Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


die Zwischenfarben hinzufügt, so hat man das Farbenbild PT mit den geradlinigten Seiten und halbkreisförmigen Enden bey P und T, vollkommen so, wie es Newton beobachtete. Die verschiedenen Farbenstralen im Sonnenlichte entwerfen eine unendliche Menge von kreisrunden Bildern, die sich nach den verschiedenen Graden der Brechbarkeit über einander ordnen, und so das Farbenbild ausmachen.

Kan man diese Kreise, ohne die Lage ihrer Mittelpunkte zu verändern, im Durchmesser kleiner machen, wie bey pt, so werden sie nicht mehr so sehr in einander greifen, und man wird die eigentlichen Stellen der Hauptfarben deutlicher unterscheiden können. Dies erhielt Newton durch folgendes Mittel. Er fieng die Stralen, welche durch die Oefnung des Ladens einfielen, ohngefähr 10 -- 12 Fuß von dem Fenster mit einem Linsenglase auf, stellte gleich hinter dasselbe das Prisma, und bewegte das Papier, worauf er das Farbenbild auffieng, so lange hin und her, bis er den Ort fand, wo die Seitenlinien des Bilds recht scharf erschienen. Durch das Linsenglas nemlich ward jedes Sonnenbild verkleinert und gleichsam zusammen gezogen; die Länge des Farbenbilds aber, welche von dem Einfallswinkel der Stralen am Prisma abhängt, blieb unverändert, wenn dieser Einfallswinkel der vorige blieb. So konnte er die Breite des Bilds bisweilen 60 oder 70mal kleiner, als die Länge machen.

Anstatt des kreisrunden Lochs im Laden könnte man nach seinem Vorschlage ein viereckigtes gebrauchen, ein Rechteck, dessen lange Seite dem Prisma parallel wäre. So entstünden statt der Kreise farbige Rechtecke, in welchen man die Hauptfarben noch deutlicher würde unterscheiden können. Auch schlägt er die Gestalt eines gleichschenklichten Dreyecks vor, das die Spitze nach der einen Seite kehret, wobey die dreyeckigten Bilder an den Spitzen gar nicht in einander laufen, dagegen aber auch sehr schwache Farben geben würden.

Nachdem er die Seitenlinien AF, GM, Taf. VIII. Fig. 21 [Abbildung] recht scharf begrenzt erhalten hatte, zeichnete er den Umriß


die Zwiſchenfarben hinzufuͤgt, ſo hat man das Farbenbild PT mit den geradlinigten Seiten und halbkreisfoͤrmigen Enden bey P und T, vollkommen ſo, wie es Newton beobachtete. Die verſchiedenen Farbenſtralen im Sonnenlichte entwerfen eine unendliche Menge von kreisrunden Bildern, die ſich nach den verſchiedenen Graden der Brechbarkeit uͤber einander ordnen, und ſo das Farbenbild ausmachen.

Kan man dieſe Kreiſe, ohne die Lage ihrer Mittelpunkte zu veraͤndern, im Durchmeſſer kleiner machen, wie bey pt, ſo werden ſie nicht mehr ſo ſehr in einander greifen, und man wird die eigentlichen Stellen der Hauptfarben deutlicher unterſcheiden koͤnnen. Dies erhielt Newton durch folgendes Mittel. Er fieng die Stralen, welche durch die Oefnung des Ladens einfielen, ohngefaͤhr 10 — 12 Fuß von dem Fenſter mit einem Linſenglaſe auf, ſtellte gleich hinter daſſelbe das Prisma, und bewegte das Papier, worauf er das Farbenbild auffieng, ſo lange hin und her, bis er den Ort fand, wo die Seitenlinien des Bilds recht ſcharf erſchienen. Durch das Linſenglas nemlich ward jedes Sonnenbild verkleinert und gleichſam zuſammen gezogen; die Laͤnge des Farbenbilds aber, welche von dem Einfallswinkel der Stralen am Prisma abhaͤngt, blieb unveraͤndert, wenn dieſer Einfallswinkel der vorige blieb. So konnte er die Breite des Bilds bisweilen 60 oder 70mal kleiner, als die Laͤnge machen.

Anſtatt des kreisrunden Lochs im Laden koͤnnte man nach ſeinem Vorſchlage ein viereckigtes gebrauchen, ein Rechteck, deſſen lange Seite dem Prisma parallel waͤre. So entſtuͤnden ſtatt der Kreiſe farbige Rechtecke, in welchen man die Hauptfarben noch deutlicher wuͤrde unterſcheiden koͤnnen. Auch ſchlaͤgt er die Geſtalt eines gleichſchenklichten Dreyecks vor, das die Spitze nach der einen Seite kehret, wobey die dreyeckigten Bilder an den Spitzen gar nicht in einander laufen, dagegen aber auch ſehr ſchwache Farben geben wuͤrden.

