Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Je mehr also Rollen im Flaschenzuge sind, d. i. je mehr Seile die Last spannt, desto mehr kan durch eine geringere Kraft gehoben werden. Aber auch hier gilt das allgemeine Gesetz der Maschinen, daß das, was an Kraft gewonnen wird, an Raum oder Zeit wieder verlohren geht. Soll die Last um 1 Schuh gehoben werden, so muß sich jeder Strick, den sie spannt, um 1 Schuh, mithin das ganze Seil hier um 4 Schuh, verkürzen, und die Kraft, die das Seil auszieht, muß vier Schuh weit fortgehen. Hiebey wird vorausgesetzt, daß alle Seile parallel sind, weil sich sonst bey der Rolle das Verhältniß K: L ändert. Damit aber die Seile nicht an einander kommen, und sich reiben, müssen die mittlern Rollen kleiner, als die äußern seyn, wobey das Seil FE schief geht. Dies verursacht eine kleine Abweichung von der Regel. Diese zu vermeiden, kan man die Rollen in den Kloben neben einander setzen, wie Leupold (Theatr. Machinar. generale. Cap. III. §. 63.) vorschlägt; aber dann laufen die Seile seitwärts schief, und klemmen die Rollen. Also ist es besser, bey der gewöhnlichen Einrichtung zu bleiben, zumal da das Reiben und die Steife der Seile noch weit beträchtlichere Abweichungen veranlassen. Der Flaschenzug ist nächst dem Haspel das gewöhnlichste und bequemste Hebzeug, und wird täglich beym Bauen rc. zu Hebung schwerer Lasten gebraucht. Mit dem Haspel verbunden zwingt er ungeheure Lasten, und die so bewunderte Mechanik der Egypter hat vielleicht blos in der Kenntniß dieser beyden Hebzeuge bestanden, die den Alten sehr bekannt waren. Den Flaschenzug beschreibt Vitruv (De architectura Lib. X. c. 3. 4.), und mehrere Abänderungen und Verbindungen desselben findet man beym Leupold (Theatrum machinarum, Tab. XXXV, XXXVI. u. f.) abgebildet.
Je mehr alſo Rollen im Flaſchenzuge ſind, d. i. je mehr Seile die Laſt ſpannt, deſto mehr kan durch eine geringere Kraft gehoben werden. Aber auch hier gilt das allgemeine Geſetz der Maſchinen, daß das, was an Kraft gewonnen wird, an Raum oder Zeit wieder verlohren geht. Soll die Laſt um 1 Schuh gehoben werden, ſo muß ſich jeder Strick, den ſie ſpannt, um 1 Schuh, mithin das ganze Seil hier um 4 Schuh, verkuͤrzen, und die Kraft, die das Seil auszieht, muß vier Schuh weit fortgehen. Hiebey wird vorausgeſetzt, daß alle Seile parallel ſind, weil ſich ſonſt bey der Rolle das Verhaͤltniß K: L aͤndert. Damit aber die Seile nicht an einander kommen, und ſich reiben, muͤſſen die mittlern Rollen kleiner, als die aͤußern ſeyn, wobey das Seil FE ſchief geht. Dies verurſacht eine kleine Abweichung von der Regel. Dieſe zu vermeiden, kan man die Rollen in den Kloben neben einander ſetzen, wie Leupold (Theatr. Machinar. generale. Cap. III. §. 63.) vorſchlaͤgt; aber dann laufen die Seile ſeitwaͤrts ſchief, und klemmen die Rollen. Alſo iſt es beſſer, bey der gewoͤhnlichen Einrichtung zu bleiben, zumal da das Reiben und die Steife der Seile noch weit betraͤchtlichere Abweichungen veranlaſſen. Der Flaſchenzug iſt naͤchſt dem Haſpel das gewoͤhnlichſte und bequemſte Hebzeug, und wird taͤglich beym Bauen rc. zu Hebung ſchwerer Laſten gebraucht. Mit dem Haſpel verbunden zwingt er ungeheure Laſten, und die ſo bewunderte Mechanik der Egypter hat vielleicht blos in der Kenntniß dieſer beyden Hebzeuge beſtanden, die den Alten ſehr bekannt waren. Den Flaſchenzug beſchreibt Vitruv (De architectura Lib. X. c. 3. 4.), und mehrere Abaͤnderungen und Verbindungen deſſelben findet man beym Leupold (Theatrum machinarum, Tab. XXXV, XXXVI. u. f.) abgebildet. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0320" xml:id="P.2.314" n="314"/><lb/> wobey am Seile, das von <hi rendition="#aq">D</hi> heraufgeht, eine Kraft aufwaͤrts ziehen, oder auch das Seil fuͤr eine niederziehende Kraft noch um eine dritte obere Rolle gefuͤhrt ſeyn koͤnnte. In dieſem Falle wuͤrde die Laſt fuͤnf Seile ſpannen, und <hi rendition="#aq">K</hi> nur der fuͤnfte Theil von <hi rendition="#aq">L</hi> ſeyn duͤrfen.