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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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leicht begreiflich, warum man gewisse Substanzen, die kein Phlogiston enthalten, mit Salpetersäure anfeuchten muß, wenn sie reine Luft geben sollen, weil sich alsdann das Phlogiston der Salpetersäure mit den Substanzen verbindet, und die dephlogistisirte Luft frey wird.

Die Versuche scheinen überhaupt anzugeben, daß diese reinste Gattung der Luft nicht so, wie die meisten übrigen, während der Operation erzeugt, sondern nur entwickelt oder von dem, was sie vorher gebunden hielt, frey gemacht werde. Die Pflanzen saugen im Sonnenscheine das zu ihrem Wachsthum nöthige Brennbare aus der Atmosphäre, oder den sie umgebenden Stosfen, ein, und lassen den reinern Theil zurück; die Salpeter-und Vitriolsäure, die vielleicht mit dem Phlogiston näher verwandt sind, als die in der Mennige rc. eingeschloßne Luft, wenden sich zu diesem Phlogiston und machen die reinere Luft frey. So scheint diese Luft der reinste Bestandtheil der Atmosphäre zu seyn, und aus dieser in andere Körper allein oder mit andern Bestandtheilen zugleich überzugehen. Je nachdem nun die Körper mit ihr mehr oder weniger verwandt sind, werden sie dieselbe schwerer oder leichter, von selbst oder vermittelst der Hitze und der Säuren von sich geben. Die Salpetersäure kan also die Entwicklung dieser Luftart befördern, ja auch wohl selbst aus ihrer Mischung reine Luft hergeben, ohne doch selbst einen Bestandtheil der dephlogistisirten Luft auszumachen. Es nöthigen uns also die Entwicklung der reinen Luft aus Salpeter, Salpetersäure und deren Dämpfen keineswegs, in dieser Luft die Salpetersäure selbst zu suchen, zumal da es so viele Methoden giebt, sie ohne Zuthun dieser Säure zu erhalten.

Die neuern Versuche über die Verbrennung der brennbaren und dephlogistisirten Luft in verschloßnen Gefäßen haben Veranlassung gegeben, die reine Luft für ein in elastischer Form dargestelltes Wasser zu halten. Man bekömmt nicht allein Wasser, wie schon im Vorigen angesührt ist, aus der Verbrennung der Knallluft, sondern es scheint sich auch umgekehrt das Wasser in brennbare und reine Luft zerlegen zu lassen. Lavoisier that in ein mit Quecksilber gefülltes und in Quecksilber umgestürztes Glas etwas Wasser


leicht begreiflich, warum man gewiſſe Subſtanzen, die kein Phlogiſton enthalten, mit Salpeterſaͤure anfeuchten muß, wenn ſie reine Luft geben ſollen, weil ſich alsdann das Phlogiſton der Salpeterſaͤure mit den Subſtanzen verbindet, und die dephlogiſtiſirte Luft frey wird.

Die Verſuche ſcheinen uͤberhaupt anzugeben, daß dieſe reinſte Gattung der Luft nicht ſo, wie die meiſten uͤbrigen, waͤhrend der Operation erzeugt, ſondern nur entwickelt oder von dem, was ſie vorher gebunden hielt, frey gemacht werde. Die Pflanzen ſaugen im Sonnenſcheine das zu ihrem Wachsthum noͤthige Brennbare aus der Atmoſphaͤre, oder den ſie umgebenden Stoſfen, ein, und laſſen den reinern Theil zuruͤck; die Salpeter-und Vitriolſaͤure, die vielleicht mit dem Phlogiſton naͤher verwandt ſind, als die in der Mennige rc. eingeſchloßne Luft, wenden ſich zu dieſem Phlogiſton und machen die reinere Luft frey. So ſcheint dieſe Luft der reinſte Beſtandtheil der Atmoſphaͤre zu ſeyn, und aus dieſer in andere Koͤrper allein oder mit andern Beſtandtheilen zugleich uͤberzugehen. Je nachdem nun die Koͤrper mit ihr mehr oder weniger verwandt ſind, werden ſie dieſelbe ſchwerer oder leichter, von ſelbſt oder vermittelſt der Hitze und der Saͤuren von ſich geben. Die Salpeterſaͤure kan alſo die Entwicklung dieſer Luftart befoͤrdern, ja auch wohl ſelbſt aus ihrer Miſchung reine Luft hergeben, ohne doch ſelbſt einen Beſtandtheil der dephlogiſtiſirten Luft auszumachen. Es noͤthigen uns alſo die Entwicklung der reinen Luft aus Salpeter, Salpeterſaͤure und deren Daͤmpfen keineswegs, in dieſer Luft die Salpeterſaͤure ſelbſt zu ſuchen, zumal da es ſo viele Methoden giebt, ſie ohne Zuthun dieſer Saͤure zu erhalten.