Nachdem er die Seitenlinien AF, GM, Taf. VIII. Fig. 21 [Abbildung] recht ſcharf begrenzt erhalten hatte, zeichnete er den Umriß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0166" xml:id="P.2.160" n="160"/><lb/>
die Zwi&#x017F;chenfarben hinzufu&#x0364;gt, &#x017F;o hat man das Farbenbild <hi rendition="#aq">PT</hi> mit den geradlinigten Seiten und halbkreisfo&#x0364;rmigen Enden bey <hi rendition="#aq">P</hi> und <hi rendition="#aq">T,</hi> vollkommen &#x017F;o, wie es Newton beobachtete. Die ver&#x017F;chiedenen Farben&#x017F;tralen im Sonnenlichte entwerfen eine unendliche Menge von kreisrunden Bildern, die &#x017F;ich nach den ver&#x017F;chiedenen Graden der Brechbarkeit u&#x0364;ber einander ordnen, und &#x017F;o das Farbenbild ausmachen.</p>
            <p>Kan man die&#x017F;e Krei&#x017F;e, ohne die Lage ihrer Mittelpunkte zu vera&#x0364;ndern, im Durchme&#x017F;&#x017F;er kleiner machen, wie bey <hi rendition="#aq">pt,</hi> &#x017F;o werden &#x017F;ie nicht mehr &#x017F;o &#x017F;ehr in einander greifen, und man wird die eigentlichen Stellen der Hauptfarben deutlicher unter&#x017F;cheiden ko&#x0364;nnen. Dies erhielt Newton durch folgendes Mittel. Er fieng die Stralen, welche durch die Oefnung des Ladens einfielen, ohngefa&#x0364;hr 10 &#x2014; 12 Fuß von dem Fen&#x017F;ter mit einem Lin&#x017F;engla&#x017F;e auf, &#x017F;tellte gleich hinter da&#x017F;&#x017F;elbe das Prisma, und bewegte das Papier, worauf er das Farbenbild auffieng, &#x017F;o lange hin und her, bis er den Ort fand, wo die Seitenlinien des Bilds recht &#x017F;charf er&#x017F;chienen. Durch das Lin&#x017F;englas nemlich ward jedes Sonnenbild verkleinert und gleich&#x017F;am zu&#x017F;ammen gezogen; die La&#x0364;nge des Farbenbilds aber, welche von dem Einfallswinkel der Stralen am Prisma abha&#x0364;ngt, blieb unvera&#x0364;ndert, wenn die&#x017F;er Einfallswinkel der vorige blieb. So konnte er die Breite des Bilds bisweilen 60 oder 70mal kleiner, als die La&#x0364;nge machen.</p>
            <p>An&#x017F;tatt des kreisrunden Lochs im Laden ko&#x0364;nnte man nach &#x017F;einem Vor&#x017F;chlage ein viereckigtes gebrauchen, ein Rechteck, de&#x017F;&#x017F;en lange Seite dem Prisma parallel wa&#x0364;re. So ent&#x017F;tu&#x0364;nden &#x017F;tatt der Krei&#x017F;e farbige Rechtecke, in welchen man die Hauptfarben noch deutlicher wu&#x0364;rde unter&#x017F;cheiden ko&#x0364;nnen. Auch &#x017F;chla&#x0364;gt er die Ge&#x017F;talt eines gleich&#x017F;chenklichten Dreyecks vor, das die Spitze nach der einen Seite kehret, wobey die dreyeckigten Bilder an den Spitzen gar nicht in einander laufen, dagegen aber auch &#x017F;ehr &#x017F;chwache Farben geben wu&#x0364;rden.</p>
            <p>Nachdem er die Seitenlinien <hi rendition="#aq">AF, GM,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 21 <figure/> recht &#x017F;charf begrenzt erhalten hatte, zeichnete er den Umriß<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0166] die Zwiſchenfarben hinzufuͤgt, ſo hat man das Farbenbild PT mit den geradlinigten Seiten und halbkreisfoͤrmigen Enden bey P und T, vollkommen ſo, wie es Newton beobachtete. Die verſchiedenen Farbenſtralen im Sonnenlichte entwerfen eine unendliche Menge von kreisrunden Bildern, die ſich nach den verſchiedenen Graden der Brechbarkeit uͤber einander ordnen, und ſo das Farbenbild ausmachen. Kan man dieſe Kreiſe, ohne die Lage ihrer Mittelpunkte zu veraͤndern, im Durchmeſſer kleiner machen, wie bey pt, ſo werden ſie nicht mehr ſo ſehr in einander greifen, und man wird die eigentlichen Stellen der Hauptfarben deutlicher unterſcheiden koͤnnen. Dies erhielt Newton durch folgendes Mittel. Er fieng die Stralen, welche durch die Oefnung des Ladens einfielen, ohngefaͤhr 10 — 12 Fuß von dem Fenſter mit einem Linſenglaſe auf, ſtellte gleich hinter daſſelbe das Prisma, und bewegte das Papier, worauf er das Farbenbild auffieng, ſo lange hin und her, bis er den Ort fand, wo die Seitenlinien des Bilds recht ſcharf erſchienen. Durch das Linſenglas nemlich ward jedes Sonnenbild verkleinert und gleichſam zuſammen gezogen; die Laͤnge des Farbenbilds aber, welche von dem Einfallswinkel der Stralen am Prisma abhaͤngt, blieb unveraͤndert, wenn dieſer Einfallswinkel der vorige blieb. So konnte er die Breite des Bilds bisweilen 60 oder 70mal kleiner, als die Laͤnge machen. Anſtatt des kreisrunden Lochs im Laden koͤnnte man nach ſeinem Vorſchlage ein viereckigtes gebrauchen, ein Rechteck, deſſen lange Seite dem Prisma parallel waͤre. So entſtuͤnden ſtatt der Kreiſe farbige Rechtecke, in welchen man die Hauptfarben noch deutlicher wuͤrde unterſcheiden koͤnnen. Auch ſchlaͤgt er die Geſtalt eines gleichſchenklichten Dreyecks vor, das die Spitze nach der einen Seite kehret, wobey die dreyeckigten Bilder an den Spitzen gar nicht in einander laufen, dagegen aber auch ſehr ſchwache Farben geben wuͤrden. Nachdem er die Seitenlinien AF, GM, Taf. VIII. Fig. 21 [Abbildung] recht ſcharf begrenzt erhalten hatte, zeichnete er den Umriß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/166
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/166>, abgerufen am 21.12.2024.