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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Unterschied überein (auch der im Vorigen angeführte Versuch des Herrn Wilke, nur daß dieser statt 172, 162, mithin statt 140 nur 130 hat). Diese gleichsam verschwundene Wärme nennt D. Black verborgene Wärme des Wassers: de Lüc will sie lieber verborgenes Feuer nennen. Nach der Bemerkung des Herrn Lichtenberg in Göttingen in einem Briefe an de Lüc vom 21 März 1785 mag wohl die Menge dieses verborgenen Feuers bey heißerm Wasser immer größer werden, weil heißeres Wasser flüßiger ist, oder mehr Tropfen giebt, als kaltes, mithin die Wärme, welche gebraucht wird, das vorher schon flüßige noch flüßiger zu machen, verborgene wird, oder für das Thermometer verlohren geht. Bey dem Gefrieren äußert sich gerade das Gegentheil, und das verborgene Feuer wird wieder wirksam. Es ist bey dem Artikel: Eis angeführt worden, daß das Wasser bis unter die Temperatur des Eispunkts erkalten kan, ohne zu gefrieren. Gefriert es aber alsdann durch Berührung, Schütteln u. dgl., so nimmt es augenblicklich die Temperatur des Eispunktes an, und wird also wärmer. Diese Wärme ist eine Wirkung des verborgenen Feuers, welches die gefrierenden Theile absetzen.

Nach Crawford würde man alle diese Phänomene daraus erklären, daß das Wasser mehr specifische Wärme, als das Eis, hat, daß also bey der Verwaudlung des Eises in Wasser, und bey allen Schmelzungen überhaupt, Wärme oder Feuer verlohren gehen muß. Aber Herr de Lüc bestreitet hier sehr eifrig die Crawfordischen Ideen von Capacität, d. i. von Fähigkeit, Feuer zu binden oder von specifischer Wärme. Er führt zuerst an, es sey unsicher, die specifischen Capacitäten der Substanzen aus Versuchen mit einerley Substan; unter verschiedenen Temperaturen herzuleiten, weil die Substanzen mit der Temperatur zugleich auch die Capacitat ändern könnten. Hierauf fügt er hinzu, die Capacität (d. i. nach ihm die Menge von Feuer, welche in einer gewissen Substanz erforderlich ist, um einen bestimmten Grad der Ausdehnung hervorzubringen) hänge von der Beschaffenheit der Poren der Körper ab, und könne


Unterſchied uͤberein (auch der im Vorigen angefuͤhrte Verſuch des Herrn Wilke, nur daß dieſer ſtatt 172, 162, mithin ſtatt 140 nur 130 hat). Dieſe gleichſam verſchwundene Waͤrme nennt D. Black verborgene Waͤrme des Waſſers: de Luͤc will ſie lieber verborgenes Feuer nennen. Nach der Bemerkung des Herrn Lichtenberg in Goͤttingen in einem Briefe an de Luͤc vom 21 Maͤrz 1785 mag wohl die Menge dieſes verborgenen Feuers bey heißerm Waſſer immer groͤßer werden, weil heißeres Waſſer fluͤßiger iſt, oder mehr Tropfen giebt, als kaltes, mithin die Waͤrme, welche gebraucht wird, das vorher ſchon fluͤßige noch fluͤßiger zu machen, verborgene wird, oder fuͤr das Thermometer verlohren geht. Bey dem Gefrieren aͤußert ſich gerade das Gegentheil, und das verborgene Feuer wird wieder wirkſam. Es iſt bey dem Artikel: Eis angefuͤhrt worden, daß das Waſſer bis unter die Temperatur des Eispunkts erkalten kan, ohne zu gefrieren. Gefriert es aber alsdann durch Beruͤhrung, Schuͤtteln u. dgl., ſo nimmt es augenblicklich die Temperatur des Eispunktes an, und wird alſo waͤrmer. Dieſe Waͤrme iſt eine Wirkung des verborgenen Feuers, welches die gefrierenden Theile abſetzen.

