Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


man es über Quecksilber mit atmosphärischer oder dephlogistisirter Luft vermischt, so vermindert sich das Volumen beyder Luftgattungen, die hepatische Luft läßt den Schwefel fallen, und die respirable wird phlogistisirt und verdorben.

Das Wasser nimmt die hepatische Luft sehr willig in sich, und kömmt alsdann mit dem Wasser der Schwefelbäder, s. Bäder, warme, überein (Bergmann de aquis medicatis, calidis arte parandis, in Opusc. Vol. I. p. 229. sq.) Wenn es heiß ist, löset es weniger davon auf. In der mittlern Temperatur nehmen 100 Cubikzoll Wasser etwa 60 Cubikzoll hepatisches Gas in sich. Nach Hahnemann (Von der Arsenikvergiftung. Leipz. 1786. 8. S. 26) nehmen 42000 Gran kaltes Wasser so viel hepatische Luft auf, daß 100 Gran Schwefel dadurch aufgelöset sind. Das dadurch entstandene Schwefelwasser hat einen starken Schwefellebergeruch, einen starken süßlichen ekelhaften Geschmack, und sieht klar und hell aus, so lange es noch nicht an der Luft gestanden hat. Es röthet die Lakmustinktur nicht, wenn nicht die zur Bereitung gebrauchte Schwefelleber mit mildem Laugensalze verfertigt gewesen ist, in welchem Falle unter der hepatischen etwas fixe Luft befindlich ist, die die Lakmustinktur röthen und das Kalkwasser trüben kan. Durch Kochen in ofnen Gefäßen wird die hepatische Luft ganz aus dem Wasser getrieben. Durch lange Berührung mit gemeiner Luft, ingleichen durch Salpetersäure wird das Phlogiston aus dem Schwefelwasser gezogen, der üble Geruch verschwindet und der Schwefel schlägt sich nieder. Daher kömmt der Schwefel, den einige warme Bäder, z. B. die aachner, an der Luft absetzen. Gesättigtes Schwefelwasser schlägt die Metalle aus ihren Auflösungen in Säuren mit verschiedenen Farben nieder, schwärzt das Silber und Quecksilber und löset die Eisenfeile auf.

Nach Bergmanns Meynung besteht die hepatische Luft aus Phlogiston und Schwefel, welche durch den Beytritt gebundener Wärme die Luftgestalt erhalten haben. Alle Substanzen, die das Brennbare stark anziehen, z. B. reine Luft, scheiden aus ihr den Schwefel ab, und werden phlogistisirt. Wäre die hepatische Luft blos luftförmiger


man es uͤber Queckſilber mit atmoſphaͤriſcher oder dephlogiſtiſirter Luft vermiſcht, ſo vermindert ſich das Volumen beyder Luftgattungen, die hepatiſche Luft laͤßt den Schwefel fallen, und die reſpirable wird phlogiſtiſirt und verdorben.

Das Waſſer nimmt die hepatiſche Luft ſehr willig in ſich, und koͤmmt alsdann mit dem Waſſer der Schwefelbaͤder, ſ. Baͤder, warme, uͤberein (Bergmann de aquis medicatis, calidis arte parandis, in Opuſc. Vol. I. p. 229. ſq.) Wenn es heiß iſt, loͤſet es weniger davon auf. In der mittlern Temperatur nehmen 100 Cubikzoll Waſſer etwa 60 Cubikzoll hepatiſches Gas in ſich. Nach Hahnemann (Von der Arſenikvergiftung. Leipz. 1786. 8. S. 26) nehmen 42000 Gran kaltes Waſſer ſo viel hepatiſche Luft auf, daß 100 Gran Schwefel dadurch aufgeloͤſet ſind. Das dadurch entſtandene Schwefelwaſſer hat einen ſtarken Schwefellebergeruch, einen ſtarken ſuͤßlichen ekelhaften Geſchmack, und ſieht klar und hell aus, ſo lange es noch nicht an der Luft geſtanden hat. Es roͤthet die Lakmustinktur nicht, wenn nicht die zur Bereitung gebrauchte Schwefelleber mit mildem Laugenſalze verfertigt geweſen iſt, in welchem Falle unter der hepatiſchen etwas fixe Luft befindlich iſt, die die Lakmustinktur roͤthen und das Kalkwaſſer truͤben kan. Durch Kochen in ofnen Gefaͤßen wird die hepatiſche Luft ganz aus dem Waſſer getrieben. Durch lange Beruͤhrung mit gemeiner Luft, ingleichen durch Salpeterſaͤure wird das Phlogiſton aus dem Schwefelwaſſer gezogen, der uͤble Geruch verſchwindet und der Schwefel ſchlaͤgt ſich nieder. Daher koͤmmt der Schwefel, den einige warme Baͤder, z. B. die aachner, an der Luft abſetzen. Geſaͤttigtes Schwefelwaſſer ſchlaͤgt die Metalle aus ihren Aufloͤſungen in Saͤuren mit verſchiedenen Farben nieder, ſchwaͤrzt das Silber und Queckſilber und loͤſet die Eiſenfeile auf.

