Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.Fett, Pinguedo, Adeps, Graisse. Eine feste ölichte Substanz, welche sich in den thierischen Körpern an verschiedenen Theilen absetzt. Sie besteht aus einem milden, nicht flüchtigen Oele, welches seine Festigkeit blos einer innig damit verbundnen Säure, der Fettsäure oder thierischen Säure (Acidum pinguedinis animalis, Acide de graisse) zu danken hat. Die mineralischen Säuren und Laugensalze wirken auf das Fett eben so, wie auf die milden, nicht flüchtigen Pflanzenöle, welche keine harzige noch gummichte Eigenschaft haben, und nicht trocken werden, z. B. das Baumöl, die man daher fette Oele nennt. Die Säure des Fetts ist vorzüglich von Segner (Diss. de acido pingued. animalis. Gott. 1754.) und von Hrn. Crell (Chem. Journal, Th. I. S. 60-94. Th. II. S. 112-128. Th. IV. S. 47-77.) untersucht worden, welcher Letztere denen Mittelsalzen, die aus ihrer Verbindung mit andern Körpern entstehen, eigne Namen beygelegt hat. So giebt sie mit dem vegetabilischen Laugensalze Segners thierischen Weinstein, mit dem mineralischen Alkali das mineralische Thiersalz, mit dem flüchtigen Alkali Segners thierischen Salmiak u. s. w. Gegen diese Benennungen läßt sich doch erinnern, daß die Fettsäure keine eigentlich thierische, oder dem Thierreiche allein eigne Säure ist, weil auch fette Stoffe des Pflanzenreichs, z. B. die Cacaobutter, eine ähnliche Säure liefern. Im natürlichen Zustande ist das Fett sehr mild; wenn aber die Säure durch die Hitze oder durch das Alter entwickelt und zum Theil entbunden worden ist, so wird es scharf, reizend und sogar ätzend. In diesem Zustande löset der Weingeist den ranzigen Theil davon auf, daher man durch Behandlung mit Weingeist das verdorbene Fett wieder verbessern kan. Das im Fette enthaltene Oel, welches der Butter und dem Wachse gleich kömmt, entspringt ohne Zweifel aus den ölichten Theilen der Nahrungsmittel, welche für die Ernährung des Körpers und für die Fortpflanzung überflüßig sind, und daher besonders abgesetzt werden. Fett, Pinguedo, Adeps, Graiſſe. Eine feſte oͤlichte Subſtanz, welche ſich in den thieriſchen Koͤrpern an verſchiedenen Theilen abſetzt. Sie beſteht aus einem milden, nicht fluͤchtigen Oele, welches ſeine Feſtigkeit blos einer innig damit verbundnen Saͤure, der Fettſaͤure oder thieriſchen Saͤure (Acidum pinguedinis animalis, Acide de graiſſe) zu danken hat. Die mineraliſchen Saͤuren und Laugenſalze wirken auf das Fett eben ſo, wie auf die milden, nicht fluͤchtigen Pflanzenoͤle, welche keine harzige noch gummichte Eigenſchaft haben, und nicht trocken werden, z. B. das Baumoͤl, die man daher fette Oele nennt. Die Saͤure des Fetts iſt vorzuͤglich von Segner (Diſſ. de acido pingued. animalis. Gott. 1754.) und von Hrn. Crell (Chem. Journal, Th. I. S. 60-94. Th. II. S. 112-128. Th. IV. S. 47-77.) unterſucht worden, welcher Letztere denen Mittelſalzen, die aus ihrer Verbindung mit andern Koͤrpern entſtehen, eigne Namen beygelegt hat. So giebt ſie mit dem vegetabiliſchen Laugenſalze Segners thieriſchen Weinſtein, mit dem mineraliſchen Alkali das mineraliſche Thierſalz, mit dem fluͤchtigen Alkali Segners thieriſchen Salmiak u. ſ. w. Gegen dieſe Benennungen laͤßt ſich doch erinnern, daß die Fettſaͤure keine eigentlich thieriſche, oder