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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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haben auch schon unter den Alten einige eingesehen, ob ihnen gleich der Gang der Ebbe und Fluth bey weitem nicht so bekannt war, als er es uns durch die unzählbaren Beobachtungen der Schiffer und der Bewohner der Küsten des Weltmeeres geworden ist. Im mittelländischen Meere, auf das sich die Kenntniß der Griechen und Römer gröstentheils einschränkte, sind die Wirkungen der Ebbe und Fluth nicht so merklich.

Inzwischen führt doch schon Homer (Odyss. XII. 105.) an, daß sich der Strudel Charybdis täglich dreymal erhebe und wieder zurückgehe; Strabo, der in seinem ersten Buche diese Stelle von der Ebbe und Fluth erklärt, meint, der Dichter habe sein [fremdsprachliches Material] als einen poetischen Ausdruck gebraucht, der im Grunde nichts mehr sagen wolle, als mehreremal, oder zweymal.

Herodot und Diodor von Sicilien schreiben dem rothen Meere eine große und heftige Ebbe und Fluth ([fremdsprachliches Material]) zu. Plutarch erzählt, daß Pytheas von Massilien die Ebbe und Fluth vom Monde hergeleitet habe, ob er gleich dabey den großen Fehler begeht, so von ihr zu reden, als ob sie nur monatlich erfolge. Aristoteles gedenkt der Ebbe und Fluth nur an wenigen Stellen seiner Schriften; doch sagt er in einer derselben (De mundo, cap. 4. sub. fin.), die Erhebungen des Meeres richteten sich nach dem Monde. Aus einigen übel verstandnen Stellen der Kirchenväter ist die Sage entstanden, Aristoteles habe sich in den Euripus gestürzt, weil er die Ebbe und Fluth nicht ergründen können. Iustinus Martyr (Cohortat. ad Graec.) sagt nur, er sey vor Gram gestorben, weil er die Natur des Euripus nicht habe erklären können, und gedenkt der Ebbe und Fluth gar nicht. Die Griechen scheinen überhaupt nur wenig mit diesen Bewegungen des Meeres bekannt gewesen zu seyn, und Curtius schildert allem Ansehen nach sehr richtig das Erstaunen, mit welchem Alexanders Soldaten, als sie nach Indien kamen, die Schiffe am Weltmeere vom Wasser entblößt sahen.


haben auch ſchon unter den Alten einige eingeſehen, ob ihnen gleich der Gang der Ebbe und Fluth bey weitem nicht ſo bekannt war, als er es uns durch die unzaͤhlbaren Beobachtungen der Schiffer und der Bewohner der Kuͤſten des Weltmeeres geworden iſt. Im mittellaͤndiſchen Meere, auf das ſich die Kenntniß der Griechen und Roͤmer groͤſtentheils einſchraͤnkte, ſind die Wirkungen der Ebbe und Fluth nicht ſo merklich.

Inzwiſchen fuͤhrt doch ſchon Homer (Odyſſ. XII. 105.) an, daß ſich der Strudel Charybdis taͤglich dreymal erhebe und wieder zuruͤckgehe; Strabo, der in ſeinem erſten Buche dieſe Stelle von der Ebbe und Fluth erklaͤrt, meint, der Dichter habe ſein [fremdsprachliches Material] als einen poetiſchen Ausdruck gebraucht, der im Grunde nichts mehr ſagen wolle, als mehreremal, oder zweymal.

Herodot und Diodor von Sicilien ſchreiben dem rothen Meere eine große und heftige Ebbe und Fluth ([fremdsprachliches Material]) zu. Plutarch erzaͤhlt, daß Pytheas von Maſſilien die Ebbe und Fluth vom Monde hergeleitet habe, ob er gleich dabey den großen Fehler begeht, ſo von ihr zu reden, als ob ſie nur monatlich erfolge. Ariſtoteles gedenkt der Ebbe und Fluth nur an wenigen Stellen ſeiner Schriften; doch ſagt er in einer derſelben (De mundo, cap. 4. ſub. fin.), die Erhebungen des Meeres richteten ſich nach dem Monde. Aus einigen uͤbel verſtandnen Stellen der Kirchenvaͤter iſt die Sage entſtanden, Ariſtoteles habe ſich in den Euripus geſtuͤrzt, weil er die Ebbe und Fluth nicht ergruͤnden koͤnnen. Iuſtinus Martyr (Cohortat. ad Graec.) ſagt nur, er ſey vor Gram geſtorben, weil er die Natur des Euripus nicht habe erklaͤren koͤnnen, und gedenkt der Ebbe und Fluth gar nicht. Die Griechen ſcheinen uͤberhaupt nur wenig mit dieſen Bewegungen des Meeres bekannt geweſen zu ſeyn, und Curtius ſchildert allem Anſehen nach ſehr richtig das Erſtaunen, mit welchem Alexanders Soldaten, als ſie nach Indien kamen, die Schiffe am Weltmeere vom Waſſer entbloͤßt ſahen.

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[649/0663] haben auch ſchon unter den Alten einige eingeſehen, ob ihnen gleich der Gang der Ebbe und Fluth bey weitem nicht ſo bekannt war, als er es uns durch die unzaͤhlbaren Beobachtungen der Schiffer und der Bewohner der Kuͤſten des Weltmeeres geworden iſt. Im mittellaͤndiſchen Meere, auf das ſich die Kenntniß der Griechen und Roͤmer groͤſtentheils einſchraͤnkte, ſind die Wirkungen der Ebbe und Fluth nicht ſo merklich. Inzwiſchen fuͤhrt doch ſchon Homer (Odyſſ. XII. 105.) an, daß ſich der Strudel Charybdis taͤglich dreymal erhebe und wieder zuruͤckgehe; Strabo, der in ſeinem erſten Buche dieſe Stelle von der Ebbe und Fluth erklaͤrt, meint, der Dichter habe ſein _ als einen poetiſchen Ausdruck gebraucht, der im Grunde nichts mehr ſagen wolle, als mehreremal, oder zweymal. Herodot und Diodor von Sicilien ſchreiben dem rothen Meere eine große und heftige Ebbe und Fluth (_ ) zu. Plutarch erzaͤhlt, daß Pytheas von Maſſilien die Ebbe und Fluth vom Monde hergeleitet habe, ob er gleich dabey den großen Fehler begeht, ſo von ihr zu reden, als ob ſie nur monatlich erfolge. Ariſtoteles gedenkt der Ebbe und Fluth nur an wenigen Stellen ſeiner Schriften; doch ſagt er in einer derſelben (De mundo, cap. 4. ſub. fin.), die Erhebungen des Meeres richteten ſich nach dem Monde. Aus einigen uͤbel verſtandnen Stellen der Kirchenvaͤter iſt die Sage entſtanden, Ariſtoteles habe ſich in den Euripus geſtuͤrzt, weil er die Ebbe und Fluth nicht ergruͤnden koͤnnen. Iuſtinus Martyr (Cohortat. ad Graec.) ſagt nur, er ſey vor Gram geſtorben, weil er die Natur des Euripus nicht habe erklaͤren koͤnnen, und gedenkt der Ebbe und Fluth gar nicht. Die Griechen ſcheinen uͤberhaupt nur wenig mit dieſen Bewegungen des Meeres bekannt geweſen zu ſeyn, und Curtius ſchildert allem Anſehen nach ſehr richtig das Erſtaunen, mit welchem Alexanders Soldaten, als ſie nach Indien kamen, die Schiffe am Weltmeere vom Waſſer entbloͤßt ſahen.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/663>, abgerufen am 22.11.2024.