Nach Bergmanns Meynung beſteht die hepatiſche Luft aus Phlogiſton und Schwefel, welche durch den Beytritt gebundener Waͤrme die Luftgeſtalt erhalten haben. Alle Subſtanzen, die das Brennbare ſtark anziehen, z. B. reine Luft, ſcheiden aus ihr den Schwefel ab, und werden phlogiſtiſirt. Waͤre die hepatiſche Luft blos luftfoͤrmiger

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0395" xml:id="P.2.389" n="389"/><lb/>
man es u&#x0364;ber Queck&#x017F;ilber mit atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;cher oder dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irter Luft vermi&#x017F;cht, &#x017F;o vermindert &#x017F;ich das Volumen beyder Luftgattungen, die hepati&#x017F;che Luft la&#x0364;ßt den Schwefel fallen, und die re&#x017F;pirable wird phlogi&#x017F;ti&#x017F;irt und verdorben.</p>
            <p>Das Wa&#x017F;&#x017F;er nimmt die hepati&#x017F;che Luft &#x017F;ehr willig in &#x017F;ich, und ko&#x0364;mmt alsdann mit dem Wa&#x017F;&#x017F;er der Schwefelba&#x0364;der, <hi rendition="#b">&#x017F;. Ba&#x0364;der, warme,</hi> u&#x0364;berein <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Bergmann</hi> de aquis medicatis, calidis arte parandis, in Opu&#x017F;c. Vol. I. p. 229. &#x017F;q.)</hi> Wenn es heiß i&#x017F;t, lo&#x0364;&#x017F;et es weniger davon auf. In der mittlern Temperatur nehmen 100 Cubikzoll Wa&#x017F;&#x017F;er etwa 60 Cubikzoll hepati&#x017F;ches Gas in &#x017F;ich. Nach <hi rendition="#b">Hahnemann</hi> (Von der Ar&#x017F;enikvergiftung. Leipz. 1786. 8. S. 26) nehmen 42000 Gran kaltes Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;o viel hepati&#x017F;che Luft auf, daß 100 Gran Schwefel dadurch aufgelo&#x0364;&#x017F;et &#x017F;ind. Das dadurch ent&#x017F;tandene Schwefelwa&#x017F;&#x017F;er hat einen &#x017F;tarken Schwefellebergeruch, einen &#x017F;tarken &#x017F;u&#x0364;ßlichen ekelhaften Ge&#x017F;chmack, und &#x017F;ieht klar und hell aus, &#x017F;o lange es noch nicht an der Luft ge&#x017F;tanden hat. Es ro&#x0364;thet die Lakmustinktur nicht, wenn nicht die zur Bereitung gebrauchte Schwefelleber mit mildem Laugen&#x017F;alze verfertigt gewe&#x017F;en i&#x017F;t, in welchem Falle unter der hepati&#x017F;chen etwas fixe Luft befindlich i&#x017F;t, die die Lakmustinktur ro&#x0364;then und das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er tru&#x0364;ben kan. Durch Kochen in ofnen Gefa&#x0364;ßen wird die hepati&#x017F;che Luft ganz aus dem Wa&#x017F;&#x017F;er getrieben. Durch lange Beru&#x0364;hrung mit gemeiner Luft, ingleichen durch Salpeter&#x017F;a&#x0364;ure wird das Phlogi&#x017F;ton aus dem Schwefelwa&#x017F;&#x017F;er gezogen, der u&#x0364;ble Geruch ver&#x017F;chwindet und der Schwefel &#x017F;chla&#x0364;gt &#x017F;ich nieder. Daher ko&#x0364;mmt der Schwefel, den einige warme Ba&#x0364;der, z. B. die aachner, an der Luft ab&#x017F;etzen. Ge&#x017F;a&#x0364;ttigtes Schwefelwa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;chla&#x0364;gt die Metalle aus ihren Auflo&#x0364;&#x017F;ungen in Sa&#x0364;uren mit ver&#x017F;chiedenen Farben nieder, &#x017F;chwa&#x0364;rzt das Silber und Queck&#x017F;ilber und lo&#x0364;&#x017F;et die Ei&#x017F;enfeile auf.</p>
