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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Luft herbeyführen, auch schon wegen der Bewegung der Luft die Ausdünstung begünstigen.

Das Zergehen oder Aufthauen des Eises geht weit langsamer von statten, als die Entstehung desselben. Obgleich eigentlich nichts weiter dazu erfordert wird, als eine Temperatur, welche etwas weniges über den Eispunkt steigt, so giebt es doch, nach Musschenbroeks und anderer Beobachtungen, Fälle, wo eine um mehrere Grade höhere Temperatur der Luft das Eis nicht zu schmelzen vermag.

Das Eis zergeht desto schneller, je dichter der wärmere Körper ist, der es berührt. So schmelzt es eher in Wasser, dessen Temperatur nur einen Grad über den Eispunkt beträgt, als an warmer Luft; eher auf einem silbernen Teller, als auf der flachen Hand.

Die Luft bringt daher große Eismassen nur sehr langsam zum Schmelzen. Darauf beruhet zum Theil die Erfindung der Eisgruben, und die Erklärung des beständigen Eises auf den hohen Bergen und in den Polarländern.

Man bemerkt bey dem Zergehen des Eises anfänglich eine Art von Schwitzen auf der Oberfläche, dadurch es trüber und undurchsichtiger wird; dies sind eigentlich viele Wassertröpfchen, die das Licht verschiedentlich zurückwerfen. Diese Tröpfchen bilden durch ihre Vereinigung kleine Adern oder herabrinnende Bäche von Wasser, welche gleichsam Furchen oder Vertiefungen in das Eis eingraben. Wenn die Kälte schnell abfällt, so erhält die Oberfläche des Eises eine sehr schöne Politur, weil das häufig ablaufende Wasser alle Unebenheiten wegnimmt. Die Eisfäden, mit welchen das Gefrieren anfieng, erhalten sich gemeiniglich am längsten, wie man besonders an aufthauenden dünnen Eisscheiben sehen kan. Und weil also ein Theil des Eises eher aufthauet, als der andere, so wird die ganze Masse, wenn sie ringsumher der Luft ausgesetzt ist, zuletzt ein lockerer durchlöcherter Körper, der sich mit leichter Mühe zusammendrücken läst. Uebrigens verweise ich wegen mehrerer hiemit zusammenhängender Umstände auf den Artikel: Thauwetter.


Luft herbeyfuͤhren, auch ſchon wegen der Bewegung der Luft die Ausduͤnſtung beguͤnſtigen.

Das Zergehen oder Aufthauen des Eiſes geht weit langſamer von ſtatten, als die Entſtehung deſſelben. Obgleich eigentlich nichts weiter dazu erfordert wird, als eine Temperatur, welche etwas weniges uͤber den Eispunkt ſteigt, ſo giebt es doch, nach Muſſchenbroeks und anderer Beobachtungen, Faͤlle, wo eine um mehrere Grade hoͤhere Temperatur der Luft das Eis nicht zu ſchmelzen vermag.

Das Eis zergeht deſto ſchneller, je dichter der waͤrmere Koͤrper iſt, der es beruͤhrt. So ſchmelzt es eher in Waſſer, deſſen Temperatur nur einen Grad uͤber den Eispunkt betraͤgt, als an warmer Luft; eher auf einem ſilbernen Teller, als auf der flachen Hand.

Die Luft bringt daher große Eismaſſen nur ſehr langſam zum Schmelzen. Darauf beruhet zum Theil die Erfindung der Eisgruben, und die Erklaͤrung des beſtaͤndigen Eiſes auf den hohen Bergen und in den Polarlaͤndern.