dem Thierreiche allein eigne Saͤure iſt, weil auch fette Stoffe des Pflanzenreichs, z. B. die Cacaobutter, eine aͤhnliche Saͤure liefern. Im natuͤrlichen Zuſtande iſt das Fett ſehr mild; wenn aber die Saͤure durch die Hitze oder durch das Alter entwickelt und zum Theil entbunden worden iſt, ſo wird es ſcharf, reizend und ſogar aͤtzend. In dieſem Zuſtande loͤſet der Weingeiſt den ranzigen Theil davon auf, daher man durch Behandlung mit Weingeiſt das verdorbene Fett wieder verbeſſern kan. Das im Fette enthaltene Oel, welches der Butter und dem Wachſe gleich koͤmmt, entſpringt ohne Zweifel aus den oͤlichten Theilen der Nahrungsmittel, welche fuͤr die Ernaͤhrung des Koͤrpers und fuͤr die Fortpflanzung uͤberfluͤßig ſind, und daher beſonders abgeſetzt werden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0211" xml:id="P.2.205" n="205"/><lb/> </p> </div> <div n="2"> <head>Fett, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Pinguedo, Adeps</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Graiſſe</hi></foreign></name>.</head><lb/> <p>Eine feſte oͤlichte Subſtanz, welche ſich in den thieriſchen Koͤrpern an verſchiedenen Theilen abſetzt. 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Fett, Pinguedo, Adeps, Graiſſe.
Eine feſte oͤlichte Subſtanz, welche ſich in den thieriſchen Koͤrpern an verſchiedenen Theilen abſetzt. Sie beſteht aus einem milden, nicht fluͤchtigen Oele, welches ſeine Feſtigkeit blos einer innig damit verbundnen Saͤure, der Fettſaͤure oder thieriſchen Saͤure (Acidum pinguedinis animalis, Acide de graiſſe) zu danken hat. Die mineraliſchen Saͤuren und Laugenſalze wirken auf das Fett eben ſo, wie auf die milden, nicht fluͤchtigen Pflanzenoͤle, welche keine harzige noch gummichte Eigenſchaft haben, und nicht trocken werden, z. B. das Baumoͤl, die man daher fette Oele nennt.
Die Saͤure des Fetts iſt vorzuͤglich von Segner (Diſſ. de acido pingued. animalis. Gott. 1754.) und von Hrn. Crell (Chem. Journal, Th. I. S. 60-94. Th. II. S. 112-128. Th. IV. S. 47-77.) unterſucht worden, welcher Letztere denen Mittelſalzen, die aus ihrer Verbindung mit andern Koͤrpern entſtehen, eigne Namen beygelegt hat. So giebt ſie mit dem vegetabiliſchen Laugenſalze Segners thieriſchen Weinſtein, mit dem mineraliſchen Alkali das mineraliſche Thierſalz, mit dem fluͤchtigen Alkali Segners thieriſchen Salmiak u. ſ. w. Gegen dieſe Benennungen laͤßt ſich doch erinnern, daß die Fettſaͤure keine eigentlich thieriſche, oder dem Thierreiche allein eigne Saͤure iſt, weil auch fette Stoffe des Pflanzenreichs, z. B. die Cacaobutter, eine aͤhnliche Saͤure liefern.
Im natuͤrlichen Zuſtande iſt das Fett ſehr mild; wenn aber die Saͤure durch die Hitze oder durch das Alter entwickelt und zum Theil entbunden worden iſt, ſo wird es ſcharf, reizend und ſogar aͤtzend. In dieſem Zuſtande loͤſet der Weingeiſt den ranzigen Theil davon auf, daher man durch Behandlung mit Weingeiſt das verdorbene Fett wieder verbeſſern kan. Das im Fette enthaltene Oel, welches der Butter und dem Wachſe gleich koͤmmt, entſpringt ohne Zweifel aus den oͤlichten Theilen der Nahrungsmittel, welche fuͤr die Ernaͤhrung des Koͤrpers und fuͤr die Fortpflanzung uͤberfluͤßig ſind, und daher beſonders abgeſetzt werden.
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