Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Jedes brennbare Gas hat einen starken durchdringenden Geruch, der aber bey jeder Art verschieden ist, und nach Priestley vornehmlich davon abhängt, ob die Substanz, aus der die Luft entbunden worden, zum Mineral- Thier-oder Pflanzenreiche gehört. Auch ist das brennbare Gas den Thieren tödtlich, und löscht ein Licht aus, ob es gleich an sich selbst entzündlich ist.

Die Entzündbarkeit dieser Luftart ist ein sehr auffallendes Phänomen; denn eine unsichtbare Materie Feuer fangen und mit einer lebhaften Farbe brennen zu sehen, muß wohl Jeden in Verwunderung setzen. Es kan sich aber diese Luft, gleich andern brennbaren Materien, nicht entzünden, wenn sie nicht mit gemeiner oder dephlogistisirter in Berührung steht. Wenn man z. B. eine Flasche mit brennbarer Luft öfnet, und sogleich eine Lichtflamme daran bringt, so macht sie zwar eine schwache Explosion, weil schon ihre Oberfläche mit gemeiner Luft vermischt ist; nimmt man aber hernach das Licht weg, so brennt sie ruhig im Halse der Flasche fort, weil dies der einzige Ort ist, an welchem sie die gemeine Luft berührt. Bläset man alsdann auf die eine Seite der Oefnung, so steigt die Flamme ein wenig über den Hals der Flasche hervor; bisweilen scheint sie auch an den Seiten herabzulaufen. Von dem brennenden Gas sondert sich ein Dampf ab, der in die Flasche hineingeht, woraus erhellet, daß sich beym Brennen etwas Wässerichtes absondere. Die Flamme der aus Metallen entbundnen brennbaren Luft hat eine grünlich weiße Farbe; mitten in derselben aber zeigen sich lebhafte rothe Funken, die nach allen Richtungen schießen. Die Flamme der aus vegetabilischen und thierischen Substanzen entbundnen ist schwächer und zeigt nie Funken (Fontana in Phil. Tr. Vol. LXIX. p. 359.). Durch Vermischung mit nitröser Luft wird die Flamme grün, mit fixer blau. Wenn man durch eine enge Oefnung einen Strom brennbarer Luft herausdrückt, und durch den elektrischen Funken entzündet, so bildet sich ein ununterbrochner langer Feuerstrom. Man muß aber keine spitzige Röhre zu diesem Versuche nehmen, weil der elektrische Funke nicht auf Spitzen schlägt; man muß vielmehr


Jedes brennbare Gas hat einen ſtarken durchdringenden Geruch, der aber bey jeder Art verſchieden iſt, und nach Prieſtley vornehmlich davon abhaͤngt, ob die Subſtanz, aus der die Luft entbunden worden, zum Mineral- Thier-oder Pflanzenreiche gehoͤrt. Auch iſt das brennbare Gas den Thieren toͤdtlich, und loͤſcht ein Licht aus, ob es gleich an ſich ſelbſt entzuͤndlich iſt.