Man bemerkt bey dem Zergehen des Eiſes anfaͤnglich eine Art von Schwitzen auf der Oberflaͤche, dadurch es truͤber und undurchſichtiger wird; dies ſind eigentlich viele Waſſertroͤpfchen, die das Licht verſchiedentlich zuruͤckwerfen. Dieſe Troͤpfchen bilden durch ihre Vereinigung kleine Adern oder herabrinnende Baͤche von Waſſer, welche gleichſam Furchen oder Vertiefungen in das Eis eingraben. Wenn die Kaͤlte ſchnell abfaͤllt, ſo erhaͤlt die Oberflaͤche des Eiſes eine ſehr ſchoͤne Politur, weil das haͤufig ablaufende Waſſer alle Unebenheiten wegnimmt. Die Eisfaͤden, mit welchen das Gefrieren anfieng, erhalten ſich gemeiniglich am laͤngſten, wie man beſonders an aufthauenden duͤnnen Eisſcheiben ſehen kan. Und weil alſo ein Theil des Eiſes eher aufthauet, als der andere, ſo wird die ganze Maſſe, wenn ſie ringsumher der Luft ausgeſetzt iſt, zuletzt ein lockerer durchloͤcherter Koͤrper, der ſich mit leichter Muͤhe zuſammendruͤcken laͤſt. Uebrigens verweiſe ich wegen mehrerer hiemit zuſammenhaͤngender Umſtaͤnde auf den Artikel: Thauwetter.

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[683/0697] Luft herbeyfuͤhren, auch ſchon wegen der Bewegung der Luft die Ausduͤnſtung beguͤnſtigen. Das Zergehen oder Aufthauen des Eiſes geht weit langſamer von ſtatten, als die Entſtehung deſſelben. Obgleich eigentlich nichts weiter dazu erfordert wird, als eine Temperatur, welche etwas weniges uͤber den Eispunkt ſteigt, ſo giebt es doch, nach Muſſchenbroeks und anderer Beobachtungen, Faͤlle, wo eine um mehrere Grade hoͤhere Temperatur der Luft das Eis nicht zu ſchmelzen vermag. Das Eis zergeht deſto ſchneller, je dichter der waͤrmere Koͤrper iſt, der es beruͤhrt. So ſchmelzt es eher in Waſſer, deſſen Temperatur nur einen Grad uͤber den Eispunkt betraͤgt, als an warmer Luft; eher auf einem ſilbernen Teller, als auf der flachen Hand. Die Luft bringt daher große Eismaſſen nur ſehr langſam zum Schmelzen. Darauf beruhet zum Theil die Erfindung der Eisgruben, und die Erklaͤrung des beſtaͤndigen Eiſes auf den hohen Bergen und in den Polarlaͤndern. Man bemerkt bey dem Zergehen des Eiſes anfaͤnglich eine Art von Schwitzen auf der Oberflaͤche, dadurch es truͤber und undurchſichtiger wird; dies ſind eigentlich viele Waſſertroͤpfchen, die das Licht verſchiedentlich zuruͤckwerfen. Dieſe Troͤpfchen bilden durch ihre Vereinigung kleine Adern oder herabrinnende Baͤche von Waſſer, welche gleichſam Furchen oder Vertiefungen in das Eis eingraben. Wenn die Kaͤlte ſchnell abfaͤllt, ſo erhaͤlt die Oberflaͤche des Eiſes eine ſehr ſchoͤne Politur, weil das haͤufig ablaufende Waſſer alle Unebenheiten wegnimmt. Die Eisfaͤden, mit welchen das Gefrieren anfieng, erhalten ſich gemeiniglich am laͤngſten, wie man beſonders an aufthauenden duͤnnen Eisſcheiben ſehen kan. Und weil alſo ein Theil des Eiſes eher aufthauet, als der andere, ſo wird die ganze Maſſe, wenn ſie ringsumher der Luft ausgeſetzt iſt, zuletzt ein lockerer durchloͤcherter Koͤrper, der ſich mit leichter Muͤhe zuſammendruͤcken laͤſt. Uebrigens verweiſe ich wegen mehrerer hiemit zuſammenhaͤngender Umſtaͤnde auf den Artikel: Thauwetter.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 683. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/697>, abgerufen am 25.11.2024.