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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Man versteht aber unter dem Worte Elektricität nicht allein diesen Zustand des Körpers, sondern oft auch die Ursache desselben, die uns jedoch, wie die meisten Ursachen der Erscheinungen, noch sehr unbekannt ist. In diesem Sinne ist das Wort Elektricität, wie das Wort Kraft und andere ähnliche, ein bloßer Nothbehelf, um etwas anzuzeigen, das man nicht kennt und doch oft nennen muß, und wird gebraucht, wie man in der Algebra die Buchstaben x und y zu gebrauchen pflegt.

Ich nehme hier das Wort in dem zuerst angeführten Sinne für den Zustand des elektrisirten Körpers, oder für den Inbegrif der elektrischen Erscheinungen. Um nun diesen Begrif von Elektricität, so viel hier möglich ist, aufzuklären, werde ich zuerst die elektrischen Erscheinungen selbst, nebst den Mitteln, sie hervorzubringen, und ihren bisher bekannt gewordenen Gesetzen anführen, zuletzt aber eine kurze Geschichte der Elektricität und eine Nachricht von den Meinungen der Physiker über die Ursache derselben beyfügen. Elektrische Erscheinungen.

Wenn man eine reine und trockne Glasröhre mit der einen Hand hält, und mit der andern ebenfalls reinen und trocknen Hand oder einem wollenen Lappen durch abwechselndes Auf- und Niederwärtsstreichen reibt, dann aber dieselbe einem kleinen leichten Stückchen Papier, einem Faden, Metallblättchen u. dgl. nähert; so wird die geriebene Röhre den leichten Körper zuerst anziehen, bald darauf wieder von sich stoßen, dann, wenn er den Tisch berührt hat, ihn aufs neue anziehen, und so eine Zeitlang abwechselnd fortfahren.

Wenn man sich der elektrischen Glasröhre mit dem Finger, etwa bis auf einen halben Zoll, nähert, so sieht man zwischen beyden einen leuchtenden Funken, der mit einem knisternden Schalle hervorbricht, und empfindet im Finger etwas, wie das Stechen einer Nadelspitze.

Ist die Glasröhre sehr lange gerieben und stark elektrisirt worden, so wird man einen süßlichen Geruch, wie nach


Man verſteht aber unter dem Worte Elektricitaͤt nicht allein dieſen Zuſtand des Koͤrpers, ſondern oft auch die Urſache deſſelben, die uns jedoch, wie die meiſten Urſachen der Erſcheinungen, noch ſehr unbekannt iſt. In dieſem Sinne iſt das Wort Elektricitaͤt, wie das Wort Kraft und andere aͤhnliche, ein bloßer Nothbehelf, um etwas anzuzeigen, das man nicht kennt und doch oft nennen muß, und wird gebraucht, wie man in der Algebra die Buchſtaben x und y zu gebrauchen pflegt.

Ich nehme hier das Wort in dem zuerſt angefuͤhrten Sinne fuͤr den Zuſtand des elektriſirten Koͤrpers, oder fuͤr den Inbegrif der elektriſchen Erſcheinungen. Um nun dieſen Begrif von Elektricitaͤt, ſo viel hier moͤglich iſt, aufzuklaͤren, werde ich zuerſt die elektriſchen Erſcheinungen ſelbſt, nebſt den Mitteln, ſie hervorzubringen, und ihren bisher bekannt gewordenen Geſetzen anfuͤhren, zuletzt aber eine kurze Geſchichte der Elektricitaͤt und eine Nachricht von den Meinungen der Phyſiker uͤber die Urſache derſelben beyfuͤgen. Elektriſche Erſcheinungen.

Wenn man eine reine und trockne Glasroͤhre mit der einen Hand haͤlt, und mit der andern ebenfalls reinen und trocknen Hand oder einem wollenen Lappen durch abwechſelndes Auf- und Niederwaͤrtsſtreichen reibt, dann aber dieſelbe einem kleinen leichten Stuͤckchen Papier, einem Faden, Metallblaͤttchen u. dgl. naͤhert; ſo wird die geriebene Roͤhre den leichten Koͤrper zuerſt anziehen, bald darauf wieder von ſich ſtoßen, dann, wenn er den Tiſch beruͤhrt hat, ihn aufs neue anziehen, und ſo eine Zeitlang abwechſelnd fortfahren.

Wenn man ſich der elektriſchen Glasroͤhre mit dem Finger, etwa bis auf einen halben Zoll, naͤhert, ſo ſieht man zwiſchen beyden einen leuchtenden Funken, der mit einem kniſternden Schalle hervorbricht, und empfindet im Finger etwas, wie das Stechen einer Nadelſpitze.

Iſt die Glasroͤhre ſehr lange gerieben und ſtark elektriſirt worden, ſo wird man einen ſuͤßlichen Geruch, wie nach

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[720/0734] Man verſteht aber unter dem Worte Elektricitaͤt nicht allein dieſen Zuſtand des Koͤrpers, ſondern oft auch die Urſache deſſelben, die uns jedoch, wie die meiſten Urſachen der Erſcheinungen, noch ſehr unbekannt iſt. In dieſem Sinne iſt das Wort Elektricitaͤt, wie das Wort Kraft und andere aͤhnliche, ein bloßer Nothbehelf, um etwas anzuzeigen, das man nicht kennt und doch oft nennen muß, und wird gebraucht, wie man in der Algebra die Buchſtaben x und y zu gebrauchen pflegt. Ich nehme hier das Wort in dem zuerſt angefuͤhrten Sinne fuͤr den Zuſtand des elektriſirten Koͤrpers, oder fuͤr den Inbegrif der elektriſchen Erſcheinungen. Um nun dieſen Begrif von Elektricitaͤt, ſo viel hier moͤglich iſt, aufzuklaͤren, werde ich zuerſt die elektriſchen Erſcheinungen ſelbſt, nebſt den Mitteln, ſie hervorzubringen, und ihren bisher bekannt gewordenen Geſetzen anfuͤhren, zuletzt aber eine kurze Geſchichte der Elektricitaͤt und eine Nachricht von den Meinungen der Phyſiker uͤber die Urſache derſelben beyfuͤgen. Elektriſche Erſcheinungen. Wenn man eine reine und trockne Glasroͤhre mit der einen Hand haͤlt, und mit der andern ebenfalls reinen und trocknen Hand oder einem wollenen Lappen durch abwechſelndes Auf- und Niederwaͤrtsſtreichen reibt, dann aber dieſelbe einem kleinen leichten Stuͤckchen Papier, einem Faden, Metallblaͤttchen u. dgl. naͤhert; ſo wird die geriebene Roͤhre den leichten Koͤrper zuerſt anziehen, bald darauf wieder von ſich ſtoßen, dann, wenn er den Tiſch beruͤhrt hat, ihn aufs neue anziehen, und ſo eine Zeitlang abwechſelnd fortfahren. Wenn man ſich der elektriſchen Glasroͤhre mit dem Finger, etwa bis auf einen halben Zoll, naͤhert, ſo ſieht man zwiſchen beyden einen leuchtenden Funken, der mit einem kniſternden Schalle hervorbricht, und empfindet im Finger etwas, wie das Stechen einer Nadelſpitze. Iſt die Glasroͤhre ſehr lange gerieben und ſtark elektriſirt worden, ſo wird man einen ſuͤßlichen Geruch, wie nach

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/734>, abgerufen am 25.11.2024.