            <p>Nach <hi rendition="#b">Bergmanns</hi> Meynung be&#x017F;teht die hepati&#x017F;che Luft aus Phlogi&#x017F;ton und Schwefel, welche durch den Beytritt gebundener Wa&#x0364;rme die Luftge&#x017F;talt erhalten haben. Alle Sub&#x017F;tanzen, die das Brennbare &#x017F;tark anziehen, z. B. reine Luft, &#x017F;cheiden aus ihr den Schwefel ab, und werden phlogi&#x017F;ti&#x017F;irt. Wa&#x0364;re die hepati&#x017F;che Luft blos luftfo&#x0364;rmiger<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[389/0395] man es uͤber Queckſilber mit atmoſphaͤriſcher oder dephlogiſtiſirter Luft vermiſcht, ſo vermindert ſich das Volumen beyder Luftgattungen, die hepatiſche Luft laͤßt den Schwefel fallen, und die reſpirable wird phlogiſtiſirt und verdorben. Das Waſſer nimmt die hepatiſche Luft ſehr willig in ſich, und koͤmmt alsdann mit dem Waſſer der Schwefelbaͤder, ſ. Baͤder, warme, uͤberein (Bergmann de aquis medicatis, calidis arte parandis, in Opuſc. Vol. I. p. 229. ſq.) Wenn es heiß iſt, loͤſet es weniger davon auf. In der mittlern Temperatur nehmen 100 Cubikzoll Waſſer etwa 60 Cubikzoll hepatiſches Gas in ſich. Nach Hahnemann (Von der Arſenikvergiftung. Leipz. 1786. 8. S. 26) nehmen 42000 Gran kaltes Waſſer ſo viel hepatiſche Luft auf, daß 100 Gran Schwefel dadurch aufgeloͤſet ſind. Das dadurch entſtandene Schwefelwaſſer hat einen ſtarken Schwefellebergeruch, einen ſtarken ſuͤßlichen ekelhaften Geſchmack, und ſieht klar und hell aus, ſo lange es noch nicht an der Luft geſtanden hat. Es roͤthet die Lakmustinktur nicht, wenn nicht die zur Bereitung gebrauchte Schwefelleber mit mildem Laugenſalze verfertigt geweſen iſt, in welchem Falle unter der hepatiſchen etwas fixe Luft befindlich iſt, die die Lakmustinktur roͤthen und das Kalkwaſſer truͤben kan. Durch Kochen in ofnen Gefaͤßen wird die hepatiſche Luft ganz aus dem Waſſer getrieben. Durch lange Beruͤhrung mit gemeiner Luft, ingleichen durch Salpeterſaͤure wird das Phlogiſton aus dem Schwefelwaſſer gezogen, der uͤble Geruch verſchwindet und der Schwefel ſchlaͤgt ſich nieder. Daher koͤmmt der Schwefel, den einige warme Baͤder, z. B. die aachner, an der Luft abſetzen. Geſaͤttigtes Schwefelwaſſer ſchlaͤgt die Metalle aus ihren Aufloͤſungen in Saͤuren mit verſchiedenen Farben nieder, ſchwaͤrzt das Silber und Queckſilber und loͤſet die Eiſenfeile auf. Nach Bergmanns Meynung beſteht die hepatiſche Luft aus Phlogiſton und Schwefel, welche durch den Beytritt gebundener Waͤrme die Luftgeſtalt erhalten haben. Alle Subſtanzen, die das Brennbare ſtark anziehen, z. B. reine Luft, ſcheiden aus ihr den Schwefel ab, und werden phlogiſtiſirt. Waͤre die hepatiſche Luft blos luftfoͤrmiger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/395
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/395>, abgerufen am 23.11.2024.