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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Eine der sinnreichsten Theorien über Wärme und Feuer ist diejenige, welche D. Adair Crawford, ein junger Arzt zu London (Experiments and observations on animal Heat and the inflammation of combustible bodies. London, 1779. 8. mai. A. Crawfords Versuche und Beobachtungen über die thierische Wärme und die Entzündung brennbarer Körper, mit W. Morgans Erinnerungen wider die Theorie des Herrn C. Leipzig, 1785. 8.), vorgetragen hat. Sie gründet sich zwar ganz auf Versuche, welche die Herren Wilke, Black und Irwin schon seit dem Jahre 1772 angestellt hatten; aber die Beschuldigung, als ob die Theorie selbst von diesen Gelehrten entlehnet sey, ist ungegründet und es haben ihr die beyden zuletztgenannten selbst ausdrücklich widersprochen. Um diese Theorie mit möglichster Kürze und Deutlichkeit vorzustellen, werde ich derjenigen Ordnung folgen, welche die Herren Lichtenberg (in den Erxlebenschen Anfangsgr. der Naturlehre, Göttingen, 1787. 8. §. 494. b, u. f.) und Karsten (Anleitung zur gemeinnützlichen Kenntniß der Natur, Halle, 1783. 8. XXVI. Abschn.) bey dem Vortrage derselben beobachtet haben. Crawford's Theorie von Wärme und Feuer.

Wer ein Elementarfeuer, oder eine materielle Ursache der Wärme annimmt, der wird auch den Satz gelten lassen, daß dasselbe nach den Gesetzen der Verwandschaft bald mit verschiednen Körpern in Verbindung treten, bald wiederum von denselben abgeschieden werden könne; wenigstens läßt sich die Erzeugung der Kälte bey Auflösungen der Salze, die Erhitzung des ungelöschten Kalks mit Wasser, nebst andern ähnlichen Erscheinungen ohne diese Regel schwerlich auf eine befriedigende Art erklären. Man muß daher annehmen, daß sich das Feuer oder die Materie der Wärme bald in einem freyen, bald im gebundenen Zustande befinde.

Freyes Feuer

welches man auch freye oder fühlbare, empfindbare Wärme (sensible heat) nennen kan, wirkt auf unser Gefühl und aufs Thermometer. Die Empfindung, welche es in uns erregt, nennen wir ebenfalls Wärme, und wenn sie heftig ist, Hitze. Freyes Feuer breitet


Eine der ſinnreichſten Theorien uͤber Waͤrme und Feuer iſt diejenige, welche D. Adair Crawford, ein junger Arzt zu London (Experiments and obſervations on animal Heat and the inflammation of combuſtible bodies. London, 1779. 8. mai. A. Crawfords Verſuche und Beobachtungen uͤber die thieriſche Waͤrme und die Entzuͤndung brennbarer Koͤrper, mit W. Morgans Erinnerungen wider die Theorie des Herrn C. Leipzig, 1785. 8.), vorgetragen hat. Sie gruͤndet ſich zwar ganz auf Verſuche, welche die Herren Wilke, Black und Irwin ſchon ſeit dem Jahre 1772 angeſtellt hatten; aber die Beſchuldigung, als ob die Theorie ſelbſt von dieſen Gelehrten entlehnet ſey, iſt ungegruͤndet und es haben ihr die beyden zuletztgenannten ſelbſt ausdruͤcklich widerſprochen. Um dieſe Theorie mit moͤglichſter Kuͤrze und Deutlichkeit vorzuſtellen, werde ich derjenigen Ordnung folgen, welche die Herren Lichtenberg (in den Erxlebenſchen Anfangsgr. der Naturlehre, Goͤttingen, 1787. 8. §. 494. b, u. f.) und Karſten (Anleitung zur gemeinnuͤtzlichen Kenntniß der Natur, Halle, 1783. 8. XXVI. Abſchn.) bey dem Vortrage derſelben beobachtet haben. Crawford's Theorie von Waͤrme und Feuer.