Nach Crawford wuͤrde man alle dieſe Phaͤnomene daraus erklaͤren, daß das Waſſer mehr ſpecifiſche Waͤrme, als das Eis, hat, daß alſo bey der Verwaudlung des Eiſes in Waſſer, und bey allen Schmelzungen uͤberhaupt, Waͤrme oder Feuer verlohren gehen muß. Aber Herr de Luͤc beſtreitet hier ſehr eifrig die Crawfordiſchen Ideen von Capacitaͤt, d. i. von Faͤhigkeit, Feuer zu binden oder von ſpecifiſcher Waͤrme. Er fuͤhrt zuerſt an, es ſey unſicher, die ſpecifiſchen Capacitaͤten der Subſtanzen aus Verſuchen mit einerley Subſtan; unter verſchiedenen Temperaturen herzuleiten, weil die Subſtanzen mit der Temperatur zugleich auch die Capacitat aͤndern koͤnnten. Hierauf fuͤgt er hinzu, die Capacitaͤt (d. i. nach ihm die Menge von Feuer, welche in einer gewiſſen Subſtanz erforderlich iſt, um einen beſtimmten Grad der Ausdehnung hervorzubringen) haͤnge von der Beſchaffenheit der Poren der Koͤrper ab, und koͤnne

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[230/0236] Unterſchied uͤberein (auch der im Vorigen angefuͤhrte Verſuch des Herrn Wilke, nur daß dieſer ſtatt 172, 162, mithin ſtatt 140 nur 130 hat). Dieſe gleichſam verſchwundene Waͤrme nennt D. Black verborgene Waͤrme des Waſſers: de Luͤc will ſie lieber verborgenes Feuer nennen. Nach der Bemerkung des Herrn Lichtenberg in Goͤttingen in einem Briefe an de Luͤc vom 21 Maͤrz 1785 mag wohl die Menge dieſes verborgenen Feuers bey heißerm Waſſer immer groͤßer werden, weil heißeres Waſſer fluͤßiger iſt, oder mehr Tropfen giebt, als kaltes, mithin die Waͤrme, welche gebraucht wird, das vorher ſchon fluͤßige noch fluͤßiger zu machen, verborgene wird, oder fuͤr das Thermometer verlohren geht. Bey dem Gefrieren aͤußert ſich gerade das Gegentheil, und das verborgene Feuer wird wieder wirkſam. Es iſt bey dem Artikel: Eis angefuͤhrt worden, daß das Waſſer bis unter die Temperatur des Eispunkts erkalten kan, ohne zu gefrieren. Gefriert es aber alsdann durch Beruͤhrung, Schuͤtteln u. dgl., ſo nimmt es augenblicklich die Temperatur des Eispunktes an, und wird alſo waͤrmer. Dieſe Waͤrme iſt eine Wirkung des verborgenen Feuers, welches die gefrierenden Theile abſetzen. Nach Crawford wuͤrde man alle dieſe Phaͤnomene daraus erklaͤren, daß das Waſſer mehr ſpecifiſche Waͤrme, als das Eis, hat, daß alſo bey der Verwaudlung des Eiſes in Waſſer, und bey allen Schmelzungen uͤberhaupt, Waͤrme oder Feuer verlohren gehen muß. Aber Herr de Luͤc beſtreitet hier ſehr eifrig die Crawfordiſchen Ideen von Capacitaͤt, d. i. von Faͤhigkeit, Feuer zu binden oder von ſpecifiſcher Waͤrme. Er fuͤhrt zuerſt an, es ſey unſicher, die ſpecifiſchen Capacitaͤten der Subſtanzen aus Verſuchen mit einerley Subſtan; unter verſchiedenen Temperaturen herzuleiten, weil die Subſtanzen mit der Temperatur zugleich auch die Capacitat aͤndern koͤnnten. Hierauf fuͤgt er hinzu, die Capacitaͤt (d. i. nach ihm die Menge von Feuer, welche in einer gewiſſen Subſtanz erforderlich iſt, um einen beſtimmten Grad der Ausdehnung hervorzubringen) haͤnge von der Beſchaffenheit der Poren der Koͤrper ab, und koͤnne

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/236>, abgerufen am 25.11.2024.