</p> <p>Je mehr alſo Rollen im Flaſchenzuge ſind, d. i. je mehr Seile die Laſt ſpannt, deſto mehr kan durch eine geringere Kraft gehoben werden. Aber auch hier gilt das allgemeine Geſetz der Maſchinen, daß das, was an Kraft gewonnen wird, an Raum oder Zeit wieder verlohren geht. Soll die Laſt um 1 Schuh gehoben werden, ſo muß ſich jeder Strick, den ſie ſpannt, um 1 Schuh, mithin das ganze Seil hier um 4 Schuh, verkuͤrzen, und die Kraft, die das Seil auszieht, muß vier Schuh weit fortgehen.</p> <p>Hiebey wird vorausgeſetzt, daß alle Seile parallel ſind, weil ſich ſonſt bey der Rolle das Verhaͤltniß <hi rendition="#aq">K: L</hi> aͤndert. Damit aber die Seile nicht an einander kommen, und ſich reiben, muͤſſen die mittlern Rollen kleiner, als die aͤußern ſeyn, wobey das Seil <hi rendition="#aq">FE</hi> ſchief geht. Dies verurſacht eine kleine Abweichung von der Regel. Dieſe zu vermeiden, kan man die Rollen in den Kloben <hi rendition="#b">neben einander</hi> ſetzen, wie <hi rendition="#b">Leupold</hi> <hi rendition="#aq">(Theatr. Machinar. generale. Cap. III. §. 63.)</hi> vorſchlaͤgt; aber dann laufen die Seile ſeitwaͤrts ſchief, und klemmen die Rollen. Alſo iſt es beſſer, bey der gewoͤhnlichen Einrichtung zu bleiben, zumal da das Reiben und die Steife der Seile noch weit betraͤchtlichere Abweichungen veranlaſſen.</p> <p>Der Flaſchenzug iſt naͤchſt dem Haſpel das gewoͤhnlichſte und bequemſte Hebzeug, und wird taͤglich beym Bauen rc. zu Hebung ſchwerer Laſten gebraucht. Mit dem Haſpel verbunden zwingt er ungeheure Laſten, und die ſo bewunderte Mechanik der Egypter hat vielleicht blos in der Kenntniß dieſer beyden Hebzeuge beſtanden, die den Alten ſehr bekannt waren. Den Flaſchenzug beſchreibt <hi rendition="#b">Vitruv</hi> <hi rendition="#aq">(De architectura Lib. X. c. 3. 4.),</hi> und mehrere Abaͤnderungen und Verbindungen deſſelben findet man beym <hi rendition="#b">Leupold</hi> <hi rendition="#aq">(Theatrum machinarum, Tab. XXXV, XXXVI.</hi> u. f.) abgebildet.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [314/0320]
wobey am Seile, das von D heraufgeht, eine Kraft aufwaͤrts ziehen, oder auch das Seil fuͤr eine niederziehende Kraft noch um eine dritte obere Rolle gefuͤhrt ſeyn koͤnnte. In dieſem Falle wuͤrde die Laſt fuͤnf Seile ſpannen, und K nur der fuͤnfte Theil von L ſeyn duͤrfen.
Je mehr alſo Rollen im Flaſchenzuge ſind, d. i. je mehr Seile die Laſt ſpannt, deſto mehr kan durch eine geringere Kraft gehoben werden. Aber auch hier gilt das allgemeine Geſetz der Maſchinen, daß das, was an Kraft gewonnen wird, an Raum oder Zeit wieder verlohren geht. Soll die Laſt um 1 Schuh gehoben werden, ſo muß ſich jeder Strick, den ſie ſpannt, um 1 Schuh, mithin das ganze Seil hier um 4 Schuh, verkuͤrzen, und die Kraft, die das Seil auszieht, muß vier Schuh weit fortgehen.
Hiebey wird vorausgeſetzt, daß alle Seile parallel ſind, weil ſich ſonſt bey der Rolle das Verhaͤltniß K: L aͤndert. Damit aber die Seile nicht an einander kommen, und ſich reiben, muͤſſen die mittlern Rollen kleiner, als die aͤußern ſeyn, wobey das Seil FE ſchief geht. Dies verurſacht eine kleine Abweichung von der Regel. Dieſe zu vermeiden, kan man die Rollen in den Kloben neben einander ſetzen, wie Leupold (Theatr. Machinar. generale. Cap. III. §. 63.) vorſchlaͤgt; aber dann laufen die Seile ſeitwaͤrts ſchief, und klemmen die Rollen. Alſo iſt es beſſer, bey der gewoͤhnlichen Einrichtung zu bleiben, zumal da das Reiben und die Steife der Seile noch weit betraͤchtlichere Abweichungen veranlaſſen.
Der Flaſchenzug iſt naͤchſt dem Haſpel das gewoͤhnlichſte und bequemſte Hebzeug, und wird taͤglich beym Bauen rc. zu Hebung ſchwerer Laſten gebraucht. Mit dem Haſpel verbunden zwingt er ungeheure Laſten, und die ſo bewunderte Mechanik der Egypter hat vielleicht blos in der Kenntniß dieſer beyden Hebzeuge beſtanden, die den Alten ſehr bekannt waren. Den Flaſchenzug beſchreibt Vitruv (De architectura Lib. X. c. 3. 4.), und mehrere Abaͤnderungen und Verbindungen deſſelben findet man beym Leupold (Theatrum machinarum, Tab. XXXV, XXXVI. u. f.) abgebildet.
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