Wer ein Elementarfeuer, oder eine materielle Urſache der Waͤrme annimmt, der wird auch den Satz gelten laſſen, daß daſſelbe nach den Geſetzen der Verwandſchaft bald mit verſchiednen Koͤrpern in Verbindung treten, bald wiederum von denſelben abgeſchieden werden koͤnne; wenigſtens laͤßt ſich die Erzeugung der Kaͤlte bey Aufloͤſungen der Salze, die Erhitzung des ungeloͤſchten Kalks mit Waſſer, nebſt andern aͤhnlichen Erſcheinungen ohne dieſe Regel ſchwerlich auf eine befriedigende Art erklaͤren. Man muß daher annehmen, daß ſich das Feuer oder die Materie der Waͤrme bald in einem freyen, bald im gebundenen Zuſtande befinde.

Freyes Feuer

welches man auch freye oder fuͤhlbare, empfindbare Waͤrme (ſenſible heat) nennen kan, wirkt auf unſer Gefuͤhl und aufs Thermometer. Die Empfindung, welche es in uns erregt, nennen wir ebenfalls Waͤrme, und wenn ſie heftig iſt, Hitze. Freyes Feuer breitet

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[218/0224] Eine der ſinnreichſten Theorien uͤber Waͤrme und Feuer iſt diejenige, welche D. Adair Crawford, ein junger Arzt zu London (Experiments and obſervations on animal Heat and the inflammation of combuſtible bodies. London, 1779. 8. mai. A. Crawfords Verſuche und Beobachtungen uͤber die thieriſche Waͤrme und die Entzuͤndung brennbarer Koͤrper, mit W. Morgans Erinnerungen wider die Theorie des Herrn C. Leipzig, 1785. 8.), vorgetragen hat. Sie gruͤndet ſich zwar ganz auf Verſuche, welche die Herren Wilke, Black und Irwin ſchon ſeit dem Jahre 1772 angeſtellt hatten; aber die Beſchuldigung, als ob die Theorie ſelbſt von dieſen Gelehrten entlehnet ſey, iſt ungegruͤndet und es haben ihr die beyden zuletztgenannten ſelbſt ausdruͤcklich widerſprochen. Um dieſe Theorie mit moͤglichſter Kuͤrze und Deutlichkeit vorzuſtellen, werde ich derjenigen Ordnung folgen, welche die Herren Lichtenberg (in den Erxlebenſchen Anfangsgr. der Naturlehre, Goͤttingen, 1787. 8. §. 494. b, u. f.) und Karſten (Anleitung zur gemeinnuͤtzlichen Kenntniß der Natur, Halle, 1783. 8. XXVI. Abſchn.) bey dem Vortrage derſelben beobachtet haben. Crawford's Theorie von Waͤrme und Feuer. Wer ein Elementarfeuer, oder eine materielle Urſache der Waͤrme annimmt, der wird auch den Satz gelten laſſen, daß daſſelbe nach den Geſetzen der Verwandſchaft bald mit verſchiednen Koͤrpern in Verbindung treten, bald wiederum von denſelben abgeſchieden werden koͤnne; wenigſtens laͤßt ſich die Erzeugung der Kaͤlte bey Aufloͤſungen der Salze, die Erhitzung des ungeloͤſchten Kalks mit Waſſer, nebſt andern aͤhnlichen Erſcheinungen ohne dieſe Regel ſchwerlich auf eine befriedigende Art erklaͤren. Man muß daher annehmen, daß ſich das Feuer oder die Materie der Waͤrme bald in einem freyen, bald im gebundenen Zuſtande befinde. Freyes Feuer welches man auch freye oder fuͤhlbare, empfindbare Waͤrme (ſenſible heat) nennen kan, wirkt auf unſer Gefuͤhl und aufs Thermometer. Die Empfindung, welche es in uns erregt, nennen wir ebenfalls Waͤrme, und wenn ſie heftig iſt, Hitze. Freyes Feuer breitet

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/224>, abgerufen am 24.11.2024.