Die Entzuͤndbarkeit dieſer Luftart iſt ein ſehr auffallendes Phaͤnomen; denn eine unſichtbare Materie Feuer fangen und mit einer lebhaften Farbe brennen zu ſehen, muß wohl Jeden in Verwunderung ſetzen. Es kan ſich aber dieſe Luft, gleich andern brennbaren Materien, nicht entzuͤnden, wenn ſie nicht mit gemeiner oder dephlogiſtiſirter in Beruͤhrung ſteht. Wenn man z. B. eine Flaſche mit brennbarer Luft oͤfnet, und ſogleich eine Lichtflamme daran bringt, ſo macht ſie zwar eine ſchwache Exploſion, weil ſchon ihre Oberflaͤche mit gemeiner Luft vermiſcht iſt; nimmt man aber hernach das Licht weg, ſo brennt ſie ruhig im Halſe der Flaſche fort, weil dies der einzige Ort iſt, an welchem ſie die gemeine Luft beruͤhrt. Blaͤſet man alsdann auf die eine Seite der Oefnung, ſo ſteigt die Flamme ein wenig uͤber den Hals der Flaſche hervor; bisweilen ſcheint ſie auch an den Seiten herabzulaufen. Von dem brennenden Gas ſondert ſich ein Dampf ab, der in die Flaſche hineingeht, woraus erhellet, daß ſich beym Brennen etwas Waͤſſerichtes abſondere. Die Flamme der aus Metallen entbundnen brennbaren Luft hat eine gruͤnlich weiße Farbe; mitten in derſelben aber zeigen ſich lebhafte rothe Funken, die nach allen Richtungen ſchießen. Die Flamme der aus vegetabiliſchen und thieriſchen Subſtanzen entbundnen iſt ſchwaͤcher und zeigt nie Funken (Fontana in Phil. Tr. Vol. LXIX. p. 359.). Durch Vermiſchung mit nitroͤſer Luft wird die Flamme gruͤn, mit fixer blau. Wenn man durch eine enge Oefnung einen Strom brennbarer Luft herausdruͤckt, und durch den elektriſchen Funken entzuͤndet, ſo bildet ſich ein ununterbrochner langer Feuerſtrom. Man muß aber keine ſpitzige Roͤhre zu dieſem Verſuche nehmen, weil der elektriſche Funke nicht auf Spitzen ſchlaͤgt; man muß vielmehr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0371" xml:id="P.2.365" n="365"/><lb/>
            </p>
            <p>Jedes brennbare Gas hat einen &#x017F;tarken durchdringenden Geruch, der aber bey jeder Art ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, und nach <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> vornehmlich davon abha&#x0364;ngt, ob die Sub&#x017F;tanz, aus der die Luft entbunden worden, zum Mineral- Thier-oder Pflanzenreiche geho&#x0364;rt. Auch i&#x017F;t das brennbare Gas den Thieren to&#x0364;dtlich, und lo&#x0364;&#x017F;cht ein Licht aus, ob es gleich an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t entzu&#x0364;ndlich i&#x017F;t.</p>
            <p>Die <hi rendition="#b">Entzu&#x0364;ndbarkeit</hi> die&#x017F;er Luftart i&#x017F;t ein &#x017F;ehr auffallendes Pha&#x0364;nomen; denn eine un&#x017F;ichtbare Materie Feuer fangen und mit einer lebhaften Farbe brennen zu &#x017F;ehen, muß wohl Jeden in Verwunderung &#x017F;etzen. Es kan &#x017F;ich aber die&#x017F;e Luft, gleich andern brennbaren Materien, nicht entzu&#x0364;nden, wenn &#x017F;ie nicht mit gemeiner oder dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irter in Beru&#x0364;hrung &#x017F;teht. Wenn man z. B. eine Fla&#x017F;che mit brennbarer Luft o&#x0364;fnet, und &#x017F;ogleich eine Lichtflamme daran bringt, &#x017F;o macht &#x017F;ie zwar eine &#x017F;chwache Explo&#x017F;ion, weil &#x017F;chon ihre Oberfla&#x0364;che mit gemeiner Luft vermi&#x017F;cht i&#x017F;t; nimmt man aber hernach das Licht weg, &#x017F;o brennt &#x017F;ie ruhig im Hal&#x017F;e der Fla&#x017F;che fort, weil dies der einzige Ort i&#x017F;t, an welchem &#x017F;ie die gemeine Luft beru&#x0364;hrt. Bla&#x0364;&#x017F;et man alsdann auf die eine Seite der Oefnung, &#x017F;o &#x017F;teigt die Flamme ein wenig u&#x0364;ber den Hals der Fla&#x017F;che