Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Hieraus wird es begreiflich, wie Galilei die Gesetze des Falles, da er den freyen Fall wegen seiner allzugroßen Geschwindigkeit unzuverläßig fand, durch das langsamere Herabrollen auf einer schiefen Ebne prüfen konnte. Er ließ in dieser Absicht in einer 12 Ellen langen, eine halbe Elle hohen, und 3 Zoll breiten Pfoste auf ihrem obern schmalen Rande einen 1 Zoll breiten Canal aushölen, den er der Glätte halber mit Pergamen ausfütterte. Diese Pfoste konnte er mit dem einen Ende nach Gefallen eine oder mehrere Ellen über den Horizont erhöhen, und die Zeit bemerken, in der eine glatte messingne Kugel entweder durch den ganzen Canal oder durch einen gewissen Theil desselben herunter lief. Die Zeit maß er durch das Gewicht des Wassers, welches während derselben aus dem Boden eines fehr breiten Gefäßes durch ein Röhrchen abgelaufen war. Er versichert, bey mehr als hundertfältigen Wiederholungen den Raum jederzeit dem Quadrate der Zeit proportional, d. i. in doppelter Zeit viermal so groß u. s. w. gefunden zu haben. Unter die merkwürdigen Sätze, welche schon Galilei aus den Gesetzen des Falles auf der schiefen Ebne gefolgert hat, gehört auch der vom Falle durch die Sehnen eines Kreises. Es sey Taf. VIII. Fig. 15. ABMD die Hälfte eines Kreises, dessen Durchmesser AD=a ist. Nach den Gesetzen des freyen Falles fällt ein Körper von A aus bis nach D, oder durch den Raum a in der Zeit T=sqrta/g
Hieraus wird es begreiflich, wie Galilei die Geſetze des Falles, da er den freyen Fall wegen ſeiner allzugroßen Geſchwindigkeit unzuverlaͤßig fand, durch das langſamere Herabrollen auf einer ſchiefen Ebne pruͤfen konnte. Er ließ in dieſer Abſicht in einer 12 Ellen langen, eine halbe Elle hohen, und 3 Zoll breiten Pfoſte auf ihrem obern ſchmalen Rande einen 1 Zoll breiten Canal aushoͤlen, den er der Glaͤtte halber mit Pergamen ausfuͤtterte. Dieſe Pfoſte konnte er mit dem einen Ende nach Gefallen eine oder mehrere Ellen uͤber den Horizont erhoͤhen, und die Zeit bemerken, in der eine glatte meſſingne Kugel entweder durch den ganzen Canal oder durch einen gewiſſen Theil deſſelben herunter lief. Die Zeit maß er durch das Gewicht des Waſſers, welches waͤhrend derſelben aus dem Boden eines fehr breiten Gefaͤßes durch ein Roͤhrchen abgelaufen war. Er verſichert, bey mehr als hundertfaͤltigen Wiederholungen den Raum jederzeit dem Quadrate der Zeit proportional, d. i. in doppelter Zeit viermal ſo groß u. ſ. w. gefunden zu haben. Unter die merkwuͤrdigen Saͤtze, welche ſchon Galilei aus den Geſetzen des Falles auf der ſchiefen Ebne gefolgert hat, gehoͤrt auch der vom Falle durch die Sehnen eines Kreiſes. Es ſey Taf. VIII. Fig. 15. ABMD die Haͤlfte eines Kreiſes, deſſen Durchmeſſer AD=a iſt. Nach den Geſetzen des freyen Falles faͤllt ein Koͤrper von A aus bis nach D, oder durch den Raum a in der Zeit T=√a/g <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0134" xml:id="P.2.128" n="128"/><lb/> Geſetzen erfolgen; nur der letztere in dem Maaße langſamer, in welchem der Sinus des Neigungsmittels <hi rendition="#aq">o</hi> geringer iſt. Auch hier verhaͤlt ſich <hi rendition="#aq">v</hi> wie <hi rendition="#aq">t,</hi> oder die Geſchwindigkeit, wie die Zeit, <hi rendition="#aq">s</hi> wie <hi rendition="#aq">t,</hi> oder die Raͤume, wie die Quadratzahlen der Zeiten, und mit der zuletzt erlangten Geſchwindigkeit <hi rendition="#aq">2g. ſin o. t</hi> wuͤrde der Koͤrper in der Zeit <hi rendition="#aq">t</hi> den Raum <hi rendition="#aq">2g. ſin o. t,</hi> d. i. das doppelte <hi rendition="#aq">s.</hi> zuruͤcklegen. Der Unterſchied iſt nur dieſer, daß wenn z. B. der Winkel <hi rendition="#aq">o</hi>=30°, alſo ſein Sinus=1/2 waͤre, der Koͤrper in 1 Secunde ſtatt 15 Schuh nur 1/2. 15 oder 7 1/2, in 2 Secunden ſtatt 60 Schuh nur 30 u. ſ. f. zuruͤcklegen wuͤrde.