <p>In den Ge&#x017F;undbrunnen befindet &#x017F;ich viel fixe Luft, &#x017F;. <hi rendition="#b">Ge&#x017F;undbrunnen,</hi> welche oft auch als eine Schicht u&#x0364;ber der Oberfla&#x0364;che ihrer Quellen &#x017F;chwebet. Sie giebt &#x017F;owohl ihnen, als den abgegohrnen Liquoren, welche noch immer viel fixe Luft enthalten, den angenehmen &#x017F;techenden Ge&#x017F;chmack; daher man &#x017F;chale Biere oder Weine durch zuge&#x017F;etzte fixe Luft oder durch Vermi&#x017F;chung mit jungem ga&#x0364;hrendem Biere oder Mo&#x017F;te wieder her&#x017F;tellen kan. Darauf gru&#x0364;ndet &#x017F;ich auch die Verbe&#x017F;&#x017F;erung des &#x017F;auren Biers durch Kreide, die die Sa&#x0364;ure ab&#x017F;orbirt, und durch ihre frey werdende fixe Luft den Ge&#x017F;chmack wieder erhebt.</p>
            <p>Endlich macht auch die fixe Luft einen Be&#x017F;tandtheil der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re aus, der jedoch vielleicht nur zufa&#x0364;llig i&#x017F;t, und insgemein etwa (1/10) des Ganzen betra&#x0364;gt; &#x017F;o wie &#x017F;ie &#x017F;ich auch in der Luft, die wir ausathmen, in ziemlicher Menge findet.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0402] wo ſie durch eine natuͤrliche Gaͤhrung oder Verbrennung, z. B. in der Nachbarſchaft der Vulkane, Kieſe u. dgl. entſtehen kan. Schon ſeit mehrern Jahrhunderten kennt man die Hundsgrotte (Grotta del cane) bey Neapel wegen der auf ihrem Boden ruhenden Schicht von fixer Luft, welche aus den Spalten der Erde hervordringt. Nahe am Boden dieſer Grotte ſterben die Thiere unter heftigen Zukkungen, oder werden wenigſtens auf einige Zeit der Empfindung beraubt, und die hineingebrachten Fackeln und Lichter verloͤſchen. Der Dampf der Kerzen verbreitet ſich in der etwa 14 Zoll hohen Schicht uͤber dem Boden, und ſinkt, wenn man ihn zur Hoͤhle hinaustreibt, in der gemeinen Luft nieder, in der ſonſt der Rauch in die Hoͤhe ſteiget. Der Boden um dieſe Grotte hat viele warme Quellen, Ausbruͤche von Rauch rc., und ſehr nahe dabey iſt die bekannte Solfatara, eine ganz ſchweflichte und ſtets dampfende Gegend. Die boͤſen Wetter der Bergwerke loͤſchen die Grubenlichter aus, und erſticken bisweilen die Arbeiter, die ihnen zu nahe kommen. Sie legen ſich auf den Boden oder auf das Liegende, ſo wie die brennbaren Daͤmpfe am Hangenden ſchweben. Von eben dieſer Art ſind die erſtickenden Schwaden in den Kellern, wo Bier oder Moſt gaͤhrt. In den Geſundbrunnen befindet ſich viel fixe Luft, ſ. Geſundbrunnen, welche oft auch als eine Schicht uͤber der Oberflaͤche ihrer Quellen ſchwebet. Sie giebt ſowohl ihnen, als den abgegohrnen Liquoren, welche noch immer viel fixe Luft enthalten, den angenehmen ſtechenden Geſchmack; daher man ſchale Biere oder Weine durch zugeſetzte fixe Luft oder durch Vermiſchung mit jungem gaͤhrendem Biere oder Moſte wieder herſtellen kan. Darauf gruͤndet ſich auch die Verbeſſerung des ſauren Biers durch Kreide, die die Saͤure abſorbirt, und durch ihre frey werdende fixe Luft den Geſchmack wieder erhebt. Endlich macht auch die fixe Luft einen Beſtandtheil der Atmoſphaͤre aus, der jedoch vielleicht nur zufaͤllig iſt, und insgemein etwa (1/10) des Ganzen betraͤgt; ſo wie ſie ſich auch in der Luft, die wir ausathmen, in ziemlicher Menge findet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/402
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/402>, abgerufen am 01.09.2024.