hervor; bisweilen &#x017F;cheint &#x017F;ie auch an den Seiten herabzulaufen. Von dem brennenden Gas &#x017F;ondert &#x017F;ich ein Dampf ab, der in die Fla&#x017F;che hineingeht, woraus erhellet, daß &#x017F;ich beym Brennen etwas Wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erichtes ab&#x017F;ondere. Die Flamme der aus Metallen entbundnen brennbaren Luft hat eine gru&#x0364;nlich weiße Farbe; mitten in der&#x017F;elben aber zeigen &#x017F;ich lebhafte rothe Funken, die nach allen Richtungen &#x017F;chießen. Die Flamme der aus vegetabili&#x017F;chen und thieri&#x017F;chen Sub&#x017F;tanzen entbundnen i&#x017F;t &#x017F;chwa&#x0364;cher und zeigt nie Funken <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Fontana</hi> in Phil. Tr. Vol. LXIX. p. 359.).</hi> Durch Vermi&#x017F;chung mit nitro&#x0364;&#x017F;er Luft wird die Flamme gru&#x0364;n, mit fixer blau. Wenn man durch eine enge Oefnung einen Strom brennbarer Luft herausdru&#x0364;ckt, und durch den elektri&#x017F;chen Funken entzu&#x0364;ndet, &#x017F;o bildet &#x017F;ich ein ununterbrochner langer <hi rendition="#b">Feuer&#x017F;trom.</hi> Man muß aber keine &#x017F;pitzige Ro&#x0364;hre zu die&#x017F;em Ver&#x017F;uche nehmen, weil der elektri&#x017F;che Funke nicht auf Spitzen &#x017F;chla&#x0364;gt; man muß vielmehr<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0371] Jedes brennbare Gas hat einen ſtarken durchdringenden Geruch, der aber bey jeder Art verſchieden iſt, und nach Prieſtley vornehmlich davon abhaͤngt, ob die Subſtanz, aus der die Luft entbunden worden, zum Mineral- Thier-oder Pflanzenreiche gehoͤrt. Auch iſt das brennbare Gas den Thieren toͤdtlich, und loͤſcht ein Licht aus, ob es gleich an ſich ſelbſt entzuͤndlich iſt. Die Entzuͤndbarkeit dieſer Luftart iſt ein ſehr auffallendes Phaͤnomen; denn eine unſichtbare Materie Feuer fangen und mit einer lebhaften Farbe brennen zu ſehen, muß wohl Jeden in Verwunderung ſetzen. Es kan ſich aber dieſe Luft, gleich andern brennbaren Materien, nicht entzuͤnden, wenn ſie nicht mit gemeiner oder dephlogiſtiſirter in Beruͤhrung ſteht. Wenn man z. B. eine Flaſche mit brennbarer Luft oͤfnet, und ſogleich eine Lichtflamme daran bringt, ſo macht ſie zwar eine ſchwache Exploſion, weil ſchon ihre Oberflaͤche mit gemeiner Luft vermiſcht iſt; nimmt man aber hernach das Licht weg, ſo brennt ſie ruhig im Halſe der Flaſche fort, weil dies der einzige Ort iſt, an welchem ſie die gemeine Luft beruͤhrt. Blaͤſet man alsdann auf die eine Seite der Oefnung, ſo ſteigt die Flamme ein wenig uͤber den Hals der Flaſche hervor; bisweilen ſcheint ſie auch an den Seiten herabzulaufen. Von dem brennenden Gas ſondert ſich ein Dampf ab, der in die Flaſche hineingeht, woraus erhellet, daß ſich beym Brennen etwas Waͤſſerichtes abſondere. Die Flamme der aus Metallen entbundnen brennbaren Luft hat eine gruͤnlich weiße Farbe; mitten in derſelben aber zeigen ſich lebhafte rothe Funken, die nach allen Richtungen ſchießen. Die Flamme der aus vegetabiliſchen und thieriſchen Subſtanzen entbundnen iſt ſchwaͤcher und zeigt nie Funken (Fontana in Phil. Tr. Vol. LXIX. p. 359.). Durch Vermiſchung mit nitroͤſer Luft wird die Flamme gruͤn, mit fixer blau. Wenn man durch eine enge Oefnung einen Strom brennbarer Luft herausdruͤckt, und durch den elektriſchen Funken entzuͤndet, ſo bildet ſich ein ununterbrochner langer Feuerſtrom. Man muß aber keine ſpitzige Roͤhre zu dieſem Verſuche nehmen, weil der elektriſche Funke nicht auf Spitzen ſchlaͤgt; man muß vielmehr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/371
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/371>, abgerufen am 24.11.2024.