</p> <p>Hieraus wird es begreiflich, wie <hi rendition="#b">Galilei</hi> die Geſetze des Falles, da er den freyen Fall wegen ſeiner allzugroßen Geſchwindigkeit unzuverlaͤßig fand, durch das langſamere Herabrollen auf einer ſchiefen Ebne pruͤfen konnte. Er ließ in dieſer Abſicht in einer 12 Ellen langen, eine halbe Elle hohen, und 3 Zoll breiten Pfoſte auf ihrem obern ſchmalen Rande einen 1 Zoll breiten Canal aushoͤlen, den er der Glaͤtte halber mit Pergamen ausfuͤtterte. Dieſe Pfoſte konnte er mit dem einen Ende nach Gefallen eine oder mehrere Ellen uͤber den Horizont erhoͤhen, und die Zeit bemerken, in der eine glatte meſſingne Kugel entweder durch den ganzen Canal oder durch einen gewiſſen Theil deſſelben herunter lief. Die Zeit maß er durch das Gewicht des Waſſers, welches waͤhrend derſelben aus dem Boden eines fehr breiten Gefaͤßes durch ein Roͤhrchen abgelaufen war. Er verſichert, bey mehr als hundertfaͤltigen Wiederholungen den Raum jederzeit dem Quadrate der Zeit proportional, d. i. in doppelter Zeit viermal ſo groß u. ſ. w. gefunden zu haben.</p> <p>Unter die merkwuͤrdigen Saͤtze, welche ſchon <hi rendition="#b">Galilei</hi> aus den Geſetzen des Falles auf der ſchiefen Ebne gefolgert hat, gehoͤrt auch der <hi rendition="#b">vom Falle durch die Sehnen eines Kreiſes.</hi> Es ſey Taf. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 15. <hi rendition="#aq">ABMD</hi> die Haͤlfte eines Kreiſes, deſſen Durchmeſſer <hi rendition="#aq">AD=a</hi> iſt. Nach den Geſetzen des freyen Falles faͤllt ein Koͤrper von <hi rendition="#aq">A</hi> aus bis nach <hi rendition="#aq">D,</hi> oder durch den Raum <hi rendition="#aq">a</hi> in der Zeit <hi rendition="#aq">T=√a/g</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [128/0134]
Geſetzen erfolgen; nur der letztere in dem Maaße langſamer, in welchem der Sinus des Neigungsmittels o geringer iſt. Auch hier verhaͤlt ſich v wie t, oder die Geſchwindigkeit, wie die Zeit, s wie t, oder die Raͤume, wie die Quadratzahlen der Zeiten, und mit der zuletzt erlangten Geſchwindigkeit 2g. ſin o. t wuͤrde der Koͤrper in der Zeit t den Raum 2g. ſin o. t, d. i. das doppelte s. zuruͤcklegen. Der Unterſchied iſt nur dieſer, daß wenn z. B. der Winkel o=30°, alſo ſein Sinus=1/2 waͤre, der Koͤrper in 1 Secunde ſtatt 15 Schuh nur 1/2. 15 oder 7 1/2, in 2 Secunden ſtatt 60 Schuh nur 30 u. ſ. f. zuruͤcklegen wuͤrde.
Hieraus wird es begreiflich, wie Galilei die Geſetze des Falles, da er den freyen Fall wegen ſeiner allzugroßen Geſchwindigkeit unzuverlaͤßig fand, durch das langſamere Herabrollen auf einer ſchiefen Ebne pruͤfen konnte. Er ließ in dieſer Abſicht in einer 12 Ellen langen, eine halbe Elle hohen, und 3 Zoll breiten Pfoſte auf ihrem obern ſchmalen Rande einen 1 Zoll breiten Canal aushoͤlen, den er der Glaͤtte halber mit Pergamen ausfuͤtterte. Dieſe Pfoſte konnte er mit dem einen Ende nach Gefallen eine oder mehrere Ellen uͤber den Horizont erhoͤhen, und die Zeit bemerken, in der eine glatte meſſingne Kugel entweder durch den ganzen Canal oder durch einen gewiſſen Theil deſſelben herunter lief. Die Zeit maß er durch das Gewicht des Waſſers, welches waͤhrend derſelben aus dem Boden eines fehr breiten Gefaͤßes durch ein Roͤhrchen abgelaufen war. Er verſichert, bey mehr als hundertfaͤltigen Wiederholungen den Raum jederzeit dem Quadrate der Zeit proportional, d. i. in doppelter Zeit viermal ſo groß u. ſ. w. gefunden zu haben.
Unter die merkwuͤrdigen Saͤtze, welche ſchon Galilei aus den Geſetzen des Falles auf der ſchiefen Ebne gefolgert hat, gehoͤrt auch der vom Falle durch die Sehnen eines Kreiſes. Es ſey Taf. VIII. Fig. 15. ABMD die Haͤlfte eines Kreiſes, deſſen Durchmeſſer AD=a iſt. Nach den Geſetzen des freyen Falles faͤllt ein Koͤrper von A aus bis nach D, oder durch den Raum a in der Zeit T=√a/g
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