Die neuern Verſuche uͤber die Verbrennung der brennbaren und dephlogiſtiſirten Luft in verſchloßnen Gefaͤßen haben Veranlaſſung gegeben, die reine Luft fuͤr ein in elaſtiſcher Form dargeſtelltes Waſſer zu halten. Man bekoͤmmt nicht allein Waſſer, wie ſchon im Vorigen angeſuͤhrt iſt, aus der Verbrennung der Knallluft, ſondern es ſcheint ſich auch umgekehrt das Waſſer in brennbare und reine Luft zerlegen zu laſſen. Lavoiſier that in ein mit Queckſilber gefuͤlltes und in Queckſilber umgeſtuͤrztes Glas etwas Waſſer

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[380/0386] leicht begreiflich, warum man gewiſſe Subſtanzen, die kein Phlogiſton enthalten, mit Salpeterſaͤure anfeuchten muß, wenn ſie reine Luft geben ſollen, weil ſich alsdann das Phlogiſton der Salpeterſaͤure mit den Subſtanzen verbindet, und die dephlogiſtiſirte Luft frey wird. Die Verſuche ſcheinen uͤberhaupt anzugeben, daß dieſe reinſte Gattung der Luft nicht ſo, wie die meiſten uͤbrigen, waͤhrend der Operation erzeugt, ſondern nur entwickelt oder von dem, was ſie vorher gebunden hielt, frey gemacht werde. Die Pflanzen ſaugen im Sonnenſcheine das zu ihrem Wachsthum noͤthige Brennbare aus der Atmoſphaͤre, oder den ſie umgebenden Stoſfen, ein, und laſſen den reinern Theil zuruͤck; die Salpeter-und Vitriolſaͤure, die vielleicht mit dem Phlogiſton naͤher verwandt ſind, als die in der Mennige rc. eingeſchloßne Luft, wenden ſich zu dieſem Phlogiſton und machen die reinere Luft frey. So ſcheint dieſe Luft der reinſte Beſtandtheil der Atmoſphaͤre zu ſeyn, und aus dieſer in andere Koͤrper allein oder mit andern Beſtandtheilen zugleich uͤberzugehen. Je nachdem nun die Koͤrper mit ihr mehr oder weniger verwandt ſind, werden ſie dieſelbe ſchwerer oder leichter, von ſelbſt oder vermittelſt der Hitze und der Saͤuren von ſich geben. Die Salpeterſaͤure kan alſo die Entwicklung dieſer Luftart befoͤrdern, ja auch wohl ſelbſt aus ihrer Miſchung reine Luft hergeben, ohne doch ſelbſt einen Beſtandtheil der dephlogiſtiſirten Luft auszumachen. Es noͤthigen uns alſo die Entwicklung der reinen Luft aus Salpeter, Salpeterſaͤure und deren Daͤmpfen keineswegs, in dieſer Luft die Salpeterſaͤure ſelbſt zu ſuchen, zumal da es ſo viele Methoden giebt, ſie ohne Zuthun dieſer Saͤure zu erhalten. Die neuern Verſuche uͤber die Verbrennung der brennbaren und dephlogiſtiſirten Luft in verſchloßnen Gefaͤßen haben Veranlaſſung gegeben, die reine Luft fuͤr ein in elaſtiſcher Form dargeſtelltes Waſſer zu halten. Man bekoͤmmt nicht allein Waſſer, wie ſchon im Vorigen angeſuͤhrt iſt, aus der Verbrennung der Knallluft, ſondern es ſcheint ſich auch umgekehrt das Waſſer in brennbare und reine Luft zerlegen zu laſſen. Lavoiſier that in ein mit Queckſilber gefuͤlltes und in Queckſilber umgeſtuͤrztes Glas etwas Waſſer

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/386>, abgerufen am 24.11.2024.